Mittelrhein-Marathon am 19.06.2005
Ich weiß nicht, was soll das bedeuten...
Ein Marathon in der Würzburger Residenz? Oder im Kölner
Dom?
Das sind Stätten des Weltkulturerbes, da macht man doch so was nicht!
Macht man doch! Zugegeben, an den oben genannten Orten wäre es etwas eng,
Weltkulturerbe ist aber auch der Mittelrhein. Dort hat man sich gesagt,
dass man doch mal etwas Werbung für die Region machen könnte und deshalb
den Mittelrheinmarathon ins Leben gerufen. Nach drei Jahren Planung (so
die vor Ort erhältlichen Publikationen) war es am 19.6. endlich so weit.
Die Idee kam schon im Vorfeld äußerst gut an. Völlig überrascht über die
vielen Anmeldungen - insgesamt fast 10.000 - zogen die Organisatoren die
Notbremse, und das bereits Ende Februar!
Der Tag zuvor
Voller Vorfreude reiste ich also am Samstag nach Koblenz,
wo das Ziel des Marathons sein würde.
Schon bei der Zugfahrt konnte ich große Teile der Laufstrecke besichtigen
und feststellen, dass
die Gegend wirklich sehr beeindruckend ist: Von Anfang an der Ausblick auf
die andere Rheinseite
mit ihren vielen sehenswerten Burgen und Felsen, nicht zuletzt der
Loreley, die wir etwa bei
Kilometer 6 regelrecht umrunden würden. Da dachte ich noch, dass ein
Marathon mit solchem Ausblick
ja nur die reine Freude sein könne. Schade fand ich nur zwei Dinge:
Erstens, dass ich keinen
Fotoapparat mitnehmen konnte. Da es allerdings erst mein fünfter Marathon
werden sollte, hatte ich
mir das ganz eindeutig nicht zugetraut - und deswegen ungeschickter weise
erst gar keine Kamera dabei
gehabt. Zweitens hatte ich bereits bei den ersten vier Marathons die
bisweilen traurige Erfahrung gemacht, dass ich mich nach einem Marathon
zumeist nur sehr schlecht an das erinnern konnte, was unterwegs so zu
sehen war. Zum Beispiel konnte ich nach dem Frankfurt Marathon nur sehr
grob sagen,
wo die Strecke entlang geführt hat - dabei wohne ich bereits seit ein paar
Jahren in dieser Stadt.
Ich bin also nicht gerade der Richtige, um die Schönheiten einer
Marathonstrecke nach dem Lauf
genauer zu beschreiben - allerdings sollte man sich die des
Mittelrheinmarathons ohnehin besser
selbst anschauen, es lohnt sich!
Am Samstag Nachmittag ging es dann zum Abholen der
Startunterlagen ans Deutsche Eck in Koblenz. Als
erstes fiel mir dort das Ziel des Marathons (und auch aller anderen Läufe
dieser Veranstaltung) ins
Auge: Es war sozusagen direkt vor den Hufen des Reiterstandbildes von
Kaiser Wilhelm I. Übrigens lohnt
sich auch hier ein Blick auf dieses Standbild und natürlich mal wieder die
gesamte Landschaft ums
Deutsche Eck, auch wenn es mitten in der Stadt ist.
Gleich im Voraus ein paar Worte zur Organisation der Veranstaltung: Ich
möchte das Organisationskomitee
und die Helfer ausdrücklich für die gute und engagierte Arbeit loben. Sie
haben sich mit der genauen
Form dieser Veranstaltung einige sehr schwierige Aufgaben gestellt und sie
alle gut im Griff gehabt. Da es sich um den ersten Mittelrheinmarathon
gehandelt hat, gab es aber natürlich auch ein paar Probleme. Diejenigen
davon, die mir aufgefallen sind, möchte ich in diesem Bericht erwähnen.
Was ich aber nicht möchte, ist, den Eindruck zu erwecken, dass der
Marathon schlampig organisiert gewesen wäre.
Zur Nudelparty ist noch anzumerken, dass die Kosten für
das Essen NICHT im Organisationsbeitrag enthalten
waren, was nicht jeder so toll fand. Andere wiesen aber darauf hin, dass
man so eben nichts für Nudeln
bezahlen konnte, die man gar nicht haben wollte...
Der Wettkampftag
Am Sonntagmorgen hieß es dann früh aufstehen. Wir mussten
ja alle erstmal zum Start gelangen. Dieser war
in Oberwesel für die Marathonis (die laufenden wie auch die skatenden)
bzw. in Boppard für diejenigen, die
sich auf der Halbmarathonstrecke versuchen wollten. Da die beiden Orte
wirklich etwa so weit vom Ziel in
Koblenz entfernt liegen, wie es die jeweiligen Distanzen andeuten, hieß es
wieder Zugfahren - auf der
Strecke zurück, die ich am Vortag gefahren war. Dafür wurden vier
Sonderzüge eingesetzt - meiner
ging um 7:10 Uhr. So kamen wir ca. 1:40 Stunden vor dem Start in Oberwesel
an. Auf diese Weise konnten wir uns auch schon gut auf die Strecke
einstellen. Zum Beispiel war schon deutlich zu sehen, dass es sehr wenige
Bäume am Streckenrand geben würde. Na und?! Nun, die hätten wenigstens
etwas Schatten geworfen, und in
dem hätte es dann nur etwa 30°C gehabt...
So heiß war es um diese Zeit allerdings noch nicht, weshalb so mancher
sich den Start schon etwas früher
als 9:20 Uhr gewünscht hätte. Der Halbmarathon zum Beispiel ging schon um
7:40 Uhr los; allerdings
ging er über die zweite Hälfte der Marathonstrecke, und es sollte wohl
verhindert werden, dass die
langsameren Teilnehmer des Halbmarathons der Spitze des Marathons im Weg
wären.
Der Start
Schließlich ging es aber auch für uns los. Für mich
natürlich, wie immer, nach dem Motto "Ein Marathonstart
ist erst dann so richtig gelungen, wenn der erste, den man überholt, der
Besenwagen ist". Allerdings hatte
ich diesmal beim Wettbewerb um den letzten Platz einen Konkurrenten. Nach
ein paar Stehversuchen
einigten wir uns aber, sozusagen Hand in Hand zu starten. Doch schon bald
war ich alleine ganz hinten,
da mein Konkurrent sehr zügig davon strebte. So kam ich mir ziemlich
langsam vor, doch musste ich bald
feststellen, dass ich trotzdem viel zu schnell war; der erste Kilometer
sollte mein schnellster
bleiben und der zweite mein zweitschnellster. Auch die Ruhe des alleine
Laufens war schon sehr bald
vorbei. Bei Kilometer 3 hatte ich auch den Zugläufer für 5:00:00 schon
erreicht. Die dazugehörige
Gruppe war übrigens die einzige, die beim Überholen echt im Weg war.
Trinken, trinken und trinken
Endlich hatte ich das geplante Lauftempo gefunden, und so
erschien schon bald in der Ferne der Luftballon
des nächsten Zugläufers (4:30), der ja mein erstes Ziel war. Da ich
allerdings nur unwesentlich schneller unterwegs war, hatte ich diesen
Anblick nun für längere Zeit.
Bald wurde auch klar, dass die Verpflegungs- und Wasserstellen ein großes
Thema des Tages werden
sollten. Immerhin war uns schon am Vortag der Tipp gegeben worden, wir
sollten "Trinken, trinken, trinken,
ja eigentlich eher saufen, aber solche Wörter verwenden wir hier nicht".
Und dies wurde sehr eifrig
angenommen, wie schon bei der ersten Trinkstelle bei etwa km 5 deutlich
wurde (ich hatte auch schon bei
2,5 schmerzlich eine vermisst, auch weil der Streckenplan Hoffnung darauf
gemacht hatte ).
Aber ich war ja mit meiner eigenen nachfüllbaren Flasche unterwegs - mein
kälteempfindlicher Magen
hatte mir schon zwei Marathons sehr schwer gemacht. Daher wollte ich das
Wasser eine Weile wärmer werden
lassen, bevor ich es trank. Das hat prima geklappt - außer, dass es so
ganz sicher nicht immer die wahre
Freude war zu trinken.
Leere Wasserfässer
Doch das wahre Ausmaß der Trinkstellenproblematik wurde
erst bei km 10, der dritten Trinkstelle so
richtig deutlich: Als ich dort ankam, war sie nämlich trocken gelaufen; es
gab nur noch Wasser für
die Schwämme, die mit den Startnummern verteilt worden waren, aber kein
Trinkwasser. Das gleiche
Problem war auch bei den folgenden Trinkstellen aufgetreten. Dort konnte
man aber beobachten, wie immer
erfolgreicher doch noch von irgendwoher Trinkwasser improvisiert worden
war.
Die Hitze
Trotzdem merkte ich schon kurz nach Kilometer 10, dass die
Hitze für mich noch sehr problematisch
werden sollte. Da mein angepeilter Zugläufer aber sichtbar näher kam,
entschloss ich mich zu einer
gemäßigten Tempoverschärfung, sodass ich ihn bei Kilometer 13 eingeholt
habe. Allerdings half das
etwas langsamere Lauftempo nicht annähernd soviel wie ich gehofft hatte.
Ein paar kurze Gespräche
waren drin, aber nicht sehr viel.
Schon nach drei Kilometern musste ich feststellen, dass mein Puls schon
wieder alarmierend hoch war.
Zwar fühlte ich mit ansonsten noch gar nicht so schlecht, ließ die Gruppe
aber ziehen und entschloss mich,
erst einmal massiv langsamer zu machen.
Da ich trotzdem bald leichte Schwindelanfälle hatte, machte ich mir
während der fälligen Gehpause ernsthafte
Sorgen ums Ankommen. Also blieben nur noch zwei Ziele für diesen Lauf,
nämlich im Zeitlimit anzukommen
ohne dabei die Jungs und Mädels vom Roten Kreuz bemühen zu müssen. Wie ich
später erfahren habe, hatten
die auch einen sehr anstrengenden Tag.
Zuschauerspektakel in Boppard
So gegen Kilometer 19 ging es dann wieder halbwegs. Gerade
noch rechtzeitig für einen echten Höhepunkt
des Laufes: Wir kamen nach Boppard, wo wir erstmals so richtig die
begeisternden Zuschauer erleben durften.
Und Schatten gab es dort auch relativ viel, was noch mehr aufbauen konnte.
Ich war wieder im geplanten
Tempo und fühlte mich auch wieder halbwegs wohl. Lange hielt das
allerdings nicht: Kilometer 23 war der
letzte, bei dem es noch so lief. Danach wurde das ganze eher ein Wandertag
als ein Lauf.
Kühlendes Nass
Nun nahm ich auch mit Hingabe jede Möglichkeit wahr, mich
abzukühlen. Dank der sehr aufmerksamen
Anwohner der Strecke gab es diese Möglichkeiten reichlich: Alle paar Meter
(allerdings nur innerhalb
der Ortschaften) war eine Dusche, ein Feuerwehrschlauch, ein Rasensprenger
oder ähnliches in Aktion,
und ich wich keinem aus. Das brachte was mir jedes Mal ein - wenn auch nur
sehr kurzes - Wohlgefühl.
Allerdings holte ich mir so auch nasse Füße und deswegen meine ersten
Blasen bei einem Marathon, sowie,
nachdem die Pflaster darauf glorreich weggespült waren, aufgescheuerte
Brustwarzen.
Trotzdem möchte ich mich herzlich bei den vielen aufmerksamen Anwohnern
der Strecke bedanken; besonders
die Ortschaft Spay ist mir da sehr positiv in Erinnerung geblieben.
Ganz offensichtlich war ich aber nicht der Einzige, dem es viel zu heiß.
Aus meiner Umgebung hörte ich
resignierende Bemerkungen wie "Manchmal ist die Sonne schon gnadenlos"
oder auch Versuche, sich abzulenken, wie "Das Benzin hier ist aber sehr
teuer" als wir mal an einer Tankstelle vorbei kamen.
Vor allem aber fiel mir auf, dass ich trotz des langsamen Tempos die
gleichen Gesichter um mich sehen konnte, insbesondere auch einen, den ich
vorher beim 4:30er Zugläufer gesehen hatte.
Langer Weg nach Koblenz
Zu diesem Zeitpunkt verließ die Laufstrecke den Rhein mehr
oder weniger - wir waren noch immer nahe
dran, wie ich später vom Zug aus sehen konnte, beim Laufen sah ich ihn
aber eine Weile lang nicht mehr.
Statt dessen hatten wir nun etwas mehr Schatten, und es war auch nicht
mehr ganz so flach. Dies scheint
nicht jedem gefallen zu haben, da ich auch ein paar Bemerkungen in dieser
Richtung aufgeschnappt habe.
Außerdem war nun nur noch eine Straßenseite für den Marathon gesperrt, da
die B9 offenbar an dieser
die einzige verkehrstaugliche Verbindung zwischen zwei Orten ist. Wir
waren zwar ganz eindeutig nicht
mehr so viele, dass wir beide Straßenseiten benötigt hätten - schon länger
hatten sich alle an der
Seite gedrängt, die etwas mehr Schatten bot. Etwas problematisch war aber,
dass die gesperrte Straßenseite
periodisch wechselte. Verkehrstechnisch gesehen mag das zwar günstiger
sein, es störte beim Laufen aber
schon sehr. Außerdem wurde bei der Kennzeichnung dieser Wechsel nicht
beachtet, dass viele beim Marathon
die Umgebung nicht mehr so gut registrieren, insbesondere nicht mehr
hinter Kilometer 30. So war ich
nicht der Einzige, der immer wieder mal auf der falschen Seite der Straße
war.
Endlich etwas Schatten
Auf den letzten Kilometern, schon in Koblenz, fanden wir
endlich den ersehnten Schatten.
Da ich aber schon lange jeglichen sportlichen Ehrgeiz ausgeschwitzt hatte
und die Zeit ohnehin
hoffnungslos ruiniert war - es war bereits klar, dass es meine
schlechteste Marathonzeit überhaupt
werden würde - wurde ich nun auch nicht mehr schneller, auch wenn das
eventuell wieder gegangen wäre.
Statt dessen hatte und nutzte ich die Gelegenheit, mich noch ein wenig mit
einem Leidensgenossen zu
unterhalten. So wurde das Ende des Marathons doch noch etwas angenehmer
als lange Passagen vorher,
was möglicherweise auch zu den insgesamt sehr positiven Erinnerungen
beitrug - und dazu, dass ich die
doch sehr enttäuschende Zeit ganz gut verkraftet habe.
Begeisterndes Publikum beim Finish
Sehr positiv war auch das Publikum am Ende, vor allem auf
dem letzten Kilometer. Bei anderen Marathons
ist es zwar im Prinzip größer und genauso begeisternd, es harrt aber nicht
so lange an der Strecke aus.
Obwohl wir erst bei ca. 5:20h ankamen, waren überhaupt keine
Auflösungstendenzen zu beobachten, und
wir wurden auch noch engagiert angefeuert.
Trotz der Zeit fand ich es diesmal irgendwie erhebend, ins Ziel
einzulaufen, was ich so auch noch nie
erlebt hatte. Froh, es hinter mir zu haben, war ich bisher zwar immer und
manchmal auch glücklich über
die Zeit. Irgendwie gab es hier aber das gewisse Etwas. Ich verstehe zwar
selber nicht so recht, was es
war, aber ich weiß, dass mir weder das Brandenburger Tor noch der Einlauf
in die Zielhalle an der
Frankfurter Messe so ein Gefühl vermitteln konnte, obwohl ich in beiden
Fällen persönliche Bestzeit
gelaufen war.
In dieser Stimmung störte mich der doch sehr lieblose Umgang der
Veranstalter mit meinem Laufgepäck
nicht so sehr, wie er es eigentlich hätte tun sollen. Ich wurde nämlich
einfach zu einem Haufen von
Taschen geschickt, aus dem ich meine heraussuchen musste.
Fazit
Alles in allem war der Mittelrheinmarathon jedoch ein
großartiges Erlebnis, und ich habe weitere
Teilnahmen unbedingt eingeplant. Auch wenn er es nicht nötig hat (siehe
die Anmeldungsfristen) kann ich
ihn nur weiterempfehlen.
Bewertung
Ach ja, hier noch die auf dieser Site üblichen Schulnoten:
Strecke: 1
Publikum: 1
Verpflegung: 2
Organisation: 2
Gesamtnote: 1-2
Verbesserungsvorschläge:
-
Gepäckrückgabe besser organisieren
-
Genügend Wasser in Zukunft bei den Trinkstellen zur
Verfügung stellen, um Engpässe zu vermeiden
-
Nudelparty sollte in den Leistung mit enthalten sein
-
Häufigen Straßenseitenwechsel auf dem Weg nach Koblenz so
weit wie möglich vermeiden
Sehr Positiv
-
Stimmung und Zuschauer auf der Strecke
-
Landschaftlich schöne Strecke
-
Die für eine so große Erstveranstaltung fast perfekte
Organisation
Links
Offizielle
Website des Mittelrhein - Marathons |