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Nach der Abfahrt ging es gleich wieder
über 5,8km und 4,3% Steigung auf den 2.121m hohen Passo Gardena.
Bergab rollte es sich wie von alleine auf traumhafter Strecke 9km hinunter
nach Corvara. Hier teilte sich das Feld im aufwändigen Zielbereich für die
55km Fahrer der Sellarunde und uns, die sich mehr vorgenommen hatten. Ich
war mit einer Stunde Zeitüberschuss zur Cutoffzeit eingelaufen und es ging
guten Mutes zum zweiten mal den Campolongo hinauf, wo wir oben mit einer
sehr guten Jausenstation belohnt wurden. |
Die Sellarunde ist geschafft |
Verpflegung auf dem
Campolongo |
Nach der Abfahrt fuhren wir nun links weiter nach Cernadoi bei km 76, wo sich das Feld wieder aufteilte.
Ich fuhr rechts weiter zum Passo Giau, welchen mir Markus, der das Rennen
schon einmal gefahren war, so schilderte: „Jürgen du weißt ja, alle Pässe
in Italien sind sehr moderat in der Steigung, die Italiener bauen lieber
eine Tornante (Serpentine) oder Tunnel mehr, als das es zu steil würde.
Nur der Giau ist etwas schwieriger, hier gibt es über ein längeres Stück
eine 9%ige Steigung. Aber das schaffst du schon“. Soweit Markus, und jetzt
ich: Das Schild in flimmernder Hitze sagte 10,6km Länge, 898m
Höhenunterschied, Steigung 9,3% und eine Verpflegungsstation auf 2.236m.
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Carabinieri bei der Abzweigung für die 138km Runde |
Der harte Brocken wird avisiert |
Wir fuhren zuerst ein paar schön übersichtlich lange Abschnitte immer
geradeaus und immer steil bergan. Ich war auf dem vorletzten Ritzel und
blies auf dem letzten Loch. Aber alle radelten. Also ich auch. absteigen
und schieben ist nichts für uns! Immer weiter, dann ein Schild, 29 Tornantes, also zählte ich die nun folgenden Serpentinen. Es gab kaum
Schatten, und ich quälte mich mit eisernem Willen hoch. Nach über der
Hälfte der Strecke hinauf sah ich doch einen schieben. Bis ganz hoch, ich
brauchte 1Std 21min (7,84km/h Schnitt), sah ich wenige weitere, die schoben
oder sich kurz ausruhten. Mir ging durch den Kopf, dass ich mich so etwa am
Ende des zweiten Drittels des Feldes befand, und dass bei einem
Laufmarathon an leichten Steigungen (zumal bei der Hitze), wohl schon
viele mehr gehen würden. Es lag für mich nahe zu schließen, dass die
Radfahrer, zumindest die, welche mit mir den langen Kanten fuhren echt fit
waren und wussten was sie taten. Oder sind die Radfahrer einfach
disziplinierter und beißen sich mehr durch als Läufer? Bei diesen Gedanken
und der nun freien Sicht auf die Passhöhe, ging es doch wieder flotter
weiter. Ab und zu musste ich aus dem Sattel, aber eigentlich nicht wegen
nachlassender Kräfte, sondern um den Rücken etwas zu entlasten. Ansonsten
ist der Trick, immer mit konstantem Puls und eher kleiner Übersetzung und
möglichst hoher Trittfrequenz zu fahren. Nach einer guten
Verpflegungspause, wobei, länger als vielleicht 5 Minuten habe ich mich
nie aufgehalten, ging es wieder 10km zu Tal. |
Auf dem Passo Giau in 2236 m Höhe |
Eine super Abfahrt |
Jetzt wartete die letzte Herausforderung, den Falzarego in 2.117m Höhe,
der mit einer leichten Steigung von 5,8% über 10km inzwischen als leicht
eingestuft werden konnte. Aber die Beine wurden langsam schwer, ich
arbeitete mich aber dennoch anständig voran und konnte oben die letzte
Verpflegung genießen. Von den Fahren, welche die 108km gefahren sind, war
nichts mehr zu sehen. Die waren alle schon von der anderen Seite kommend,
durch. Nun ging es rechts nochmal 1km bergauf zum Passo Valparola, vorbei
an einem alten Bergfestung aus dem 1. Weltkrieg über Kassians zurück nach
La Villa. |
Letzte Verpflegung auf dem
Falzarego |
Abfahrt nach Kassians |
Diese letzte lange Abfahrt war ein Genuss, man musste nur
aufpassen, denn es lagen wie auch schon an anderen Streckenabschnitten,
einige verlorene Satteltaschen auf der Strecke. Da hat wohl ein Hersteller
nicht ganz so stabile Klettverschlüsse geliefert. Hoffentlich haben die
Pechvögel, welche diese verloren hatten, nicht ihre Autoschlüssel darin.
Ich benutze immer meine Tasche vom Ironman aus Südafrika und habe den
Schlüssel darin, also fragt nicht, wie oft ich kontrolliert habe, ob die
Tasche noch unter meinem Hintern hängt. Vor mir war in einer Linkskurve
ein Mitfahrer gestürzt, es sah aber nicht schlimm aus. Gestürzte habe ich
ein paar gesehen, aber es ist wohl nichts ernsthaftes passiert. Einige
Mitstreiter hatten auch Pech mit der Dichtigkeit ihrer Reifen, einige
mussten hier ihr handwerkliches Geschick vor den Augen der vorbeisausenden
Mitbewerber beweisen. Viele haben diese Demonstration damit beendet, den
defekten Schlauch einfach liegen zu lassen. Na ja, wer weiß, was Läufer
machen würden, hätten sie in ihrem Bergmarathon etwas auszuwechseln
hätten. Kurz vor Kassians überholte ich einen Pechvogel, dessen Kette
gerissen war und der sein Rad im Dauerlauf schob, um auf Bergabpassagen
mit Schwung aufs Rad zu springen und sich aerodynamisch wie ein
Silberpfeil auf seinem ferrariroten Rad jedes Gefälle bis zum ca. 14km
entfernten Ziel zu nutzen. Hätte ihm das Malheur nicht früher passieren
können? Dann wäre er an einer der zahlreichen Stationen vorbeigekommen, wo
Radmechaniker mit Ersatzteilen hätten helfen können. Die Strecke von La
Villa zum Ziel nach Corvara kannten wir ja schon vom Start am frühen
morgen, und so waren die letzten Kilometer zum Ziel ein Schaulauf! |
Im Ziel |
Der Empfang im Zielbereich war ohne viel Stimmung. Die vereinzelten
Zuschauer erwarteten wohl nur noch ihre Angehörigen. Na ja, dachte ich,
wenn man erst nach 8Std.21min am Anfang des letzten Viertels der Finisher
der langen Strecke ins Ziel kommt, sind die Leute vielleicht auch schon
des Klatschens müde. Ist aber doch für den Sportler, jedenfalls für mich
leicht frustrierend, da so ein Applaus nach solch Heldentat (so fühlte ich
mich jedenfalls) doch ganz gut tut. Wie geht es da wohl Marathonläufern im
Bereich von über 4Std?
Im Ziel wurde der Chip von der Startnummer am Rad abgenommen und man
erhielt dafür im Gegenzug seine 10,-Euro Pfand und einen Pin oder aber
anstatt des Geldes eine Schirmmütze mit dem Motiv der Veranstaltung. Fragt
nicht, wie viele Mützen so noch für den guten Zweck verkauft wurden, aber
da ich noch auf Markus im Zielbereich warten musste, habe ich das mal ein
wenig beobachtet und kam zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte die Mütze
genommen haben! Hört Ihr’s trapsen, Ihr Laufveranstalter? |
Schirmmütze oder Geld? |
Nach ein paar Energiedrinks kam auch Markus ins Ziel. Wir trafen auch
seine beiden Freunde wieder, welche die 108km fahren wollten, aber wegen
Zeitüberschreitung um 2 Minuten bereits nach der Sellarunde ihr Rennen
beenden mussten. In der Eissporthalle, wo die Bewirtung aufgebaut war,
haben wir unsere Gutscheine für Essen und Trinken verballert, um uns dann
auf den langen Heimweg im Auto zu machen. |
Geschafft |
Stärkung in der Eissporthalle |
Insgesamt war der Wettkampf im Vergleich zu manch großem (Stadt) Marathon
mit 53,- Euro vergleichsweise preiswert für den gebotenen
organisatorischen Aufwand, der Verpflegung und der Beigaben. Dies liegt
wohl auch daran, dass für die „Königin der Radmarathone“ viele potente
Sponsoren gebunden werden können, wozu sicherlich auch die mit drei
Hubschraubern gewährleiste 4 stündige Liveübertragung im italienischen
Fernsehen beitrug.
Die Anmeldung und auch der Ergebnisservice klappte reibungslos (jedenfalls
wenn man einen Internetanschluss zur Verfügung hat). Am nächsten Morgen
hatte man sein Ergebnis E-Mail mit u.a. seiner Gesamtzeit, Wertung gesamt
und in der Altersklasse, den Zeiten für verschiedene Pässe inklusive
Wertung hierfür gesamt und in der AK, sowie funktionierende Links zur
Ergebnisliste, Urkundenausdruck, etc. Also ein Event, welchen man
jederzeit besten Gewissens empfehlen kann.
Wir waren ganz schön kaputt, waren aber beide von dem Rennen, der
Landschaft und unserem Durchhaltewillen bei diesen harten Anforderungen
begeistert. Ich empfand das Rennen, welches auch nicht länger als der
Sachsenman Triathlon oder mein 100km Lauf in Hanau Rodenbach dieses Jahr
gedauert hat, als wesentlich härter. Aber vielleicht liegt das daran, dass
ich doch ein Läufer bin.
Aber dennoch, heute, wo ich diese Zeilen schreibe, denke ich schon wieder
über weitere Radmarathons nach. In unserer Zeitung stand heute ein Artikel
über einige unserer Bamberger Triathleten, welche den Drei-Länder-Giro
gemeistert haben. Also, warum nicht etwas mehr in diese Szene eintauchen?
Die Gelenke werden es einem danken, wenn man etwas mehr Radtraining
alternativ zum reinen Lauftraining machen würde, wobei ein Crosstraining
(z.B. 40km Rad in 1Std.10min und dann 10km in 55mim Laufen) auch sehr zu
empfehlen ist. Und zwar nicht nur wegen des erweiterten Trainingsradius
und wegen der Chance Leute aus der Radszene kennenzulernen, sondern
hiermit vielleicht sogar den Einstieg in den Duathlon oder auch Triathlon
zu finden (so nass ist das Wasser auch nicht). Was mich als recht guten
Läufer auch erstaunt hatte, waren die relativ vielen älteren Herren und
auch Damen welche, zumindest die kürzen Strecken, sehr engagiert
mitgefahren sind.
Auf der Strecke sah man hauptsächlich tolle, teure Rennräder, aber auch
weitere Mountainbikes, ein Liegerad, ein Handrolli und sogar einen
einbeinigen Athleten mit Rennrad. Einige fuhren auch mit Tribars am
Lenker, wobei, eigentlich konnte man mit jedem Rad starten, dies lag voll
und ganz in der Verantwortung des Einzelnen. Und das ist auch gut so, denn
meine Frau hat das Budget für meinen neuen heißen Renner noch nicht
anderweitig verplant! |
Informationen und Links
Sieger auf der langen Strecke wurde zum vierten mal in Folge der Italiener
Emanuele Negrini in 4Std.23Min!!, bei den Frauen gewann Barbara Lancioni
in 5Std.19Min.
Weitere Ergebnisse unter
http://services.datasport.com/2006/velo/maradolo/
Informationen und Bilder zum Rennen unter
http://www.maratona.it/ |
Teil 1 ==> |
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