Treppenlauf 2009 – Wo bitte geht´s zum Aufzug?
- fragte sich Jochen Brosig beim LGA Indoor-Marathon
Nürnberg 2009
Ein erfolgreiches Laufjahr neigt sich dem Ende. Die Blätter fallen. Das Training
ist ruhiger in der Regenerationsphase. Aber die Füße still halten fällt schwer.
Neue Herausforderungen müssen her. Was tun? Ausgetretene Pfade verlassen und
beim Crosstraining im Gelände laufen? Oder die altbekannte Hausrunde einmal
andersherum joggen? Die Sache mit dem Fahrrad habe ich auch schon ausprobiert.
Marathon bin ich dieses Jahr bereits fünfmal gelaufen. Da ist guter Rat teuer.
Doch dann kam Erwin.
Erwin der alte Hase, versierter Marathon- und Ultraläufer. Der Mann mit dem Hut.
Erwin lädt mich ein, mit ihm nach Nürnberg zu fahren. „Läuferherbst bedeutet
auch schlechtes Wetter“, meint Erwin. „Warum nicht einmal drinnen laufen?“
Logisch, drinnen herrschen wettertechnisch immer die besten Bedingungen. Nur:
Laufbänder finde ich total langweilig. Aber weil ich Erwin so gut leiden kann
und mich zur Zeit läuferisch etwas langweile, stimme ich zu. Ich ahne nicht,
dass mit „Indoor“ gemeint war. Und zwar die Hardcore-Version von Indoor. Der 5.
LGA-Indoor-Marathon bedeutet 42,195 km in den Fluren des LGA-Gebäudes. Das heißt
bei 55 Runden: 55 mal 22 Treppen rauf und 55 mal 22 Treppen runter. Insgesamt
2420 Treppen und 455 Höhenmeter. Erwin sagt dazu nur: „Hamsterrad“
Eine Treppe ist ein aus Stufen gebildeter Auf- oder Abgang, der es möglich
macht, Höhenunterschiede bequemer und trittsicherer zu überwinden. Für die
schnellere Überwindung der Etagen gibt es seit 1853 den Personenaufzug. Doch
Wissenschaftler haben festgestellt, dass jede erklommene Treppenstufe die
Lebenserwartung um 4 Sekunden verlängert. WOW, das bedeutet beim heutigen Indoor
– Marathon: 2 Std. 41 min. 20 sec.
Der LGA ist praktisch der Hausmarathon des Team-Bittel. Im doppelten Sinn des
Wortes. Julia, Oliver, Jürgen, Olaf, Rafael und viele Freunde des Team-Bittel
sind mit dabei. Elisabeth hat sich für heute viel vorgenommen. Sie wird später
Erste in ihrer Altersklasse. Rudi will auch den Indoor-Marahton als
Jahresausklangslauf nehmen. Holger greift in der Staffel ein. Neben der Strecke
stehen auch viele bekannte Gesichter, die mir später zwischen Runde 40 und 50
viel Auftrieb geben.
Die Flure sind doch recht lang. Am Ende müssen wir erst einmal eine Etage
tiefer. Die Freude über das kurze, flache Stück Flur währt nur kurz. Vor mir
taucht schon wieder ein Treppenhaus auf. Beim Anblick der steil vor mir
emporstrebenden Rampe befällt mich glatt die Höhenangst. Ich trotte den Anderen
hinterher. Nach neun Stufen bin ich schon platt und schiele nach dem Ende. Ich
dackele weiter, immer höher, immer steiler. Endlich am oberen Flur angekommen,
freue ich mich wieder auf ein kurzes, horizontales Stück Weg durch die Flure.
Samba-Trommler und die Zuschauer feuern uns an. Am Start vorbei und wieder von
vorne. 2-mal, 3-mal, 4-mal usw. Alles dreht sich um mich. Zahlen schwirren mir
durch den Kopf. In welcher Runde bin ich? Egal, ich sprinte weiter.
Die Zeit vergeht. Mühsam beginne ich mich mittlerweile die Treppe
hochzuarbeiten. Neben mir ein Läufer mit hysterisch piepsendem
Herzfrequenzmesser. Doch mir geht es auch nicht besser. Noch ein letztes Mal den
Flur entlang, um die Ecke und die Treppe nach oben. Meine Oberschenkel brennen.
Jubelstürme der Zuschauer. Showeinlage beim Zieleinlauf. Endlich bin ich im
Ziel. „Wie war´s?“, fragt Erwin neugierig am Kuchenstand. „Ein bisschen
enttäuschend“, zwinkere ich ihm zu. „Ich hab mir das Hamsterrad gemeiner
vorgestellt.“ Wir grinsen uns an und reiben unsere Oberschenkel. Jeder schiebt
sich ein riesiges Stück Kuchen in den Mund. Das war ein hartes Stück Arbeit.
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 8. November 2009 |