Eiskalt - Ich möchte kein Eisbär sein - Jochen
Brosig beim Rothseelauf 2010
T…t…tau mich auf.
Ah, ah eiskalt.. eiskalt..
Eine alte Läuferweisheit sagt: „Die Erfolge des Sommers werden im Winter
gemacht.“ Der Sommer ist noch weit. Ich vermisse die Sonne. Sonntag für Sonntag.
Draußen ist es noch dunkel und sibirisch kalt. Minusgrade. Dazu weht ein eisiger
Wind.
Freeze – ich laufe nicht, ich gleite,
ich step durch die Gegend und alle geh’n zur Seite
Die Ausrüstung ist heute besonders wichtig. Meine Mütze darf heute auf keinen
Fall fehlen. Sie hält bei diesen eisigen Temperaturen den Kopf und die Ohren
warm. Heute soll endlich wieder die Sonne scheinen. Also muss die Sonnenbrille
mit. Bloß nicht die Handschuhe vergessen! Ich öffne die Haustür. Da streckt die
Kälte ihre Krallen nach mir aus und schreit mir ins Gesicht: „ It’s cool man!“.
Beim Bäcker in Hessdorf stehen Brigitte und Helmut. Werktags ist um diese Zeit
viel Betrieb. Aber sonntags ist es auch beim Bäcker dunkel. Wir fahren nach
Birkach zum Rothseelauf.
Eiskalt – laufen wir wie Eisbrecher
Eiskalt – ich fühle mich wie die Kugel im Eisbecher
Am Start erwartet uns blauer Himmel; die Sonne lacht, aber eisige Kälte umhüllt
uns. Der Polarwind pfeift sein Lied. Gefühlte Minus 20 Grad. Das Startsignal. Es
geht los! Die Kälte packt mit ihren Krallen fest zu. Bei mir immer zuerst an den
Händen. Mit Fingergymnastik versuche ich meine Hände wieder normal zu
durchbluten. Finger auf, Finger zu. Wenn meine Hände nicht frieren würden, wäre
es jetzt sogar ganz angenehm. Ich bin warm eingepackt und mittlerweile
aufgewärmt. Nur eben die Hände. Ich bin doch kein Eisbär! Jochen, du alter
Warmduscher! Stimmt, ich kann Kälte nicht vertragen. Mir kommt ein alter
Gassenhauer in den Sinn:
„Kann mir mal wer verraten wie das der Eisbär macht,
dass er bei Minus 40 auf dem Eisberg sitzt und lacht.“
Während meine linke Hand warm wird, durchlaufen wir Polsdorf. Die rechte Hand
bleibt kalt. Trotzdem gelingt mir der geübte Griff zur Trinkflasche relativ
leicht. Es klappert verdächtig in der Getränkeflasche. Eis? Maltodextrin on the
rocks – geschüttelt, nicht gerührt. Eine Sauna wäre jetzt nicht schlecht. Von
einer heißen Dusche ganz zu schweigen. Ich spüre meine rechte Hand wieder. Durch
das kalte Getränk angeregt, meldet sich nun meine Blase. Also einen kurzen,
erfrischenden Halt eingelegt. „Wie pinkelt ein Eskimo?“ Genau: „Klack, klack,
klack.“ Der linke Zeigefinger schmerzt. Ein Trainingslager im Süden wäre schon
spitze. Aber ich bin in Franken. Hier ist es eiskalt:
Freeze – ich laufe nicht, ich gleite,
ich step durch die Gegend und alle geh´n zur Seite.
Ich bin der neue King Frost und fühle mich wie ein Eisblock.
Helmut läuft wie immer ohne Handschuhe. Unverständlich für mich. Mittlerweile
haben wir Birkach erreicht. Wegen unserer vereisten Lippen fällt kaum ein Wort.
Wir fühlen uns wie Scott und Amundsen bei ihrem Wettlauf zum Südpol. Helmut
setzt sich ab. Auf dem zugefrorenen Rothsee schwebt der Morgennebel. Nur noch 5
KM. Schon bei dem Gedanken an das Ziel läuft es sich leichter. Es wartet eine
heiße Dusche. Also nichts wie drunter! Herrlich! Schön, wenn die Gliedmaßen
wieder langsam zum Leben erwachen. Zuerst kribbelt es noch, als würden 1000
Ameisen durch die Blutbahnen laufen. Doch dann ist es angenehm. Ein warmer Tee
weckt die Lebensgeister völlig. Und da vorne ist es auch schon. Das Ziel. Ein
Schlussspurt. Vorbei. Das war schon Hardcore heute. Extremfastjogging! It’s cool
man!
T…t…tau mich auf.
Ah, ah eiskalt.. eiskalt..
Run happy and smile!
Euer Querläufer
Jochen Brosig
Röttenbach, den 07. März 2010 |