Palästina Marathon in Bethlehem am 10. März 2023
Nachdem aus bekannten Gründen mein Start beim Bethlehem Marathon 2020 nicht
möglich war, konnte ich dieses Jahr endlich mein Projekt „alle Länder rund um
das Mittelmeer“ zu laufen fortsetzten.
Mit Ryanair ging es für 260€ von Berlin nach Tel Aviv. Nach 3,5h Flug konnte ich
mit meinem biometrischen Pass ohne viel anstehen ein kleines Kärtchen als Visum
aus einem Automaten erhalten. Dieses ersetzt den Stempel im Pass, welcher in
vielen arabischen Ländern automatisch zu einer Nichteinreise führte.
Nach einer Befragung, natürlich wieder verbunden mit Schlange stehen, konnte ich
mit einem Sherut – ein Sammeltaxi – für 25€ an den Checkpoint von Jerusalem nach
Bethlehem in etwa einer Stunde fahren. Hier konnte man ohne Kontrolle nach
Palästina rüber laufen.
Meine Unterkunft wählte ich in einem kleinen B&B bei einer palästinensischen
Familie – ein einfaches aber sauberes Zimmer mit einfachster
Gemeinschaftstoilette und Dusche. Mit Frühstück ca. 25€ pro Nacht – Palästina
ist auch teuer. Aber ich konnte viel über das Leben der Palästinenser und deren
Schwierigkeiten im täglichen Leben erfahren. Alleine um z.B. von Palästina nach
Israel zu gehen – mit Auto nicht möglich - benötigt man am Checkpoint Bethlehem
in der Regel mehrere Stunden. Die gesamte Grenze ist schwer bewacht, die Mauer
insgesamt ca. 750km lang und 9m hoch! Fliegen dürfen Palästinenser nicht von
Israel, sie müssen umständlich und teuer ab Jordanien reisen.
Aber nun zum Marathon
Die Startunterlagen erhielten wir im Bethlehem Peace Center. Dieses liegt direkt
am Manger Square, dem zentralen Platz Bethlehems wo sich auch die Geburtskirche
befindet.
Der Marathon steht unter dem Motto „Freedom of Movement“ was aus vorgenannten
Beispielen ein verständliches Ansinnen ist. Alle 150 Marathonis, 380
Halbmarathonis und 2.500 LäuferInnen über 10km erhielten ein grell gelbes
Funktionshirt mit entsprechendem Aufdruck.
Weiter erhielten wir eine Startnummer mit integriertem Zeitnahmechip. Für 10 US$
konnte man auch noch einen Bon für die am Vorabend des Laufes stattfindende
Pasta Party erwerben.
Der Lauf
Freitag, Marathontag, 12°C, 6.30h pünktlich der Start des Marathon und
Halbmarathons auf dem Manger Square. Es ging auf einen zweimal zu laufenden Kurs
mit drei out/back Passagen.
Zuerst 3km über die Hauptstraße mit Blick auf „Sheppards Field“ – dem Ort wo den
Hirten die Geburt Jesu verkündet wurde, dann entlang der mächtigen Grenzmauer.
Beeindruckende Graphiti,unter anderem von Bansky, machten die eigentlich
bedrückenden nächsten ca. 3km zu einem interessanten Galeriebesuch. Wir
durchliefen auch den „Key“ beim „Refugee Camp“ bevor es auf einer ewig langen
leicht ansteigenden breiten Ausfallstraße weiter ging. Dann folgten zwei weitere
jeweils ca. 1km lange out/back Abschnitte bevor es auf dieser Straße schön
leicht bergab ohne wieder an der Mauer vorbei zu kommen direkt zurück zum Manger
Platz ging. Erstaunlich war das die Gesamtstrecke nur etwa 520 Höhenmeter
aufwies – eine geniale Leistung bei der Topografie rund um Bethlehem!
Auch auf der zweiten Runde waren kaum Zuschauer am Straßenrand. Inzwischen waren
es 17°C und die Marathonis hatten sich verteilt. Erst auf den letzten 5km war
für mich als plus 5h Läufer auf der Strecke die Hölle los. Hier waren jetzt die
meisten 2.500 LäuferInnen meist spazierend und schwatzend unterwegs – etwas sehr
typisches für arabische Länder. Die Menschen genießen ganz einfach den freien
Tag, das Wetter, die verkehrsfreien Straßen und unterstützen das Motto der
Veranstaltung.
Die Straßen waren durch die recht intensive Präsenz von Polizei, Armee und
weiterer Sicherheitskräfte erstaunlich effektiv bis zum Zielschluß von 6h vom
Autoverkehr frei gehalten. Es gab ca. alle 1,5km Wasser in 0,5l Flaschen. Auch
wurden Orangen, Bananen und Energieriegel vereinzelt gereicht. Die
Kilometerangaben waren teilweise vorhanden aber nicht wirklich zuverlässig. Auch
wurden einige Zwischenzeiten registriert, allerdings wurde im Laufe des Rennens
die 35km Matte entfernt. Die meist jugendlichen Helfer und Helferinnen vom Roten
Halbmond waren ausnahmslos sehr nett und aufmerksam. An drei Stellen waren
Bühnen aufgebaut wo es folkloristische und traditionell musikalische
Darbietungen gab.
Zieleinlauf
Leider war mein Zieleinlauf zusammen mit vielen 10km Akteuren recht chaotisch.
Zuerst hatte ich auf meiner GPS Uhr festgestellt, dass die Marathonstrecke etwa
550m zu kurz war. Die fehlende Distanz lief ich noch vor überschreiten der
Zielmatte auf dem Vorplatz der Geburtskirche ab. Im Zielbereich liefen alle
kreuz und quer und es gab keine Getränke mehr. Ich wurde von einem jungen Mann
angesprochen, der mich zu einer Frau geleitete. Sie saß an der Kirchenmauer und
überreichte mir eine sehr schöne aus Olivenholz gefertigte Medaille sowie eine
Tüte mit Mandarine und ein paar Snacks.
Die Zieleinläufe für den Sieger waren sicherlich reibungslos. was Chakib
Latrache in 2.28,00h und die Dänin Bouchra Lundgren Eriksen in 3.08,19 h wohl
bestätigen konnten.
Alle weiteren Ergebnisse unter
https://results.sporthive.com/events/7036987925645154816/races/485007
Auf dem gesamten Platz waren die verschiedensten Werbestände aufgebaut, ein
riesen Rummel. Die Abholung der abgegeben Kleiderbeutel war problemlos. Die
Siegerehrung war bereits vor meinem Zieleinlauf abgeschlossen, Duschen im Ziel
gab es nicht, eine Massage wollte ich nicht, also ging es zur Erholung direkt
zurück in die Unterkunft.
Die Ergebnisliste war am Abend schon online, das haben wohl auch drei Marathonis
aus Coburg festgestellt. Leider gab es keine Altersklassenwertung und auch keine
Urkunde.
Mein Resümee:
Das Startgeld von 75 US$ war für die gut und aufwändig organisierte
Veranstaltung angemessen. Die noch nicht zu warme Sonne, die völlig ausreichende
Verpflegung, die sichere, aber nach meiner zuverlässigen GPS Uhr etwas zu kurze
Laufstrecke, die tollen Helfer und die vielen Aktiven über 10km trugen zu einem
gelungenen Marathontag bei.
In Verbindung mit etwa zwei zusätzlichen Tagen in denen man die vielen
historischen Stätten Palästinas und das Tote Meer mit dem Taxi leicht besuchen
kann eine politisch und kulturell, religiös hoch interessante und
empfehlenswerte Reise.
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