Antico Trail del Contrabbandiere am 08.06.2014 - Auf dem
alten Tabakschmuggler-Trail
Rosà
„Ich suche nicht, ich finde,“ antwortete Pablo Picasso einmal
auf die Frage, wo er denn die Motive für seine Bilder suchen würde.
Es war ein großer Zufall, dass wir, Michael Raab von TRAIL-MANIAK und ich, am
Tag vor dem eigentlich schon ausgebuchten Trailrunning-Event “Antico Trail del
Contrabbandiere” in Rosà,
Provinz Vicenza waren und dann zu diesem Event eingeladen wurden und dort einen
Traillauf fanden, der eigentlich alles bot, was sich Trailrunner wünschen.
Ein Workshop „Wir machen den perfekten Stock“ im Hause Fizan hatte uns in diese
zauberhafte und durch und durch italienische Stadt geführt. Und dass diese Stadt
Benzin im Blut, oder besser gesagt Diesel im Blut hat, stimmt schon deshalb,
weil der Eigentümer der Fa. DIESEL sich diese Stadt als privates Domizil
ausgesucht hat. Keine schlechte Werbung für eine Kleinstadt, finde ich. Und ich
finde auch, dass ich seine Entscheidung sehr gut nachvollziehen kann, denn
selten habe ich eine so schmucke und gut gelegene Perle in den Bergen gesehen.
Und in Rosà soll zudem auch der Grappa erfunden worden sein, natürlich mussten
wir die Kneipe, in der angeblich die ersten Grappe gebrannt wurden, auch
besuchen. Sicher ist aber, dass die "Distilleria Capovilla" mit ihren
Grappa-Variationen hochprämierte Fruchtbrandweine brennt. So wurde der "Grappa
Cabernet" im Jahre 2004 mit dem "WORLD SPIRITS AWARD" in Gold ausgezeichnet.
Diese Kneipe ist am Anfang der wunderschönen alten Holzbrücke „Ponte Vecchio“,
über die wir dann einen Tag später auch Richtung Ziellinie laufen sollten, der
Brücke, auf der dann ungeheuer viele Menschen stehen sollten, die uns noch die
letzte Motivation für den Zieleinlauf geben sollten.
Organisiert wird dieses wunderbare Trail von Emme Running,
durchweg ausgesprochen liebe und aufmerksame Gastgeber, die keinen unserer
Wünsche unerfüllt ließen.
37 Kilometer? Wer mich kennt, der weiß, dass ich solch einen Lauf schon wegen
der zur Marathondistanz fehlenden 5,2 Kilometer wohl nie angesehen hätte, nun
aber war ich da. Und ich war beeindruckt.
Die 37 Kilometer folgten stets dem „Alta Via del Tobacco“, einem Trail, den ganz
früher die Tabakschmuggler genutzt haben. Ob das ausgesprochene Trail-Fans waren
oder ob die diesen Weg gewählt haben, weil er zwar in alle Dörfer runter ging,
danach aber immer weit oben in den Bergen verlief, ohne die Bergspitzen und
Kuppen zu erreichen, weiß ich nicht, aber die Streckenführung sorgte dafür, dass
sich der Aufstieg auf diesen wenigen Kilometern auf 2.500 Höhenmeter summierte.
Das ist, bezogen auf den Quotienten Höhenmeter pro
Laufkilometer, mehr als beim UTMB. Und holla, der Trail ist alles andere als
eine Autobahn. Wirklich hart zu laufen, oft sehr, sehr steil, so steil, dass
viele auf den Aufstiegsabschnitten pausieren mussten, fast ausschließlich im
Wald und dabei aber immer wieder aufregende Ausblicke in die Täler bietend.
Die Hitze des Sonntags, es war der Sonntag der TorTOUR de Ruhr, des
Keufelskopfes (K-UT) und des Baltic Nonstop, tat ihr übriges, um uns Läufer
richtig zu fordern.
Ich hatte meine Soft-Flasks meines Salomon-Rucksacks leider
zu Hause vergessen und die Wasserblase auf dem Rücken gab leider kein Wasser ab.
Ich weiß bis heute nicht, warum das so war. Aber es führte dazu, dass ich total
dehydrierte und beim letzten Verpflegungspunkt vollkommen am Ende war. Nur ein
Helfer, der da stand und eine Dusche anbot, rettete mich. Ich gönnte mir die
Dusche gleich zwei Mal, erst beim Einlauf in den VP und dann wieder nach
ausgiebigem Trinken beim Verlassen des Checkpoints.
Zwar hatte ich an den VPs immer extrem viel getrunken, aber man kann gar nicht
so viel Flüssigkeit aufnehmen, wie man an solch einem heißen Tag benötigt, vor
allem nicht, wenn man wegen der Kürze der Strecke schneller unterwegs ist wie
man das von den Ultraläufen gewohnt ist.
Wirklich beeindruckend waren für mich die absolut strammen
Aufstiege, an denen ich, wie immer weit hinten startend, sukzessive Läufer für
Läufer überholte. Man muss dabei gar nicht schneller sein als die anderen,
man muss nur an denen vorbei ziehen, wenn sie pausieren müssen.
Und die Downhills waren ebenso steil und schwer laufbar und auch da gönnte ich
mir im Wissen darum, dass es ja „bald“ vorbei sein würde, ein schnelleres und
muskelbelastenderes Tempo als sonst.
Und dennoch brauchte ich knapp über 7 Stunden für diese kurze
Strecke, das zeigt, wie schwierig der Parcours war. Dass der Sieger diese
Strecke im Vorjahr in 3:33h und dieses Jahr in der großen Hitze in 3:42h
bewältigt hat, ist unglaublich.
Organisiert war der Trail perfekt. Schon um 5 Uhr in der
Frühe fuhren die ersten Busse zum Start und um 7 Uhr ging es dann auch pünktlich
los. Eine kleine Läuferschar von 350 Teilnehmern startete und wenn ich etwas zu
„meckern“ habe, dann das, dass sämtliche Ansagen ausschließlich auf Italienisch
gemacht wurden. Aber es ist eben kein internationaler Lauf und Michi und ich
waren auch die einzigen Ausländer auf der Strecke.
Verlaufen wäre ein Kunst, die Ausschilderung war perfekt, dazu wurden noch an
allen neuralgischen Punkten Helfer postiert. Die Verpflegungspunkte, maximal 8
Kilometer voneinander entfernt, waren ausreichend ausgestattet und teilweise
auch wunderschön gelegen.
Der zweite VP bei km 16 lag neben einem großen alten Gebäude und war so schön,
dass es fast schade war, dort keine Pause machen zu können.
Bei einem Ultra hätte ich die Gelegenheit sicherlich genutzt, bei der
Kurzstrecke aber rächt es sich immer, wenn man fünf unnötige Pausenminuten
einlegt.
Der “Antico Trail del Contrabbandiere“, der alte
Tabakschmugglertrail, ist sicherlich kein Lauf für diejenigen unter uns, die
noch „Marathons sammeln“, eben weil jene 5,2 Kilometer fehlen.
Für diejenigen unter uns, die einen harten, schönen und gut organisierten
Berglauf suchen, die finden in und um Rosà herum in diesem Lauf einen echten
Diamanten. |