Der 2. Teil der Strecke
Gleich hinter dem Ersteberg und der Halbmarathondistanz kommt ein
berüchtigter Höhepunkt der Strecke:
Der steil abfallende Hohlweg zur
Schwalbenhauptwiese hinunter. Er ist wegen seiner Verletzungsgefahr
weithin bekannt.
Die Veranstalter waren schon oft am Überlegen, ob sie ihn aus der
Strecke rausnehmen sollen. Das würde der Strecke aber auch den
Crosscharakter nehmen. Ich persönlich bin der Meinung, dass dieser
Streckenabschnitt einfach dazu gehört.
Ich freue mich mit meinen erstklassigen Cross-Schuhen Asics Gel
Trabuco IV auf diesen Streckenabschnitt und will so richtig Tempo
machen.
Aber weit gefehlt, plötzlich stehe ich wie der Ochs vorm Berg im Stau. Ein nicht enden
wollende Perlschnur von Läufern bewegt sich mit 1-2 km/h gen Tal.
Haben
sich heute nur Straßenläufer hier hin verirrt?
Ich kann hier nicht überholen. Der Weg ist so schmal, dass man einreihig
gehen muss. Ich versuche nach links auszuweichen und lande im Gestrüpp.
Hilft nix, also wieder zurück und sich den Tatsachen fügen.
Als es etwas
breiter wird, versuche ich eine besonders sture Läuferin, die keinen
Platz machen will zur Seite zu drängen und zu überholen.
Statt Reue und Selbsterkenntnis ernte ich aber nur den Spruch: "Mensch Du
wirst doch ohnehin nicht mehr Erster!"
Na ja eigentlich hat sie ja recht. :-) Aber ein lustbetonter Bergab-Run im
schwierigen Crossgelände mach halt auch soo viel Spaß!
So haut es mich wenigstens nicht auf die Schnauze. Als der Weg
wieder breit wird, komme ich dann doch noch zu meiner Ersatzbefriedigung
und rase selbstmörderisch los.
Der Charakter der Strecke ändert sich nun, da der Rennsteigweg nun
parallel zu einer breiten gesperrten Straße führt.
Nun darf man wählen: Wanderweg oder Straße.
Die Pietisten wählen den
Rennsteigweg und die Rationalisten die Straße.
Da ich die Strecke nicht kenne, hänge ich mich hinter einem Läufer, der
das Schild "Schon 20 x dabei "trägt. Der muss es wohl wissen, was am
besten ist. So wechsle ich hinter meinem Leittier, für mich völlig unergründlich,
immer wieder zwischen Straße und
Weg.
Dieser Streckenabschnitt ist etwas hart, da es lange bergauf geht.
Die Steigung ist so, dass ich nie weiß soll ich nun laufen oder gehen.
Meist entscheide ich mich fürs Laufen.
Das ganze zieht sich aber in die Länge. Die Strecke ist
nun gewellt und mal ist die Straße und ein anderes mal wieder der Weg angesagt.
Schließlich erreichen wir Neustadt am Rennsteig. Hier gibt es einen Brunnen,
wo ich gut meine Trinkflaschen wieder auffüllen kann. Das ist besser als
das kohlsäurehaltige Mineralwasser, das an den Trinkstellen gereicht
wird.
Zuerst geht es in der Ortschaft kurvig bergab. Ich komme in Fahrt und
lege mich in die Kurven. Aber
schon biegen wir scharf rechts ab und es geht durch die Ortschaft
Richtung Sportplatz den Berg hoch.
Oben am Sportplatz ist ein Streckenfest mit guter
Stimmung. Wir haben nun fast 29 km geschafft und können hier Verpflegung
fassen.
Wer will kann sich hier auch massieren lassen.
Ich lasse die Massage aus und schon geht es weiter und zwar erst einmal wieder bergab. KM 30
passiere ich in 3:02.
Von Kilometer 30 -37 geht es ständig bergauf und bergab. Das ist nicht
immer einfach, da wir ja nun schon einige Kilometer hinter uns haben.
Mir geht es aber immer noch sehr gut. Beim Anstieg zum Meisenhügel bei
KM 37 werden wir fotografiert.
Also: Lächeln!
Mein Schwager Ulrich Strunz
kann das immer so gut. Na ja es ist ja noch kein Meister vom Himmel
gefallen.
Dahinter wieder ein Brunnen zum Wasser nachfüllen.
Mitten im Wald am
Meisenhügel bei KM 37,4 erreichen wir auch den letzten
Verpflegungspunkt. Ich will das hoch gelobte Schwarzbier kosten. Mensch
ist das Schwarzbier süß und Schaum hat es auch keinen!
Pfuii kein isotonisches Getränk, das ist ja Cola!
Na ja das ganze mit Wasser nachspülen, nicht dass ich noch den
Zuckerschock bekomme und dann wegen Unterzucker Herzflattern kriege.
Ach was solls? Nun geht es bergab. Ist das Leben schön...
Der Schotterweg wurde erst vor kurzem geschottert und besteht nur aus
einer dünnen festen Schale. Darunter muss wohl bodenloser Morast sein.
Wir laufen auf Wackelpudding.
Wenigstens ist das bergab Gelenk
schonend und so kann ich in 7 Meilen-Schritten los rasen.
KM 40 passiere ich in 4:11. Werde ich es noch unter 4:30 schaffen? Nein
das wird wohl zu knapp!
KM 41 wartet dazu noch mit einem kleinen Anstieg auf. Zeit 4:18:03. Nein
das klappt sicher nicht.
Über-Ich: Lass dir Zeit!
Es: Lass die Sau raus!
Nun geht es schon nach Schmiedefeld rein und wir hören schon die
laute Ansage
beim Ziel.
KM 42,195, 4:23:22: Es wird wohl um die 4:30 + einige Sekunden werden, da
auf dem letzten Kilometer noch ein harter Anstieg von knapp 100
Höhenmeter folgt.
Uns kommen schon die Finisher entgegen, die zu den Bussen gehen. Sie
blockieren unseren Weg bergauf, aber als Entschädigung feuern sie uns an.
Jetzt wird nicht mehr gegangen! Der Anstieg macht mir Spaß und ich
komme in Fahrt.
Endlich ist der Weg abgesperrt. In einer engen Gasse, von
Zuschauermassen eingekeilt, streben wir in Ekstase bergan. Das ist ja wie bei der
Tour de France. Das beschwingt, das putscht auf. Wow ist das toll!
Ich habe Flügel, juhu ich fliege. "Noch 300 m" ruft jemand zu. Gibt es
das? Ich schaue auf die Uhr. Sieht ja toll aus.
Endlich am Platz oben. Jetzt kann es ja nur noch flach sein. Denkste,
immer wieder müssen wir bei einem Crosslauf noch ne Bodenwelle hoch.
Da ist ja das Ziel. Ich hebe die Arme hoch, ich hebe ab. Ich fliege
durchs Ziel. Meine Uhr bleib bei 4:29:11 stehen.
Unter 5 Stunden hatte
ich geplant. Nun sind es sogar unter 4:30!
Kann ein Berg-Marathon so einfach sein?
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