Der lange Anstieg
Bislang war ich 4 Stunden und 4 Minuten unterwegs.
Für den restlichen Anstieg veranschlage ich 3 1/2 bis 3 3/4 Stunden, so
dass ich unter 7 Stunden bleiben werde, wenn alles ohne Probleme
abläuft. Mal von eventuellen Wetterkapriolen abgesehen, rechne ich als
"Graubünden Marathon - Routinier und Veteran" aber auch nicht mit
größeren Problemen. Nach der langen flachen Strecke am See gehe ich den
Anfangsanstieg ganz besonders langsam an, damit mein Körper Zeit hat
sich an die neuen Anforderungen anzupassen.
Heute sehe ich kaum Läufer vor mir. Das hinterste Mittelfeld scheint
immer noch ein gutes Stück von mir entfernt zu sein. Das gute Wetter
begünstigt viele Läufer, denn letztes Jahr hatten an dieser
Schlüsselstelle schon deutlich mehr Läufer zu kämpfen, die ich dann vo´n
hinten aufrollte. Eine Schlüsselstelle des Graubünden
Marathons ist sicher Kilometer 33, da es hier richtig steil hochgeht.
Letztes Jahr bin ich da recht schnell hoch gelaufen und gegangen. Dieses
Mal gehe ich das ganze moderater an und bin mit der Kilometerzeit von
14:43 dennoch recht zufrieden. |
Eine der Schlüsselstellen dieses Laufs |
|
Die Kulturmeile in der Bergwildnis
Während die Kehren nicht enden wollen, hören wir
bereits über uns Akkordeonklänge, die sicher die kommende
Verpflegungsstelle beim nicht zu sehenden Wasserfall markieren. Ab hier
wird es dann auch erst mal wieder flacher. Schon sehe
ich den "Akkordeon - Mann" über mir, der mir nicht weniger Freude
bereitet als der weltbekannte Dudelsackpfeifer beim
Jungfrau - Marathon.
Kurz dahinter servieren uns Amateur-Kellner in profihafter Manier, in
wildromantischer Lage, zwischen verstreuten Felsbrocken labendes und
kühlendes Nass, das unsere trockenen Kehlen befeuchtet.
Hier kennt man mich bereits gut von den Vorjahren. So herrscht wieder
einmal ein großes "Hallo". |
Akkordeonspieler |
Kurz vor und hinter der Mittelstation folgt die
kulturelle Meile des Graubünden Marathons. Zuerst spielt uns das
exzellente Trio Eva Müller klassische Weisen auf, bevor direkt an der
Mittelstation die Dixie Kids Jazz Band uns mit modernerer Musik
empfängt. |
Klassisches Trio Eva Müller bei der Mittelstation Scharmoin |
Ein weiteres Orchester bei der Mittelstation: Die Dixie Kids Jazz Band |
Hinter der Mittelstation laufen wir noch ein paar
Hundert Meter auf einem weitgehend ebenen Fahrweg, bevor es in welligen
Stufen immer mehr den Himmel entgegen geht. Dabei werden die Ausblicke
in einer erhabenen Gebirgslandschaft immer dramatischer. Lenzerheide und
sein Heidsee liegen bereits tief unter uns, während die Gegend um Chur
nun schon um Lichtjahre entfernt scheint... |
Der Weg schraubt sich nun dem Himmel entgegen |
Der Eingang zur Steinwüste
Durch mich geht man hinein zur Stadt der
Trauer,
Durch mich geht man hinein zum ewigen Schmerze,
Durch mich geht man zu dem verlornen Volke.
Gerechtigkeit trieb meinen hohen Schöpfer,
Geschaffen haben mich die Allmacht Gottes, |
Die höchste Weisheit und die erste Liebe
Vor mir ist kein Geschaffen Ding gewesen,
Nur ewiges, und ich muss ewig dauern.
Lasst jede Hoffnung wenn ihr eintretet.(Aus
Dantes Inferno) |
Die Vegetation wird nun immer spärlicher und ein
großer Felsbrocken am Wegrand markiert den Eingang in die legendäre
Steinwüste des Graubünden Marathons. "Lasst jede Hoffnung hinter Euch,
wenn ihr eintretet" könnte auf diesen Stein heute geschrieben
sein, da zu unserer übermenschlichen Anstrengung ein mystischer
Bergnebel diese Stimmung noch unterstreicht, der knapp über unsere
Häupter zieht.
Aber keine Angst Rosmarie,
das kann doch einen
Bergläufer alles nicht erschüttern!
Dennoch kommt folgende Gedanke auf:
Werden wir bald kaum mehr die Händen vor unseren Augen sehen? Das wäre
dann zwar vielleicht mystisch, aber zumindest für mich als
fotografierenden Läufer auch schade. |
Der Eingang zur Steinwüste |
Verloren im Bergnebel |
Kaum sind wir in den dichten Bergnebel eingedrungen,
löst er sich schon wieder auf und gibt sogar die Sicht auf den
Rothorngipfel frei. So gefällt mir das ganze schon viel mehr! |
Weit über uns das Rothorn |
Am Foil Cotschen, einen Grat den wir in 2470
Meter Höhe überqueren, hüllt uns der Nebel nochmals ein. Aber gleich
hinter dem Grat, der eine Wetterscheide ist, klart sich die Sicht sofort
wieder auf. |
Im Bergnebel erreichen wir Foil Cotschen |
<== Teil 5 |
Teil 7 ==> |