Kurz dahinter geht es nun auf den
nächsten 2 Kilometer zwischen den Vaduzer Häusern auf einer
Straße steil bergauf.
Die Sonne brennt dabei gnadenlos herab. Das gibt uns einen ersten
Vorgeschmack was nun auf uns wartet!
Normaler Weise hätte ich bei dieser Steigung noch laufen können.
Da die Hitze aber so brutal ist, entschließe ich mich genauso wie
meine Leidensgenossen häufig in den Gehschritt überzugehen.
Bereits jetzt hat man schon an vielen Stellen einen tollen Blick zur
Stadt hinunter und wir werden dadurch von den Strapazen etwas
entschädigt.
Endlich kommen wir in einen Wald und verlassen schließlich die
Straße.
Ein nun wieder ebener Fahrweg führt uns zuerst noch ein Stück
durch den Wald. Als wir diesen verlassen tut sich ein wunderbarer
Blick auf das Schloss Vaduz auf, wo die fürstliche Familie
residiert.
Nach diesem relativ flachen Kilometer 13 geht es nun wieder auf
sonniger Straße steil bergaufwärts.
Für den Kilometer 14 brauche ich wegen Steile und der Sonne
erstmals über 10 Minuten.
Aber immer wieder werden wir bei dem Aufstieg von Zuschauern auf der
Strecke freundlich mit Schwyzerdütsch angefeuert. Manchmal tue ich
mir nur selbst als Süddeutscher hart das ganze auch zu verstehen.
Was mögen davon erst die Läufer aus dem Norddeutschen Raum nur
verstehen?
Nachdem wir wieder einen Kilometer einen steilen Bergweg
aufwärts gelaufen bzw. gegangen sind, erreichen wir bei Kilometer
15 wieder eine Verpflegungsstelle, die keine Wünsche offen lässt.
Meist gibt es an den Verpflegungsstellen Wasser, Iso-Getränk,
Cola und Tee zum Trinken und allerlei gut schmeckende Riegel,
zwischendurch auch Gel, Bananen, Obst, Weißbrot und mehr zum
Essen.
Ich nehme dabei öfters Weißbrot zu mir, wobei ich die Brotrinde
wegwerfe. Mit genügend Wasser heruntergespült schmeckt das sehr
gut, das das Brot auch leicht salzig ist und das wegen dem großen
Salzverlust gut tut.
Bei dieser Verpflegungsstelle ruft mir Kerstin, die Frau von Hans
zu. Ich bin angenehm überrascht sie hier zu sehen.
Die nächsten 3 Kilometer bis KM 18 geht es nun weiterhin meist
in der prallen Sonne sehr steil bergauf.
Ich lasse mich dabei durch die dramatischen Ausblicke ins Tal
hinunter entschädigen und genieße den Lauf bzw. das Gehen in
vollen Zügen.
Entsprechend langsam bewältige ich diese Kilometer immer in etwa
knapp 10 Minuten.
Kilometer 19 ist dafür plötzlich sehr flach. Das freut mich.
Endlich kann ich mal wieder so was wie "Tempo" machen und
laufe diesen auch in 5:35 durch.
Dafür sind die nächsten zwei Kilometer noch einmal der Hammer,
die einem alles abfordern.
Es kommt nun für mich als allergischen Asthmatiker erschwerend
dazu, dass nun auch die Gräser der schönen Blumenwiesen in voller
Blüte stehen. Was für ein Glück, dass ich mir erstmalig bei einem
Marathon ein Mittel für den Notfall mitgenommen haben.
Mühevoll kram ich mein Intal aus dem Bauchgurt heraus. Ich muss
auch noch eine Kapsel in den "Spinhaler" dem
Inhaliergerät einlegen, der mir dann auch noch prompt zu Boden
fällt.
Na ja schließlich klappt es dann doch und ich kann dann relativ
unbeschwert die Strecke fortsetzen.
Schließlich überquere ich nach 2 Stunden und 41 Minuten die 21
km - Marke und habe nun etwa die Hälfte geschafft.
Kurz dahinter erreichen wir die erste der beiden großen Passhöhen
den Silumer Kulm in 1539 m Höhe. Wir haben nun bis zu dieser Stelle
schon an die 1100 Höhenmeter bewältigt, bereits viel mehr als ich
jemals an einem Tag im Training bewältigt habe.
Auf der Silumer Höhe weht eine angenehme Brise und bei dem
hiesigen Verpflegungsposten kann ich mich gut stärken. Wie schon so
oft vorher gieße ich Wasser über mein Haupt und fülle auch eins
meiner Trinkfläschchen nach, so dass ich auch immer unterwegs einen
Schluck trinken kann, was bei der brutalen Hitze heute mehr als
angenehm ist.
Über 1000 m tief rechts unter mir liegt nun das Rheintal, wobei man
tief in die Schweizer Alpen blicken kann und fast 300 Höhenmeter
links unterhalb von mir ist Steg mit einem hübschen blauen See zu
sehen, wo wir jetzt hinunter laufen dürfen.
Zuerst geht es noch auf einem Bergpfad am Höhengrat entlang, wo
man sehr darauf achten muss, wo man hintritt.
Ein paar Wanderer grillen auf den Höhengrat Würstchen, deren Duft
mir in die Nase steigt.
Aber da es nun abwärts geht, fällt es mir Bergvagabund leicht von
dannen zu ziehen. Kilometer 23 wird dann auch mein schnellster auf
der ganzen Strecke. Ich schaffe es knapp unter 5 Minuten zu bleiben.
So macht das Berglaufen Spaß! Das geht ja fast wie von selbst. |
Steg bei Kilometer 25
Nachdem es von Kilometer 10 - 22 praktisch nur bergan gegangen ist,
führt die Strecke von Kilometer 22 - 25 stark bergab und durchquert
dann in 1300 Meter Höhe den winzigen Ort Steg
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In Steg erreichen wir die Talsohle der
Samina.
Bei der Verpflegungsstelle dort fasse ich Nachschub, tauche mein Cap
in Wasser ein und sehe triefend nass kurz dahinter überrascht meine
Frau, die ich sie erst wieder bei Kilometer 37 erwartet habe.
Die Überraschung ist gelungen!
Da sie mit der Kamera zum kämpfen hat, bleibe ich gemütlich stehen
damit sie eine schönes Foto von mir schießen kann:
|
Weil es so schön ist führt nun ein Bergweg gleich wieder
bergaufwärts. Aber kurz dahinter geht es schon wieder bergab.
Dieses Bergauf und Bergab soll uns nun mit einer Aufwärtstendenz
bis etwa Kilometer 32 erhalten bleiben.Unser Höhenweg führt nun durch Kuhweiden, während das Tal
links von uns immer steiler zum Bach Samina herabfällt.
Nur nicht ausrutschen und runterfallen ist nun die Devise.
Lustig ist wie die Kühe hier rechts von uns Spalier stehen und uns
Verrückte verduzt angucken. Wer ist hier nun das Rindvieh?
Als ich wegen der Hitze, die selbst in dieser Höhe unerträglich
ist, mein Cap in einer Kuhtränke eintauche und es schwungvoll
wieder herausschleudere springt ein Kalb fast zu Tode erschreckt zur
Seite.
Einige Hundert Meter weiter steht eine Kuh mitten auf unserem Weg
und will nicht zur Seite gehen. Also weichen wir auf die Wiese aus.
So werde ich auf den laufenden Kilometer immer gut unterhalten und
auch mit den Passanten und Betreuern am Rand der Strecke lässt es
sich immer wieder gut ein paar Worte zu wechseln. Um die Kids am
Rand zu erheitern, lege ich auch schon mal eine Ein-Mann-Laoalewelle
ein. Ist mal ne größere Ansammlung von Zuschauern zu sehen gehe
auch auch mal trotz Steigung in den Laufschritt über, um
Applaus einzuheischen. Aus dem Blickfeld geraten pariere ich gleich
wieder in den Schritt um und tue es wie meine
"Leidensgenossen". Dann ist wieder Bergwandern angesagt!
Bei Kilometer 32 schließlich heißt es noch mal so richtig
Verpflegung fassen bevor es den bedrohlichen Anstieg auf einem
Bergpfad zum Fürkle in 1785 m hoch geht.
Bei der Berghütte in der Nähe davon versucht ein rauchender
Wirtshausgast, sich vor seinem Bier lümmelnd, uns mit einer
hämischen Bemerkung uns zum schnelleren Gang aufzufordern, was bei
meinem "Nachbarläufer" schlecht ankommt, der gleich eine
Schimpftirade über die Raucher loslässt..
Die folgenden 3 Kilometer sind zum Teil so steil, dass ich selbst
mein Gehtempo reduzieren muss.
Ich reihe mich in einer Gruppe von drei weiteren
Marathon-Berg-Wanderern ein.
Welchen Tribut dieser Anstieg fordern kann, sieht man daran, dass
man immer wieder erschöpfte Läufer am Streckenrand sitzen sieht.
Wie erfreut sind da zwei Zuschauer, als ich sie anlache.
"Was der lacht ja sogar hier", so sagen sie.
"Ja" sage ich, "ich genieße die tolle Landschaft und
diese schöne Bergwanderung". Wie gut dass ich nicht auf jede
Minute achte und ich wirklich viel Spaß habe, da ich wegen des
langsameren Tempos nicht meine "letzten" Reserven
angreifen muss.
Vorne kann ich nicht mitlaufen also genieße ich den Lauf. Das kann
ich nur jedem empfehlen, der diesen Lauf bei schönem Wetter macht.
Wenn es so wie letztes Jahr regnet, dann kann man ja ruhig Tempo
machen. Aber heute ist wirklich nicht der Tag für so was.
Da macht es einer der Läufer richtig. Er genießt die
Atmosphäre und zupft ein paar Blumen von den herrlich blühenden
Bergwiesen am Streckenrand. Ich hoffe nur, dass er den schönen
stengellosen Enzian stehen lässt, der hier in voller Blüte steht.
Ach es ist so schön hier und alle so nett. Eine Gruppe von
Zuschauern reicht jeden von uns eine Wasserflasche in
Privatinitiative.
Andere Läufer die darauf eingehen, sollen sogar Bier und Wein
gereicht bekommen haben. Paradies und Hölle sind her so nah!
Einen Läufer den ich hier irgendwo jenseits der 30 km überholt
habe, sollte erst zwei Stunden nach mir im Ziel eintrudeln. Also der
kehrte bestimmt in eine der Hütten ein...
Für Kilometer 34 stelle ich meinen Tagesrekord auf. Ich brauche
dafür sage und schreibe 14 Minuten und 20 Sekunden. Auf wackligen
Steinen überquere ich kurz dahinter einen Bergbach.
Endlich verlassen wir in einer tollen Hochgebirgslandschaft den
Bergpfad und nun führt uns ein besserer und ein wenig flacherer
Fahrweg Richtung Passhöhe hoch.
Ein Schild kündigt an: Nur noch 500 m zum Pass, dann 300 m, dann
200 m und schließlich endet der Countdown bei 100 m.
Wie kann man so einen Marathon in nur knapp über 3 Stunden
bewältigen? Jedes Jahr zeigen welche, dass wo was geht.
Na ja ich genieße, dafür das kühle Lüftchen an der Passhöhe und
habe nur etwas Angst, dass ich mich erkälten könnte da mein
Laufshirt total durchnässt ist.
Auf der Passhöhe gönne ich mir ein Wasser mit einem Schuss Cola
und ein Stück Weißbrot und genieße den tollen Ausblick.
Als ich weiterlaufe wechsle ich ein paar Worte mit einem Schweizer
Läufer. Das Gespräch ist recht banal. Es geht darum dass wir es
nun ja bald geschafft haben.
Nun geht es Richtung Malbun bis Kilometer 37 meist abwärts.
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Hier
laufe ich bei Kilometer 37 etwa 100 m oberhalb des Zieles vorbei,
bevor wir noch eine 5 Kilometer lange Schleife mit 2 giftigen
Anstiegen bewältigen müssen. |
Hier können wir nun schon den Ansager des Zieles
hören, da wir etwa 100 oberhalb des Zieles vorbeilaufen, bevor wir
noch eine 5 km lange Schleife oberhalb von Malbun durchlaufen.
Gaby ist hier wieder zur Stelle und sagt mir, dass gerade Hans der
Glückliche vor ein paar Minuten in 4:47 schon durch das Ziel
gelaufen ist.
Ich "Armer" aber habe nun noch diese
"Strafschleife" um Malbun vor mir. Und so geht es gleich
kurz dahinter fast noch einmal einen Kilometer stark
aufwärts.
Der Halbrund des Malbuner Kessels reflektiert dabei die Hitze wie
ein Parabolspiegel. Erstmals macht mir die Strecke keinen Spaß,
welcher mir gehörig vergangen ist. Wie gut, dass ich mich da noch
einmal beim letzten Verpflegungsposten erfrischen kann, bevor bei
Kilometer 39 die nächste Hammersteigung folgt. Hinter einem Bogen
sehen wir das ganze Ausmaß des Malheurs: Die Läufer vor uns
scheinen dem Himmel entgegenzustreben. Was das ganze noch
schlimmer macht, dass ich nicht sehe, dass die Strecke hinter einer
Spitzkehre wieder Richtung Tal führt. Ich kann so kein Ende
der Steigung erkennen, obwohl wir vor kurzem Kilometer 40 passiert
haben.
"Oh mein Gott!" rufe ich gen Himmel.
Trotz geschwänzter Frühandacht, hat man jedoch ein Einsehen und
als ich meinen Irrtum erkenne lege ich erfreut einen Schritt zu. Zuerst
war ich der Hoffnung, dass es nun nur noch bergab geht. Aber
denkste, nach einem kurzen Gefälle und einer Kurve geht es nun
schon fast wieder leicht bergauf. Das sind so die kleinen Freuden
des Marathonläufers! Aber als wir Kilometer 41 passieren, geht es
nun wirklich nur noch bergab, aber dafür so steil, dass ich schon
wieder nicht mehr richtig Tempo machen kann. Jetzt nur nicht noch
stürzen oder den Knöchel verstauchen.
Plötzlich müssen wir vom Fahrweg noch ein paar Meter auf einen
Pfad mit Stufen abwärts laufen. Damit es schneller geht, laufe ich
rechts davon durch das Gras.
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Und endlich erreiche ich auf soliden Boden die
Dorfstraße von Malbun, die mich auf den letzten Metern direkt zum
Ziel führt, das endlich hinter einer Kurve vor mir auftaucht.
Ich sehe meine Frau Gaby unter den Zuschauern, die mich noch mal
kräftig anfeuert.
Mit hocherhobenen Armen und hochglücklich passiere ich in
5:32:17 als 312. Mann die Ziellinie, wo mich auch gleich Hans und
Kerstin begrüßen.
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Ich trinke nun wohl erst einmal an die 2 Liter Wasser,
Cola, Iso und einen guten kalten Tee, der hier im Zielbereich
gereicht wird.
An allerlei Knabbersachen wird auch nicht gegeizt.
Schließlich nehme ich das hübsche Finisher T-Shirt und den
wertvollen Swarovski - Kristall entgegen, den jeder Finisher
erhält.
Nach einer erfrischenden Dusche kehren wir noch im Zelt ein, wo
Hans und ich mir ein Bierchen genehmigen, das nach dieser tollen
Bergtour tierisch gut mundet.
Schließlich habe wir das Glück, dass wir im kleinen Pressebus
bis nach Malbun mitgenommen werden, da der Busfahrer nur noch eine
Journalistin mitzunehmen hat und deshalb noch ein paar Plätze frei
sind.
So ersparen wir uns die langwierige reguläre Busfahrt.
Wir unterhalten uns noch mit einem Berliner Läufer, der auch
mitfährt und uns erzählt welche Probleme er mit einem
berggerechten Training in Berlin hatte.
Als wir mit dem Bus gen Tal fahren bin ich erstaunt, wie viele
Höhenmeter wir überwunden haben.
Der Busfahrer setzt uns schließlich sogar direkt vor dem Hotel ab.
Ja, das ist Liechtensteiner Herzlichkeit!
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