4. Novi Grad Marathon am 28. Mai 2016 - Laufbericht und Bilder von Jürgen
Sinthofen
Der Branka Copica Marathon in Novi Grad ist der einzige Marathon in Bosnien und
Herzegowina und wurde nach dem wichtigsten Schriftsteller des 20.Jahrhunderts
des ehemaligen Jugoslawiens benannt. Copica wurde in Hasani, einem winzigen Ort
in der pittoresken Hügellandschaft ca. 30km außerhalb von Novi Grad am
wunderschönen Grenzfluss Una, geboren.
Da ein Flug nach Zagreb als nächstgelegenen Flugplatz für meine Standards zu
teuer war und ich für 2016 noch keine außergewöhnliche Herausforderung hatte,
beschloss ich kurzfristig, mit dem Fahrrad von Bamberg nach Novi Grad zu fahren.
Entlang des Rhein-Main-Donaukanals und auf dem Donauradweg bis nach Wien ging es
weiter durch Ungarn und Kroatien über insgesamt 1.200km nach Bosnien. Mit meinem
26kg schweren Rad inklusive Gepäck nahm ich diese Tour als sportliche
Herausforderung und radelte durchschnittlich 185km am Tag bei großer Wärme und
meist leichtem Gegenwind, um dann am Donnerstagmittag anzukommen.
Damit war Freitag Ruhetag und ich genoss das schöne Wetter und die Herzlichkeit
der Bosnier, von denen viele Deutsch sprechen in dieser beschaulichen
Kleinstadt.
Freitagabend war Startnummernausgabe im Gymnasium der Stadt mit Pasta Party.
Rajko Risojević, der gute Geist der Veranstaltung – er war der Kontakt für zwei
finnische Läufer und mich, da er Englisch sprach – gab diese aus dem Kofferraum
seines Autos aus. Wer es nicht schaffte zu kommen, konnte noch am Samstag vor
dem Lauf seine Startnummer abholen.
Es gab reichlich gut schmeckende Nudeln mit Fleischsoße, verschiedene Säfte
sowie Bier. Einmalig empfand ich die Offenheit und das Miteinander der Sportler.
Für eine Laufgruppe aus Belgrad mit über 30 Mann wurde sogar kostenlos ein
Bettenlager in der Turnhalle hergerichtet.
Vladimir, der Race Director des Banja Luka Halbmarathos erzählt mir, dass er
hofft, zukünftig auch einen Marathon anbieten zu können – mal sehen.
Mit der Startnummer einschließlich erstmalig einem Chip für die elektronische
Zeitmessung gab es ein schönes Baumwoll-T-Shirt, einen Gutschein für einen
Kaffee in einem Lokal sowie einen weiteren für die After Race Party auf einer
malerischen Insel am Zusammenfluss von Una und Sana.
Rajko bei der Startnummernausgabe
Neben den serbischen Teilnehmern die einzigen internationalen Marathonis mit
ganz rechts Mauri Volama (738 Marathons) und Tehno Lauri, beide aus Finnland und
beide 71 Jahre alt
Pasta Party
Mit Pivo (Bier)
Es war eine herzliche Stimmung
Startnummernausgabe am Samstag
Gemeinsames Foto aller LäuferInnen
Samstag, Marathontag.
Gegen 8.45 Uhr trafen sich ca. 60 Marathonis in der Innenstadt von Novi Grad, um
dann mit dem Bus zum Start nach Hasani gebracht zu werden. Auch hier wieder der
gemeinsame Läufergeist, alle anwesenden Teilnehmer versammelten sich zu einem
gemeinsamen Foto.
Der große Bus kurbelte sich in einer knappen Stunde über teilweise kleinste
einspurige Straßen in die sehr schöne Hügellandschaft mit saftigen Wiesen und
Mischwäldern auf ca. 300 m.ü.NN nach Hasani hoch. Vor der Schule wurde flugs ein
mitgebrachter Startbogen aufgebaut, während die Marathonis sich noch eine
Toilette im Grünen suchten.
Nach ein paar Begrüßungsworten des Race Directors Doko Bursać ging es pünktlich
um 10 Uhr los. Ein Bauer, der seine Kuh auf einem Hänger transportierte,
versperrte nach etwa 100m etwas den Weg, ein origineller Auftakt zu einem
schönen Lauftag.
Es ging zuerst ein paar Höhenmeter bergab, bevor es nach 2 km galt innerhalb von
ca. 2km 150 Höhenmeter zum höchsten Punkt der Strecke auf 450m ü.NN zu
erreichen. Es war bereits sehr warm, wir schätzten es wurden über Mittag 32°C in
der stechenden Sonne, und so entschlossen sich doch einige, diese Passage im
zügigen Gehschritt zu bewältigen.
Hier lernte ich Dusan kennen, einem pensionierten Professor aus Belgrad, der
heute von ca. 300 Euro Rente lebt, mit dem ich aber ein einmaliges
Marathonerlebnis teilen konnte, nämlich auch er lief den 100sten Boston
Marathon. Wir unterhielten uns angeregt und so vergingen die ersten 14km wie im
Fluge.
Immer wieder gab es schöne Ausblicke auf die umliegende Mittelgebirgslandschaft,
es blühte und es herrschte eine angenehme Ruhe, so dass man die Landschaft in
sich aufnehmen konnte. Die wenigen Bewohner dieser Gegend sahen uns interessiert
nach und es gab manchen Kommentar (mir wurde übersetzt, dass diese sich meist
auf die Platzierung im Läuferfeld bezogen - die Leute schienen hier sehr
leistungsorientiert), aber wenig Beifall.
Alle 5km gab es Verpflegung, die uns von Kindern oder Jugendlichen gereicht
wurde. Leider konnten diese noch keine Fremdsprachen, aber die Verständigung
klappte auch so. Es gab Wasser, teilweise Iso, verschiedenes Obst und Süßes.
Überhaupt, das Wasser war immer kühl, alles ausreichend vorhanden und absolut
läufergerecht. Zusätzlich fuhren noch ein paar Autos die Laufstrecke ab und
reichten zusätzlich Wasserflaschen.
Bei km 11 ging es rechts ab auf einen ca. 2km langen Wendepunktkurs. Alle
einander entgegenkommenden LäuferInnen grüßten sich herzlich. Es war einfach
eine gute Stimmung.
Um 11 Uhr wurden auf halber Strecke etwa 100 HalbmarathonläuferInnen auf die
Strecke geschickt, von denen ich aber nichts bemerkte.
Abfahrt zum Startort in Hasani
Große Vorfreude
Eine ganz schöne Kurbelei für den Busfahrer
Ankunft in Hasani, dem Geburtsort von Branka Copica
Dixie auf bosnisch
Die Schule (sonst gab es da nichts)
Race Director Doko spricht noch ein paar Worte
Start
Engpass Kuhtransport
Es geht locker los
Und dann auf knapp 2km 150 Höhenmeter hinauf
Hier zu gehen war keine schlechte Wahl
Die erste Verpflegung
Die „Einroll“ Kilometer
Durst? Eine private Verpflegung
Fast ein Viertel ist schon geschafft
Gleich geht es rechts auf eine ca. 2km lange Wendepunktstrecke
Alle sich begegnenden LäuferInnen begrüßten sich
Am Wendepunkt
Nach dem ersten und weiteren kleinen Anstiegen ging es bis ca. km 31 eben bzw.
leicht bergab auf ca. 200m ü. NN weiter. Gemäß zwei verschiedener GPS-Messer
soll die Strecke trotzdem fast 450 positive Höhenmeter gehabt haben... Die
gesamte Laufstrecke führte über geteerte Wege, aber die ganz wenigen Autos bis
km 31 fuhren sehr rücksichtsvoll und störten überhaupt nicht.
Ab km 31 ging es flach auf einer Hauptstraße parallel zum Fluss Una nach Novi
Grad. Hier wurde mit Kegelhütchen, Polizei und Freiwilligen der etwas stärkere
Autoverkehr gut von uns abgehalten, also auch gar kein Problem.
Jeder Kilometer war klar markiert und führte uns nur zeitweise mal durch eine
schattige Passage, gut dass ich mein Radtrikot unter meinem obligatorischem
gelben Netzhemd trug und zusätzlich meinen Buff auf dem Kopf trug, um mich vor
der stechenden Sonne zu schützen.
In Novi Grad angekommen ging es am Ziel vorbei auf eine Runde um die Stadt, die
weitere 2 mal gelaufen werden musste. Hier wurde etwas Beifall von Passanten
gespendet und auch etwas Schatten entlang der Una wurde gerne angenommen.
Im Ziel überreichten uns Kinder in Tracht eine schöne Holzmedaille und es gab
ein paar Getränke und Obst sowie eine Blankourkunde. Vor mir erhielten dies auch
der Sieger Igor Stanojevic in 3.11,23 und bei den Frauen Ziga Subic in 3.55,56.
Anschließend wanderten die LäuferInnen etwa 300 m zur weiteren Verpflegung, wie
bereits erwähnt, an die Una und labten sich an einer schmackhaften Bohnensuppe,
Brot und Krautsalat sowie verschieden nicht alkoholischen Getränken - alles in
unlimitierter Menge.
Nach dem Lauf ging es für mich zum Duschen ins Hotel und vier Stunden später saß
ich bereits für 12 Stunden in einem voll besetzten Bus nach München – ein tolles
Laufabenteuer war dann am Sonntagmittag beim Aussteigen aus einem weiteren Bus
von München nach Bamberg beendet.
Igor kämpfte schon etwas
Eine weitere gemütliche und gute Verpflegung
Wenige Zuschauer an der Strecke
Mal etwas Schatten
Zwei Drittel der Strecke sind geschafft
Und immer gab es kühles Wasser
Es geht auf die Hauptstraße
Die Strecke parallel zur Una war völlig ausreichend abgesichert
In Novi Grad an der Una, links die Brücke nach Kroatien
Auf der Innenstadtrunde
Motivierende Begleitung durch Dusans Sohn
Fast geschafft
Geschafft
After Race Party
Das Orga Team bei der Nachbesprechung
Mein Resümee:
Für ein unschlagbares Startgeld von 10 Euro, welches bei Abholung der
Startunterlagen zu bezahlen war, wurde eine sehr schöne Laufveranstaltung zum
vierten Mal geboten.
Wie dies der Veranstalter, der Athletikclub Sloboda, realisieren konnte bleibt
sein Geheimnis, aber sicherlich spielt hier sehr viel Solidarität und
Hilfsbereitschaft mit, denn erkennbar viele Sponsoren schien es nicht zugeben.
Die Verpflegung vor und nach dem Lauf war super und reichhaltig, auf der
Laufstrecke war auch alles läufergerecht angeboten und absolut ausreichend.
Die Strecke war nicht leicht, aber landschaftlich sehr schön. Sie hat sicherlich
gegenüber den Vorjahren dadurch gewonnen, dass der Lauf gedreht wurde, was für
mein Gefühl aus einem „Up“ einen „Down“ Lauf gemacht hatte. Damit hatte man die
letzten Kilometer vor etwas Publikum und nach dem Zieldurchlauf war man frei zu
tun was einem gefiel und nicht davon abhängig, wann ein Rücktransport nach Novi
Grad angeboten wurde. Die Strecke war sehr gut abgesichert und jeder Kilometer
markiert.
Der Zielschluss mit 6 Stunden ist für die anspruchsvollere Strecke angemessen,
eine Bestzeit ist hier aber nicht drin.
Der Branka Copica Marathon ist eine Veranstaltung die vom
Preis-/Leistungsverhältnis unschlagbar ist und die eine echte Herzlichkeit
zwischen allen Beteiligten verbreitet, die noch lange in Erinnerung bleiben
wird.
Links
Die Homepage ist etwas spartanisch, aber Rajko meinte, diese würde noch
verbessert. Die ausreichende
Ergebnisliste war innerhalb weniger Stunden nach Rennende auch
veröffentlicht.
Der Termin für 2017 steht noch nicht fest, alle Infos aber auf der
Homepage des Veranstalters
.
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Die Ausbeute |