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Am 19.5.07 war es soweit: mein läuferisches Highlight
für 2007 fand statt, der "Supermarathon" beim Rennsteiglauf. 72,7 km
über 1500 Höhenmeter von Eisenach bis Schmiedefeld auf dem Rennsteig,
einem Höhenwanderweg, der auf dem Kamm des Thüringer Waldes verläuft
(und insgesamt 168 km lang ist).
Es ist 2:45 in der Früh und der Wecker klingelt. Ich bin erstaunlich
schnell wach, habe seit 20:00 Uhr auch relativ gut geschlafen. Während
ich mich fertig mache, schaut Kerstin kurz im Frühstücksraum vom Hotel
vorbei (dort gibt es schon seit 2:00 Uhr Frühstück!) und holt mir ein
Brötchen. Kurz im Zimmer gefrühstückt, gepackt und dann geht es schon
los: wir müssen ja noch die 74 km von unserem Übernachtungsort Suhl zum
Start nach Eisenach fahren. Die Fahrt ist herrlich (das Wetter auch),
vorne geht langsam die Sonne auf.
In Eisenach am Marktplatz ist schon einiges los. Vor dem Meldebüro ist
eine lange Schlange. Viele Läufer holen sich ihre Unterlagen erst jetzt
ab (ein Drittel der Läufer sind Thüringer); ich habe meine schöne
Startnummer (333) schon am Vortag geholt, nachdem ich mit Kerstin schon
mal die Strecke abgefahren bin. Ist ja gar nicht so einfach, mit dem
Auto zu den wenigen Kreuzungspunkten des Rennsteigs zu kommen. So nach
und nach füllt sich der Marktplatz mit Läufern. Und da sind einige
schrullige Typen dabei - wie üblich bei Ultraläufen, hier ist es aber
besonders wüst. Der Rennsteiglauf ist eine absolute
Traditionsveranstaltung der ehemaligen DDR, er findet schon zum 35. Mal
statt und es gibt massenhaft Teilnehmer, die schon zum 20., 25. oder 30.
Mal dabei sind. Einer der 4 Gründungsläufer ist zum 35. Mal dabei
(Hans-Joachim Römhild). Ich unterhalte mich mit zwei Teilnehmern, die
zum 30. Mal mitlaufen und sie erzählen mir alte Geschichten. Ständig
kommen Freunde und Bekannte, die auch uns gleich begrüßen, als gehörten
wir dazu. Wir sehen die verrücktesten Typen. Ein kleines Männchen läuft
mit Sandalen (er ist 67 Jahre alt und auch schon über 25-mal dabei), ein
anderer hat ganz gewöhnliche schwarze Halbschuhe an. Ein Dritter läuft
mit den Nike Free - das ist schon die Vorstufe zum Barfußlaufen. Dass
die alle mit diesen Schuhen auch tatsächlich laufen, erkennt man daran,
dass der Chip, mit dem die Zeit erfasst wird, festgebunden ist.
Das Wetter ist super: knallblauer Himmel, ca. 10 Grad. Für heute
Nachmittag war Regen angesagt, mal schauen, was passiert. Der Sprecher
sagt noch ein paar Worte, das Rennsteiglied erklingt, dann heißt es 3 -
2 - 1 und der Startschuss fällt pünktlich um 6:00 Uhr. 1800 Läufer
setzen sich in Bewegung und der Marktplatz leert sich über eine kleine
Seitenstraße. Die ersten 300 Meter sind schön flach, wir laufen durch
das Stadttor, rechts rum und schon geht es steil bergauf im Stadtpark.
Die ersten gehen schon, denn man muss seine Kräfte gut einteilen:
Eisenach liegt auf 210 Meter Höhe und nach 24 km kommt man auf den
großen Inselsberg mit 911 Metern. Es geht also 24 km (fast) nur bergauf.
Bei mir läuft es sehr gut, ich habe einen Schnitt von 6:20 Minuten pro
Kilometer und das ist o.k. Allerdings wird mir ganz schnell ziemlich
warm. Die Weste war doch zuviel des guten. Ich mach sie auf, aber dann
flattert sie im Wind, also wieder etwas zugemacht. Nach ca. 6 Kilometern
sagt einer neben mir: Hier kann man rechts die Wartburg sehen - sieht
man auch nicht immer! Und tatsächlich: ein herrlicher Blick auf das
Wahrzeichen Eisenachs. Wir sind schon 200 Meter höher als am Start. |
In der Ferne die Wartburg |
Bei "Hohe Sonne" nach 7,4 km kommt der erste
Zuschauerpulk. Hier mündet der eigentliche Rennsteig-Wanderweg ein und
die Straße ist direkt daneben. Super Stimmung! Plötzlich geht es steil
bergab, aber nur kurz, dann "normalisiert" sich der Weg wieder mit einer
leichten Steigung. Bei Kilometer 12,7 treffe ich zum ersten Mal Kerstin
(schon 553 Meter Höhe!). Sie sagt, ich bin viel zu schnell, 20 Minuten
vor meinem Zeitplan. Na ja, das wird sich schon noch geben. Ich drücke
Ihr erst mal die Weste in die Hand. Jetzt ist mir wohler und ich bin
richtig schön in meinem Rhythmus. Etwa alle 5 Kilometer gibt's Getränke
und Verpflegung. Der Rennsteiglauf wird als der Lauf mit der besten
Verpflegung bezeichnet. Wasser, Cola, Tee, Iso, alles, was das Herz
begehrt. Die Verpflegung ist etwas abartig: neben Obst gibt es so tolle
Sachen wie Schmalzbrote… Wurstbrote… Käse… einmal sogar Wiener Würstchen
(!!)... und der berühmte Schleim: ein ganz dünner Haferschleim, den man
trinken kann. Den probiere ich als einziges. Ziemlich eklig, denn der
erste ist nicht gesüßt. Später nehme ich gesüßten und der schmeckt
tatsächlich ziemlich gut und beruhigt auch noch den Magen.
Bei Kilometer 18 wird der Läufer neben mir überschwänglich von seiner
Frau begrüßt. Ich schau genau hin: das ist doch der, mit dem wir uns auf
der Marathonmesse in Hamburg unterhalten haben? An der
Verpflegungsstelle spreche ich ihn an. Tatsächlich, es ist Steffen. Wir
laufen eine Weile nebeneinander und unterhalten uns, müssen uns aber
total konzentrieren, denn der Waldweg ist nun übersät von dicken Wurzeln
und Felsbrocken. Links neben uns leicht erhöht ist die Straße. Plötzlich
höre ich Kerstin meinen Namen rufen. Sie steht im Stau, hat das Cabrio
geöffnet und beschallt die Läufer mit einer meiner House- und Tekkno-CDs.
Den Läufern gefällts, sie soll lauter machen! Wir überqueren die Straße
(deshalb der Stau) und weiter geht's. Nach der nächsten
Verpflegungsstelle ist Steffen weg, sein Tempo ist mir doch etwas zu
hoch. |
Bei Kilometer 25: Der Gipfel des
Großen Inselsbergs |
Jetzt geht es supersteil auf den großen Inselsberg
rauf. Die 500 Meter muss auch ich gehen. Oben eine tolle Aussicht, aber
keine Zeit, es geht gleich wieder supersteil nach unten (200 Höhenmeter
auf 1000 Meter, wohl dem, der gesunde Knie hat). Und unten wartet schon
wieder Kerstin auf mich. Ich bin immer noch 20 Minuten vor dem Zeitplan.
Jetzt kommt ein angenehmer Abschnitt: relativ eben mit leichten Wellen,
da lässt es sich schön gleichmäßig laufen. Mir geht's immer noch prima.
Langsam wird es ziemlich warm. Wir haben die ganze Zeit die Sonne von
vorne, aber es ist viel Wald um uns herum, auch wenn er manchmal schon
ganz schön gelichtet ist: Kyrill hat ganze Arbeit geleistet. Monatelang
waren die Förster damit beschäftigt, den Rennsteigweg von umgestürzten
Bäumen zu befreien. Am Vortag haben wir riesige Holzhalden gesehen. Die
nächsten Jahre muss jedenfalls kein Holz geschlagen werden… |
Anstieg zwischen Kilometer 41 und 44... |
Bei Kilometer 41 ist der nächste Treffpunkt mit
Kerstin. 10 Minuten Vorsprung habe ich noch auf meine geplante Zeit
retten können, aber jetzt wird's immer langsamer. Die Bergaufpassagen
kann ich jetzt nur noch gehen (wie alle anderen auch); sie sind aber
immer recht kurz, sodass sich der Zeitverlust in Grenzen hält.
Nach Kilometer 50 kommt wieder so eine kleine Steigung und plötzlich ist
es aus. Wie wenn jemand einen Schalter umgelegt hätte, geht's mir auf
einmal schlecht. Mir ist auch etwas übel und ich habe das Gefühl, kein
Bisschen mehr laufen zu können. Die nächsten 2 Kilometer kann ich nur
gehen. Dann gebe ich mir einen Ruck und fange langsam wieder das Traben
an - geht total schwer, weil die Beine vom vielen Gehen steif geworden
sind. Trotzdem komme ich wieder in den Rhythmus und ich trabe bis
Grenzadler bei Kilometer 55 durch, denn da wartet wieder Kerstin. |
Thomas bei Kilometer 55 |
Sie hat ein frisches Gatorade und ein frisches Trikot
für mich - beides belebt. Der Vorsprung ist jetzt weg, aber was soll's.
Ich sage Kerstin, dass es bis ins Ziel noch etwas über 2 Stunden dauert,
sie ruft mir zu, ich soll bis halb drei ankommen. "Hau rein!"... die
Läufer um mich herum lachen. Ja ja, leichter gesagt als getan. Das meint
auch ein alter Traditionsläufer, der jetzt neben mir ist. Wir laufen
eine Weile zusammen und unterhalten uns. Die Ablenkung tut mir gut und
das Laufen geht auch wieder richtig gut. Schließlich bin ich zu schnell
für den 67-jährigen und verabschiede mich. Jetzt laufe ich fast alles
durch. Ein letzter langer Anstieg, dann verkündet ein Schild, dass hier
der große Beerberg ist und mit 973 Metern der höchste Punkt der Strecke.
Wir sind bei Kilometern 61,3, jetzt geht es fast nur noch bergab. Also
Konzentration und durchhalten. Kurz nach der letzten Verpflegungsstelle
bei Kilometer 68 (da gibt's sogar das gute dunkle Köstritzer) verrutscht
meine linke Linse im Auge und ich kann nichts mehr sehen. Ich bleibe
stehen und pule im Auge rum, aber ich krieg sie nicht zu fassen. Sofort
bleibt eine nette Läuferin stehen und fragt, ob sie helfen kann. Sie ist
selbst Linsenträgerin und kennt sich aus. Sie fasst beherzt in mein Auge
und zieht die Linse wieder an den richtigen Platz. Wieder alles o.k.,
kann weiter gehen. Das Bergablaufen geht ganz schön auf die
Oberschenkel, die brennen jetzt schon richtig. Aber jetzt bin ich wild
entschlossen, durchzulaufen und auch der letzte kleine Hügel hält mich
nicht mehr davon ab. Die letzten Kilometer ziehen sich, aber dann komme
ich endlich ins Ziel. Super Stimmung und ein herzlicher Empfang. Kerstin
wartet auch schon. |
Thomas im Ziel |
Die Uhr bleibt bei 8:37:37 stehen, halb drei habe ich
knapp verpasst, aber egal. Ich bin völlig ausgepumpt, hole mir mein
"Läuferbier" (auch ein Köstritzer) und setz mich hin. Später treffen wir
noch Steffen und seine Frau. Er war fast eine Stunde schneller als ich,
alle Achtung. Auf der Wiese im Zielbereich lassen wir den Tag
ausklingen. War ein toller Lauf und hat richtig Spaß gemacht, allerdings
tut jetzt alles weh. Aber die Organisation war spitze, die Duschen im
Ziel wunderbar warm und die Versorgung Klasse. Und das Wetter traumhaft
schön!
Kerstin holt mir noch meine Urkunde und mein Finisher-Shirt. Ich bin auf
den Gesamtplatz 860 von 1734 Finishern gekommen, bei den Männern Platz
804 von 1525 und in meiner Altersklasse Platz 205 von 375. Passt schon.
Der Sieger war Christian Stork und hat es in 5:20:53 geschafft. Damit
hat er den Streckenrekord um knappe 6 Minuten verpasst. Die beste Frau
war Sonja Knöpfli aus Winterthur und hat es in 6:11:01 geschafft - 42
Minuten vor der Zweitplatzierten!
So, jetzt ist es erst mal vorbei mit dem Laufen. Fahrradtraining ist
angesagt, denn beim nächsten "Highlander" (ein Mannschaftswettbewerb am
Bodensee) muss ich 120 Kilometer Radfahren.... Aber davor mache ich erst
mal 4 Wochen Urlaub in Peru.
Bis zum nächsten Mal,
Euer Marathonmann. |
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