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Auf Irrwegen ins Ziel
Bis Kilometer 11 geht alles aalglatt, obwohl die
Wegweisung etwas zu wünschen übrig lässt. Aber man kann sich gut an der
Wegweisung der Nordic Walking Strecke von Hersbruck orientieren.
Aber wie so oft, wenn alles zu glatt geht, lässt eine unangenehme
Überraschung nicht lange auf sich warten. Ich liege für
meine Leistungsklasse wirklich Klasse in der Zeit und habe bereits
Läufer überholt, die ich sonst nicht überhole. Das könnte eine neue
persönliche Marathonbestzeit werden.
Gut gelaunt lass ich mir an der zweiten Verpflegungsstelle einen Becher
Wasser reichen. Super, sogar mit Eiswürfeln drin. Da wurde an die
überhitzten Läufer gedacht. Au nein, das Wasser ist durch die Kälte fast
zum Eisklumpen gefroren. Dann doch lieber einen heißen Tee nehmen. Ich
wechsle noch mit Martin Linek ein paar Worte, da er als Veranstaltungschef
hier gerade nachschaut, ob alles in geordneten Bahnen verläuft und sich
auch keiner verläuft. 200 Meter dahinter gabelt sich der
Weg. Die roten Schilder der Nordic Walkingstrecke weisen nach links.
Vor mir und hinter mir kein Läufer, den ich nach seiner Meinung fragen
könnte. Ich will doch nicht vom rechten Weg abkommen! Trotz alledem,
rechts kann nicht sein, das rote Schild weist nach links. Ich will
Bestzeit laufen, da muss man Mut zum Risiko haben und kann nicht die Zeit
vergeuden und noch mal 200 Meter zurücklaufen, um dann ausgelacht zu
werden, wenn man nach den Weg fragt. Also links!
Kurz dahinter muss ich eine Straße überqueren und werde fast von einem
Auto überfahren, das von einer nicht einsichtbar Kurve von links heran
geschossen kommt. Diese Stelle hätte man aber absichern müssen!
Wieder eine Weggabelung. Das rote Schild weist wieder nach links. Ich
überlege, wir haben über 11 km hinter uns, also müssen wir wieder Richtung
Hersbruck laufen. Da muss der linke Weg Richtung Hersbruck stimmen. Wie
zur Bestätigung meiner Vermutung sehe ich ganz weit vorne vor mir ein paar
laufende Gestalten. Ich muss also richtig sein! Die
Kilometermarke 12 ist nun schon seit zwei Minuten überfällig. Ich muss sie
übersehen haben. Aber die Kilometermarkierungen waren doch bislang so gut
sichtbar! Es kommen wieder erste Zweifel auf. Vor mir laufen aber die drei
Läufer unbeeindruckt weiter. Dann muss ja alles in Ordnung sein!
Kilometer 13 ist nun auch schon seit zwei Minuten überfällig. Oh je, ich
glaub wird sind alle die falsche Richtung gelaufen. Außerdem müssten schon
die ersten schnellen Läufer uns entgegen kommen, wenn wir wie beschrieben
eine Wendestrecke laufen. Von einer Schlaufe in der Strecke war nicht die
Rede. Was nun machen? Nein, umkehren will ich jetzt auch nicht mehr. Ich
lege eine Sprint zu den anderen dreien ein und muss feststellen, dass die
drei eingeholten Laufkameraden genauso ratlos sind wie ich. |
Ein Häufchen verirrter Läufer beim Vollmondmarathon |
Wir beschließen nun einfach die Nordic Walking Strecke
weiterzulaufen. Irgendwie werden wir schon nach Hersbruck kommen. Ich
frage eine Spaziergängerin, ob der Weg wirklich nach Hersbruck geht. Zu
meiner Freude kann sie die Frage bejahen.
Bei einer Eisenbahnbrücke am Hersbrucker Bahnhof holen wir Werner Sonntag
ein. Ich frage ihn erst einmal gar nicht auf welcher
Odyssee er hier
hingekommen ist, da wir zu diesem Zeitpunkt alle etwas verärgert sind.
Nach einer Laufzeit von 1 Stunde und 17 Minuten erreichen
wir alle die Halbmarathonmarke. Natürlich ernten wir erstaunte Blicke und
Fragen: "Was macht denn ihr schon hier?"
"Wir haben halt in letzter Zeit etwas mehr trainiert als sonst!", hätte
ich am liebsten geantwortet.
Aber ich gestehe, dass wir uns alle hinter der zweiten Verpflegungsstelle
verlaufen haben.
Mathias hat aber zum Glück einen Entfernungsmesser dabei. So beschließen
wir einfach eine zusätzliche Wendestrecke zu laufen, damit das mit der
Marathondistanz so in etwa hinhaut. Eine persönliche Bestzeit will ich
aber nun nicht mehr laufen, weil ich die dann als korrekter Läufer nicht
als solche zählen könnte. Also nehme ich Tempo raus. Einer der Verirrten
namens Gerald sieht das auch so. Wir beschließen nun die restlichen 26
Kilometer zusammenzubleiben, da so was mit gegenseitiger Unterhaltung mehr
Spaß macht, als nach dieser herben Enttäuschung 26 Kilometer griesgrämig
durch die Eisnacht zu laufen.
Allmählich finden wir Spaß daran die verdutzten Gesichter
der Fotografen, Zuschauer und entgegenkommenden führenden Läufer zu
ernten, die sich darüber wundern wie solche "Laufschnecken" plötzlich so
weit vorne sein können.
Nach unserer Strafschleife, um wieder auf die
Marathondistanz zu kommen, hat dieser Spaß zwar sein Ende, aber dann sind
wir beide in so interessante Laufgespräche vertieft, dass uns das alles
mittlerweile egal ist. Nun können wir uns auch an jeder Trinkstelle viel
Zeit lassen und reichlich Verpflegung fassen und mit den halb erfrorenen
Helfern aufmunternde Worte wechseln. |
Nächtlicher Vollmondtrunk beim Vollmondmarathon. Rechts von mir mein
Laufkamerad Gerald Schuman.
Wo ist nur der Vollmond? |
Ein fleißiger Helfer bei eisigen Temperaturen |
Noch ein kräftiger Schluck heißer Tee und schon geht's weiter ... |
Da wir langsam laufen, holen uns nun viele Läufer ein.
Denen können wir dann auch immer wieder unser bisheriges Laufabenteuer
schildern. Kurzum, seit unserem Irrlauf ist
Genusslauf pur angesagt und für einen
solchen ist Dank der reichlichen Verpflegung und der interessanten
nächtlichen Laufstimmung genügend Gelegenheit vorhanden.
Jenseits der 30 Kilometermarke bin ich den Veranstaltern
sogar dafür dankbar, dass ich nun nicht mehr aufs Lauftempo drücken muss.
Bei der nächtlichen Runde fällt dann übrigens die Orientierung deutlich
besser aus, da man sich nun an den ausgelegten Leuchtstäbchen orientieren
kann. Dennoch laufen wir noch ab und zu ungewollt einen kleinen Umweg bis
wir die Leuchtstäbchen missen. Das hat aber dann den Vorteil, dass wir so
sicher auf unsere Marathondistanz gekommen sind und getrost diesen
Marathon in unserer persönlichen Laufstatistik mitzählen dürfen.
Bei Kilometer 37 holen zwei Bekannte von Gerald uns ein.
So laufen wir nun zu viert. Da einer von ihnen meint seinen Autoschlüssel
an einer bestimmten Stelle vor uns verloren zu haben, laufen Bernd und
Gerald voraus, während ich nun mit Andrea eine neue Gesprächspartnerin
habe.
Ins Gespräch vertieft stolpere ich trotz Lauflampe, die
ich vor kurzen erst angemacht habe über irgendwas hartes. Ich weiß weder
ob es ein Stein oder gefrorener Maulwurfshügel war. Aber ich stürze immer
weiter nach vorne, während ich noch hoffe mich irgendwie wieder fangen zu
können. Das geht wohl über eine Strecke von 5 - 10 Meter bis ich endlich
im Dreck lande. Wenn das jemand auf Film gebannt hätte, wäre es sicher ein
Lachschlager geworden. Aber so ist Andrea die einzige Zeugin des Vorfalls.
Sie fragt mich besorgt, ob bei mir noch alles heil sei. Nach eingehender
Überprüfung aller Knochen und Sehnen kann ich die Frage bejahen und
weitgehend problemlos weiterlaufen. Nur der Schreck steckt mir in den Gott
Lob noch intakten Gliedern.
Bei der Feld- und Wiesenpassage parieren wir dann
auch vom Lauftrab in den Schritt, während ich mich über all meine Stürze
im Reitsport auslasse, die ich schon
hinter mir habe. Besonders blutrünstig male ich Andrea meinen Sturz in
einen Oxer aus, der mir
mal bei einer Springstunde widerfuhr, als das Pferd den Sprung
verweigerte, ich wegen der Fliehkräfte hoch über das liebe Ross hinaus
katapultiert wurde, mein Brustkorb feststellen musste wie solide hartes
Holz sein kann und ich mir dadurch meine Rippen tierisch prellte und diese
wie durch ein Wunder heil blieben.
Dennoch bin ich nun der Meinung: Da soll nochmals einer sagen Reiten sei
gefährlich und das Laufen nicht!
Es ist nun nicht mehr weit bis zum Ziel. Da die letzten 26
Kilometer recht gemächlich waren, bleibt noch die Kraft für einen kleinen
Aufgalopp bis zur Ziellinie, die ich vor Freude wiehernd zusammen mit
Andrea überquere. |
Noch vom Schrecken über meinen Sturz gezeichnet im Ziel |
Wegen so mancher abenteuerlichen Einlage kam zumindest bei
mir keine Langweile auf. Ich hoffe beim geneigten Leser dieses Berichtes
auch nicht.
Im Ziel gibt es heiße Getränke und leckeren Kuchen. Den
Apfelkuchen hat der "Chef" sogar selbst gebacken, wie mir versichert wird.
Bei welchen Marathon gibt es denn so was noch?
Da es aber nun doch recht kalt wird, flüchte ich in die Frankenalbtherme,
in die wir kostenlos rein dürfen. Das Sprudelbad und weitere Finessen tun
den geschundenen Marathongliedern richtig gut.
Nach dieser Wellnesskur komme ich gerade noch rechtzeitig
zu Siegerehrung, die leider wegen fehlender Räumlichkeiten in der Kälte
draußen stattfinden muss. |
Sarah von Radio Nürnberg interviewt den Sieger Rene Strosny |
Die Siegerin Maria Bak lief 3 Stunden und 14 Minuten dem unsichtbaren
Vollmond entgegen |
Das ist doch auch den Helfern vom Getränkestand einen Applaus wert |
Martin interviewt Elke Czermin, die bei den Damen Zweite wurde |
Trotz der einen oder anderen Kinderkrankheit, die sich bei
der Folgeveranstaltung ohne weiteres ausmerzen lässt, endet überselig
diese Marathonnacht ... |
Epilog
Dem aufgehenden Vollmonde von Johann Wolfgang von
Goethe (Teil 3) ...
So hinan denn! hell und heller,
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Überselig ist die Nacht. |
<== Teil 3 |
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