Saarland Orientierungslauf vom 04. - 06.05.2017 -
Bericht von Thomas Schmidtkonz
Die neunstündige Zugfahrt von Forchheim zum
SaOL gestaltet sich
als problematisch, weil ich meinen Anschlusszug in Koblenz verpasse. Ich
nutze die zusätzliche Zeit, um in eine Pizzeria einzukehren. Die Pizza ist
so groß, dass ich Teile der Pizza als Notproviant für meine Tour einpacken
lasse. Endlich erreiche ich gegen 15:30 den Startort Nennig. Zu meiner
Überraschung entdecke ich dort Thomas Eller, der etwas später als ich mit
Dennis Feit starten wird.
Da wir uns schon mal getroffen haben, wollen wir uns
natürlich noch etwas miteinander unterhalten. So starte ich erst um
16:01, etwa 2 Stunden später als ursprünglich geplant. Ob ich so die
Saarschleife noch bei Tageslicht sehen werde? Ich hoffe es, weil ich sie
schon so lange mal sehen wollte.
Zuerst laufe ich am rechten Moselufer ein Stück
flussabwärts. Während diese Seite noch zu Deutschland gehört, ist das
gegenüberliegende Ufer mit seinen beschaulichen Häusern des Städtchens Remich
schon ein Teil des Landes Luxemburg.
Knapp eine halbe Stunde später erreiche ich die tiefste Landstelle des Saarlands. Weiter flussabwärts beginnt
bereits Rheinland Pfalz. Ich erklimme einen Weinberg und laufe oberhalb
der Mosel etwa 2 Kilometer parallel zum Hinweg die gleiche Richtung
zurück, bevor ich nach Osten abbiege. Es geht nun die ganze Zeit
bergauf, wobei sich Wälder, Felder und Wiesen lustig miteinander
abwechseln.
Wann werden mich die anderen beiden überholen? Das hängt
wohl in erster Linie davon ab, wann sie starten. Dass sie mich überholen
ist sicher, da sie deutlich schneller unterwegs sein werden. Ich hoffe,
dass wir uns so noch einmal treffen. Aber das gelingt nur, wenn wir in
etwa den gleichen Weg laufen.
Als sie bei facebook melden, dass sie schon die
Saarschleife erreicht haben, ist mir klar, dass wir uns nicht mehr
treffen werden. Ich selbst komme nach gut 4 Stunden Laufspaß durch
eine schöne Landschaft gegen 20:40 bei der Saarschleife an. Der Ausblick von
der Cloef
auf die tief unter mir liegende Saar mit ihrer fast 360 Grad Schleife
beeindruckt mich sehr. Gut, dass das letzte Tageslicht noch für ein paar
schöne Fotos ausreicht.
Bei dem Wahrzeichen des Saarlands bewunderten neben vielen Touristen,
auch schon etliche Staatsoberhäupter und sogar Könige den grandiosen
Ausblick. Für Adolf Hitler, der 1939 hier weilte, brachte man sogar eine
Gedenkplatte an, die verständlicherweise nach dem 2. Weltkrieg wieder
entfernt wurde.
Nachdem ich mich wie all die Prominenz zuvor satt gesehen und etwas von meinen
Pizzaresten von heute Mittag gegessen habe, breche ich wieder auf. Ich
folge dem
Saar-Hundsrück-Steig. Dabei handelt es sich um einen 410
Kilometer langen Wanderweg im Naturpark Saar-Hunsrück sowie im östlichen
Hunsrück. Er verläuft von Perl an der Mosel über die Saarschleife, dem Hermeskeil und Idar-Oberstein
an der Nahe bis nach Boppard am Rhein. Teile dieses Weges werden
mich wie schon zuvor nun auch die nächsten Kilometer bis zum höchsten
Punkt des Saarlands dem Dollberg immer wieder begleiten.
Die Pfade des Steiges sind dabei oft sehr
anspruchsvoll und steinig. So auch jetzt. Da es nun immer dunkler wird,
muss ich auf meinen Weg höllisch achten. Ein verstauchter Knöchel wäre
bei dem kalten Wetter sicher nicht gut, weil hier Hilfe sicher nicht so
schnell käme.
Ein Bächlein kreuzt meinen Weg. Da ich mit meinen
Trinkvorräten nicht so verschwenderisch umgehen möchte, ich aber Durst habe, möchte ich mich hier mal so richtig satt trinken.
Das Wasser sieht sauber aus, aber es ist kein Quellwasser. Normalerweise
würde ich es nicht trinken, aber ich habe ja diesmal meinen Wasserfilter
dabei.
Ich lege meinen Rucksack ab, packe den Filter aus und befestige den
dazugehörigen Halm daran. Mit diesem Wergzeug gehe ich zum Wasser runter
und rutsche dabei aus, weil die Steine glitschig sind. Gut, dass ich
nicht ins kalte Nass rein falle. Es ist auch schon so kalt genug.
Endlich
finde ich eine passende Stelle. Ich stecke den Halm ins Wasser und sauge
das kühle Nass genüsslich auf. Endlich kann ich soviel
trinken wie ich will.
Als ich damit fertig bin, breche ich wieder auf.
Es geht nun viel bergauf und bergab. Einmal verpasse ich eine
Abzweigung. Mir fällt es auf, als ein Wildschwein laut grunzt und ein
Käuzchen heult. Irgendwie bin ich auf Abwegen gekommen und die Geräusche
sind hier zudem so gruselig!. In der Tat, dies ist der falsche Weg. Zu
dumm nur, dass ich nun zurück bergauf
laufen muss.
Da meine Konzentration offensichtlich nachlässt, will ich mir
nun meinen ersten Übernachtungsplatz suchen. Leider ist hier Hanglage,
weil ich mich am Abhang der Mosel befinde. Bis zum Gipfel hoch
ist es mir zu weit, ich muss irgendwie am Hang eine möglichst flache
Stelle finden. Etwas weiter oben wird der Hang flacher. Da könnten auch ein
paar "Terrassen" sein.
Ich verlasse den Weg und steige
querfeldein hoch. Endlich finde ich eine flache Stelle. Aber da sind keine
Bäume, wo ich das Tarp fixieren könnte. Ich will auf die Plane nicht
verzichten, weil es heute Nacht vielleicht regnen könnte. Ich versuche
das Tarp mit meinen Stecken zu fixieren. Das will einfach nicht
klappen. Ich muss mir eine andere Stelle suchen. Weiter oben sind ein
paar Bäumchen, aber da ist der Untergrund nicht mehr so eben. Hier kann
ich mein Tarp einwandfrei aufstellen. Mittlerweile ist es nach 23:00.
Nachts rutsche ich die ganze Nacht auf und von meiner Isomatte
herunter, das alles wegen der Schieflage. So kann ich nur wenig und zudem
nur schlecht schlafen.
Um 4 Uhr morgens habe ich die Schnauze voll und
breche wieder auf. Beim ersten Tageslicht gegen 6 Uhr erreiche ich
Saarhölzbach. Ich habe Glück. Eine Bäckerei hat bereits so früh am Morgen
offen. Ich ergänze mein Mixgetränk aus Cola und Mineralwasser, lasse
eine meiner Wasserflaschen auffüllen und esse ein
belegtes Brötchen. Ansonsten habe ich an Essenvorräten noch genügend bei
mir.
Hinter Saarhölzbach geht es erst einmal steil und lange bergauf. Am Vogelfelsen soll ein schöner Aussichtspunkt sein.
Ich folge der Abzweigung. Der Pfad zum Felsen gestaltet sich als anspruchsvoll. Ein
umgestürzter Baum versperrt zudem den Weg. Aber ich komme irgendwie doch fast bis
zum Felsen. Aber plötzlich stehe ich vor einer Sperre. Ein Schild weist mich darauf
hin, dass der Felsen von Februar noch bis Ende Juli gesperrt ist.
Vermutlich brüten hier seltene Vögel.
Enttäuscht kehre ich um. Am Rückweg entdecke ich
einen Felsenvorsprung. Vielleicht habe ich wenigstens von ihm einen schönen
Ausblick? Ich wage mich meine Schwindelgefühle unterdrückend vor und in der Tat der Ausblick ist berauschend.
Tief unter mir schlängelt sich die Saar und dahinter erkenne ich
Saarhölzbach. Dann hat sich der kleine Umweg doch rentiert.
Dennoch hätte ich mir
die ganze Mühe sparen können, denn kurz dahinter folgt ein
Aussichtspunkt direkt am regulären Weg, das sogar ganz luxuriös mit Schutzhütte. Von hier oben
sehe ich zudem auch den Vogelfelsen, der wie ein Vogel
aussieht, der gerade in die Lüfte abheben möchte.
Die vielen weiteren Kilometer laufe ich fast nur
durch Wald. Nur einmal muss ich eine größere Wiese auf einem Wiesenweg
queren. Dort hole ich mir leider nasse Füße. Bislang waren sie immerhin trocken
geblieben. Bei der Kälte fühlen sich nun die feuchten Socken sehr
unangenehm an.
Kurz vor 13:00 gelange ich zum nächsten
Messpunkt des Laufs, dem Schimmelkopf. Obwohl eine Tafel behauptet der
knapp 700 m hohe Berg sei der
höchste Punkt des Saarlands, ist er nur der
zweithöchste Berg des kleinen Landes an der Saar.
Hinter dem Schimmelkopf folgen weiterhin
Wald und zudem nochmals Wald.
Es ist bereits 15:00,
als ich mit dem Grimburger Hof die einzige Gaststätte weit und breit in
dieser einsamen Gegend entdecke. Ich habe Glück. Genau um 15:00 macht
das Restaurant auf. Ich bestelle mir ein Zwiebelschnitzel. Zu meiner
Überraschung gibt es erst einmal eine Gemüsesuppe als Vorspeise dazu.
Sie ist sehr pikant gewürzt und zudem hat sie etwas Schärfe. Genauso wie
ich es liebe. Das Schnitzel danach schmeckt nicht nur lecker, sondern
ist sogar so groß, dass ich mir einen Rest davon einpacken lasse. Das
bietet sich dann morgen sicher als Frühstück an.
Ich laufe nun etwas im Tal an einem Bach entlang,
muss aber bald die nächste Bergkette queren. Wenn ich es hier direkt
hoch versuche, kann ich etwa 1,5 km abkürzen. Das ist mir einen Versuch
wert. Ich kämpfe mich etwa 150 Höhenmeter den Steilhang querfeldein
hoch. Mit meinem vollen Bauch und dem schweren Rucksack auf dem Rücken
fällt mir das nicht leicht.
Als ich mich oben angekommen etwas ausschnaufe,
entdecke ich etwa 50 Meter vor mir einen Fuchs. Irgendwas erregt seine
Aufmerksamkeit. So schaut er von mir weg und bemerkt meine Anwesenheit
nicht, Schließlich trabt er gemütlich von dannen.
In Nonnweiler quere ich erstmals seit Saarhölzbach
eine Ortschaft. Dahinter geht es steil zum beschaulichen Nonnweiler
Stausee hoch. Mittlerweile kam die Abendsonne durch. Da sie schon sehr
tief steht, wärmt sie kaum. Wenn sie untergeht, wird es sicher eine
kalte Nacht werden. Ich folge nun meist wieder dem Saar Hunsrücksteig.
Er schlängelt sich vom See hinweg in die Höhe. Als ich den imposanten
Ringwall von Otzenhausen mit schönen Aussichtspunkten erklimme,
geht bereits die Sonne unter. Obwohl er im Volksmund Hunnenring genannt
wird, handelt es sich bei dem Ringwall um die Überreste der
Befestigung einer Ortschaft des keltischen Stammes der Treverer.
Hunnen und Kelten hin oder her, er beeindruckt mich jedenfalls sehr.
Ich folge weiter dem Saar Hundsrücksteig und sehe
endlich so gegen 21:30 das Gipfelschild des 695 m hohen Dollbergs vor
mir und habe so den Gipfel des höchsten Berges des Saarlandes erreicht.
Nach 57 Tageskilometern fühlen sich meine Beine schon etwas schwer an.
Außerdem macht es keinen Sinn noch heute Nacht bis zum Bahnhof
Türkismühle zu laufen, weil da dann ohnehin keine Züge mehr zu mir heim
fahren. Also will ich mir einen Biwakplatz suchen. Zuerst folge ich dem
Höhenkamm. Dann steige ich etwas vom Berg ab. Irgendwo unter mir höre
ich einen Jäger herumballern und außerdem finde ich hier keinen ebenen
Untergrund. Genervt kehre ich um und erklimme noch einmal den Höhenkamm.
Der Nachteil ist, hier oben bläst ein eisiger Wind, obwohl ich hier
durch Bäume halbwegs geschützt bin.
Wenigstens soll die heutige Nacht trocken bleiben. So
muss ich mein Tarp nicht aufstellen. Aber ich will mich zusätzlich mit
der Plane zudecken. Auf dem moosigen, leider deswegen auch etwas
feuchten Untergrund, finde ich eine bequeme Stelle. Die Nässe hält meine
Isomatte ab. Ich mache es mir in meinem Schlafsack auf der Matte bequem
und schlafe schnell ein.
Gegen 0:30 wache ich auf. Ich zittere wie Espenlaub.
Oh je, ist das heute Nacht eisig und unter der Plane hat sich auch etwas
Feuchtigkeit gebildet. Ich ziehe alles an, was ich dabei habe,
platziere die Plane neu und ziehe den Schlafsack so fest zu wie ich
kann. Auf dem Kopf trage ich eine Mütze und darüber noch die Kapuze
meiner Regenjacke. Auch die Handschuhe habe ich angezogen. Nun ist es
mir halbwegs warm und ich kann bis kurz vor 6 Uhr schlafen.
Als ich aufwache, zeigt das Thermometer meiner Uhr
unter 5 Grad an und der Wind bläst immer noch so heftig, so dass sich
das Ganze wie -10 Grad anfühlt.
Ich packe schnell meine Sachen zusammen und laufe die
letzten 15 km bis zu meinem Ziel in Türkismühle. Dabei wird es mir nur
ganz langsam warm. Unterwegs verspeise ich dann auch noch die Reste
meines Schnitzels von gestern. Einen heißen Tee oder noch besser
Glühwein muss ich mir dazu denken.
Gegen 10 Uhr komme ich im Ziel Bahnhof Türkismühle
an. Für 40 Euro fahre ich mit einem schönen Wochenendeticket mit gut 6
Stunden Fahrzeit, diesmal nur mit Regionalexpresse heim,. Die Verspätung
am Ende beträgt dann auch nur 5 Minuten. Nahverkehr ist beim Abenteuer
Deutsche Bahn oft Nerven schonender als IC und ICE.
Im Zug schwelge ich in Gedanken an diese schöne und
erlebnisreiche Tour.
Aber nun zum Film, der meine Erlebnisse bei diesem
Lauf zeigt:
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