Gazellen auf der Hausrunde -
Jochen Brosig beim 7. Herbstlauf Schloss Thurn 2009
Samstag, Halbmarathon in Heroldsbach. Ich gehe aus dem Haus: „Na Herr Brosig,
sind wir wieder auf der Flucht?“ „Nein, alles im grünen Bereich.“, antworte ich.
Aber trotzdem hat mein Nachbar gar nicht einmal so Unrecht. Es begann gestern im
Coffee-Shop. „Hallo!“, schallte es von der anderen Thekenseite. Die Blonde mit
dem Pferdeschwanz stand dort wild winkend. Bei meiner Läuferfrau gingen die
Alarmsirenen auf rot. Ihre Augen wurden groß. Ich konzentrierte mich auf einen
Tonfall von: „Ach, die Hecke gehört wieder einmal geschnitten.“ So erwähne ich
ganz beiläufig: „Ach, das ist Sandra. Die läuft immer in Hemhofen.“
Start ist wie immer in Heroldsbach. Um 11.00 Uhr, zeigt die Uhr am Bahnhof in
der Westernstadt, laufen wir los. Brigitte und Elisabeth sind heute mit von der
Partie. Wir haben 2 Runden vor uns. Optimales Wetter. Start aus der ersten
Reihe. Ich gebe Gas. Auf jeden Fall muss ich mich von allen Läuferinnen
fernhalten, denke ich mir.
Zu Hause begann das Frage-und-Antwort-Spiel. Dabei haben die anderen nicht
einmal einen Namen. Die Blonde mit dem iPod. Die schwarze Sprinterin. Die
Teletubbies, die nebeneinander herstampfen, die Stöcke schwingen und an ihren
Flaschen nuckeln. Die Heidi-Klum-Läuferin trägt vom Stirnband bis zur Socke
alles genau farblich abgestimmt. Natürlich vom teuersten Anbieter. Die Gazelle.
Das Reh. Das Hoppel-Ich. Die Babyjoggerin. Die Hundeflüsterin.
KM 10 – 39 Minuten. Das sieht gut für mich aus. Das Tempo will ich beibehalten.
Die Strecke gefällt mir. Vom Freizeitpark Richtung Hausen. Leicht bergab, dann
wieder bergauf. Der Wechsel von Kiesweg auf Asphalt. Lange Geraden, aber auch
einige Ecken und Kanten. Zu Beginn der letzten Runde habe ich mich auf den 10.
Platz vorgearbeitet. Wie heute morgen warte ich auf eine günstige Gelegenheit,
um weiter Boden gut zu machen.
Die Gelegenheit kam beim Super-Samstag-gemütlich-Frühstück. Es folgte die
Aufklärung. Meine Frau würde ich gegen keine dieser Dahergelaufenen tauschen.
Abgesehen davon: Die Wege mit den Joggerinnen kreuzen sich zwar, aber wir
begegnen uns nicht. Ich kenne sie nicht. Jeder bleibt für sich. Außerdem: So
rotgesichtig, verschwitzt, müffelnd und außer Atem will man(n) ja nicht einmal
der Briefträgerin im Hausflur in die Arme laufen.
Kurz vor Ziel muss ich noch 2 Läufer vorbeiziehen lassen. Pech für mich. Einer
läuft in meiner Altersklasse. So belege ich wieder einmal Platz 4 in der AK M40.
Das muss sich bald wieder ändern. Ich muss etwas tun.
Meine Läuferfrau will auch etwas tun. Auf keinen Fall darf ich weiterhin der
Gefahr allein ausgesetzt sein. Ihr Entschluss steht fest: Morgen wird sie mich
begleiten, wenn ich meine Runde drehe. Aber ich frage mich: Wer kreuzt
eigentlich ihre Wege, wenn ich beim Laufen bin?
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 10.Oktober 2009 |