Inhaltsverzeichnis
Suchen
Weitere
Freizetthemen |
|
WEB 2.0 Buttons |
|
|
Bunte Berge und heiße Quellen - Norman Bücher beim Laugavegur Island
Ultramarathon
|
Island, die Insel der Naturwunder, übt schon jeher eine große Faszination
auf mich aus und stand schon lange auf meiner Liste möglicher Reiseziele. Ein
Land voller Kontraste – ultramodern und doch geheimnisvoll, offen und trotzdem
eigenwillig. Island, das steht für bunte Rhyolithberge, heiße Quellen, dunkle
Lavawüsten, dramatische Meeresklippen und majestätische Gletscher. Diese
traumhafte Kulisse ist einmal im Jahr Austragungsort des Laugavegur
Ultramarathon. Dieser 55 Kilometer lange Abenteuerlauf folgt dem bekannten
Wanderweg von Landmannalaugar nach Thorsmörk im Südwesten Islands, eine der
schönsten Trekkingrouten der Welt. Für diese benötigen Wanderer normalerweise
vier Tage. |
|
Ausgangspunkt dieses reizvollen und gleichzeitig anspruchsvollen Trail-Laufs
ist Landmannalaugar, einem Ort fernab menschlicher Zivilisation. Hier befindet
sich das größte Geothermalfeld Islands. Die seltsam buntgefärbten Berggipfel des
Vatnajökull bestehen aus Rhyolith, einer mineralhaltigen Lava, die ungewöhnlich
langsam abkühlt und dadurch diese beeindruckende Färbung annimmt. Dieser Anblick
fasziniert mich schon bei der Anfahrt zum Lauf. Es ist Samstag, 18. Juli 2009, 8
Uhr Ortszeit und ich sitze schon seit über drei Stunden im Bus, der uns Läufer
von Reykjavik zum Start bringt. Die Sonne zeigt sich am bewölkten Himmel und es
wird ein für isländische Verhältnisse fast sommerlicher Tag vorausgesagt. Die
durchschnittliche Temperatur im Laugavegur-Gebiet beträgt normalerweise 7-8 Grad
Celsius, im Sommermonat Juli wohlgemerkt. Die Berghütte In Landmannalaugar, die
den Startpunkt des Laufs darstellt, platzt aus allen Nähten. 341 Läufer, so
viele wie noch nie zuvor, haben sich angemeldet. Den großen Teil stellen
einheimische Athleten dar. Doch auch 66 internationale Läufer, u.a. einige
Briten, Deutsche und Amerikaner stehen auf der Startliste. Es herrscht
hektisches Treiben vor dem Start. Um 9 Uhr wird die erste Gruppe auf die Strecke
geschickt. Drei weitere folgen im Abstand von je fünf Minuten. Der Sinn hinter
dieser Prozedur wird mir nach wenigen Minuten bewusst. Gleich nach dem Start
führt ein schmaler Pfad steil ein Lavafeld hinauf. Nach wenigen Metern Laufen
ist schon die erste Gehpassage angesagt. Dadurch kommt es schon zu Beginn zu
einem kleinen Rückstau. |
|
|
Auf den ersten zehn Kilometern geht es permanent bergauf. Dieser erste
Streckenabschnitt bis Hrafntinnusker wird im Rennheft als der anspruchsvollste
beschrieben. Steile, giftige Anstiege und kurze Schneefelder gilt es immer
wieder zu passieren. Eine traumhafte Bergkulisse umgibt uns. Die bunte
Farbenpracht der Rhyolithberge bezaubert mich. Verschiedenste Farbtöne –
schwarz, braun, beige, grün und rot – vereinen sich zu einem Gesamtkunstwerk.
Die Schneefelder wirken dazwischen wie weiße Farbkleckse. Das schwarze,
scharfkantige Lavagestein sorgt für einen atemberaubenden Kontrast. Wie gemalt!
Ich fühle mich wie in einer anderen Welt. Links und rechts des Weges dampft,
zischt und blubbert es überall. Heißes Wasser spritzt aus den Erdspalten heraus
und sorgt für einen bizarren Anblick. Dazu dieser strenge, sehr intensive
Geruch. Es „duftet“ nach Schwefel. Schon bei meiner Vulkanüberschreitung während
meiner Neuseeland-Reise vor fünf Jahren lernte ich diese Art von Geruch zu
schätzen. Immer wieder bleibe ich stehen, um mich dieser sagenhaften Umgebung zu
erfreuen und sie auch bildtechnisch festzuhalten. Der Faktor Zeit spielt für
mich heute keine Rolle. Mein Ziel ist es, dieses Rennen in vollen Zügen zu
genießen.
|
|
Nach zehn gelaufenen Kilometern erreiche ich den ersten Checkpoint an der
Berghütte in Hrafntinnusker. Im weiteren Verlauf wird das Vorwärtskommen immer
wieder durch zunehmende und längere Schneefelder erschwert. Der Untergrund ist
matschig und rutschig und bedarf höchster Konzentration. Besonders an den sehr
steilen Bergabpassagen, die nun den Streckenverlauf dominieren. Ich laufe ganz
langsam, immer bestrebt Stürze zu vermeiden. Nach einem kurzen Anstieg bietet
sich uns ein beeindruckender Ausblick auf den See Alftavatn. Dieser wird umgeben
von einer schroffen Bergwelt und sanften, grünen Hügeln. Alles wirkt so
ursprünglich. Wie im Film „Herr der Ringe“. Diese grüne Oase ist wie geschaffen
für eine Rast. Ich verweile jedoch nur einen kurzen Augenblick, um diese
sagenhafte Umgebung mit all meinen Sinnen in mich aufnehmen zu können.
In Alftavatn, nach 22 Kilometern, erreiche den zweiten Streckenabschnitt. An
diesem Punkt ist eines von insgesamt zwei Zeitlimits während des Laufs zu
berücksichtigen. Die geforderten vier Stunden halte ich problemlos ein. Wie
wechselhaft das Wetter auf Island sein kann, bekomme ich jetzt in vollen Zügen
zu spüren. Die angenehmen Sonnenstrahlen haben den zunehmend aufziehenden Wolken
weichen müssen. Der Himmel öffnet nun seine Tore. Die Temperaturen sinken in den
einstelligen Bereich. Es wird kalt und ungemütlich. Der Wind nimmt zu und
peitscht mir den Regen ins Gesicht. Von der zauberhaften Landschaft um mich
herum bekomme ich nur noch schemenhaft etwas zu sehen. Auf mein Laufshirt ziehe
ich ganz schnell meine Windjacke und meine dünne Regenjacke. Auch meine
mitgeführten Handschuhe finden jetzt Verwendung.
Als hätte die aufkommende Nässe nicht ausgereicht, gilt es auf dem kommenden
Streckenabschnitt mehrere Flussdurchquerungen zu meistern. Typisch bei diesem
Lauf. Bei Kilometer 30 folgt die Durchquerung des größten Flusses, des
Bláfjallakvísl. Vom vielen Regen schon abgehärtet, gehe ich durch das eiskalte,
kniehohe Wasser. Ein Betreuer und ein Stahlseil helfen uns Läufer dieses
Hindernis gut zu überwinden. Nach dieser neuerlichen Erfrischung folgt nun ein
flaches Stück über Sand und Geröll. |
Ein längerer Abstieg führt uns zur nächsten Verpflegungsstation nach
Emstrur. 38 Kilometer sind absolviert. An diesem Punkt befindet sich das zweite
Zeitlimit. Maximal sechs Stunden darf man bis zu diesem Streckenabschnitt
benötigen. Glücklicherweise hat es wieder aufgehört zu regnen und die Sonne
tritt sogar ab und an wieder zum Vorschein. Kurz nach Emstrur führt zunächst ein
sehr steiler, schmaler Weg den Berg hinauf, um dann noch steiler auf die
Holzbrücke über den Fluss Fremri-Emstrua hinunter zu gehen. Ein angebrachtes
Stahlseil macht diesen Abstieg etwas leichter. Auf der gegenüberliegenden Seite
bietet sich ein imposantes Panorama. Das satte Grün der Wiesen, das klare Wasser
des Flusses und die eindrucksvollen Gletscher im Hintergrund erzeugen in mir ein
Wohlgefühl. Die Luft ist so sauber, dass ich jede Pflanzenart einzeln wahrnehmen
kann. Welch ein Genuss hier laufen zu dürfen! |
|
|
Auf dem Gipfel des letzten Anstiegs Kápan kann ich schon das Thorsmörk Tal
erkennen. Auf der anderen Seite dieser Erhebung wartet die letzte
Flussdurchquerung auf uns. Das Wasser des Thröngá kann an dieser Stelle bis zu
einem Meter tief werden. Auch hier ist wieder ein Betreuer zur Stelle, der den
Läufern behilflich ist. Dann sind es nur noch vier Kilometer bis zum Ziel. Die
Landschaft verändert sich ein weiteres Mal. Nach stundenlangem Laufen durch eine
schroffe Bergwelt mit dampfenden Vulkankratern und sprudelnden Quellen genieße
ich es ebenfalls nun zwischen sanft gebogenen Birken und grünen Wäldern zu
laufen. Welch ein Kontrast und Hochgenuss zugleich! Irgendwann öffnet sich der
Wald und eine Wiese kommt zum Vorschein. Die ersten Zuschauer im Zielbereich
kann ich ausmachen. Nach fast acht Stunden „Natur pur“ endet dieser traumhafte
Lauf viel zu schnell für mich. Ich wäre sehr gerne noch weitergelaufen. |
|
Fazit
Ein landschaftlich sehr beeindruckender und vielseitiger Lauf. Die
Strecke zählt sicherlich zu einer der schönsten in der Welt. Sofern das Wetter
mitspielt, und das ist in Island sehr wechselhaft, bieten sich traumhafte
Ausblicke auf die sehr reizvolle Umgebung. Gerade für ambitionierte Landschafts-
und Genussläufer sehr zu empfehlen! Das Profil kann man durchaus als
anspruchsvoll bezeichnen. Einziges Manko: für das relativ hohe Startgeld (210
Euro) darf man bei der Verpflegung auf der Strecke nicht zu viel erwarten. Ein
hochwertiges Long-Sleeve-Shirt ist dafür für jeden Läufer inbegriffen. Allein
die Busfahrt von Reykjavik zum Start und vom Ziel wieder zurück in die
Hauptstadt ist schon eine Reise wert. Statt der üblichen Pasta-Party findet nach
dem Lauf eine Grill-Party statt. |
Links
Website des Veranstalters des
Laugavegur Island Ultramarathon |
|