3. Bukarest Marathon am 17. Oktober 2010 -
Ein Laufbericht von Jürgen Sinthofen
Bukarest und Marathon, für uns noch ein ungewohntes Ziel. Aber Europa wächst
zusammen, mit Lufthansa kommt man für 98,- Euro bei rechtzeitiger Buchung
problemlos auch in den Südosten Europas, und so lag es nahe, dieser Destination
die läuferische Aufwartung zu machen.
Mit dem Italiener Paolo Ottone, einem versierten Marathonveranstalter, welcher
bereits in den 90iger Jahren den Prag Marathon, aber z.B. auch den Rom Marathon
des Jahres 2000 erfolgreich organisierte, konnte der
Bukarest Marathon bei
seiner dritten Auflage wieder einen im wesentlichen dem internationalen Standard
genügenden Marathon präsentieren.
Nach Ankunft Samstag früh am Flugplatz Otopeni, kurze Fahrt mit dem Expressbus
Nr. 783 in die Innenstadt für umgerechnet 1,80 Euro (Hin- und zurück) und nach
dem Einchecken im Hotel ging es im Rahmen eines zielgerichteten Stadtbummels zur
Startnummernausgabe auf dem Platz direkt vor dem Haus des Parlaments.
Das Haus des Parlaments, ein wahnwitziges Projekt des 1989 hingerichteten
Diktators Ceausescu, mit 250.000qm das zweitgrößte Gebäude der Welt nach dem
Pentagon, erbaut in den Jahren 1986-89 wird uns auch während des Marathons
begleiten.
In einem beheizten Zelt wurden die Startnummern ausgegeben und eine kleine
Marathonmesse (für uns uninteressant) abgehalten, das zweite Zelt wurde am
Renntag als Umkleide und Depot für die Kleiderbeutel genutzt.
Die Startnummern wurden erst nach Kontrolle des Zahlungsbeleges und Quittierung
des Erhalts derselben ausgegeben. Mit der Nummer gab es einen daran befestigten
Leihchip, ein Baumwoll-Finisher T-Shirt, ein schickes Polohemd, ein
Startnummernband sowie diverse Hygieneartikel. |
Stretching vor dem Start |
An der Pastaparty am Samstag zwischen 13 und 16 Uhr in der Altstadt von
Bukarest, etwa 2 km von der Startnummernausgabe entfernt in einem sehr bekannten
und guten Restaurant, konnte ich leider nicht teilnehmen. Schade, für ca.
5,-Euro, welche einem guten Zweck gespendet wurden, hat es wahrscheinlich eine
gute Pasta in historischem Ambiente gegeben. Interessant, immer mehr
Veranstalter verzichten auf eine Pastamassenabfertigung (da im Nenngeld
enthalten) und lassen den Läufern selbst die Wahl, für mehr Qualität gesondert
zu bezahlen.
Bei einem ausgiebigen Spaziergang durch die Altstadt und den Hauptplätzen der
Stadt konnte man unschwer erkennen, dass Bukarest städtebaulich noch viel
Nachholbedarf hat. Viele Häuser sind marode und unbewohnt, teilweise sind die
Erdgeschosse für Geschäfte und Lokale hergerichtet, die oberen Stockwerke sind
dagegen in einem desolaten Zustand. Auch hat die Ära Ceausescu durch
hemmungslose Abrissaktivitäten für Alleen und Prachtbauten viel zur Zerstörung
des ehemaligen „Paris des Ostens“ beigetragen. Also touristisch gesehen reichen
eigentlich ein paar Stunden Aufenthalt, um die Highlights der Stadt, zumindest
von außen, mal gesehen zu haben, anderseits, um sich mit den Rumänen zu
unterhalten, und ich hatte Glück ein paar sehr nette mit entsprechenden
Sprachkenntnissen kennenzulernen, kann man nicht Zeit genug haben. |
Kurz vor dem Start |
Sonntag, die ganze Nacht hatte es geregnet, aber kurz bevor ich mein Hotel
verließ, um zum Start vor dem Haus des Parlaments zu gehen, hatte der Himmel ein
Einsehen mit uns Läufern und es blieb den ganzen Tag trocken, aber bedeckt und
fast windstill bei geschätzten 13° C, also idealen Laufbedingungen.
Nach dem Umziehen im Zelt, Abgabe des Kleiderbeutels mit namentlicher Eintragung
in eine Liste, (alles muss seine Ordnung haben - wofür?) und der Möglichkeit der
Teilnahme an einem Aufwärmtraining mit fetziger Musik und dem Abgreifen von
Mineralwasser ging es 200 m zum Start auf dem „Boulevard der Freiheit“, welcher
um 9.30 Uhr erfolgen sollte.
Jetzt wurde es etwas kompliziert. In einem Startblock versammelten sich die
Kinder für einen Kidsrun, parallel dazu war der gemeinsame Startblock für die
Rollis, Marathonis, die Halbmarathoner und die Staffelstarter.
Bis klar war, dass die Rollis zuerst starten, dann die ca. 100 Staffelstarter
und erst danach die ca.300 Marathonis und ca. 5 Halbmarathoner vergingen weitere
12 Minuten bis es für uns endlich los ging. |
Start |
Die ersten Meter, im Hintergrund das Haus des
Parlaments |
Aber was soll's, es ging unter lautstarkem Trommelwirbel los. Wie in Interlaken
zum Jungfrau Marathon stiegen gelbe und blaue Luftballons in den grauen Himmel.
Nächster kleiner Schreck, gleich nachdem wir ca. 300 m nach dem Start rechts in
den breiten Boulevard Unirii einbogen! Die breite Straße war bis auf eine
Laufschneise von ca. 10 m Breite eingeengt (wegen Rettungsgasse?), was natürlich
direkt nach dem Start das ungehinderte Laufen für ca. 600 m wesentlich
einschränkte. |
Engpass nach dem Start |
Wir umrundeten die monumentale Springbrunnenanlage auf dem Uniriiplatz und
liefen dann auf der anderen Seite des Unirii Boulevards mit Blick auf unser
Kolossalbauwerk zurück Richtung Start. Die auf der ganzen Länge des Boulevards
zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen liegende Springbrunnenanlage und die im
Herbstlaub stehenden Bäume vermittelten, verbunden mit dem frontalen Blick auf
das wieder näher rückende riesige, mit einem leichten Nebelschleier gekrönten
Gebäude, eine heimelige, aber auch gespannte Atmosphäre.
Jetzt rechts, die ersten 2 km hatten wir nun kennengelernt, wieder auf den
Boulevard der Freiheit, hinter uns der Start-/Zielbereich und nach ein paar
hundert Metern rechts ab, um vorbei an einem Museum am nördlichen Ende des
riesigen Unirriplatzes den kanalisierten Fluss „Dambovita“ zu überqueren. |
Der Uniriiplatz |
Wendepunkt am Uniriiplatz |
Zurück zum Startgelände |
Noch ganz schön diesig |
Parallel zu Fluss ging es nun ca. 600 m, bevor wir an einem Ferrarishop nach
rechts abbogen. Ca. 20 Höhenmeter waren auf den nächsten paar hundert Metern zu
überwinden. Vorbei an einem weiteren Museum, dem Hauptfinanzamt, dem
Polizeihauptquartier, einer römisch orthodoxen Kirche, dem Zentralgebäude der
Armee und ein paar schicken Hotels erreichten wir bei ca. km 5 auf der Calea
Victorei, eine der am schönsten bebauten Hauptstraßen der Stadt, unseren dritten
Wendepunkt.
Georg von den Blackwater Valley Läufern aus England, die 16 Mann stark auf ihrem
jährlichen „Clubrun“ dieses Jahr Bukarest unter die Füße nahmen, erzählte
amüsant und „dopte“ sich bei seinem zweiten Marathon mit „Jellies“ (gezuckerte
Gummibärchen) – dem „English runners delight“ (Georg lief mit 3:44 neue Bestzeit
– der Kurs ist also was für die Verbesserung der persönlichen Bestzeit).
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Am Justizpalast (George in blau auf Kurs zu
persönlicher Bestzeit) |
Kurz vor dem Wendepunkt am nördlichen Uniriiplatz |
Der erste kleine Anstieg in der Calea Victoriei |
Kurz vor dem Wendepunkt in der Calea Victoriei |
Ein ehemaliges Kaufhaus |
Das Nationalmuseum |
Zurück ging es wieder zur Dambovita, rechts Richtung stadtauswärts. Vorbei an
teils leerstehenden, verwunschen wirkenden Villen, Laubbäumen in den schönsten
Herbstfarben und an einer munter aufspielenden indianischen Musikgruppe. Bei ca.
km 7,5 wieder ein Wendepunkt auf einer Brücke über dem Fluss und zurück Richtung
Start/Ziel. Nach der Pathologie rechts und am Fuße des 50 m hohen, künstlich
aufgeschütteten Hügels, auf dem das Haus des Parlamentes steht, rechts rum und
den Hügel hoch gelaufen. Dann wieder links runter, am pompösen Eisenzaun des
Kolosses entlang wieder runter zum Boulevard der Freiheit. Nachdem wir somit das
Wahrzeichen von Bukarest komplett umrundet hatten kurz rechts, letzter
Wendepunkt und nach ungefähr 400 m war die erste von vier Runden für die
Marathonis beendet.
Die Runde war für mich sehr abwechslungsreich, die weiteren drei Runden empfand
ich nicht als langweilig, sondern ich konnte mein Tempo gut einteilen, durch die
vielen Wendepunkte die Mitläufer beobachten und bereits bei km 18 die führenden
Läufer, einige davon aus Kenia von hinten bewundern. Die beiden Steigungen mit
den darauf folgenden Bergabpassagen waren eine willkommene Unterbrechung des
Laufrhythmus. Immer wieder kleine Stimmungsnester bei einer ansonsten kaum von
den Bukarestern wahrgenommenen Veranstaltung gaben einen extra Schub.
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An der Dambovita |
Verpflegungsstand bei km 7,5 |
St. Elefterie |
Die Pathologie |
Anstieg hinter dem Haus des Parlaments |
Hintereingang des Haus des Parlaments |
Es geht wieder runter Richtung Zielbereich |
Kurz vor dem letzten Wendepunkt der Runde |
Gleich ist die erste Runde beendet |
Die drei DJs, welche für Stimmung an der Strecke sorgen sollten hatten ihre
Aufgabe, jedenfalls bei mir, nicht erreicht. Fetzige Musik anstatt das Abspulen
des eigenen Musikgeschmackes hätte eventuell auch ein paar mehr Passanten
gebunden.
Die Verpflegung alle 2,5 km war ausreichend. Es gab Wasser und Orangeade,
teilweise noch Bananen und Apfelstücke.
Die Strecke war durchgehend asphaltiert, jeder Kilometer markiert und für den
Straßenverkehr aufwändig von der Polizei gesperrt. Ungewöhnlich allerdings, dass
mehrfach Passanten fast ohne auf die Läufer zu achten, ignorant die Laufstrecke
überquerten. Da waren die vielen streunenden Hunde, welche hier zum Stadtbild
gehören, wesentlich unauffälliger. |
Nur noch drei Runden |
Das Wetter wird etwas besser |
Das Zentralgebäude der Armee |
Ein echter Europäer |
Im Ziel kaum Stimmung, weder Musik noch Ansagen. Der Leihchip wurde von der
Startnummer entfernt, es gab eine sehr schöne Medaille speziell für die
Marathonfinisher, eine Flasche Wasser und eine Plastikschutzhülle zum
Warmhalten.
Die Abholung des Kleiderbeutels kein Problem. Für die Dusche ging es zurück zum
Hotel, da es im Ziel keine Duschen gab und die eine Massagebank stark
frequentiert war.
Gewonnen hat Duncan Koech aus Kenia in 2.13,54 und Sviatlana Kouhan aus
Weißrussland in 2.35,07 bei den Damen. Aber auch die Genussläufer hatten mit
einem Zielschluss von 6 h ausreichend Zeit, ihre Runden abzuspulen.
Alle weiteren Ergebnisse
hier.
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So sehen Keniaten bei der Überrundung von hinten
aus |
Kurz vor dem Ziel |
Fast geschafft |
Geschafft! |
Mein Resümee:
Für ein Startgeld von 30 bis max. 50 Euro, je nach Zeitpunkt der Anmeldung,
können die Läufer an einem recht gut organisierten Rennen teilnehmen. Für ein
Land mit relativ niedrigem Preisniveau und den geschilderten Leistungen nicht
gerade ein Sonderangebot.
Aber mit etwas freundlicherem Wetter und manch geplanter Änderung für das
nächste Jahr, wie z.B. die Umstellung auf einen zwei Runden Kurs, werden dem
Bukarest Marathon in dem lauftechnisch noch nicht so weit entwickelten Land
weiteren positiven Schub verleihen.
Wer sich für die vierte Auflage des Bukarester Marathons interessiert, sollte
auf der recht guten
Homepage nachsehen.
Noch ein „Geheimtipp“ für Interessenten des gepflegten Marathons in Italien.
Paolo sagte mir, dass am 6. März 2011 erstmals ein Lago Maggiore Marathon
stattfinden soll, was ab Ende November wohl unter folgender Webseite
veröffentlicht werden soll:
www.Imhm.it
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Links
Offizielle Website des
Bukarest Marathons |
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