Dann folgen wieder einige Kilometer auf breiten Waldwegen, zuerst aufwärts, dann
abwärts, und schließlich erreichen wir beim
Bergwerk Göttelborn
den höchsten
Förderturm der Welt, der nur wenige Jahre lang in Betrieb war und heute
gewissermaßen als Mahnmal an die vielen Steuergelder der am Ende doch nutzlosen
Bergbau-Subventionen stehen blieb.
Die allmählich schon verfallenden Gebäude rings herum wirken wie eine
Geisterstadt aus einem Horrorfilm. Wir laufen auf einen Durchgang unter einem
großen Gebäude zu. Hier steht in starker Zugluft eine Verpflegungsstation. Die
Helfer hier sind froh, dass hinter mir nur noch wenige Läufer kommen und sie
dann endlich der Kälte entfliehen können. Was wäre so ein Lauf ohne die
aufopfernde Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer! Eigentlich müsste man sich
als Läufer immer bei jeder VP mit Handschlag bei jedem Helfer einzeln bedanken,
und selbst das wäre noch zu wenig. |
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Hier gibt es offiziell eine Cut-Off-Zeit. Da ich mir die Uhrzeit aber nicht
gemerkt habe weiß ich nicht, ob ich noch kurz davor oder offiziell schon darüber
bin. Fest steht aber, dass ich keine Chance habe, pünktlich bis 17.30 Uhr das
Ziel zu erreichen, falls die restliche Strecke ebenso anspruchsvoll ist. Doch
ich fühle mich jetzt wieder kräftiger als heute morgen, und daher ziehe ich das
Tempo an.
Jetzt folgt der faszinierendste Teil des Tages, der Streckenabschnitt, der den
Hartfüßler mit Sicherheit im Laufe der Jahre zu einer Kult-Veranstaltung machen
wird, denn hier ist er nun einzigartig. Tolle Schlammtrails gibt es bei vielen
Läufen, aber die grandiose Mischung zwischen Industriekultur und Natur der
nächsten Kilometer MUSS jeder Trailrunner einmal laufen.
Zuerst steigen wir neben einem Solarpark einen Hang hinauf. Hinter uns sehen wir
noch immer das Gelände mit dem Förderturm. Zwischen Baustellenfahrzeugen
hindurch schwenken wir nach links und sehen nun vor uns eine riesengroße Halde
aus fast schwarzem Geröll. An mehreren Stellen der Halde erkenne ich Läufer, die
sich den Berg hinauf oder hinab bewegen. Der Untergrund unter unseren Füßen
strengt außergewöhnlich stark an, denn die übergroßen Reifenstollen der
Baufahrzeuge haben ihn in eine nur schwer laufbare Piste verwandelt.
Mühsam kämpfe ich mich hinauf. Sehr weit reicht der Blick in die Ferne. Ein See,
dahinter Wald, so weit das Auge reicht. Der Kontrast zwischen der schwarzen
Halde und den grünen Wäldern ist phantastisch. Vom höchsten Punkt der Halde geht
es ein kurzes Stück verdammt steil abwärts. Dann laufen wir in einer weiten
Serpentine schnell bergab.
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Schließlich geht es für längere Zeit wieder durch Wald. Noch immer scheint
abwechselnd eine halbe Stunde lang die Sonne, dann regnet es wieder eine Weile.
Einmal mischen sich sogar kleine Hagelkörnchen in den Regen. Aber im dichten
Wald macht mir der Regen nichts aus, zumal ich eine gute Regenjacke dabei habe,
und zufällig erreiche ich die Halden immer bei besserem Wetter.
Insgesamt kann man die 30 km zwischen Göttelborn und dem Ziel auf vielen breiten
Waldwegen schneller laufen als die ersten 28 km. Aber zwischendrin liegen
trotzdem einige
Schlammpfade und steile Halden.
An den Verpflegungsstellen stopfe ich mich wie üblich mit der
ultratrail-typischen Mischung aus Süßigkeiten, Wurst, Käse, Obst, Salzstangen
und Gummibärchen voll. Die Gummi"bärchen" haben hier übrigens die Form von
Fördertürmen. Dazu trinke ich jede Menge Cola und Malzbier - wer will bekommt
sogar richtiges Bier.
Der Wechsel zwischen schönen Trails und Tempoabschnitten, zwischen
Forstwirtschafswald, Urwaldpfaden, schönen Bächen und Teichen und die herrliche
Aussicht von den Halden hinab begeistert mich den ganzen Nachmittag über.
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Eine Markierung zeigt an, dass es nun nur noch vier Kilometer bis zum Ziel sind.
Doch ich weiß von anderen Läufern, die letztes Jahr schon hier waren, dass nun
noch zwei zwar nicht allzu steile aber jetzt doch Kraft zehrende Aufstiege
folgen. Nun wird es wirklich knapp mit dem Zeitlimit. Vielleicht hätte ich
unterwegs nicht so oft stehen bleiben sollen, um zu warten, bis andere Läufer
vor der Kamera über eine Brücke, einen Baumstamm oder durch Schlammpfützen
laufen. Alleine dadurch habe ich heute viele Minuten "verschenkt". Morgen muss
ich ohnehin den Film um mindestens 70% kürzen, damit er nicht zu lang wird. Aber
eigentlich ist es mir egal. Es hat so viel Spaß gemacht, dass mir die Uhrzeit
meiner Zielankunft nicht besonders wichtig ist.
Doch dann spüre ich, dass noch genügend Energie in mir steckt. Nun muss ich die
Kraft ja nicht mehr für die nächsten Stunden oder sogar Tage einteilen. Jetzt
kann ich für eine Weile an die Grenze gehen. Zwar immer noch recht langsam, aber
doch schneller als ich es nach inzwischen fast 190 km in drei Tagen erwartet
hätte. Endlich bin ich oben bei der Brücke über die Autobahn. Nun fast nur noch
bergab! Gleich am Ziel!
Irrtum! Jetzt gilt es zuerst, einen sehr rutschigen Pfad sturzfrei hinab zu
schlittern. Richtig gut laufen kann man auch auf dem letzten Kilometern nicht
immer. Erst ganz am Schluss, im Von der Heydt Gelände, wo wir kurz vor dem Ziel
auch noch ein paar Treppen hinauf steigen müssen, hört der Schlamm auf, und ich
erreiche vier Minuten nach dem ursprünglich angekündigten Zeitlimit das Ziel.
Aufgrund der heute sehr rutschigen Strecke werden aber zum Glück sogar noch die
Läufer gewertet, die eine halbe Stunde zu spät kommen. Insgesamt erreichen heute
95 Finisher das Ziel. Das Teilnehmerlimit liegt deutlich höher, aber ich bin
sicher, nächstes Jahr werden mehr Läufer kommen.
Hartfüßler-Trail - dieses besondere Erlebnis sollte sich jeder begeisterte
Trailrunner einmal gönnen. Wem die 58 km zu lang sind, der kann auch 30, 14 oder
7,5 km laufen.
Da Trails in bewegten Bildern lebendiger wirken als auf Fotos, hier ist
mein Film dazu.
Der Soundtrack zum Film wurde von mir selbst komponiert, gespielt und
abgemischt. |
Links
Zur Homepage des Veranstalters:
www.hartfuessler-trail.de |
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