Der Wüstenlauf in den Allgäuer Bergen
Gut 70 Kilometer Panoramatrail mit etwa 3150
Höhenmetern rund um die Allgäuer Bergwelt zwischen Sonthofen und Kleinwalsertal,
:-) das war 2009 schon so
schön, dass ich nun wieder einmal dabei sein musste. Auch diesmal war das
Wetter wieder herrlich, eigentlich schon zu schön. Nach
einer subtropischen Nacht ist es schon um 6:00 morgens erstaunlich warm,
als bei Dämmerlicht der Startschuss fällt. Wie mag das erst heute Mittag
oder Nachmittag sein? Der Wetterbericht hat eine wahre Hitzewelle
angekündigt! Schnell verlassen wir das Siedlungsgebiet
von Sonthofen und laufen auf flachem Kurs die Iller entlang. Ich gebe
etwas Gas, da ich die noch halbwegs kühle Luft über eine möglichst lange
Strecke hinweg nutzen möchte. Trotzdem bin ich schon bald einer der
Letzten im Läuferfeld.
Manche starten ja hier wie bei einem flachen 5-Kilometerlauf! Wenn sie
das nicht noch später büßen müssen! Bereits nach etwa
3 Kilometern Laufstrecke verlassen wir die Iller und das Flachland. Ab
nun wird es mal vom allerletzten Kilometer und einem Streckenabschnitt
vor Oberstdorf abgesehen fast nur noch bergauf oder bergab gehen. |
Sonnenaufgang! Es wird ein heißer Tag! |
Als wir die ersten Höhen erreichen, geht strahlend die
Sonne auf und taucht die Szenerie in ein güldenes Licht. Gebirgskulisse
und Panorama sind dabei einfach berauschend.
Bereits eine Laufstunde später ist es schon so warm,
dass es mich schon vor der sicher noch gnadenloseren Mittagssonne graut.
Aber die schönen Wege und die wunderschöne Aussicht entschädigen.
Wie gut, dass es hier neben den offiziellen Trinkstellen soviele Brunnen
und Viehtränken gibt, bei denen man sich kühlen kann oder auch mal die
Wasserflasche wieder füllen kann.
Vor einer dieser Tränken drängen sich sogar Kuh und Mensch. Das gibt ein
spaßiges Bild. So drücke ich auf den Auslöser: |
|
Nach etwa 16 km Laufstrecke erreichen wir in 1685 Meter
Höhe die erste große Passhöhe. Wer nun glaubt die größten Anstieg
geschafft zu haben, wird später noch bitter enttäuscht werden. Aber erst
laufen wir nun auf einem sehr steilen Bergpfad bergab. Bald führt uns
ein breiter Fahrweg noch weiter hinunter. Dahinter lauert auf einem
Asphaltweg ein heftiger Gegenanstieg. Aua, der tut weh, zumal hier
die Sonnenstrahlen schon so richtig gnadenlos herunterbrennen.
;-) Von all dem wohl temperiert erreiche ich den
ersten großen Verpflegungspunkt nach etwa 20 Kilometern Laufstrecke.
Dort treffe ich den stark sehbehinderten und allseits beliebten und
bekannten Ultraläufer Didi, der wie immer mit Guide läuft. Auch Didi ist
schon von der Hitze gezeichnet und sein Begleiter kaum minder. Das kann
ja noch heiter werden, da ja noch 50 Kilometer vor uns liegen. Wir
trennen uns mit den besten Wünschen und lassen auch bald den
Riedbergpass hinter uns.
Dahinter folgt eine Bergkette an dessen Nordhang wir
einen Bergpfad entlanglaufen. Hier herrscht Schatten und Kühle. Kann das
nicht so bleiben? Nein, natürlich nicht. Denn der Ultraläufer ist zum
Leiden geboren! Laufe und leide!
Aber die erhabenen Berge um mich strahlen so eine Kraft aus und die
Kraft des Genussläufers tut das übrige. So verdrängt Laufspaß des
Läufers Leid!
Vor Rohrmoos laufen wir einen steilen Wiesenpfad
bergab. Vor zwei Jahren war es hier matschig und rutschig. Mancher
rutschte damals mit seinem Hintern gen Tal. Heute bei der trockenen
Bruthitze verbleiben wir da dagegen auf Schusters Rappen.
Mehr Probleme bereitet mir die Ausweichstrecke um den Hörnlepass auf
asphaltierten und geschotterten Fahrwegen in der heißen Sonne. Axel
Reusch musste die Strecke aus Naturschutzgründen kurzfristig vom
Hochmoor am Hörnlepass verlegen. So bekommen wir nun statt Matsch mehr
Sonne und Asphalt ab.
Kurz dahinter, nach gut 35 Kilometern Laufstrecke,
können wir Kleidung wechseln und selbst mitgebrachte Verpflegung
ergänzen, weil wir unser Gepäck hierhin transportieren lassen konnten.
Ein toller Service des Veranstalters!
Ich wechsle mein Laufshirt und hole mir Powergels und 2 Laugenbrezeln
aus dem Rucksack. Die Laugenbrezeln werden mir noch gute Dienste
leisten, da sie meinen Salzverlust ausgleichen werden. Ohne Salz kann
man heute nämlich gar nicht mehr seinen Flüssigkeitsverlust ausgleichen,
weil der Körper ohne Salz keine Flüssigkeit mehr aufnimmt. Du trinkst
sonst und bleibst dennoch durstig. Leider gibt es an den
Verpflegungspunkten nicht mehr wie noch vor zwei Jahren ausreichend
salzige Kost! |
Im Kleinen Walsertal |
Wir laufen nun durchs Kleine Walsertal, wo ich in
meiner Kindheit mal ein Jahr in Riezlern verbrachte. Da werden natürlich
Erinnerungen wach, wie wir in der Schule im "Sportunterricht" die Berge
hochgescheucht wurden. Das war manchmal recht anstrengend ...
Anstrengend wird nun auch der Gegenanstieg zum Söllereck hoch. Der
Feuerball am Himmel verbrennt uns regelrecht. Jedenfalls sehe ich in den
roten Gesichtern meiner Leidensgenossen, auch wenn wir mal keine Sätze
wechseln, wie sehr auch sie unter dieser Hitze leiden. Nur die vielen
Viehtränken versprechen Linderung. Kopf rein, Arme rein, Kappe rein und
Laufschal rein. Alles ist nass und kühlt bis die Nässe verdampft ist.
Richtung Freibergsee laufen wir auf steilem
Singletrail bergab. Hier muss man trotz Hitze auf jeden Schritt achten,
weil man sonst ungewollt einen Purzelbaum schlägt. Der strahlend blaue
Freibergsee liegt einladend unter mir. Wie gerne möchte ich da nun drin
baden! Das kühle Nass lockt. Spring rein!
Aber der Blick auf die Uhr lässt diese süßen Träume schwinden. Ich habe
einfach keine Zeit für so ein kühlendes Bad! Nach 8:15 Stunden sollte
ich am Stadion in Oberstdorf ankommen, wenn ich noch diese
Zwischenzielschlusszeit einhalten möchte.
Ich bleibe mit 8:02 Stunden knapp darunter. Schnell
fasse ich dort Verpflegung und trinke reichlich und lauf dann schnell
weiter, während hier manche eine Viertelstunde oder mehr auch mal bei
einer Massage verweilen. So viel Zeit kann und will ich mir hier nicht
gönnen. Wellness findet ein andermal woanders statt!
Hinter dem Stadion quälen wir uns bei brütender Hitze
den steilen Berg hinauf. Diese Strecke lief ich schon gestern, als ich
mit Manfred und Heidi das Nebelhorn hoch joggte. Mit 1450 Höhenmeter auf
gut 10 Kilometern was das ein idealer Lauf zum Aufwärmen für heute. Aber
na ja, auch ohne dem wäre es mir heute schnell warm geworden ...
Bald verlasse ich aber den Weg zum Nebelhorn hoch.
Ein gewellter Höhenweg führt uns nun in Richtung Sonnenköpfle. Plötzlich
endet er vor einem Stacheldrahtzaun. Erst wissen wir nicht wo es weiter
gehen soll. Aber dann entdecken wir einen Lilapunkt auf einem Baumstamm.
Dieser markiert eine wacklige Hilfe, mit der wir über den Zaun zu
gelangen sollen. Weil das Hindernis so instabil ist und wegen dem
Stacheldraht ist es gerade für uns Männer nicht ganz ungefährlich ... |
Hindernislauf |
Aber wir kommen da alle heil herüber. Jedenfalls sind
wir nun wieder hell wach. Das ist gut so, weil es nun wieder vermehrt
bergauf geht.
Schließlich erreiche ich nach kapp 60 Kilometern den finalen Anstieg zum
Sonnenköpfle. Es ist mit 1712 m Höhe der höchste Punkt der gesamten
Strecke. Dort müssen auf gerade mal etwa einem Laufkilometer an die 300
Höhenmeter überwinden. Obwohl ich nun schon erledigt bin, macht mir
dieser Abschnitt wieder viel Spaß, zumal es im oberen Teil auf einem
Hohlweg zur Labung wie schon vor 2 Jahren Heidelbeeren gibt.
Freudig rufe ich aus: "Da sind ja wieder die Heidelbeeren! Langt zu!"
und ernte dafür von meinem Mitstreitern auf diesem Weg des Leidens nur
verständnislose Blicke. |
Kurz vor dem Gipfel |
Oben angekommen nehme ich mir kaum Zeit um den
wunderschönen Ausblick zu genießen, weil bei mir die Zielschlusszeit von
12 Stunden in Gefahr ist. Also lass ich den Gipfel und die anderen
Gipfelstürmer links liegen und mache nun Tempo. Zumindest versuche ich
das. Da ich mir Blasen gelaufen habe und meine linke große Zehe verdammt
weh tut, bereit mir das wenig Spaß.
Kurz dahinter folgen erstmals seit langer Zeit wieder
alle 1-2 Kilometer Kilometermarkierungen. Aber irgendwie stimmen die
Abstände hier nicht, speziell als ich von Kilometermarkierung 64 bis 65
flott bergab laufend eine Zeit von 11:04 Minuten stoppe und für den
folgenden Kilometer offiziell 10:39 brauche. So komme ich doch heute nie
mehr ins Ziel!
Die ausgleichende Gerechtigkeit folgt dann mit Kilometer 69 auf 70, wo
ich dann nur 3:09 Minuten unterwegs bin. Sollte ich plötzlich vom
Spaziergänger zum Sprinter mutiert sein?
Wie auch immer, so sehr ich mich auch anstrenge und
Tempo mache, mir kommt es vor als käme ich kaum vom Fleck. Dazu
schmerzen Blasen und Zehe. Schmerzverkampft rechne ich schon mit einer
Endzeit von 12:15 oder auch mehr. Werde ich dann noch meine Medaille und
mein Steinmännla als Finisher erhalten? Verdammt nochmals, ich will in
die Ergebnisliste kommen und die hochverdienten Ehrenpreise bekommen!
Der Wille muss siegen!
Endlich kann mich ein anderer Läufer beruhigen. Er lief letztes Jahr mit
und da kamen auch noch ein paar 13-Stundenläufer in die Wertung, so
klärt er mich auf. Ab da weiß ich, ich schaffe das!
Hoch glücklich überquere ich schließlich nach 12:07
Berglaufspaß die Ziellinie und empfange alle Ehrenbezeichnungen wie
Medaille und Steinmännchen.
Dieser Lauf war schön aber auch sehr hart. Aber so was stählt!
Nur meine blaue Zehe hätte nicht sein müssen. Die habe ich mir erstmals
seit vielen Laufjahren wieder zugezogen. Ich habe sie mir beim
Bergablaufen geholt, wahrscheinlich weil ich meinen Schuh nicht richtig
zugeschnürt habe. Vor lauter Angst mit der Zielschlusszeit und
vielleicht auch wegen der erbarmungslosen Hitze war ich da etwas zu
nachlässig ... |
Nach gut 12 Stunden Laufspaß im Ziel |
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