Gestern Abend war bei uns in Kitzingen wieder der
alljährliche Krankenhauslauf. Angeboten werden zwei Strecken, Lauf A (eine
Runde) über 6,8Km und Lauf B (zwei Runden) über 13,8 Km. Ich habe mich,
genauso wie im letzten Jahr bei meinem Debüt für Lauf B angemeldet.
Nachdem ich heuer, zumindest im Frühjahr soviel gelaufen bin wie noch nie
(bis jetzt 1100Km ), war es mein fester Plan die "Bestzeit" vom letzten
Jahr eindeutig zu unterbieten.
Der Lauf heißt Krankenhauslauf, obwohl die Bezeichnung
Krankenhaus-Berglauf eigentlich passender wäre. Denn am Ende jeder Runde
ist ein Anstieg über ca. 80 Höhenmeter innerhalb eines Kilometers zu
erklimmen. Und das tut am Ende einer Runde schon etwas weh...
Wetter war bei uns gestern sehr durchwachsen, den ganzen Nachmittag über
immer wieder die übelsten Gewitterregengüsse. Aber pünktlich zum Lauf kam
kein Tröpfchen mehr vom Himmel Angenehme knapp 20 Grad "luden" zum Laufen
ein. |
Beim Start das übliche Chaos, denn Walker und Kinder standen ganz
konsequent in der ersten Reihe. Notlösung vom Veranstalter: Eine
Ehrenrunde vor dem Start damit sich das Feld sortieren kann. Zumindest die
Walker (Stöcke waren erlaubt) haben sich danach brav hinten angestellt.
Ich hab´ mich, bescheiden wie ich bin, in der vorderen hinteren Hälfte
eingereiht. Denn ich überhole lieber, anstatt von vorderster Front nach
hinten durchgereicht zu werden. Nach dem Start (ohne Schuss) musste ich
die ersten 1,5Km andauernd über die Wiese überholen. Hab´ da gar nicht
groß auf den Puls geachtet, denn an gleichmäßiges laufen war gar nicht zu
denken. Bei Km 2 der erste Blick auf die Pulsuhr zeigte erschreckende 187
Schläge. Ungefähr 15 Schläge mehr, als ich mir so für die Anfangsphase
gedacht hatte. Aber was soll´s, ist ja ein Rennen und ich will Bestzeit!
Die nächsten 5,5 km gut zügig durch gekommen und gemerkt, dass es bei mir
gut läuft und dass der Puls heut´ scheinbar keine Lust hat sich zu
beruhigen. |
Dann ging es das erste Mal in den Anstieg. Die ersten Höhenmeter gut
überwunden und auf einem kurzem flacheren Stück den Puls auch wieder
beruhigen können. Den letzten Stich locker aber schnell genommen und oben
angekommen mit einem Puls von 192 Schlägen, aber auf der Höhe hat er sich
schnell wieder beruhigt und ich bin weiter dem Ende der ersten Runde
zugerannt. Kurz vor dem Ende der ersten Runde noch einen Bekannten
getroffen, kurz ein paar Wortfetzen mit ihm ausgetauscht und ausgemacht,
dass wir versuchen unter einer Stunde zu bleiben und versuchen uns
gegenseitig zu ziehen. Ich hab´ ihn aber erst wieder im Ziel gesehen.
Zeit für die erste Runde lag dann bei 29,54 Min, Rein rechnerisch muss ich
also ganz genauso schnell weiter rennen um die 60 min zu knacken...
Kam mir ziemlich utopisch vor, doch dann hab ich Schweini überlistet,
indem ich mir eingebildet habe, dass ich durch das anfängliche Überholen
soviel Zeit verloren habe, dass das schon möglich ist. Also weiter Vollgas
und was schert mich mein Puls?
Anfang der 2ten Runde waren wir ein Grüppchen von 4 Läufern. Zwei waren
vor mir und eine kurz hinter mir. Also hab ich beschlossen, dass ich die
zwei vor mir nicht mehr wegziehen lasse. Das war dann auch die Phase, in
der ich mich richtig gut gefühlt habe und alles gepasst hat. 200m entfernt
ist eine Frau gelaufen und natürlich (Ja, ich habe Testosteron im Blut)
gab es den Plan vor ihr ins Ziel zu kommen. Unser Grüppchen ist dann
zerfallen und ich bin mit einem davon ein zweier Rennen gelaufen. Mal war
er vorne (hat mich gezogen) und mal war ich vorne (und er hat sich von mir
ziehen lassen). Ca. 500m vor dem Schlussanstieg haben wir die Frau erst
eingeholt. Beim Überholen hab´ ich ihr noch zugerufen, dass sie dran
bleiben soll, da wir nur wenig schneller sind als sie. Ich hoffe es hat
ihr geholfen noch mal zu zulegen.
Letzter Anstieg und mein Begleiter hat nicht langsamer gemacht, also dran
bleiben! Puls vor dem eigentlich steilen letzten Stich schon bei 190. Aber
was soll´s, will ja eine neue persönliche Bestzeit! Endlich ganz oben,
Blick auf die
Pulsuhr: 196 Schläge und die Lunge brennt. Da stand mein Entschluss fest
kurz langsamer zu machen, um ein bißchen zu Atem zu kommen. Aber da hab´
ich gemerkt, dass mein Begleiter genauso kämpft. Und was der kann, kann
ich jawohl auch! Also weiter kämpfen!!
Als wir beide nebeneinander das letzte flache Stück in Angriff nehmen,
schaue ich auf die Uhr und sehe, dass noch 2Min30sec Zeit sind um ins Ziel
zu taumeln - aber das Ziel ist noch nicht da
Mein Begleiter sagt nur: "Los, jetzt noch mal alles! Eine Stunde ist noch
möglich!"
Ich weiß nicht woher, aber auf einmal konnte ich echt noch mal zu legen
und ich hatte sogar Luft um die Walker, die wir jetzt überrundeten noch zu
bitten die Stöcke zur Seite zu nehmen.
In Schräglage um die letzte Kurve und noch 200m bis zum Ziel - Mann, sind
200m lang!! Keine Ahnung wo wir zeitlich lagen, einfach draufgehalten und
mit Gummibeinen ins Ziel gesprintet.
Erster Blick auf die eigene gestoppte Zeit: 59:22 !
Nach dem Zieleinlauf sofort umgedreht und meinen Mitläufer und Motivator
gesucht. Wir haben uns kurz für die "Zugarbeit" des jeweilig anderen
bedankt und seitdem bin ich superstolz so lange im roten Bereich gelaufen
zu sein und trotz Durchschnittspuls von 184 die zweite Runde genauso
schnell wie die erste durch gekämpft zu haben. Ich weiß, dass der Lauf
nicht unbedingt als "Gesundheitslauf" gewertet werden kann. Offizielle
Zeit waren dann 59:44, aber gemessen ab Startschuss und nicht ab meinem
Loslaufen.
Das war mein allererster Lauf, beim dem ich eindeutig in keinem Moment
hätte schneller laufen können. Ein Lauf am absoluten Maximum, neue
persönliche Bestleistung, was will man(n) mehr?
Was passiert nur, wenn ich Tempo- und Intervalläufe ins Training mit
einbaue? Denn durch den Marathon im Frühjahr hatte ich eigentlich Angst,
dass die Tempohärte fehlt.
Am Tag davor hatte ich meine erste Leistungsdiagnostik und wusste daher,
dass mein Maximalpuls bei 198 Schlägen liegt, deswegen war ich beim
letzten Anstieg wohl wirklich kurz vor "Game-Over".
In diesem Sinne noch eine schönen Samstag und in zwei Wochen ist der
Schwanberglauf, mal schauen, wie es mir da ergeht...
"Und wenn Du denkst es gehr nicht mehr, kommt von irgendwo doch noch ein
bißchen Kraft daher ..."
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