32. Warschau Marathon am 26. September 2010 -
Ein Laufbericht von Jürgen Sinthofen
Schon vom Chopin City Marathon gehört?
Ich auch nicht, dahinter versteckt sich der 32. Warschau Marathon, der zu Ehren
des 200. Geburtstages von
Frédéric Chopin, einem der berühmtesten Söhne
Warschaus.
Warschau, eine interessante Kurzreise oder nur das Abhaken eines weiteren
europäischen Hauptstadtmarathons?
Um es vorweg zu nehmen, eine tolle Stadt und eine überdurchschnittliche
Marathonveranstaltung!
Aber der Reihe nach.
Dank Lufthansa Sonderangebot ging es ab Frankfurt für 98,- Euro am Samstag früh
nach Warschau und am Sonntagabend wieder zurück.
booking.com verhalf zu einer Übernachtung im Radisson, ca. 10 min zu Fuß vom
Start-/Zielbereich des Marathons für ca. 65,- für 2 Personen mit Frühstück und „late
check out“ um 15.00.
Für 8,- Euro gab es ein Dreitagesticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr
in Warschau, welcher auch die Fahrt vom Flughafen abdeckte, also alles in allem
ein finanziell überschaubarer Trip.
Und wofür?
Schlechtes Wetter in Deutschland, dafür in Warschau am Samstag blauer Himmel und
strahlender Sonnenschein bei 20°C – von wegen kalter Osten.
Wir machten uns um 10.00 Uhr auf den Weg und erkundeten die Altstadt, die
Krakauer Straße mit seinen vielen Kirchen und dem Präsidentenpalast, gingen an
tollen Villen vorbei zum Lazienki Park mit seinem Wasserschloss, um am späten
Nachmittag in einer Sporthalle südlich des Parks problemlos die Startunterlagen
mit Startnummer, Leihchip und Baumwoll-T-Shirt abzuholen.
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Startnummernausgabe |
Neben einer kleinen Läufermesse wurde vor der Halle im Freien die Pastaparty
veranstaltet. Wir trafen hauptsächlich polnische Läufer, aber ein paar
internationale Protagonisten waren auszumachen. Die Nudeln mit Fleischsoße waren
sehr gut, ein toller frischer und variantenreicher Salat machte die Sache rund
und nachdem auch ein Nachschlag problemlos ausgegeben wurde brauchte sich auch
niemand über die knapp 2,- Euro extra für die Pastaparty zu beschweren, zumal
auch noch ein Getränkebon (z.B. 0,5 l Bier) enthalten war.
So gestärkt ging es zurück zum Hotel für eine Runde Wellness im hoteleigenen
Schwimmbad mit Whirlpool, Sauna und Dampfbad (jeweils nur ein Gang). Tolle
Sache, ich bin am nächsten Tag gelaufen wie ein Wiesel! |
Pastaparty |
Sonntag, strahlend blauer Himmel, Sonne, ca. 13° C, kaum Wind – optimal für
einen guten Marathon.
Start und Ziel befinden sich gleich am Anfang der „Krakauer Vorstadt“, welche
vom Schlossplatz abzweigt, also wirklich nahe dem beeindruckenden historischen
Stadtzentrum Warschaus. Warschau ist wegen der Wiederaufbauleistung nach den
sinnlosen und brutalen Zerstörungsorgien im zweiten Weltkrieg durch die
Deutschen, welche 84 % der Stadt in Schutt und Asche hinterließen, als
Weltkulturerbe klassifiziert.
Die Kleiderbeutel waren abgegeben, die eingeladenen Eliteläufer reihten sich für
die Fotos auf, die ganze Zeit Informationen, leider nur in polnischer Sprache,
aber keine Musik, dann war es soweit. Pünktlich um 9.00 Uhr der Startschuss,
über 3.300 Marathonis machten sich auf den Weg. |
Auf dem Weg zum Start beim Grabmal des
unbekannten Soldaten |
Klare Ansagen und im Hintergrund die
Kleiderbeutelabgabe |
Das Elitefeld (Sieger Tola Ban mit Nr. 13 zweiter
v. r.) |
Kurz vor dem Start |
Start |
Zuerst die Krakauer Straße runter, links der Präsidentenpalast, das mondäne
Hotel Bristol, die Uni und weiter auf breiter Straße an verschiedenen
Botschaften in Prachtvillen vorbei zum Lazienki Park mit der großen modernen
Chopinbüste.
Km 3 war geschafft, es rollte und nach einer rechts/rechts Kombination ging es
an in sozialistischer Zeit gebauter repräsentativer Verwaltungsgebäude wieder
Richtung Hauptbahnhof. Links von uns der von Stalin dem polnischen Volk zur
Versöhnung geschenkte 1955 gebaute
Kulturpalast, dem Wahrzeichen Warschaus. Das
Teil ist alleine wegen der gigantischen Abmessungen ein Hingucker.
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Krakauer Straße |
Die Neue Straße |
Die Aleksanderkirche |
Villen am Lazienki Park |
Das Chopin Denkmal im Hintergrund |
Kirchen überall |
Realer Sozialismus |
Der Kulturpalast |
Jetzt rechts, linkerhand wieder ein Park mit dem Grabmal des unbekannten
Soldaten, dann umrundeten wir das große Theater um über Start und Ziel in der
Krakauer Straße weiter um die Altstadt herum in die Nordstadt zu laufen, wo wir
bei km 12 die Weichsel auf breiter Brücke, welche halbseitig für den Verkehr
gesperrt war, überquerten. Überhaupt war die ganze Marathonstrecke in absolut
ausreichender Breite überall für den Autoverkehr gesperrt, was ein wirklich
angenehmes Laufen auf Asphalt ermöglichte. Nur in der Altstadt gab es ein paar
hundert Meter mit gut zu laufendem Kopfsteinpflaster.
Zwischen Weichsel und Zoo ging es nun 3km zum Stadtteil
Praga mit seinen
teilweise noch nicht restaurierten Häusern (wo man noch die Einschusslöcher aus
dem Krieg im Außenputz sehen konnte), Nach dieser kleinen Schleife wieder an der
Weichsel der Einstieg in eine 4 km lange Wendepunktstrecke wieder parallel zur
Weichsel, welche uns auch am im Bau befindlichen futuristisch wirkenden neuen
Fußballstadion vorbeiführte. |
Weite Plätze (Hintergrund Grabmal des unbekannten
Soldaten und Kulturpalast) |
Am Theater |
Die Karmeliterkirche |
Hotel Bristol |
Der Präsidentenpalast |
Wir durchliefen den Start-/Zielbereich |
Im Hintergrund rechts das Schloss
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Die Nationalbibliothek |
Es geht über die Weichsel |
Zwischen Zoo und Weichsel mit 3.20 h
Zugläufergruppe |
Auch im Stadtteil Praga wird bereits restauriert |
Am neuen Fußballstadion |
Nach km 23 ging es wieder über die Weichsel zurück auf die Altstadtseite, von wo
aus wir rechts an der architektonisch sehr reizvollen modernen Unibibliothek
vorbei wieder eine Schleife zur Weichsel liefen, um bei km 30 den südlichsten
Punkt des Kurses zu erreichen. Durch ein Wohngebiet ging es zurück an der
Bibliothek vorbei und auf einer breiten Straße zwischen Altstadt links oben am
Hang und rechts der Weichsel, um nach einer kurzen Wendepunktstrecke bei km 39
ca. 20 Höhenmeter zu überwinden. An der anderen Seite des Theaters vorbei
stießen wir bei der Karmelitenkirche, wo bereits Chopin auf der Orgel spielte,
wieder auf die Krakauer Vorstadt, um die letzten Meter unseres Marathons unter
dem sonst raren Applaus der Zuschauer bis zum Ziel zurück zu legen. |
Wieder eine Wasserstelle |
Rekordversuch für die größte zusammengebundene
Läufergruppe |
Am Bootshaus |
Über die Weichsel zurück in die Altstadt |
Die Unibibliothek |
Es läuft gut für mich |
Mehrere Bands von jungen Leuten unterhielten die
Läufer |
Unser Pacemaker mussten wegen Krämpfen bei km 35
leider aussteigen |
Klare Ansage, es ist bald geschafft |
Ein letztes Mal an der Weichsel entlang |
Jetzt rechts den Berg hinauf |
Ca. 20 Höhenmeter sind zu überwinden |
Noch mal Stimmung vorm Endspurt |
Noch mal am Theater |
Man kann das Ziel schon hören |
Ein schöner Zieleinlauf |
Fast geschafft |
Geschafft |
Dank der Zug-/Bremsläufer, der vielen Musikgruppen am Straßenrand, aber auch
wegen des Wetters, welches sich nach dem Start etwas eintrübte und es bei km 29
bis 32 ganz leicht tröpfelte, zum Laufende aber wieder die Sonne bei 20°C
schien, gelang vielen Läufern eine gute Laufzeit. Unter 3h blieben 104
Marathonis, der schnellste war Tola Bane aus Äthiopien in 2.13,09, bei den
Frauen war als Gesamt Neunte Tetyana Holovchenko aus der Ukraine in 2.31,36
erfolgreich. Alle weiteren Ergebnisse
hier.
Die Verpflegung im Ziel bestand aus Wasser und Powerade, es gab eine
Plastikschutzhülle und eine sehr schöne Medaille. Die Kartoffelsuppe mit
Würstchen und Speckeinlage mit Brötchen schmeckte köstlich, ein Nachschlag war
überhaupt kein Thema. Die Dusche, welche ca. 1,5 km vom Ziel entfernt war
(Shuttlebus möglich) hatte ich nicht genutzt, eine weitere Wellnessorgie im
Hotel war mir lieber... |
Die Folie war eine gute Idee |
Der Leihchip wurde uns abgenommen |
Der interessante Streckenverlauf |
Mein Resümee:
Ein sehr gut organisierter, verkehrsfreier, mit für einen Stadtmarathon
kurzweiliger Strecke und wirklich sehr gut aufgebauter Vepflegungsständen mit
Wasser alle 2,5 km und zusätzlich Schwämme, Powerade und Bananen alle 5 km, toll
von SchülerInnen über ca. 150 m verteilt gereicht, genügt jedem internationalen
Standard als Maßstab für einen erfolgversprechenden Versuch seine Bestleistung
zu verbessern.
Für ein Startgeld zwischen 25 bis 50,- Euro je nach Anmeldezeitpunkt erhält man
ein wirklich gutes Paket mit Leihchip, T-Shirt, Medaille und immer
ausreichender, guter Verpflegung.
Der Warschau Marathon wurde, zumindest von mir, bisher völlig unterschätzt und
ich kann nur empfehlen die günstigen Preise zu nutzen, um einen im
internationalen Vergleich hochklassigen Marathon und ganz nebenbei auch eine
aufstrebende, saubere und sichere europäische Metropole im Rahmen eines
Kurzurlaubes kennen zu lernen.
Links
Offizielle Website des Warschau
Marathons |