Adrenalin für 185 Minuten - Jochen Brosig gewinnt den Marathon beim 13.
Finish Line Herbstlauf 2009
Heute ist der Tag der Wahrheit. Wo stehe ich? Wie ist meine Form?
Noch zwei Wochen bis zum FS-M (Fränkische Schweiz-Marathon). Auf meinem
Trainingsplan habe ich heute einen Crescendo-Lauf gesetzt. Anstatt diesen allein
im Wald vor meiner Haustür zu laufen, habe ich mich kurzfristig für den
Finish-Line-Marathon angemeldet. Ja, ihr habt richtig gelesen – Marathon. Dieses
Jahr steht neben dem 10 KM-Lauf und dem Halbmarathon erstmals ein Marathon auf
dem Programm.
5.45 Uhr. Mein Wecker klingelt. Zu meinen Ritualen gehört es, 3 Stunden vor dem
Marathon aufzustehen. Ebenso wie meine ganz spezielle Nudelparty am Tag davor um
18.00 Uhr. Danach wird alles zurechtgelegt und mein Wettkampfgetränk gemischt.
Mindestens 7 Stunden Schlaf sind Pflicht. D.h. spätestens um 22.30 Uhr ins Bett.
Kein Alkohol! Kein Sex! Yes, life is hard!
6.00 Uhr. Wechselduschen zum Wachwerden. Zehen und alle Scheuerstellen mit
Vaseline einreiben und anziehen. Zwei Croissants von gestern und ein Glas Wasser
mit Magnesiumpulver sind mein Frühstück. Den Drink am Besten mit lauwarmen
Wasser genießen. Ich verspreche Euch: Ihr habt nie mehr Probleme mit der
Warteschlange an den Dixies.
7.30 Uhr. Ankunft am Start. Um diese unmenschliche Uhrzeit sind natürlich noch
die VIP-Parkplätze frei. Das Abholen der Startunterlagen klappt reibungslos. Ich
stimme mich mental mit meiner Lieblingsmusik im Auto ein. Das Warmlaufen und
mein Dehnprogramm fallen eher kurz aus. 4:50 min./km will ich vom Start
weglaufen. Da kann ich mich auf den ersten Kilometern einrollen.
8.50 Uhr. Mit fünf Minuten Verspätung erfolgt der Startschuss. Thomas Heller und
Wolfgang Schweigert setzen sich sofort ab. Ich gehe als Dritter auf die erste
große Runde. Auf unserer zweiten Runde rollen wir das HM-Feld von hinten auf.
Bei KM 15 schießen die 10 KM-Läufer an uns vorbei. Ich bin umgeben von
Halbmarathonis, was das Laufen für mich angenehm macht, aber als Marathoni
allein auf weiter Flur. Vorne weit weg, hinten weit weg und ich mittendrin.
10.22 Uhr. Meine Halbmarathondurchgangszeit ist 1:32:32. Locker laufe ich in die
dritte Runde. Dabei überhole ich weitere HM-Läufer, schiebe mich immer weiter
nach vorne. Ich erhöhe mein Tempo. Birgit (2.W40) feuert mich an als ich sie
überhole. 2 KM später schließe ich zu Brigitte (1. W50) auf. Lockeren Fußes
lasse ich immer mehr HM-Starter hinter mir.
11.10 Uhr. Wir Marathonis sind allein auf der letzten großen Runde. KM 33. Wie
ein blauer Blitz schieße ich am bis dahin Zweitplatzierten vorbei. Wolfgang kann
nicht gegenhalten. „Jaaa!“, ich liege an Position zwei. Das beflügelt, wie
entfesselt sprinte ich den nächsten Kilometer. Schnell wird der Abstand zwischen
uns größer. Es wird Platz 2, denn Thomas ist auf der langen Geraden nicht
zusehen. Super, Zweiter war ich noch nie!
11.52 Uhr. Mein Jubellauf beginnt. Die letzten 500 Meter. Das Ziel. Jubel.
Freude pur! Die letzten Meter robbe ich im Freudentaumel auf allen vieren über
die Ziellinie. Klasse! Beim Trainingslauf Platz 2. Grandios! Doch was ist das?
Thomas kommt hinter mir ins Ziel. Er hatte bei KM 41 Krämpfe bekommen und musste
medizinisch versorgt werden. Ich kann es erst gar nicht begreifen. „Jochen, du
hast gewonnen“. Birgit und Brigitte wecken mich aus meiner Trance. Der
After-Finish-Samba kann beginnen!
Wer läuft, träumt vom Sieg. Es muss nicht der erste Platz sein, sondern eher der
Sieg über sich selbst. Zum ersten Mal 30 Minuten am Stück laufen, zum ersten Mal
die 10 KM unter 40 Minuten, den Halbmarathon unter 1:25, den Marathon unter 3
Stunden, Rennsteig, Biel usw. Wen der Ehrgeiz einmal gepackt hat ……genau.
Training, Ernährung, Klamotten, Esoterik – für den Sieg sind wir zu fast allen
Entbehrungen bereit.
Heute habe ich alles richtig gemacht. Es hat geklappt!
Run happy and smile!
Jochen Brosig
Röttenbach, den 23.August 2009 |