Runfire Cappadocia Ultramarathon vom 26.07. - 01.08.2015 - Das Land der schönen
Pferde - Bericht Teil 1 von Thomas Eller
Kappadokien, türkisch
Kapadokya, ist eine Landschaft in Zentralanatolien in der Türkei. Das Gebiet
umfasst heute hauptsächlich die Provinzen Nevşehir, Niğde, Aksaray, Kırşehir und
Kayseri. Bekannt ist Kappadokien vor allem wegen der aus weichem Tuff
herausgehauenen Höhlenarchitektur, besonders in und um die Stadt Göreme. Der
einzigartige Komplex aus Felsformationen wurde von der UNESCO 1985 zum
Weltkulturerbe ernannt.
Eine weitere Besonderheit ist eine Vielzahl unterirdischer Städte, die
bekanntesten davon sind Kaymaklı und Derinkuyu, die seit den 1960er Jahren
freigelegt wurden.
Geographische Lage von Kappadokien hier als Provinz des mittelalterlichen
Byzantinischen Reichs (Bildquelle:
WIKIPEDIA)
Göreme (Bildquelle:
WIKIMEDIA / Fotograf:
Benh
LIEU SONG)
Der Name Kappadokien stammt vom altpersischen „Katpatuka“. Die Bedeutung des
Wortes ist umstritten. Ein Teil der Forscher gehen von der Bedeutung „Land der
schönen Pferde“ aus, was damit übereinstimmen würde, dass antike Quellen
Kappadokien für seine Pferdezucht rühmen.
Für mich bedeutet Kappadokien vor allem, dass mein leiblicher Vater dort geboren
wurde und bis in die späten 1950er Jahre dort gelebt hat.
Und weil ich ja immer auf der Suche nach neuen Läufen bin, gerne und vor allem
international, dachte ich, dass der „Runfire
Cappadocia Ultramarathon“, ein Bewerb im Stile des „Marathon des Sables“,
also ein 6-Etappen-Lauf mit langer Königsetappe an insgesamt sieben Tagen, mit
richtig Gepäck auf dem Rücken, etwas für mich und für Dich sein könnte. Ob das
stimmt, das wollte ich testen. Dass es stimmt, das sei vorneweg gesagt.
Wenn man Läufe sucht, dann bleiben Vergleiche nicht aus. Und so verglich ich den
„Runfire Cappadocia Ultramarathon“ vor allem mit dem „Marathon des Sables“, den
ich 2010 laufen durfte. Dabei ist mir zuerst aufgefallen, dass die Kosten des
Bewerbs in der Türkei ganz wesentlich unter denen des MdS liegen. 800 EUR für
Frühbucher, 1.000 EUR für Spätbucher, plus dem Flug nach Nevşehir. Wahrlich
nicht viel für so viel, was ich dort geboten bekam.
Und auch sonst braucht der RCU keinen Vergleich zu scheuen. Das Camp ist im
Vergleich zum MdS luxuriös, es verfügt über Strom in jedem Zelt, über
Toilettenwagen mit Sitztoiletten, über Duschen mit heißem Wasser und über einen
Catering-Bereich, der es mir ganz besonders schwer machte, weil der den anderen,
den kleineren Bewerben „20 K“ (20 K an einem, dem ersten Tag), „4G“ (4 Tage
Laufen mit Strecken zwischen 15 und 21 K), „6G“ (6 Tage Laufen mit Strecken
zwischen 15 und 21 K) und „Toughest Day“ (108 K an einem Tag, eben nur die
Königsetappe) vorbehalten war. Wir Ultraläufer durften nur am Abend vor dem
Bewerb und eben danach dieses leckere Catering genießen.
Luxus pur also irgendwo da draußen, „turkish style“ eben, wie Özge Usta Doğan,
die Chefin der Veranstaltung, das nannte.
Und auch das ist „turkish style“: während Du beim MdS vorneweg einen recht
dicken Scheck abgibst, der eingelöst wird, falls Du aufgeben solltest, er soll
dann die entstehenden Kosten für Deinen Transport und Deine Verköstigung
abdecken, wirst Du in der Türkei ohne zusätzliche Kosten mit offenen Armen
empfangen, getröstet und zuerst zum Buffet geführt. Beim MdS kommt zum Frust
also noch der Schaden hinzu, beim RCU aber wirst Du getröstet. Man geht halt
freundlich miteinander um, „turkish style“ eben.
Auf alle Bewerbe gerechnet nehmen am RCU rund 100 Personen teil, nicht über
1.000 wie beim MdS. Und dennoch ist alles da, was man erwarten darf: ein
hervorragendes TV-Team, das sich die Nächte um die Ohren schlägt, um den Film
des Tages schon beim nächsten Briefing zeigen zu können. Dabei kommt wirklich
jeder Läufer in diesem Film vor, die Ultraläufer sogar sehr häufig. Wer sich mal
im Film des MdS gesucht hat, der weiß, wovon ich schreibe! Das Catering ist an
ein Catering-Unternehmen vergeben, alles hat Stil, alles ist mit Sinn und
Verstand organisiert. Und Du kannst mit allen Leuten des Staff reden und die
reden mit Dir nicht über ein Megaphon, sondern „turkish style“ von Angesicht zu
Angesicht.
Und eine Strecke zu Laufen gibt es natürlich auch. Es sind wie beim MdS so
zwischen 250 und 260 Kilometer, wobei die Königsetappe etwas länger ist als beim
MdS, dafür sind die anderen Strecken im Schnitt etwas kürzer. Knapp 31 K, gut 53
K, 28 K, rund 25 K, 108 K und gut 15 K zum Abschluss, so die einzelnen Etappen.
Im Teil 2 werde ich auf die Königsetappe eingehen, auf 108 Kilometer, wie ich
sie noch nicht erlebt habe.
Und im Teil 3 werde ich von den 15 K zum Abschluss erzählen, von 15 Kilometern,
die meinen Blick auf die Welt verändert haben. Niemals, wirklich niemals, bin
ich in einem schöneren Gelände gelaufen … „Teşekkürler“, „Danke“, an die
Veranstalter!
Insgesamt waren die 7 Tage, die ich dort in Kappadokien mit netten Menschen
verbracht habe, die vielleicht schönsten, die ich je bei einem Etappenlauf
verbringen durfte. Ob MdS, TransAlpineRun, Ultra India oder wo und was auch
immer, nie hatte ich mich so wohl, so angenommen, so geliebt gefühlt wie bei
diesem Event.
Die Veranstalter haben dafür gesorgt, dass ich meine Geschichte, die Geschichte
meiner türkischen Wurzeln, vielfach erzählen durfte, sollte, musste. TV-Sendern,
der schreibenden Presse, hinein in Mikrophone oder auf Diktiergeräte.
Schade alleine war, dass bei den Bewerben „20 K“, „4G“, „6G“ und „Toughest Day“
keine Ausländer vertreten waren, nur beim Ultramarathon waren mit einem Dänen,
einem Südkoreaner, einem Marokkaner und mir als Deutschem ausländische Starter
auf der Strecke. Dazu wurden die Bewerbe von einem französischen und einem
englischen Journalisten und zwei US-amerikanischen Journalistinnen begleitet.
Es wäre schön gewesen, vor allem beim Laufen selbst mal eine deutsche Stimme
gehört zu haben, aber das ist nun mal mein selbst gewähltes Los, in Deutschland
relativ unbekannte Events auszuwählen. Und wenn Dich am Ende von Teil 3 das
Lauffeuer für Kappadokien erfasst hat, dann sollten wir mal gemeinsam überlegen,
ob das nicht auch für Dich ein Highlight für 2016 sein könnte. Ich jedenfalls
habe das Event „Runfire Cappadocia“ schon bis ins Jahr 2061, dem Jahr meines
hundertsten Geburtstags, fest in meine Planung aufgenommen. Ob es aber wieder
die Teilnahme am herausfordernden Ultramarathon sein wird oder eher ein
„Laufurlaub“ mit Catering und Party, also der Bewerb „6G“, das werde ich erst
Anfang 2016 entscheiden.
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