74. Kochi Marathon am 16. Februar 2020 - Laufbericht
und Bilder von Jürgen Sinthofen
Im Rahmen meiner Sammlung von weltweiten Marathons nach verschiedenen
Kriterien war ich nun zum zweiten Mal nach Tokio in Japan zu einem Marathon
unterwegs.
Es ging um den ältesten Marathon je Kontinent. In Asien ist der heuer zum 75.
Mal ausgetragene Marathon am Lake Biwa der Älteste – aber leider als Elitelauf
mit einer Zielzeit von 2.30h für mich nicht erreichbar.
Somit war der 74. Kochi Marathon für mich der älteste Marathon Asiens.
Kochi liegt ca. 800km südlich von Tokio im Süden der Insel Shikoku und ist mit
ca. 330.000 Einwohnern für japanische Verhältnisse eine kleinere Stadt.
Nach unserer Ankunft mit KLM von Frankfurt in Tokio Narita (Flugkosten mit
Handgepäck 395€) und drei Tagen in Tokio, wo uns eine Lauffreundin vom Country
Club vieles zeigte, ging es für 80€ mit dem Flugzeug nach Kochi.
Meine Frau, unser Lauffreund Giuseppe und ich fuhren mit dem Bus vom Flugplatz
zur Startnummernausgabe im Zentrum Kochis auf dem Chou Platz.
Nachdem wir unseren bestellten Leihwagen wegen meiner „grauen Pappe“ nicht
erhielten, brauchten wir ganz kurzfristig ein Hotel in Kochi. Gottseidank half
uns Aya, eine Betreuerin, die gut Englisch sprach, eine Unterkunft im seit
Monaten ausgebuchten Kochi zu finden. Leider sehr teuer, aber dafür direkt am
Start gelegen und auch in der Nähe der Bushaltestelle beim Rücktransfer nach dem
Zieleinlauf.
Unsere Startunterlagen erhielten wir am „International Reception Help Desk“ ohne
anzustehen. Es waren ja auch nur etwa 40 internationale LäuferInnen bei über
12.000 japanischen Teilnehmern gemeldet.
Wir erhielten unsere Startnummer, einen Zeitnahmechip, der am Schnürsenkel
befestigt wurde und ein schönes Funktionsshirt. Dazu noch einen großen
Kleiderbeutel und diverse Warenproben.
Glück gehabt, wegen des Coronavirus wurden bereits Laufveranstaltungen abgesagt,
auch der Tokio Marathon. Wir waren froh, hier laufen zu können.
Nach einem japanischen Abendessen und einer Nacht in einem traditionellen Hotel
auf Futonbetten ging der Wecker am Sonntag um 7 Uhr. Ein Frühstück bestehend aus
Keksen und Orangensaft, gekauft am Vortag an einem 7/11 Kiosk, mußte ausreichen.
Es regnete heftig, aber es war für die Jahreszeit ein milder Tag mit ca. 14°C.
Giuseppe und ich gingen die 5 Minuten zur Kleiderbeutelabgabe. In den
Seitenstraßen waren schon hunderte von Läufern, vermummt in schützenden
Plastikponchos, unterwegs.
Auf einem großen Platz standen ca. 20 große Lastwagen. Jeder Lastwagen hatte
eine Nummer und acht verschiedene Farbkarten an der Seite. Auf meiner
Startnummer war eine 7 und ein grüner Punkt. Also konnte ich am Lastwagen Nr. 7
am grünen Schild ohne Verzögerung meinen Kleiderbeutel abgeben.
Toiletten waren ausreichend vorhanden, es wurde kaum angestanden. Auch gab es
vor dem Start bereits etwas zu trinken und Suppe – prima.
Noch ein paar Fotos und dann ging es zum Start in den entsprechenden Startblock
was akribisch kontrolliert wurde. Da die Japaner aber äußerst diszipliniert
sind, war auch dies kein Aufreger.
Nach ein paar Ansprachen der Honoratioren – natürlich alles in japanisch – und
Fotos auch mit ehemaligen Olympiateilnehmern, rückte das Starterfeld etwas an
die Startlinie vor. Einige LäuferInnen entledigten sich noch schnell ihrer
Regenumhänge, natürlich indem sie diese in von Helfern bereitgehaltenen
Abfallbehältern deponierten.
Pünktlich um 9 Uhr erfolgte der Start unterhalb der markanten Burg von Kochi.
Über 12.000 Marathonis machten sich auf den Einrundenkurs um im Haruno Athletic
Stadion ihre Finishermedaille in Empfang zu nehmen.
Zunächst liefen wir schnurgerade die Hauptstraße in Richtung Flughafen.
Erstaunlich viele begeisterte Zuschauer säumten die Straße trotz des miesen
Wetters! Tolle Stimmung, „Gambere, gambere“ hörten wir von vielen Fans was
soviel wie „weiter so“ bedeutete.
Kurz nach einer Flußüberquerung liefen wir rechts runter Richtung Meer. Entlang
an Reis – und Gemüsefeldern ging es durch drei Tunnels – wenigstens hier war es
trocken. Nach etwa 20km waren wir oben an der ca. 50m hohen Uradobrücke und
genossen den Ausblick. Kurz darauf erreichten wir das Meer.
Für gute 10km liefen wir nun parallel zum Pazifik bis zu einem Wendepunkt kurz
nach der Überquerung des Niyodo Flusses. Die Straße war rechterhand gesäumt von
schönen Blumenrabatten aber auch vielen alten Grabstätten. Das tief liegende
Land wurde geschützt von hohen Betonmauern – etwas bedrückend, zumal es immer
noch regnete.
Dann 5km zurück und links wieder ins Landesinnere für 5km bis ins Ziel im
Stadion.
Die Stimmung durch die begeisterten Zuschauer entlang der gesamten Strecke war
super. Auch die etwa 10 verschiedenen Bands an der Strecke sorgten für beste
Laune.
Die gesamte Laufstrecke war vorbildlich für den Verkehr gesperrt, jeder
Kilometer markiert und alle 5km liefen wir über Zeitnahmematten.
Trotz der vielen Teilnehmer und der manchmal schmalen Straßen (eine Hälfte war
immer als Rettungsgasse gesperrt) konnte man immer frei seinen Stiefel laufen.
Und die Verpflegung, alle 2,5km eine neue Überraschung. Neben Wasser und Iso gab
es mal Party – oder normale, schmackhafte Tomaten oder Orangen oder Sushi oder
Gurken oder Wackelpeter oder Muffins oder ….
Und das Überraschende war, ich sah maximal 3 Wasserbecher auf der Straße liegen.
Am Straßenrand waren direkt bei den Verpflegungsständen mal ein paar mehr Becher
– wie machen das die Japaner nur? Na ja, ist neben dem Verantwortungsbewusstsein
jeden einzelnen sicherlich auch, dass überall Abfalltüten bereitgestellt wurden.
Auch gab es an der Strecke immer wieder Dixies, um darauf aufmerksam zu machen
standen auch HelferInnen da.
Die 3.000 HelferInnen waren alle super nett und motiviert! Vielen Dank dafür.
Die insgesamt flache Strecke war mit etwa 300 kumulierten Höhenmetern angenehm
zu laufen – nur dass am Ende des Laufes ein nigeliger Anstieg zum Stadion
anstand war hart. Im Stadion noch eine Runde mit Selbstbeobachtung auf der
Videoleinwand und dann Zieleinlauf. Es gab ein Handtuch, eine schöne
Holzmedaille, eine Urkunde in einer Plastikhülle mit der persönlichen Leistung
sowie eine Tüte mit Wasser, Obst und ein paar leckeren Warenproben.
Da die Ergebnisliste absolut schwer zu finden war und die Namen der
Protagonisten nur auf japanisch geschrieben waren, verzichte ich hier auf die
Ergebnisse der Besten hinzuweisen. Zur Einordnung, die Siegerzeit bei den Herren
war wohl 2.22,13h und bei den Damen 2.45,45h.
Alle weiteren Ergebnisse können mühselig hier eingesehen werden.
Zur Abholung des Kleiderbeutels gingen wir in eine etwa 300m entfernten riesigen
Halle, wo ich meinen Beutel ruckzuck erhielt. Duschen oder Massage gab es keine
und das Umziehen in trockene Klamotten erfolgte auf dem Gang.
Dann wieder zurück am Stadion vorbei, es regnete immer noch, zum Bus. Voll
diszipliniert wurden die LäuferInnen in Gruppen eingeteilt und auf die Busse
verteilt – kein Gedränge, nichts. Nach 10 Minuten Fahrt waren wir zurück in
Kochi und ich unter der Dusche. Ein toller Marathon war zu Ende.
Mein Resümee:
Die Ausschreibung für den Kochi Marathon in Englisch zu finden war eine kleine
Herausforderung, die Anmeldung zuerst bei JTB und dann für den Kochi Marathon
selbst eine weitere.
Die Organisation vor Ort war super, die Laufstrecke und die Verpflegung
erstklassig! Die Startgebühr von ca. 85€ war für den betriebenen Aufwand
angemessen.
Die Zielschlusszeit von 7h war okay, aber auch diese wurde an etwa 8
verschiedenen Punkten mit maximalen Zwischendurchlaufzeiten penibel überwacht.
Eine absolut empfehlenswerter Marathonveranstaltung.
Verbunden mit der anschließenden einwöchigen Reise mit dem Japan Rail Pass war
unser Marathontrip eine tolle und gar nicht so teure Reise – und es muß ja nicht
immer der Tokio Marathon sein (leicht gesagt wenn man die „Big 6“ schon hat)!
Links
|