Haglöfs Dolomiti Extreme Trail am 09.06.2018 - Laufbericht
und Film von Thomas Eller
Val di Zoldo ist ein kleines italienisches Städtchen inmitten
hoher Berge. Viele Häuser gibt es nicht und wenn man an normalen Tagen durch die
Hauptstraße fahren würde, dann würde man nicht annehmen, dass dieses Städtchen
Heimat ist von einem der aufregendsten Berglaufevents in den Alpen. Zu
beschaulich sind die schmalen Straßen, neben denen regelmäßig Radaranlagen
stehen, um die Autofahrer zu bremsen.
Wer nach Val di Zoldo fährt, der fährt weit. Und vor allem fährt er lange, um
zum „Haglöfs Dolomiti Extreme Trail“, kurz DXT, zu kommen. Für mich war die
Anreise zum DXT 103 K schon eine Tagesfahrt. Von Bonn aus über Karlsruhe,
Stuttgart, München, über die Brenner-Autobahn und dann gleich an der ersten
Ausfahrt in Italien an der Ausfahrt „Bressanone“ (Brixen) runter. Nun ist nicht
mehr sehr weit zu fahren, aber Du fährst immer noch sehr lange.
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Als ich mich für die Teilnahme beim DXT 103 entschieden habe, faszinierten mich
neben den „hard facts“ (103 km mit 7.150 HM) vor allem auch die
vielversprechenden Berichte meiner Lauffreunde. Fast jeder, der schon mal dort
angetreten ist, kam auch ein zweites oder drittes Mal. Kann es mehr Werbung für
einen Lauf geben?
Schon beim Blick auf die Starterliste der Längen 23 K, 53 K und 103 K entdeckte
ich viele alte Bekannte und von diesem Blick an war ich gespannt wie selten auf
diesen Lauf.
Aber als ich ankam, rund 16 Stunden vor dem Start am frühen Morgen, regnete es
in Strömen in Val di Zoldo. Nur die Wettervorhersage für den nächsten Tag machte
mir Mut und nach einigen Stunden hörte der Regen dann auch tatsächlich wieder
auf.
Den Tag vor dem Rennen verbrachte ich mit all dem, was Läufer so tut vor einem
großen Event. Die Startnummer holen, zum bestimmt zwanzigsten Mal das
Höhenprofil studieren, die Materialkontrolle überstehen und dann, welch ein
Luxus, das Paar Haglöfs Laufschuhe abholen, das es für die Starter beim 53 K und
beim 103 K gab. So viel Großzügigkeit eines Hauptsponsors habe ich noch nie
erlebt. Ich wählte Haglöfs Schuhe in der Trailvariante in einem schicken blau
und in der Größe US 13, es war die größte Größe, die vorhanden war.
Anschließend traf ich noch eine Handvoll der Läuferfreunde, trank mit dem einen
oder anderen noch ein Wasser oder ein alkoholfreies Bier und gerade, als ich den
Tag Richtung Bettchen ausklingen lassen wollte, luden mich Gerald Blumrich,
Thomas Miksch und Matthias Dippacher noch zum gemeinsamen Abendessen zu sich.
Vor dem Start am sehr frühen nächsten Morgen gab es in dem perfekt gelegenen und
wunderschönen Hotel Post, das gleichzeitig auch das Headquarter der DXT
Organisation war, schon ein komplettes Frühstück. Das ist echte
Kundenorientierung, das wünscht man sich vor jedem Lauf.
Der Start war ein großartiges Erlebnis. Eine hervorragende Moderation,
aufregende Musik und dann nach dem Startschuss ein Gerenne, als wären wir bei
einem Unterdistanzrennen.
Ich lief mit Sebastian Schneider los und wir blieben zusammen, bis er später
wegen körperlicher Probleme aussteigen musste. Erst ging es lange die Straße
entlang, durch einen Tunnel hindurch, dann folgen wir einem nahezu flachen Weg
entlang des kleinen Flüsschens, bis es nach rund acht Kilometern abrupt und
steil nach oben ging, rauf auf rund 2.200 Meter.
Steil nach oben ist dabei in den Dolomiten schon etwas ganz anderes als steil
nach oben in anderen Regionen Europas. Deine Oberschenkel meckern, Deine
Gedanken rotieren und Du bist immer froh, wenn Du einen weiteren Berg hinter Dir
hast.
Und weil es eine alte Bergregel ist, dass es meist genauso „sakrisch“ runter
geht wie es rauf gegangen ist, waren auch die Downhills von einer Qualität, die
Bergläuferherzen höher schlagen lässt und die Asphaltläufern das Fürchten lehrt.
Zum Glück gab es hin und wieder Seilsicherungen, um sich ein wenig besser zu
fühlen.
Die Trails sind meist eng, stellenweise nur einen Fuß breit. Der Weg geht an
tiefen Schluchten vorbei, über Schneefelder und dann wieder durch Wiesen und
häufig durch Waldgebiete. Die Strecke ist immer sehr abwechslungsreich, das
macht sie spannend. Und ständig sind Volunteers zu sehen, die die Läufer
unterstützen. Ich hatte das Gefühl, dass es mehr Volunteers gab als Läufer.
Die schönste Passage der Strecke über das Rifugio Coldai wurde wegen des vielen
Schnees ersetzt und wir liefen auf einer tiefer gelegenen Strecke zum Passo
Staulanza, wo auch die Dropbags warteten.
Bis dahin aber hatten wir eine Regenphase zu überstehen, die bei mir alles, was
ich an hatte, klatschnass machte.
Ich wäre gut beraten gewesen, eine zweite Regenjacke in den Dropbag zu packen
und deutlich mehr Ersatzlaufklamotten, um für die kalte Nacht mit trockenen
Sachen gewappnet zu sein.
So aber gingen Bilder durch meinen Kopf, die Farbe bekamen, als ein Freund, am
Tresen der Gastwirtschaft neben der Dropbag-Station stehend, erzählte, dass er
seinen Chauffeur gebeten hat, ihn dort abzuholen.
Zu dieser Zeit war ich schon unendlich langsam geworden und ich erschrak jeden
Kilometer aufs Neue ob der langen Zeit, die ich auch für relativ harmlose
Streckenabschnitte brauchte. Ich war leer, im Kopf und in den Beinen.
Und dann dieses Angebot!?
So kam ich um den Genuss des Rests der Strecke herum, meine
103 K waren nur rund 54 K lang und meine Nacht verbrachte ich im warmen Bettchen
statt auf der Strecke, aber ich schlief mit der Gewissheit ein, mal wieder einen
Riesenfehler begangen zu haben.
Immer wenn mein Geist willig, mein Körper aber schwach ist, dann verstecke ich
mich für einige Zeit.
Ich war dann zwar am nächsten Tag bei der Siegerehrung dabei, aber vor allem
deshalb, weil „Dippi“ Gesamtzweiter wurde und Thomas Miksch als Gesamtzehnter
geehrt wurde. Und diese Ehrung wollte ich definitiv nicht verpassen.
Einen Riesenfehler begehen bedeutet aber auch gleichzeitig, eine Herausforderung
für eines der Folgejahre zu haben. Extrem, bis an meine Grenze gefordert, ja,
das war ich. Und so steht an meiner Pinnwand:
„Für den DXT 2019 anmelden!“
Dann wird mein Dropbag aber besser bestückt sein.