King George Island (KGI) Antarktis Marathon am 17. Januar 2020 - Laufbericht
und Bilder von Jürgen Sinthofen
Für 2020 hatte ich mir vorgenommen endlich einen Marathon auch auf dem nach
der angloamerikanischen Sichtweise 7. Kontinent, der Antarktis, zu laufen.
Hierzu gibt es nur die Möglichkeit mit einem Laufreisenveranstalter zu buchen,
da es in der Antarktis keinen Marathon im herkömmlichen Sinn gibt. Diese
Veranstalter haben Sondergenehmigungen und müssen bei speziell für die Antarktis
lizenzierten Unternehmen quasi ein „Marathonpaket“ buchen.
Die Auswahl zwischen den etwa vier Anbietern fiel mir nicht schwer, da nur „Z-Adventures“
ein relativ preiswertes Paket mit Hin – und Rückflug nach King George Island von
Punta Arenas in Chile anbot. Die anderen Anbieter verbinden den Marathon mit
Schiffsreisen von Ushuaia in Argentinien an.
Das Angebot von Z-Adventures beinhaltete im Rahmen „Southern Hemisphere
Challenge 2020“ zudem noch drei weitere Marathons in Uruguay, Argentinien und
Chile innerhalb der einwöchigen Reise. Diese Marathons sind nach den gemeinhin
gültigen Regeln für Marathonveranstaltungen organisiert und werden von z.B. den
„100 Marathon „ Clubs oder auch dem Country Marathon Club anerkannt. Somit
konnten wir Ländersammler innerhalb einer Woche neben der Antarktis auch noch
drei weitere Länder marathontechnisch einsammeln.
Nach den beiden Marathons in Colonia und Buenos Aires am Dienstag bzw. Mittwoch
kamen wir am Donnerstag Vormittag recht gerädert in Punta Arenas in Chile an.
Wir wurden vom Flugplatz in unser Hotel gebracht und konnten uns nach etwas Ruhe
individuell in dem gemütlichen Städtchen umsehen.
Um 18 Uhr trafen wir uns im Hotel und gingen dann zur „DAP“. Diese
Fluggesellschaft hat, wie oben erwähnt, das Recht nach HKI zu fliegen und einen
Marathon nach Genehmigung zu organisieren.
Wir wurden über eine Stunde von unserem Guide informiert, was es bedeutet dieses
äußerst sensible Ökosystem zu besuchen und welche Verhaltensregeln zu beachten
waren. Unsere kleine Gruppe von noch 14 Marathonis hatte das große Glück in der
russischen Forschungsstation aufgenommen zu werden.
Es gibt in der Antarktis keine Hotels oder irgendwelche touristische
Infrastruktur. Besucher die mit dem Schiff kommen werden mit Schlauchbooten
ausgeschifft, laufen etwas um die Container der Forschungsstationen herum und
sind dann ohne Übernachtung oder gastronomischer Einlage auch gleich wieder weg.
Wir konnten in einem sehr beengten Container oben auf dem Berg neben einem
Wahrzeichen der Antarktis – der russisch orthodoxen Kirche – in
Doppelstockbetten mit einer Toilette und ohne Dusche übernachten. Die DAP hatte
Fresspakete für uns mitgenommen, die wir teilweise in einer Mikrowelle aufwärmen
konnten. Das waren ein Abendessen und ein Frühstück de Luxe!
Kurz vor dem Abflug (Foto: Tor Ronnow)
Anflug auf King George Island
Die Forschungsstation „Frei“
Während des Briefings in Punta Arenas erhielten wir die Information, dass das
Wetter den Flug am nächsten Morgen nach KGI erlaubt. Dies war ein großes Glück,
da auf der kurzen Schotterrollbahn nur auf Sicht gestartet und gelandet werden
kann. Unser Guide selbst kam erst am Tag zuvor von KGI zurück, wo er mit einer
Gruppe 6 Tage auf Flugwetter warten musste! Also wieder Wetterglück gehabt!
Am nächsten Morgen wurden wir zum Flugplatz gefahren und gegen 10.30 flogen wir
in 1h50min nach KGI. Leider war der Himmel bewölkt, deshalb sahen wir Kap Horn
nur andeutungsweise auf dem Rückflug. Nach einem tollen Landeanflug in einer
Schleife über die russische, chilenische und chinesische Forschungsstation ging
es zu Fuß zur russischen Station „Bellinghausen“. Wir hatten strahlenden
Sonnenschein und kaum Wind bei etwa +5°C. In der Station zogen wir uns im
Gemeinschaftsraum sogleich für den Marathon um.
Ich hatte noch Gelegenheit mit Hans, einem Biologie Professor der Uni Jena und
seinen drei Studenten, zu sprechen. Hans ist der dienstälteste Forscher auf KGI,
seit 1978 war er jeden Sommer dort, zweimal hatte er sogar überwintert. Sie
bestätigten, was für ein riesiges Glück wir mit dem Wetter hatten.
Manche hatten sich ganz schön eingemummelt
Wir liefen auf trockenem Schotter aber um uns herum riesige Eisfelder
Wir starteten gegen 13 Uhr und es ging vom Hauptgebäude der russischen
Forschungsstation etwa 400m bergab ans Ufer der Bucht. Hier wurden gerade ein
paar Touristen eines Expeditionsschiffes wieder zum Schiff gebracht.
Dann ging es durch die chilenische Station „Frei“, welche gerade im letzten
Oktober ihr 50 jähriges bestehen gefeiert hatte. Diese Station ist sogar
ganzjährig mit Familien der Offiziere besetzt, deshalb gab es hier auch nette
kleine Häuschen am Berg und eine Kirche und Bank.
Nach etwa 200 flachen Metern ging es nun für etwa einen Kilometer durch die
ganze chilenische Station einen etwa 40m üNN hohen Berg. Dann in einer
Serpentine wieder auf Meereshöhe und am Wasser entlang zum ca. 1,4km entfernten
Wendepunkt unterhalb der chinesischen Forschungsstation „Great Wall“.
Hier schauten uns interessiert einige kleine Pinguingruppen zu, welche sich uns
teilweise auch neugierig nährten. Vor und hinter uns sahen wir riesige
Gletscher, die Laufstrecke selbst war allerdings eine Schnee – und Eisfreie
feste Schotterstraße.
Neugierige PInguine
Unsere Seriensieger Heidi und Vagn
Tor und Laurent sind auch noch gut unterwegs
Das Expeditionsschiff
DAP hatte in dieser Bucht ein kleines beheiztes Zelt aufgebaut. Hier gab es als
Verpflegung heiße Suppe, Wasser, Riegel und Obst. Ich selbst hatte dies gar
nicht richtig mitbekommen und futterte nur die am Wegesrand angebotenen leckeren
Schokoriegel. Wasser trank ich immer am Wendepunkt bei Start/Ziel an der
russischen Station.
Auf dieser ca. 5,6km langen Pendelstrecke durften wir 7,5 Runden laufen - ohne
Pass und Visum zwischen Russland, Chile und China – geht doch!
Gegen Ende des Laufes wurde es nachdem die Sonne schwächer wurde, doch etwas
kühler und auch windiger. Aber trotzdem, ich lief mit einer alten mittelstarken
Tight und einem langärmeligen Sportunterhemd von Decathlon für 7€ plus Trikot
und leichter wind – und wasserdichter Adidas Jacke ohne Handschuhe aber mit
Mütze durch. Eigentlich eine Witterung die wir von unseren winterlichen
Trainingsläufen kennen. Ich hatte viel mehr Klamotten nach dem Zwiebelsystem
mitgenommen. Wie mir andere aber bestätigten – es hätte auch ganz anders kommen
können mit vereister Laufstrecke und Schneesturm.
Auf dem Rückweg Blick auf die Kirche und rechts daneben unser oranger
Schlafcontainer
Wieder in "Russland"
Das Verpflegungszelt
Laurent ist noch gut drauf
Das Antarctica Monument in der chilenischen Station
Geschafft!
Nach 6h29min war ich dann endlich doch im Ziel, die etwa 600 kumulierten
Höhenmeter und die Witterung plus die zwei zuvor gelaufenen Marathons hatten
doch gezehrt.
Im Ziel gab es wieder eine sehr schöne Medaille. Dann gleich zum umziehen zurück
in den Gemeinschaftsraum, keine Dusche – aber richtig geschwitzt hatten wir ja
auch nicht.
Dann ging es hoch in die Unterkunft zum Essen und nach vielen Gesprächen mit den
Mitläufern wurde dann gegen 22 Uhr geschlafen.
Am nächsten Vormittag, es war wieder herrliches Wetter, machten wir einen
zweistündigen Fußmarsch durch die tolle, unberührte Natur. Die zerklüftete
Küste, die Felsen, Berge und Gletscher gegen den blauen Himmel – ein Traum.
Daher der Name der russischen Station!
Einfachstes Moos und das wächst hier – sonst nichts
Tolle Landschaft auf unserer Wanderung am nächsten Vormittag
Wir konnten bis auf drei, vier Meter an Robben, Pinguine und Seelelefantenrudel
herantreten. Die Tiere hatten keinerlei Scheu.
In der russischen Station machte dann noch ein kleiner Souvenirshop auf, wo ich
mir für meinen Pass und Postkarten noch den Stempel der Station Bellinghausen
abholte.
Seeelefanten
Die Tiere waren absolut nicht scheu!
Tschüss Antarktis!
Am späten Nachmittag flogen wir dann wieder zurück nach Punta Arenas, wo am
nächsten Morgen der letzte Marathon anstand.
Die 7,5 Runden schaffte als Erste - wer denn sonst - die Dänin Heidi Johansen in
3.52,14. Bei den Männern hatte auch wieder Vagn Kirkelund in 4.28,05 die Nase
vorn.
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