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100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach am 29.04.2006 - Laufbericht von Jürgen Sinthofen
Teil 2

Laufspass steht für Spaß am Laufen. Warum also nicht mal wieder 100 km laufend Spaß haben!

Autor:  Jürgen Sinthofen

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100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Viel Wald auf der Strecke bei der 100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

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Teil 2 - Der Lauf

Rodenbach ist bekannt für seine schnelle Strecke, welche auf durchgehend geteerten Wegen durch den Forst von Wolfgang führt und somit auch bei Wind und Wetter Schutz bietet. Vor einem Sonnenbrand mussten die Bäume heuer keinen schützen, aber in meiner zweiten und siebten Runde doch mal vor heftigen Graupelschauern gepaart mit einem kalten, schneidenden Wind.

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Michael-Klaus Bergmann aus Solingen (138), Carsten Mattejiet aus Osterholz (122), Michael Klob aus Scheßlitz (85), Jürgen Teichert aus Nürnberg mit dem gelben Marathon 100 Club Shirt (sicheres Erkennungszeichen laufverrückter Zeitgenossen) und Ulrich Zach aus Coburg (67) noch frisch nach 2 km laufen

In der ersten Runde wurde naturgemäß noch viel mit Lauffreunden über vergangene und bevorstehende Laufabenteur gesprochen. So erzählte Franz Feller, der mit seinen 66 Lenzen bereits seinen 115. Lauf über 100km absolviert und dabei auch an allen bisher durchgeführten 19 Meisterschaften über 100 km erfolgreich teilnahm, seinem Lauffreund Ottmar Witzko aus Wiesentheid dies und das Erwähnenswerte aus dem Laufgeschehen. Ottmar, welcher felsenfest davon überzeugt ist, derjenige zu sein, welcher die meisten verschiedenen Länder in Verbindung mit seinen 100km Läufen kennen gelernt hat, diskutierte mit Jürgen Teichert über das Austragungsjahr einer Veranstaltung in Italien. Jürgen und ich tauschten unsere Saisonpläne aus, wobei die Gemeinsamkeit der vielen verschiedenen geplanten Läufe neben der Einigkeit darin, dass zu teure Laufveranstaltungen gemieden werden, darin enden, dass Jürgen an jedem Laufwettbewerb grundsätzlich nur einmal teilnimmt und ich die „Erstveranstaltungen“ bevorzuge. 

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Franz Feller aus Marpingen (111) und Ottmar Witzko aus Wiesentheid (440), unsere 100km Vielläufer

So vergeht die erste Runde wie im Fluge, nach der zweiten verliere ich meinen Laufpartner an eine Toilette im Stadion. Da das Läuferfeld schon recht auseinandergezogen war, ergab sich für mich kein neuer passender Anschlussgesprächspartner, so dass ich von nun an meinen eigenen Stiefel lief. Eigentlich schade, da ich viel lieber weit über die Hälfte eines Laufes in geselliger Begleitung bevorzuge. Nun denn, da kann man sich halt auch mal mehr die Strecke ansehen, welche nach einer fast 2 km langen Geraden zwischen km 4 und 6 von einem gut 2 km langen Pendelabschnitt abgelöst wird. Dieser Pendelabschnitt ist für mich wie Kino, da man hier von Runde zu Runde die Verschiebungen im Läuferfeld, aber auch die Spitzenkräfte im Feld, allen voran Michael Sommer, den viermaligen 100km Deutschen Meister, auch mal in Aktion sehen konnte. Nur dass er mich zweimal überrundet hat, ist zum einen meinem mäßigen Trainingszustand, aber vor allem seiner Ausnahmestellung seit mehr als 10 Jahren im deutschen Ultrasport zu verdanken. Auch dieses Jahr wurde Michael wieder souverän Meister, und zwar mit seinem Markenzeichen, nämlich mit einer Zeit unter 7 Stunden. Für die es genau wissen möchten, er war 2 Min, 41 sec. schneller. Für alle weiteren Ergebnisse bitte hier anklicken, dann spare ich eine Menge Tinte.

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Wendepunkt bei km 7 mit Karl Graf (22) dem 24h Laufspezialisten (249km) und Ulrike Steeger (208)

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Lieblingsverpflegungsstelle bei km 2 mit Schokolade

Aber auch so manch andere Geschichte kann man im Laufe der Runden, und die werden speziell so von km 60 bis 80 sehr hart, in diesem Kino sehen. So den laut schnaubenden Läufer, den Blödmann, der direkt neben der Wasserstelle auch noch sein Wässerchen lassen muss, den Franz Feller der lauthals „Oh du schöner Westerwald“ intoniert oder Alois Zech aus Scheßlitz, der mit eingezogenem Kopf und etwas vorgebeugt ein weiteres seiner sehr guten Rennen durchzieht. Bekannte welche mich grüßen, verzerrte, entspannte und sonst was aussagende Gesichtsausdrücke kommen mir entgegen. Also ein Kaleidoskop aller im Ultrasport vorkommender Stimmungen, welche den steten Wandel der Gemütslage während eines solchen 10 Rundenrennens widerspiegeln.

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Krötenwanderung, das mag mancher von sich gedacht haben

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Verpflegung bei km 8

Nach dem Kino noch mal ca. 2 km, dann der Einlauf ins Stadion, Stimmung brandet von ca. 50 Zuschauern auf der Tribüne auf, der Ansager weiß von deinem Namen zu berichten, halt bei mir als Starter für die LG Bamberg war eine Ausnahme – er erwähnt den Weltkulturerbelauf in Bamberg. Die Zwischenzeit wird registriert und auf der Gegengeraden die Betreuer der Läufer in der Verpflegungszone ob der aufmunternden Worte freundlich angelächelt. Dann wieder raus aus dem Stadion in den Wald mit der Vorfreude auf den Verpflegungsstand bei km 2, denn hier gibt es neben der sonst schon recht guten Verpflegung in Form von Tee, Iso, Cola, Wasser, Apfelschorle, Salztabletten, Keksen und Bananen auch noch Schokolade. Ihr seht, ein weiterer Vorteil von einem 10 Rundenlauf ist neben dem nicht hoch genug einzuschätzenden Vorteil sich nicht verlaufen zu können, Land und Leute kennen zulernen sicherlich auch die intime Kenntnis der Bestückung der mit 4 Verpflegungsstellen ausreichend versorgten Ultras.
Aber irgendwann gehen 9 Runden auch vorbei, die letzte Runde gibt noch mal einen richtigen Kick fürs Wohlbefinden, ein „Runner’s high“? Jedenfalls, die Aussicht die Geschichte mit einigermaßen Anstand im Rahmen des erwarteten Zeitaufwandes über die Bühne zu bringen lässt einen doch im Ziel die Arme leicht heben, ein lächeln löst die Anspannung und ein Gefühl der Zufriedenheit stellt sich ein.

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Endlich im Ziel

Sofort nach dem Lauf suche ich mir eine Hauswand um meine in über 100 Marathons und Ultras angewöhnte Prozedur des „Muskelkaterverhinderns“ mittels gymnastischer Übungen vorzunehmen.
Die anschließende Labung mit viel, viel trinken und Kekse futtern bei Sonnenschein hellt das Gemüt doch wieder auf und es stellt sich ein wenig die Frage, ob der Lauf nicht doch auch ein wenig Spaß gemacht hat.

100 km Deutsche Meisterschaft in Hanau Rodenbach

Verpflegung im Zielbereich. In der Mitte der Autor Jürgen Sinthofen.

Mit Abgabe meiner Startnummer erhielt ich für bezahlte 45 Euro Startgeld einen Pokal für meine Bemühungen, Nudeln gab es Vor- oder nachher keine und ein T-Shirt wäre für 13 Euro käuflich zu erwerben gewesen. Auf die Ergebnisliste und die Urkunde, welche noch zugeschickt wird, werde ich hinfiebern, auf die Siegerehrung, geplant für 18.15 Uhr habe ich verzichtet.

Hubert Karl traf mich bereits geduscht, er verteilte schon Handzettel für den 3. Zeiler Waldmarathon im November. Ich duschte noch schnell, das Wasser war auch noch heiß, plünderte die moderat bepreiste Finnische Theke noch um 2 Pötte Kaffee und zwei Stück Kuchen und dann ging es mit dem Auto wieder heim.

Unterwegs lernte ich vom Fachmann noch über Mineralwasser, ich trank von meinem Mineralwasser aus der Plastikflasche mit nur 15,9 mg/l Magnesium und 35 mg/l Calcium, dass ein Mineralwasser aus dem Steigerwald hier löblich Erwähnung und Verbreitung in den lokalen Getränkehandlungen finden sollte, welches mit 100 bzw. 500mg/l glänzt, was ein gesundheitsbewusstes Läuferherz doch höher schlagen lassen sollte.

Um 20 Uhr war ich dann wieder zu Hause und wenn schon das Mineralwasser nicht passt und die Beine nach der Exkursion doch was steif waren, so hat uns unsere Tochter, aus Frankreich vom Schüleraustausch zurückkommend, eine Kiste Austern mitgebracht, welche als Vorspeise zu einem Fischgericht zumindest den über den Tag doch nicht richtig gefüllten Magen wieder ins Lot gebracht hat.
Beim Schlürfen der Austern dachte ich jedenfalls, dass der Spaß am 100km Lauf wohl weniger im Lauf und den daraus gewonnenen Erkenntnissen herrührt, sondern, zumindest für mich, aus der Vorfreude für das Nachkommende besteht.

<== Teil 1
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