18. Jungfrau Marathon am 11. September 2010
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Ein Laufbericht von Jürgen Sinthofen
Nach dreimonatiger Marathonabstinenz, unterbrochen nur durch die Rother Ironman
Challenge, wo ich die 180 km Radstrecke für unser Team recht zügig bestritten
hatte, als Auftakt für den Laufherbst 2010 ein echter Klassiker.
Und was für einer. Viel mehr Läufer aus aller Welt als die zugelassenen 4.000
Marathonis würden gerne am größten Schweizer und nach Meinung vieler einem der
schönsten Marathons der Welt teilnehmen, dem Jungfrau Marathon in Interlaken im
Berner Oberland.
Keine Angst vor der eigenen Courage, hohen Bergen und über im wesentlichen auf
16 km verteilte 1.839 Höhenmeter, sowie körperliche Fitness zum richtigen
Zeitpunkt hatten aber am Ende des Tages 4.072 Starter, wenn ich die
Lautsprecherdurchsage richtig verstanden hatte, was sich aber mit 4.036
Finishern auf der Kleinen Scheidegg laut Ergebnisliste bestätigte.
Aber der Reihe nach.
Interlaken, eine der Wiegen des alpinen Tourismus, schön zwischen dem Brienzer-
und Thunersee auf 566 Meter über NN gelegen mutet heute in großen Teilen
nichtssagend an. Man lebt vom Flair weniger wirklich nobler Herbergen wie dem
Victoria Jungfrau, eines der besten Hotels der Schweiz, und dem alten Kursaal
aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ansonsten kein besonders schönes
Straßenbild, viele Uhrenfachgeschäfte, Souvenirläden (natürlich die Schweizer
Messer in allen Varianten) und teure Restaurants...
Na ja, wir waren ja auch nicht zum Shoppen sondern zum Laufen gekommen.
Abholung der Startunterlagen im 1858 erbauten Kursaal, sehr schön in einem Park
gelegen. Viel altes Holz, geschnitzt, bemalt und beleuchtet gaben eine sehr
schöne Kulisse für die kleine Läufermesse, Startnummernausgabe, Pastaparty und
eine kleine Ausstellung zum 2.500sten Geburtstag unseres Sports.
Interessant im Rahmen eines vielfältigen Rahmenprogramms die „Meile“, ein am
Freitagabend um 18.00 Uhr ausgetragenes Rennen, wo eingeladene Eliteläufer
versuchten die mit 30 Sekunden Vorsprung gestarteten Elitedamen auf einem 1.609
m langen Rundkurs vor dem Kursaal einzuholen. Dies gelang wohl erstmalig nicht
und die Kenianerin Caroline Chepkwony gewann vor Thie James aus Großbritannien.
Startnummer, Chip und Infos erhielt man nach gründlicher Identitätskontrolle (Personalausweis
vorlegen), die Nudeln (einfache Variante mit Sauce – die daneben liegenden
leckeren Essen kosteten unverschämt viel extra) nach längerem Anstehen
(Nachschlag gab es nur mit deutlicher Unmutsbekundung), einen halben Liter
Mineralwasser konnte man sich für uneigennützige 5 Fränkli (ca. 3,50 Euro)
genehmigen, weiteren Getränke gab es in einer nach oben offenen Preisliste
natürlich auch. |
Im alten Kursaal |
Die Damen im 1 Meilen Rennen unterwegs |
Pastaparty, das meiste kostete extra |
Startnummernausgabe |
Klaus Nemann, Jürgen Kuhlmey und der Autor im
Gespräch |
Mit Klaus Neumann (einer von nur 5 Läufern, welcher an allen 18 Läufen
teilgenommen hatte => richtig, anlässlich der
10ten Austragung des Jungfrau
Marathons wurde am Samstag und am Sonntag jeweils ein offizielles Rennen
ausgetragen) und Jürgen Kuhlmey (einem der ältesten Teilnehmern und der erste
Marathoni, welcher in einem Jahr auf allen sieben Kontinenten einen Marathon
gelaufen war) wurde noch etwas über vergangene und zukünftige läuferische
Heldentaten geplaudert, dann trennten sich die Wege zwecks individueller
Laufvorbereitung.
Im Kursaal wurden nun die Sportler des Jahres aus dem Berner Oberland geehrt,
danach, es waren kaum mehr Läufer zugegen, wurden die Favoriten des Jungfrau
Marathons vorgestellt. Wohl etwas unglücklich wegen der wenigen Resonanz zu
bereits vorgerückter Stunde, für mich aber die Gelegenheit etwas mit
Simona Staicu über das Rennen zu sprechen. Simona hatte ich nach dem
Liechtenstein
Marathon kennengelernt und ich war überrascht wie fest sie davon überzeugt war
das Rennen zu gewinnen, nachdem sie bereits
2006 und
2008 ganz oben auf dem Siegertreppchen stand. Um es vorweg zu nehmen –
sie lag richtig und gewann wieder.
Auf dem Weg zum Wohnmobil sah im hellen Mondlicht das fahle Antlitz des
schneebedeckten 4.158 m hohen Jungfraumassives! Unvergleichlich – ich freute
mich auf den nächsten Morgen.
Es war soweit, ein herrlicher Tag, die Sonne schien, einfach nur Kaiserwetter.
Vor dem Grandhotel Victoria Jungfrau reihten wir uns auf. Die Favoriten werden
kurz vorgestellt, Interviews, Alphornbläser, Stimmung, gespannte Erwartung. Wer
wollte, konnte sich, wie wohl bei Schweizer Läufen üblich, vor dem Lauf noch
massieren lassen. |
Letzte Startvorbereitungen vor tollem
Bergpanorama |
Simona Staicu wird als eine der Favoritinnen
vorgestellt |
Marc Lauenstein vor dem Grand Hotel
Jungfrau-Victoria |
Kurz vor dem Start |
Startschuss um 9.00 Uhr, los ging es auf eine gut 3 km lange Runde durch
Interlaken, angefeuert von vielen Zuschauern. Hinter uns stiegen 2.500 blaue und
weiße Luftballons in den blauen Himmel als Reminiszenz auf 2.500 Jahre Marathon.
Dann durch eine Unterführung nach Böningen am
Brienzersee, Stimmung, riesige
Kuhglocken wurden geschwungen, weiter am Fluss entlang, über Feldwege durch
Wiesen weiter nach Widerswil. Auch hier viele Zuschauer, wir wurden namentlich
angefeuert da unsere Vornamen auf den Startnummern standen, dann über eine der
typischen überdachten Holzbrücken im Schatten der Abhänge an der 10km Marke
vorbei.
Es ging nach dem pottebenen Auftakt nun leicht bergan. Das Geläuf änderte sich
von Asphalt auf Feld/Waldwegqualität. Gut zu laufen, manchmal allerdings für
kurze Stücke auch auf blanker Wiese. Es war kühl hier im Schatten und manche
Mitläufer nervten. Ich dachte mir, dass für einen Landschaftslauf die 4.000
Marathonis vielleicht doch etwas viel sind. Über ca. 5 km von Gsteigwiler nach
Lauterbrunnen wollten hier einige durch überholen ihre Siegchancen erhöhen und
störten so das sich harmonisierte Geschlappe einer hinter dem anderen her.
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Start, 2.500 Luftballons für 2.500 Jahre Marathon |
Beginn einer neuen Materialschlacht? |
Auf der Runde durch Interlaken |
Richtung Böninge aus der Stadt raus |
Am Brienzer See |
Gespannte Vorfreude |
Die Glockenschwinger |
Wiesenstraße nach Widerswil |
Verpflegung in Widerswil, wie überall sinnvoll
aufgebaut |
Mehrfach wurde der Fluss überquert, wir liefen teilweise in Sichtweite parallel
zur Bahntrasse und mehrfach wurden wir von unseren Fans aus den Zügen angefeuert
(hier wurde für 55 Franken für Begleitpersonen eine Beförderung angeboten). Vor
uns blitzte immer öfter das
Breithorn, ein schneebedeckter 3.782m hoher Brocken
auf, welcher Lust auf mehr machte.
Aber jedes Ding hat mal ein Ende und am Bahnhof von Lauterbrunnen hatte uns die
Sonne und eine breite Straße nach absolvierten 200 Höhenmetern wieder.
Zur Regeneration und Wiederfindung des eigenen Laufrhythmus eine schöne ebene
kleine Runde von ca. 4 km durch das sonnendurchflutete Tal in Richtung eines
Campingplatzes vorbei an verschiedenen sich über ca. 100 m tief ergießende
Wasserfälle zurück zur 25 km Marke in Lauterbrunnen. |
Über diese und weitere Brücken musst Du
laufen.... |
Die ersten 200 HM werden im Schatten angegangen
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Die ersten Berge grüßen |
Ganz schön eng, aber die Fans muntern uns auf |
Auch „grüne“ Abschnitte auf Wiesen sind zu laufen |
Kurz vor Lauterbrunnen |
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