… und zum Dritten!
2012 war ich schon beim
TransGranCanaria auf Gran
Canaria. Und 2013. Und auch dieses Jahr, 2014. Aber ich bin wirklich
keiner, der Läufe immer und immer wieder machen muss, es gibt doch so viele
Alternativen auf dieser Welt. Warum war ich also drei Mal in Folge bei diesem
Lauf?
Drei Teilnahmen, drei Strecken.
Blick über die Hochebene Gran Canarias
2012 startete der Lauf am Strand
von Playa del Inglés, ging dann am Strand entlang bis
Maspalomas, um dort durch
den gefürchteten Flusskanal in die Berge zu führen, am Roque Nublo vorbei auf
den Pico de las Nieves, um dann über Garanon in Las Palmas zu enden.
Ich glaube, es war die ungeheuer lange Kette roter Rücklichter am Strand vor mir
oder die ungeheuer lange Kette weißer Kopflichter hinter mir, gepaart mit dem
regelmäßigen und ruhigen Klang der Wellen, warum ich mich in diesen Lauf und in
diese Insel verliebt habe. Vorbei an den berühmten Dünen von Maspalomas durch
die Nacht – ich war fasziniert.
Der Roque Nublo beeindruckt immer wieder
There is always a trail
2013 dann startete man statt im
Südosten im Nordwesten der Insel, in Agaete, einem Örtchen, das seine Bedeutung
auch daher hat, der Hafen nach Teneriffa zu sein. Wenn man von Maspalomas mit
dem Auto nach Agaete fährt, dann ist man gut beraten, die deutlich längere
Strecke über Las Palmas zu nehmen, die kürzere, direkte Strecke auf der kurvigen
Küstenstraße ist ein Erlebnis, aber auch ein Graus, weil es teilweise sofort und
steil nach oben geht.
Blick über die Hochebene und die höchsten Berge Gran Canarias
Und genauso ist es auch beim
TransGranCanaria in Agaete. Es
geht sofort steil nach oben. Auf den ersten 10 Kilometern bis zur ersten
Verpflegung sind rund 1.200 Höhenmeter zu bewältigen. Und es sind schöne 1.200
Höhenmeter. Du startest ja immer um Mitternacht, also liegt die Insel schnell
nächtlich beleuchtet unter Dir. Der Weg führte uns dann über den Pico de las
Nieves und Garanon wieder nach Las Palmas. Der
Roque Nublo, das Wahrzeichen der
Insel, blieb 2013 den Läufern des „Advanced“, des mit 83 Kilometern
zweitlängsten Laufs vorbehalten.
Den traumhaften Blick auf den Teide/Teneriffa aber, den durften alle genießen.
Und das jedes Jahr aufs Neue.
2014 starteten wir wieder in
Agaete, aber der Trail, der offiziell erst 7.500 HM hatte, dann auf 8.500 HM
hochgeschraubt wurde, führte über Teror und
Tejeda wieder zum Roque Nublo, nach
Garanon, auf den Pico de las Nieves und dann meine Lieblingsschlucht hinunter
zum Cruz Grande und nach Tunte, um dann in Maspalomas am Leuchtturm zu enden.
Mit den Höhenmetern übertreiben hat Tradition auf der Insel, aber irgendwo
zwischen 6.700 und 7.300 Höhenmeter hatte der Lauf tatsächlich, je nachdem, wer
mit welcher Laufuhr die Strecke gemessen hat. Bei einer Laufstrecke von
offiziell 126 Kilometern, hier hat eine Untertreibung Tradition, ist das schon
ein sehr ordentlicher Wert.
So ordentlich, dass ich manches Mal wütend wurde auf die Streckenführung, weil
sich eine Gemeinheit an die andere reihte. Vor Tejeda beispielsweise, beim
Aufstieg zum Cruz Tejeda, wo die Läufer über einen zwar wunderschönen, aber auch
sehr anstrengenden Trail bis auf 1.635 Meter über N.N. geführt wurden, um dann
steil nach Tejeda abzusteigen, das auf 1.050 Metern liegt. Und direkt danach
ging es ebenso steil wieder nach oben zum Roque Nublo auf rund 1.700 Metern.
Der schöne Verpflegungspunkt in Teror
Oder nach Tunte, dem Ort, in dem
der 33 Kilometer Lauf startete. Der Ortsrand liegt auf 980 Metern, Du weißt,
dass der Weg gleich nachher vielleicht 50 Meter rechts von Dir in die Berge
geht, aber Du steigst erst einmal ins Ortszentrum ab, weil dort der
Verpflegungspunkt ist. Und dann geht es erst noch einmal einige Hundert Meter
nach oben, obwohl Du weißt, dass Du gerade erst vom Pico de las Nieves, also von
knapp 2.000 Metern einen Kilometer nach unten gelaufen bist, die Oberschenkel
schon brennen und Du auch ohne diesen zusätzlichen Berg noch einen weiteren
Vertikalkilometer abzusteigen hättest. Und dann, wenn dieser zusätzliche Berg
geschafft ist, dann folgt nach einem recht einfachen Teilstück einer der
schlimmsten Downhills, an die ich mich erinnern kann. Steil, steinig, richtig
eklig und die meisten der 450 TransGranCanaria-Läufer erleben diese Stelle in
der Dunkelheit. Da ist man müde und kaputt, es wird gerutscht und gejammert, da
wählen viele ein Tempo, bei dem man, auf Video aufgenommen, selbst im
Schnelldurchlauf kaum Bewegung erkennen könnte. Aber manche stürmen da hinunter,
als wäre das nichts. Wer kann, der kann halt.
Blick auf die Stadt Teror
Der Mensch hat aber doch eine
Leidenschaft, sich gerne zu quälen. Und so sehr man sich wünscht, dass die 126
Kilometer endlich vorbei sind, vor allem am Ende, wenn Du dann durch den
trockenen Kanal läufst, stolperst oder gehst, so sehr bedauert man schon am
nächsten Tag, dass der Lauf vorbei ist. Leiden kann halt doch so schön sein. Und
dann beschließt Du, dass Du Dir diesen Lauf wieder geben musst. Im nächsten
Jahr. Oder spätestens ein weiteres Jahr danach.
Der Grat beim Aufstieg zum Cruz Tejeda
Es gibt wirklich wenig zu
verbessern an diesem Lauf, die Organisation des Lauf als solchem ist nahezu
perfekt, die Stimmung in den Dörfern und Städtchen, die durchlaufen werden, ist
großartig, die Verpflegungspunkte sind Orte der Freude.
Vegetarier haben es etwas schwer in Spanien, aber das gilt leider nicht nur für
den TransGranCanaria-Lauf. Und wenn es Jahr für Jahr in Garanon, dem großen
Camp, in dem traditionell der Marathon beginnt (ein 44 Kilometer Marathon
„plus“), Nudeln gibt, dann essen Vegetarier diese trocken, weil es nur eine
einzige Sauce gibt. Und die enthält Fleisch.
Und auch Dinge wie der Hickhack um den Sieger, Ryan Sanders, um seine
Disqualifikation und die Zurücknahme derselben, überlagern das Gesamtbild des
Laufs nicht negativ.
Im Pinienwald bei Cruz Tejeda
Wenn ich nun auf diese drei Starts
zurück blicke, dann denke ich an viel und heftiges Auf und Ab, an die heiße
Sonne, an die grandiosen Aussichten auf die Insel und die Nachbarinsel
Teneriffa, an ein internationales Läuferfeld mit einer stets starken deutschen
Beteiligung. Ich denke an wunderschöne Starter-Shirts und leichte
Finisher-Westen und ich höre noch immer die begeisterten Rufe der ungeheuer
vielen Volunteers, der Zuschauer, der Supporter und der Einheimischen
nachhallen.
Vor dem Roque Nublo geht es erst einmal 600
Meter runter
Und ich sehe eine Insel, die zwar
klein ist, in der es aber trotzdem möglich ist, einen extremen 125 Kilometer
langen, überaus anspruchsvollen Trail zu stecken, der Dir alles, aber auch
wirklich alles abverlangt. Die vielen Läufer, die die Cut-Offs nicht schaffen
oder wirklich erst in der letzten Stunde zwischen 5 Uhr und 6 Uhr am Morgen des
Sonntags ins Ziel laufen, wissen davon zu erzählen.
TOM am Roque Nublo
Gran Canaria ist eine Insel für
Verliebte, ungeheuer tolerant gegenüber jedem Menschen und jeder Form des
Zusammenseins. Und Gran Canaria ist eine Insel für Sportler, für Läufer, für
Trailrunner, eine Insel für mich.
Gran Canaria, ich komme wieder!
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