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20. Marathon dles Dolomites am 2. Juli 2006
Alles begann im Herbst letzten Jahres.
Mein Arbeitskollege Markus erzählte mir, dass er sich wieder für den
Dolomitenradmarathon angemeldet hätte. Da ich mit Markus bereits den Ulm
Marathon im letzten Jahr gelaufen war, interessierte ich mich als
Marathon- und Ultraläufer sowie ehemaliger Triathlet für diesen
hochalpinen Radmarathon.
Es handelt sich um ein Radrennen in Südtirol mit Start und Ziel in
Corvara
im Alta Badia. Die kurze Strecke ist eine komplette Umrundung des
Sella
Gebirgsmassives (manche kennen dieses vielleicht vom Skifahren), d.h. 55
km mit 1.780 Höhenmetern und der Überwindung des Campolongo,- Pordoi,
-Sella und Grödnerjochs. Schafft man diese Strecke innerhalb von
4Std.30Min, steht es einem frei nochmals den Campolongo zu erfahren und
dann bei Cernadoi entweder die 106km Strecke mit 3.090 Höhenmetern direkt
über den Falzarego und den Valparolapass zurück nach Corvara zu wählen,
oder alternativ, vorausgesetzt man hat innerhalb von 5Std. 15Min erreicht
eine weitere Schleife über den Passo Giau und dann von der anderen Seite
über den Falzarego und den Pass zurück nach Corvara zu fahren, was im
Trainingstagebuch mit 138km und 4.190 Höhenmetern belohnt wird. Das hörte sich gut an, eine echte Herausforderung für einen Langläufer,
welcher sich, aber auch den Kollegen beweisen wollte, was eine Harke ist.
Da dieses Rennen aber neben dem Ötztaler Radmarathon eines der
beliebtesten Radrennen in den Alpen ist, muss man sich ähnlich wie beim
London Marathon zuerst für einen Startplatz unter Bezahlung von 2 Euro
bewerben. Dies erfolgte per e-mail problemlos, innerhalb von Minuten kam
auch schon die Bestätigung, dass der Betrag vom Konto abgebucht wurde und
man an der Verlosung der Startplätze teilnimmt. So schnell kann’s gehen!
Jetzt hieß es bis Anfang 2006 warten bis entweder eine Bestätigung oder
Absage für die finale Anmeldung kommen würde. Ich und auch Markus sowie
zwei seiner Radfreunde aus Erlangen hatten Losglück, von den ca. 15.000
Bewerbern waren wir bei den 8.500 Auserkorenen aus 37 Ländern dabei. Wir
wurden freundlich gebeten bis Ende April die Startgebühr von 53,- Euro
plus 10,- Euro für den Zeitnahmechip als Kaution zu überweisen (alle 3
Strecken kosten dasselbe).
Jetzt wurde es also ernst! Auf was habe ich mich da eingelassen? Die
Bedenken wuchsen bereits im Winter, wie ist für diesen Wettkampf zu
trainieren, schaffe ich die lange Strecke (ich hatte ja bereits vollmündig
rumposaunt, dass natürlich nur diese für mich in Frage kommt) und klappt
das mit meinem alten Rennrad? Vertrauend auf meine in über 20 Jahren
Ausdauersport erworbene Grundausdauer und mein Gespür für ein nicht
überforderndes Training (ich habe aber nie viel von Trainingsplänen
gehalten), ging ich zu Werke. Bereits im Januar fuhr ich mit dem
Mountainbike vom Regnitztal hoch ins Fränkische Jura. Unter Einbeziehung
aller auf und ab’s wie Teuschatz, Burggrub, Heiligenstadt, Volkmannsreuth
und Feuerstein konnte man bei Sonnenschein aber knackiger Kälte, auf
geräumten Straßen in ansonsten herrlicher Tiefschneelandschaft seine
Trainingsrunden über etwa 60km und guten 1.000 Höhenmetern abspulen.
Dieser Schneegenuss war uns bis weit in den März hinein hold, was ganz
nebenbei auch ein super Skilanglauftraining (super Crosstraining!)
ermöglichte. Nachdem es etwas wärmer wurde, musste mein 15 Jahre altes
Rennrad ran. Als Vorbereitung und Motivation auf den Radmarathon hatte ich
für Anfang Juni den Sachsenman Triathlon gemeldet. Dieser beinhaltete
neben 3km schwimmen (wurde wegen 17Grad kaltem Wasser auf 2km verkürzt)
und einem abschließenden 30km Lauf auch eine harte 134km lange Radstrecke
mit 1.800 Höhenmetern. Dieser Triathlon, mein erster nach über 15 Jahren
Triathlonabstinenz, hatte mich 8.42Std beschäftigt, war also ein sehr
gutes langes Ausdauertraining! Die selektive Radstrecke bestätigte aber
auch meine Befürchtungen, dass mein Rennrad mit 52/42 Kettenblatt und einem
7er Ritzel mit max. 25 Zähnen nicht besonders hochgebirgstauglich sein
würde. Ich beobachtete Triathleten mit aktuellen 30 Gang Rädern, welche
die Berge locker tretend zwar minimal langsamer, aber wesentlich
körnerschonender als ich, erklommen. Also was tun, in einem Monat ist der
Dolomitenradmarathon. Auf Nachfrage bezüglich einer kostengünstigen
Umrüstung bei zwei sogenannten Fachgeschäften wurde ich nur oberflächlich
und halbherzig beraten bzw. es wurden nur Bedenken gestreut. Diesen
Herrschaften ging es nur darum ein neues Rad zu verkaufen! Das hat mir
gestunken, sodass ich mich entschloss, trotz Budgetfreigabe meiner Frau für
ein neues Rennrad, erst mal mit meinem auch 15 Jahre alten Mountainbike
den Radmarathon zu bestreiten. |
Abholung der Startunterlagen am Vortag |
Akklimatisieren auf 1.500m |
Da das Rennen am Sonntag um 6.15Uhr gestartet wird und wir ca. 500km nach
Corvara zu fahren hatten, fuhren Markus und ich bereits am Freitag morgen
los. Nach zügiger Fahrt heil angekommen, machte ich eine einstündigen
kleinen Berglauf mit 300 Höhenmetern zur nächsten Kneipe mit
Grossbildleinwand, um das Viertelfinalspiel Deutschland-Argentinien
anzusehen. Am Samstag sind wir ca. 30km geradelt und haben dabei die
Startunterlagen in Pedraces, ca. 7 km von Corvara entfernt, abgeholt.
Neben Startnummer und Transponder erhielt jeder Teilnehmer noch ein
ansprechendes Radjersey und diverse kleine Warenproben sowie Gutscheine
für Getränk, Pasta und Apfelstrudel zur Einlösung im Rahmen der Pastaparty
im Zielbereich nach dem Rennen. Auf der angrenzenden Marathonmesse wurden
tolle Rennräder, Lenker, Tribars, Sättel, etc. für horrende Preise zur
Schau gestellt. Sicher, auch wir Läufer können Laufschuhe für 200,- Euro
kaufen und auch unsere Luxuskörper mit recht teuren Laufklamotten
verschönen, aber an das, was ein echter Radfreak für sein Hobby ausgibt,
kommen wir bei weitem nicht heran. Ich konnte mich jedenfalls beherrschen
und kaufte nichts. In der Unterkunft auf dem Campolongo angekommen,
entschlossen wir uns noch eine Bergwanderung mit über 600 Höhenmeter auf
2.500m Höhe unterhalb des Piz Boe zum Akklimatisieren zu unternehmen.
Dieses dreistündige Unterfangen auch bei herrlichem Wetter bescherte uns
neben einer tollen Fernsicht auch eine super Einstimmung auf das
(jedenfalls für mich) bevorstehende Abenteuer. |
Oder auf 2.500m (Marmolada im Hintergrund) |
Wie alle Jahre steht der Event unter einem besonderen Motto und
unterstützt damit einen besonderen guten Zweck. Dieses Jahr konnten die
Spitzenfahrer und solche Teilnehmer, die hierfür dreistellige Summen
zusätzlich zur Startgebühr bezahlt hatten und damit in den Genuss kamen im
zweiten Startblock starten zu können, Frau Jetsun Pema, die Schwester des
Dalai Lama als Vertreterin des „Tibetan Children’s Village“, auf der
Starttribüne sehen. Vom Veranstalter wird ein hoher Geldbetrag zur
Unterstützung der tibetanischen Flüchtlinge in Indien gespendet. Als dank
der tibetanischen Kinder hierfür erhielt jeder Teilnehmer mit den
Startunterlagen ein aus Yakwolle geflochtenes Armband sowie ein mit
Buntstift gemaltes Bild mit der Widmung des kleinen Künstlers. Das Motto
„Im Zeichen der Colors of Tibet“ fand man vielfach auf der Strecke in Form
von auf die Straße geklebten Folien. |
Jetsun Pema (Mitte), Schwester Seiner Heiligkeit des
Dalai Lama |
Um 5 Uhr morgens klingelte mich meine alte Casio wach und ruck zuck war
ich aus den federn. Schnell noch einen Kaffee gekocht, nebenbei das Müsli
mit Jogurt gemampft, anziehen, Vaseline, Sonnencreme und Morgentoilette,
dann ab, raus aus dem Wohnmobil und Markus um 5.45 an der Tankstelle
treffen. Mit uns rollten Hunderte weitere Teilnehmer die ca. 5km von
Corvara leicht bergab nach La Villa, dem Startort. Es war noch etwas kühl
, die Sonne war aber bereits aufgegangen und es versprach ein heißer Tag
zu werden. Ich hatte mich entschlossen „kurz“ zu fahren, hatte also gar
keine lange Hose oder Jacke dabei. Dies macht doch alles leichter, als
wenn wie in den Vorjahren, es erheblich kälter war und man mit den
Klamotten richtig disponieren musste.
Ca. 400m vor dem Startbogen mussten alle nicht privilegierten Starter (s.o.)
nach links auf einen schmalen Weg abbiegen und oberhalb des Starts weit
hinter den Start fahren. Dieser Lindwurm fädelte sich dann von ganz hinten
auf der Strecke ein und schob sich Richtung Start vor. Bei 8.500 Starten
bedeutete somit der Startschuss noch gar nichts. Den hat man nicht einmal
gehört, ein paar aufsteigende blaue und gelbe Luftballons waren wohl so
der einzige Hinweis, dass es losging. Die letzten Starter waren nach einer
guten halben Stunde dann endlich auch über die Startmatte gefahren, welche
damit zumindest eine objektive Nettozeit dokumentierte. Nachteil eines
Starts weiter hinten im Feld ist natürlich, dass die zwar für jeden
Autoverkehr gesperrten Straßen durch die vielen Akteure ganz schön voll
waren. Außerdem lief die Bruttozeit ja auch, welche wiederum die relevante
Zeit war, nach welcher die Einfahrt in die 106km und 138km Runde nach
4Std. 30min und die Einfahrt in die 138km Runde nach 5Std.15Min. bemessen
und auch konsequent von den Offiziellen an der Strecke durchgesetzt wurde. |
Einfädeln zum Start |
Warten auf den Start (die Schlange geht noch viel weiter nach hinten) |
Kurz vor dem Start |
Und los geht’s |
Nach 5km leicht zu rollierenden Kilometern erreichten wir Corvara, wo am
Ortsausgang als erstes der Campolongo Pass mit einer Länge von 5,8km und
6,1% Steigung bis auf 1.875m zu erfahren war. Dies ist sicherlich noch
keinem recht schwer gefallen, und so ging es in forschem Tempo nach Arabba
runter. |
Den Campolongo erstmals hinauf |
Für mich als Neuling war doch erstaunlich, wie
diszipliniert hier die Serpentinen gefahren wurden. Ich dachte, auch aus
meinen Triathlonerfahrungen aus Südafrika, dass hier wesentlich halsbrecherischer
gefahren würde. Schon vor dem Ortsausgang ging es dann an den Aufstieg zum
Pordoi Pass. Am Fuß jeden Passes hat der Veranstalter die wichtigsten
Daten zum jeweiligen Anstieg auf großen Schildern angegeben, ob zur
Motivation für Genießer oder den Apell an das Durchhaltevermögen für die
Ehrgeizigen oder nicht so gut Trainierter hat sich mir nicht erschlossen,
jedenfalls hier standen 9,2km mit durchschnittlich 6,9% Steigung zwischen
mir und dem Pordoi in 2.239m Höhe. Es floss eine Menge Schweiß, aber mit
jeder durchfahrenen Serpentine kam ich dem ersten von sechs dieser
Passhöhen näher. Mein Mountainbike trug mich wacker, trotzdem zogen die
Rennradfahrer an mir vorbei. Die Sonne war schon richtig warm, es wehte
kaum ein Lüftchen und meine 0,75l Flasche wurde schnell leerer. Mir fiel
auf, dass hier intensiv gefahren wurde, kaum ein Gespräch wie bei uns
Läufern häufig üblich. Ab und zu ein „Ho“ oder so ähnlich, was soviel
bedeutet, dass jemand achtgeben sollte. Aber in aller Regel lief der
Rennbetrieb ruhig, es war wie Autofahren in der Türkei. Wenn ein
Vorherfahrender nach links ausscherte, scherte der Dahinterfahrende
einfach mit aus, kein Gemecker, hupen geht auch nicht, also lief alles
seinen ruhigen, stressfreien sozialistischen Gang. Echt ohne Stress. Das
fand ich als Novize sehr beeindruckend.
Oben angekommen, haben die Routiniers ihre Windjacken aus der Rückentasche
des Radtrikots gekramt und für die 8km lange und schnelle Abfahrt
angezogen. Ich, ganz klar ein tougher Ultraläufer, hatte dies nicht nötig
(da nix dabei), und so wurde ich, angetrieben von 3 Alphornbläsern direkt
wieder zu Tale getrieben. Ich stürzte mich sofort mit meinem Mountainbike
mit auf über 4 bar aufgeblasenen Waffelprofilreifen die Serpentinen
hinunter. |
Der Aufstieg zum Pordoi |
Alphornbläser auf dem Pordoi |
Und ab geht’s |
Hier muss ich sagen, war ich eigentlich sehr froh etwas mehr Fahrrad unter
meinem Hintern zu haben, als so eine filigrane Rennmaschine. Die
Passabfahrten waren teilweise noch vom Winter in einem recht rauhen
Zustand mit Schlaglöchern, Längsrillen, Splitt, etc. sodass ich denke, mit
meinem stabilen Gefährt und der damit gefühlten extra Sicherheit etwas von
der Zeit aufgeholt hatte, die ich gegenüber einem Rennrad auf den
Anstiegen verloren hatte.
Unten angekommen, ging es gleich an die erste Getränkestation. Für die
Getränke- und Verpflegungsstationen muss man vom Rad absteigen, es werden
keine Beutel wie z.B. bei der Tour de France gereicht. Man kann sich Tee,
Iso, Wasser, Cola, Kekse, Kuchen, Schokolade, belegte Brötchen, Schinken,
Bananen, Äpfel, Apfelsinen, und, und, und abgreifen. Wirklich super, was
hier angeboten wird. Nur doof ist, dass man das Rad nicht richtig abstellen
kann und so viele Protagonisten mit ihren Bikes den freien Anlauf auf die
Tischlein deck dich’s versperren. Nach kurzem Stop und Getränkeflasche
füllen mit Iso ging es über 5,5km und 7,9% Steigung zum 2.244m hohen Sella
Pass. Wir kamen wieder in die Sonne. Die Ausblicke auf das Sellamassiv und
die angrenzenden Berge waren super. Überhaupt hatte ich meinen Kopf zum
schauen viel im Wind was einer guten Radzeit wohl auch eher abträglich
war. Aber ich bin ja ein Novize und „Spaßfahrer“, also was soll’s, man
ist als Oberfranke ja nicht alle Tage in den Dolomiten. Am Pass wurden wir
von ein paar attraktiven Amerikanerinnen toll angefeuert. Das hob die
Laune. Ein tibetanisch Gewandetes Pärchen mit Fahne begrüßte uns mit dem
dumpfen Klang eines riesigen Gongs und der Mann gab mir, wohl weil ich ihn
im vorbeifahren fotografierte ein Victoryzeichen mit auf den Weg. Ich muss
gestehen, den Pordoi hoch ging es mir mental nicht gut, jetzt kam ich aber
doch in Tritt. Leider war es mit den Zuschauern an der Strecke, außer in
Corvara und am Campolongo, nicht so berühmt. Die Einheimischen waren sehr
zurückhaltend und Besucher hatten wegen der großräumig gesperrten Straßen
kaum eine Chance an die Strecke zu kommen. |
Verpflegung vor dem Sella |
Tibetanischer Empfang auf dem Sellapass |
Teil 2 ==> |
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