Einleitung
Ein fast 70 Kilometer langer Panoramatrail mit etwa 3200
Höhenmetern rund um die Allgäuer Bergwelt zwischen Sonthofen und Kleinwalsertal,
:-) das klang für mich verlockend. Daher meldete ich mich gleich zu diesen
verheißungsvollen Ultratrail an.
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Die beiden Tage zuvor
Einige Wochen später reisen Gaby, Manfred und ich freitags
nach Sonthofen an. Wir übernachten am
Campingplatz in Sonthofen an der Iller und ganz nahe am Zielgelände des
Laufs am Bad Wonnemar.
Weil der Boden hier so steinig ist, ruiniere ich mir die Hälfte meiner Heringe
fürs Zelt. Nach diesem Steineklopfen, einer wahren Sträflingsarbeit, gehen
wir noch in der City essen. Dabei kommen wir auch schon am Startgelände beim
Allgäu Outlet vorbei, wo es auch morgen die Startunterlagen gibt.
Nachts fängt es dann heftig zu regnen an. Auch tagsüber zeigt
sich der Samstag als verregneter Tag. So können wir in Ruhe unsere
Startunterlagen holen und Einkaufsbummeln gehen, zumal Teilnehmer im Allgäu
Outlet und im Laufladen von Axel Reusch einen Rabatt von 20 % erhalten.
Dabei kaufen Manfred und ich und einen Laufrucksack. Wir testen ihn bei einem
kurzen Nachmittagsläufchen an der Iller und entscheiden uns lieber morgen den
alten Rucksack mitzunehmen, da wir uns an den neuen Rucksack noch nicht gewöhnt
haben. Lieber morgen keine Experimente unternehmen!
Nudelparty
Abends besuchen wir noch die Nudelparty, wo jeder Teilnehmer
seine Nudeln auf einem richtigen Teller und keinen Wegwerfteller erhält.
Von Axel Reusch erhalten wir die letzten Infos zum Lauf. Beim Ultra reichen
Straßenschuhe aus und Stecken kann man sich sparen, behalte ich als Hauptinfo.
Auf die Stecken verzichte ich gerne, 11 - 12 Stunden lang "Klack, Klack" hören
zu müssen wäre für mich eine Seelenqual, aber auf meine leichten und billigen
Salomon Boulderado Trail-Schuhe schwöre ich. Nicht zu unrecht wie später die
doch nicht so einfache Laufstrecke zeigen wird! |
Am Tag zuvor erhalten wir hier noch Infos zum Lauf |
Früh am Morgen
Manfred und ich stehen gegen 4:30 auf, während Gaby noch den
Schlaf des Gerechten schlafen darf, da ihr Halbmarathon erst um 10:15 startet,
während wir schon um 6 Uhr auf die lange Strecke geschickt werden.
Eine Brezel als Frühstück und eine Tasse Pfefferminztee, das soll mir so früh am
Morgen genügen. Den Rest nehme ich mir im Laufrucksack mit und ein paar
Verpflegungsstellen soll es ja auch geben.
Manfred braucht mal wieder seine Zeit! So ist es schon recht
spät, als wir den Startplatz erreichen. Dort treffe ich meinen Lauffreund
Dieter, der mich immer so gerne ärgert. Natürlich lass ich ihn deswegen gleich
links liegen und eile zur Kleiderabgabe, zumal der Startschuss schon in Kürze
fallen soll. Natürlich ernte ich sofort den verdienten Protest seitens Dieter.
Also muss ich Dieter doch noch beachten. "Hallo Dieter, bist Du auch schon da
..."
Dieter schreibt übrigens von heute auch mal
wieder
einen Bericht. Da Dieter immer deutlich schneller als ich unterwegs ist,
ergänzen sich sicher unsere beiden Berichte gut.
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Es ist noch dunkel als wir uns kurz vor 6 Uhr Morgens am Startgelände versammeln
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Der Start
Schließlich reihen wir uns ins Starterfeld ein, während
Veranstaltungspräsident Axel Reusch uns die letzten Infos ohne technische Hilfe
wie Mikrofon oder Megaphon zuruft. Die strengen Auflagen der Stadt, die
frühmorgens keinen Radau wollen, machen es notwendig.
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Axel Reusch verkündet ohne Elektronik die letzten Infos für uns Läufer |
Die ersten Kilometer
So starten wir dann auch ohne fetzige Startmusik und ohne
lautstarken Countdown, einfach ganz leise in den dämmernden Morgen. Die meisten
Teilnehmer, viele aus der Berg- und Landschaftsultraszene, benötigen so was auch
nicht. Ihnen geht es ums Laufen und schöne Laufstrecken und nicht um einen
großen Rummel drum herum, wie es bei so vielen Stadtmarathons üblich ist.
Wir verlassen schnell das Siedlungsgebiet von Sonthofen und
laufen die ersten beiden flachen Kilometer am Ufer der Iller entlang. Dabei
treffe ich meinen Laufkollegen Jörg Kornfeld. Er kommt wie ich auch aus
Forchheim. Dieser "Nimmersatt" lief doch gestern glatt auch noch den Schilthorn
Inferno Lauf.
Bald trennen wir uns, da er mir etwas zu schnell läuft. Ich möchte nämlich nicht
schon mein Pulver auf den ersten 2,5 flachen Kilometern verschießen. |
Zuerst laufen wir noch bei Dunkelheit und Nebel an der Iller entlang |
Gedanken um die Cutoffzeit 7:30 in Oberstdorf
Aber ich muss heute auch Tempo machen, weil ich die
vorgegebene Durchgangszeit von 7 Stunden und 30 Minuten in Oberstdorf nach 49 km
schaffen muss. Alle Teilnehmer, die länger brauchen, sollen dort raus gezogen
werden. Diese Schmach und Enttäuschung möchte ich mir ersparen!
Diese Zeit hört sich eigentlich auch für mich als machbar an. Aber ich weiß
nicht wie schlimm hier die Bergauf- und Bergabpassagen sind. Wird's bergab steil
und crossig, kann man außerdem wenig Zeit gutmachen. Außerdem wer weiß, ob die
Entfernungen richtig ausgemessen sind. Wenn die Strecke per GPS ausgemessen ist,
ist die Strecke in Wirklichkeit gerade bei sehr kurvigen Bergpfaden oft viel
länger als das GPS angibt.
Also kann ich Genussläufer, der sonst
gerade am Anfang bei solchen Läufen herumtrödelt, einfach keine Zeit vergeuden.
Das stört mich und meine Angst vor dieser Durchgangszeit zu scheitern gebe ich
auch meinen Laufnachbarn kund. Wahrscheinlich mache ich sie deswegen auch noch
närrisch.
Einer sagt deswegen mehrmals: "Ich schaff das. Mich hat noch keiner raus
gezogen. Selbst beim Ultratrail du Mont
Blanc"
Ach, in welchen Kreisen bewege ich mich hier?
Einige immerhin schon recht drahtig und zäh Aussehende kenne ich von den
Bergmarathons, aber hier sehe ich noch eine ganz andere Läuferkaste. Diese
Ultrabergläufer haben noch drahtigere Muskeln, blicken noch verwegener drein und
ihr Gesicht zeigt Spuren von vielen Laufabenteuern, die sicher genügend
Stoff für spannende Bücher liefern könnten.
Für einige von ihnen ist das sicher nur ein kleiner gemütlicher Trainingslauf
wie für närrisch Läufe wie dem Ultratrail du Mont Blanc 2009 in einigen Tagen.
Was sind das nur für Leute, wo ich mich mit meinen Wohlstandsbauch hin verirrt
habe?
Wenn ich heute den Lauf schaffe, bekäme ich sogar 2 der 4 nötigen "Qualipunkte",
um an diesen verrückten 160 km langen Lauf mit etwa 10.000 Höhenmeter rund um
den Mont Blanc teilnehmen zu dürfen. Mit meinen anderen diesjährigen Läufen
dürfte ich dann sogar die 4 nötigen Punkte haben. Aber diese Punkte
interessieren mich überhaupt nicht. Ich will hier nur durchkommen und ein
wunderschönes, neues Lauferlebnis mitnehmen. Mir geht es nicht um höher, weiter,
schneller und schwieriger sondern um schöne Landschaften, tolle Lauferlebnisse
und nette und interessante Laufbekanntschaften. Das macht für mich so ein
Bergultra aus. Prahlen über ihre "Ultra- Ultras" können von mir aus die anderen
... |
Als es erstmals bergauf geht, ist es zwar noch nebelig aber schon hell |
Ich muss im Schnitt etwa 9 Minuten pro Kilometer laufen, um
diese blöde Durchgangszeit zu schaffen. Für die restlichen 20 km hätte ich dann
4 1/2 Stunden Zeit. Da kann ich ja dann trotz Sonnenkopf gemütlich bummeln.
Daher mache ich mir auch über die letzten 20 Kilometer erst mal keine Gedanken.
Auf den ersten 3 recht flachen Kilometern konnte ich einen kleinen Zeitpuffer
raus laufen, der mit den ersten Anstiegen auch zugleich wieder wie Butter in der
Sonne dahin schmilzt.
Während mein Zeitpuffer dahin schmilzt, laufen wir im Nebel
durch den Bergwald. Dieser Dunst taucht dabei die Szenerie in eine mystische
Stimmung. Selbst die Atemgeräusche von uns Läufern verschluckt er dabei. |
Mystische Stimmung im Nebelwald |
Wie groß ist der Kontrast dazu, als wir diese
undurchdringliche Wand durchbrechen und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen
erblicken. Sie tauchen die umgebende Landschaft in ein warmes Goldgelb ein. |
Nach etwas 5 km Laufstrecke durchbrechen wir die zähe Nebeldecke
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Wir gewinnen nun ständig an Höhe. So sehen wir bald ein
Wolkenmeer, gebildet von der zähen Hochnebeldecke, unter uns. |
Nun liegt die Nebelschicht unter uns
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Die Pferde kümmern sich kaum um das Geschehen am Koppelrand |
Keiner der Läufer bleibt von der atemberaubenden Szenerie an
diesem frühen Morgen unberührt. Ich bin mir bewusst, der größte Künstler ist die
Natur. Solche Augenblicke möchte man einfangen können.
Wie auch immer, ich möchte jetzt das ganze sicher nicht mit einer Nacht im *****
- Hotel oder einer Autofahrt im Rolls Royce tauschen. Ach ihr Millionäre und
Milliardäre, wie arm seid ihr, wenn ihr so was nicht erleben dürft! |
Hinter uns der Grünten auf
dem ich vor gut drei Wochen
einen Tag vor dem Immenstädter Gebirgsmarathon hoch joggte |
Während wir immer weiter dem Himmel entgegen streben, ... |
... können wir auf ein Meer von Wolken unter uns blicken und über die
erhabene Natur nur staunen. |