Der große Stau
Bei der Station Wixi, die sich etwa bei Kilometer 39
befindet, fassen wir nochmals Verpflegung. Dahinter beginnt der erste
eigentliche Crossabschnitt dieses Marathons. Für gewiefte Bergläufer und
Bergmarathonläufer sind die technischen Anforderungen dort eher
lächerlich. Einem "Asphalttreter" kann so was aber schon Probleme
bereiten. Es gibt dann natürlich auch Läufer, die Ihre Kräfte
überschätzt haben und nach 39 anspruchsvollen Kilometern einfach
ausgepowert sind. Die Asphalttreter schleichen ängstlich hoch, während
die Ausgepowerten dann einfach ohne auf Ihre Hintermänner zu achten
stehen bleiben. Man kann es ihnen auch nicht ankreiden, denn wer fertig mit der Welt ist, kann auch nicht mehr an seine Hintermänner
denken.
Beide Sorten von Läufern blockieren jedenfalls die Strecke, wenn diese
sich mit so vielen Läufer wie hier verengt. So sind regelrechte Staus
vorprogrammiert.
Aber was ich heute hier erlebe, ist der schlimmste Stau meiner
persönlichen Laufgeschichte. Hier geht gar nichts mehr.
Verzweifelt versuchen einige selbsternannte Crossspezialisten, darunter auch ich, ins
umgebende Gelände auszuweichen. Als Dank ernten wir regelrechte Buhrufe,
von denen die brav stehen bleiben.
Als ich mich wieder einreihe, rempelt mich ein Flachlandläufer an und
will mit mir regelrecht das Raufen anfangen. So eine Aggression habe ich
unter Läufern noch nie erlebt und erschüttert mich bis ins Mark. Bevor
es aber zur Schlägerei kommt, suche ich mein Heil in der Flucht nach
vorne zwischen Felsen und schlimmsten Dickicht. Ein netter Schweizer
lässt mich "Drängler" wieder in die Schlange rein. Langsam entspannt
sich die gereizte Stimmung, als es wieder ein paar Meter weiter geht... |
Auch ich füge mich den Umständen und schwimme nun mit
dem großen Strom mit. Das ist zwar keine Laufveranstaltung mehr, sondern
halt so eine Art Wellnesstour im Hochgebirge. Aber auch so was hat seine Reize.
Ironisch lächelnd entsinne ich mich des Ausspruchs des Ansager heute
morgen, der heute morgen beim Start vom schwersten Marathon Europas
sprach. Für Laufgrößen wie
Jonathan Wyatt, der die heutige Veranstaltung
gewinnen wird, mag das vielleicht noch halbwegs gelten, aber nicht für
uns Bergschnecken, die wir hier förmlich hoch schleichen. Natürlich mal
davon abgesehen, dass es in Europa noch eine ganze Reihe viel schwererer
Marathons gibt. |