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Am 23.10.2005 war Drachenlauf
Sonntagmorgen, halb neun: Ganz Deutschland liegt noch
im Tiefschlaf und erholt sich von den Auswirkungen der letzten
durchzechten Nacht. Ganz Deutschland? Nein! Zwei unbeugsame Schnecken
trotzen Müdigkeit und Rem- Phasen, um sich der letzten Herausforderung zu
stellen, die das Leben in unserer technisierten Wirklichkeit noch zu
bieten hat. Nicht weit von hier, im verwunschenen Siebengebirge, hat der
dort hausende Drache, der letzte seiner Art, alle streitlustigen Recken
des Landes zum Kampf herausgefordert.
Die Aufgabe: 26,5km sind in vollem Rüstzeug zu
bewältigen, dabei an die 1000 (!) Höhenmeter nach oben und ebenso nach
unten zu absolvieren, allen Wetterkapriolen zum Trotze und immer den
keuchenden Atem eines konkurrierenden Kämpfers im Nacken. |
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Der Lohn: Drei Tage Muskelkater, ein glückliches
Gesicht und endlich mal kein überflüssiges „Ich- war- dabei-
Bekenntnishirt“, sondern guckst Du hier: |
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Also, nachdem es im letzten Jahr noch acht Schnecken
(mein Lauftreff:
www.rennschnecken2000.de
, Düsseldorf) wagten und auch schafften, dem Drachen die Zähne zu zeigen,
ließen sich in diesem Jahr gerade mal vier Schnecken für dieses Vorhaben
aktivieren, von denen dann zwei dem jahreszeitlich bedingten Krankheits-,
Verletzungs- und Trainingslochmainstream zum Opfer fielen. OK, dann also
nur zu zweit, da war es dann auch kein Problem, die Fahrgemeinschaft zu
organisieren. Armin saß am Steuer Richtung Siebengebirge und ich machte,
weil ich den Lauf aus dem Vorjahr schon kannte, den Besserwisser. Geholfen
hat das aber weder dem Armin noch mir. Als erster Erfolg des Tages wurde
uns ein Parkplatz just vor dem Start-Zielbereich ermöglicht, ein nicht zu
unterschätzender Vorteil, wie sich nach dem Lauf zeigte.
Die Anmeldung ging flott voran, und als die Nummern an den Shirts
prangten, stellten sich bei uns die ersten Erscheinungen, eine Art
Lampenfieber, ein. Bei mir äußert sich so was in häufigem Besuch der
Nasszellen, Armin stand in ständigem Konflikt mit der Schnürung seiner
Schuhe, es zwickte hier und drückte dort. Nebenbei hatte ich noch
Inkassoaufgaben für Hasan zu erfüllen, denn der Gute hat seine Startnummer
mit 5,-- € Gewinn abgegeben, aber das Kassieren mir überlassen. Erstmals
gab es in diesem Jahr ein spezielles Aufwärmprogramm, bei dem uns
altersbedingt die Grenzen unserer Beweglichkeit aufgezeigt wurden. Der
Rest ist Kult. Bombenstimmung vor dem Start, fetzige Musik aus den Boxen,
„Eye of the Tiger“ und ähnliche Reißer aus den 80ern, die Hälfte der
Wartenden hüpfte im Takt, während der Ansager versuchte, uns mit harmlosen
Späßchen die Angst vor dem unerbittlichen Bittweg zu nehmen. Startschuss,
den Ort nach ´ner Minute hinter uns gelassen und danach litt jeder für
sich allein.
Es geht direkt hoch, noch höher, hört einfach nicht
auf, dazu wird es auch noch steiler, enger, so eng, dass man nicht
überholen kann und nicht überholt werden kann, was einerseits dem
Selbstbewusstsein dienlich ist, andererseits dem eigenen Wohlfühltempo im
Wege steht. Von vorne bremsen die Langsamen, von hinten drücken die
Schnellen, der Weg ist nass, rutschig, fette Steine verlangen höchste
Konzentration, wo der Vordermann ausrutscht, trittst Du besser nicht hin,
denn oft genug geht es seitlich tief abwärts. An vielen Stellen wird nicht
mehr gelaufen, sondern gegangen, Du passt Dich dem natürlich an, froh
darüber, dass Du immer das lahme Tempo der vor Dir Gehenden als
Entschuldigung anbringen kannst. Endlich geht es runter, der erste Gipfel
ist geschafft. Steil, rutschig, über nasses Laub, Geröll, enge Pfade mit
dicken Wurzeln. Diejenigen, die Dich hier mit rasanter Fallgeschwindigkeit
überholen, packst Du am nächsten Berg eh wieder ein, keine Sorge. Das
dauert aber noch, und zwar lang. Hauptcharakteristikum des Drachenlaufs
ist, dass es keine Erholungsphasen gibt, es sei denn, Du bleibst mal für
zehn Minuten stehen und schmollst. Entweder geht es gnadenlos rauf oder
noch gnadenloser wieder runter. Da bist Du irgendwann froh, wenn Dir das
hier widerfährt: |
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Ja, geneigter Leser, ich weiß, wo bleibt mein sportlicher
Ehrgeiz?! Der blieb schnell auf der Strecke. Wollte ich eigentlich meine
Zeit des Vorjahres unterbieten, hab´ ich mir unterwegs recht schnell
gedacht: wozu? Zudem hab ich meiner Freundin versprochen, nix zu
riskieren und unangebrachten Ehrgeiz zu Hause zu lassen. Statt dessen zog
ich es vor, hier und da stehen zu bleiben und mit dem Handy das ein oder
andere Motiv zu fotografieren, z. B. dieses hier: |
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Einen solchen Ausblick genießt, wer nach etwa 16km den
Drachenfels erreicht hat. Diesen Ausblick genießen aber auch die tausend
Touristen, die mit der E- Bahn den Gipfel erklimmen und sich angesichts
der etwa 500 keuchenden, schwitzenden und starr blickenden Irren zu Recht
fragen, ob sich der Fahrer irgendwie verfahren hat. Alle doof, außer
misch, und so nimmst Du Dir die nächsten vier Kilometer talwärts vor, bis
auf die Höhe des Rheinufers, um dann das in Angriff zu nehmen, wovor Du
Dich das ganze Jahr gefürchtet hast:
der Bittweg!!!!!!!!!!!!
Ein wesentlicher Verdienst alpenländischer Völker ist
die Erfindung der Serpentine, um möglichst kraftsparend den Berg zu
bezwingen. Anders am Petersberg, hier wird dem Fußgänger das letzte aus
seinen Waden gezogen, hier lehrt der Berg, was Demut ist, hier möchtest Du
an jeder der Pilgerstationen die Hände zum Gebet falten und um göttlichen
Beistand flehen. Gibt ’s nicht, ist gestrichen, selbst schuld, die
längsten vier Kilometer Deines Lebens, hier läuft nun endgültig niemand
mehr hoch, es wird gegangen, und zwar langsam, von oben hört man leise das
Trommeln der eigens engagierten Band, es will aber einfach nicht lauter
werden, langsam, ganz langsam lichtet sich das Laub über Dir, aber nur, um
dem nun einsetzenden Dauerregen Durchlass zu gewähren. Oben, endlich oben,
das ist der einzige Tag des Jahres, an dem ich Cola saufe. Und Sekt, denn
den gibt Dir der Drache dort. |
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Und wer da glaubt, dass der Abstieg zum Ziel nun ein
Kinderspiel ist, der irrt gewaltig, jeder noch so kleine Hügel unterwegs
erscheint Dir wie eine Wand, alles schmerzt, das Dorf noch nicht in Sicht,
und als es endlich erreicht ist: Grande Konfusion! Bei km 25 ruft einer:
„noch 2 km“, dann der nächste: „noch 300m“, danach wieder einer: „noch
300m“, dann einer mit 500m, den nimmst Du schon nicht mehr ernst, und als
das 27km Schild passiert ist, glaubst Du an den Weihnachtsmann, denn der
Lauf ist mit 26,5km ausgeschrieben. Wozu, frag ich mich, haben die dann
ein 27km Schild? Wir haben uns vor dem Start fest vorgenommen, beim
Zieleinlauf in die feststehende Kamera zu lachen und zu winken, haben es
wohl beide vor lauter Glück und Erschöpfung verpennt. Am Ende ist jeder
ein Sieger, Zeiten werden hier zur Nebensache, der Weg war das Ziel. Klar,
der Lauf fordert alles, aber den am Ende geschafft zu haben, mit diesen
endlosen Anstiegen, dieses Hochgefühl lohnt jede Anstrengung.
Die Verpflegung nach dem Lauf ist legendär, Süppchen aus der Gourmet-
Küche, allerlei Obst, Gebäck, Kuchenbuffet, Brote, man fragt sich, woher
der Veranstalter diese vielen fleißigen Helfer hat. Hier passt einfach
alles, und das es vom Zieleinlauf bis zum Ausdrucken der Urkunden nur fünf
(5) Minuten dauert, kann denen dort kein noch so weltstädtischer
Veranstalter dieser Massenevents nachmachen. Einziger Schwachpunkt ist der
Weg zu den Duschen in der Turnhalle, es geht ein bisschen bergauf, was
einem sonst ein müdes Lächeln entlocken würde, aber nach den Anstrengungen
des Tages wie Folter vorkommt. Dieses Jahr hab ich mir die angebotene
Massage gegönnt, mich den erfahrenen Händen einer etwas stämmigeren Dame
aus Belgien anvertraut, die da in der dunklen Ecke ihren Dienst
verrichtete, während Armin natürlich die Pflege ihrer jungen, schlanken
und nicht ganz unattraktiven Kollegin zuteil wurde. Grmpf! Nach der
Siegerehrung, bei der unsere Namen komischer Weise nicht erwähnt wurden,
ging ´s dann heim, glücklich, müde, jeden cm der Beine spürend, aber schon
wieder heiß auf die nächste Schlacht denn: |
am 22.10.2006 ist Drachenlauf .... . . .
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Offizielle Website
des Drachenlaufs |
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