7. Marathon Deutsche Weinstraße -
Sonne, Weinberge und blühende Bäume
Laufreportage von Günter Kromer |
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Mitte April freut man sich beim Laufen noch ganz besonders über eine sonnige
Strecke und genießt nach all der Kälte des Winters jeden einzelnen Kilometer in
der Wärme. Während man im Sommer über jeden schattigen Abschnitt froh ist,
bietet der Marathon in der Pfalz die perfekte Streckenführung, um im Frühjahr
maximal Sonne zu tanken - vorausgesetzt dass Petrus mitspielt. Fast die gesamten
42,2 km mit 495 Höhenmetern (oder 21,1 km, 240 Höhenmeter) sind ein fast
ununterbrochenes Sonnenbad. Das Profil ist genau die ideale Mischung, bei der
die Steigungen den nur Flachland gewohnten Stadtmarathonis schon ein wenig die
Zähne ziehen, erfahrene Bergläufer dagegen nicht in Tiefschlaf versetzen.
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Dazu bietet diese sehr beliebte Veranstaltung eine schöne Landschaft, einen
netten Wechsel zwischen Auf- und Abstiegen und eine weite Aussicht über die
Rheinebene - was will man mehr?
Früh am Sonntagmorgen sausen meine Freundin und ich in auf der Autobahn Richtung
Pfalz. Im Gegensatz zu manch anderen Laufveranstaltungen bleibt uns am Ziel eine
Odyssee durch verwinkelte Dörfer und eine lange Parkplatzsuche erspart, denn
direkt neben der Autobahnausfahrt kann man seinen Wagen abstellen und bequem mit
einem kostenlosen Bus-Shuttle bis
Bockenheim fahren, wo von Startnummernausgabe
bis zu Start/Ziel-Bereich, Verpflegung und Dusche alles unmittelbar
nebeneinander liegt.
Alles ist hier übersichtlich und gut organisiert, nur mein ewiger Kritikpunkt an
fast ausnahmslos alle Laufveranstalter trifft auch hier zu - die Relation
zwischen Teilnehmern und Toiletten sorgt wie gewohnt für fast halbstündige
Warteschlangen und für Läufer, die noch fünf Minuten vor dem Start in der
Warteschlange stehen.
Aber Glück gehabt - zwei Minuten vor dem Startschuss erreiche auch ich den
Startbereich. Doch nun geht es mir wie mehreren Dutzend anderer Teilnehmer: das
Startfeld ist randvoll, und von außen kommt keiner mehr rein. So stehen wir
entgegengesetzt zu den restlichen Teilnehmern hinter den Zuschauern und hoffen,
dass wir trotzdem bald nach vorne dürfen. Dank Champion-Chip spielt dies aber
keine Rolle. |
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Kein Problem - wir „Seiteneinsteiger“ kommen gut voran und überschreiten
sogar noch vor dem hinteren Startfeld die Linie. Dadurch läuft meine Freundin
nun ein Stück hinter mir, aber da Annette hier nur den Halbmarathon macht und
keine Fotostopps einplant, wollten wir heute ohnehin nicht gemeinsam laufen.
Am Wetter kann es wirklich nicht liegen dass deutlich weniger Leute heute
starten als sich angemeldet haben. Die 2000 Plätze für den Halbmarathon waren
schon vor Wochen ausverkauft, von den 1000 für den Marathon gab es gestern nur
noch einen sehr kleinen Rest für Nachmelder. Wie viele jetzt über die Startlinie
laufen kann ich nicht sagen, aber am Ziel werden es nur 700 Marathonis und 1772
Halbe sein, und diese enorme Differenz lässt sich nicht nur mit Aussteigern
erklären.
Knapp einen Kilometer laufen wir ohne Gedränge auf breiter Straße durch
Bockenheim. Ein paar Zuschauergruppen sorgen für Stimmung, aber manche
Abschnitte sind auch menschenleer. Nach dem Ortsrand folgt ein erster leichter
Anstieg, den jeder noch locker laufen kann. Danach geht es ein Stück weit zügig
abwärts. Immer wieder hinauf, hinunter, dazwischen ein paar flachere Passagen,
meist in der Natur und auf Weinbergen, dazwischen gelegentlich Durchquerungen
kleiner Winzerorte.
In jedem Dorf stehen an einigen Stellen Zuschauer, die uns Läufern einheizen,
mal vereinzelt, mal als kleines Familienfest vor dem Haus, mal als richtiger
kleiner Dorf-Event. Am Eingang eines Dorfes hat ein Solo-Entertainer ein Zelt
aufgebaut und spielt Rock´n Roll. „Go, Johnny, go, go, Johnny B Goode....“, ja,
das bringt wirklich jedem Läufer schnellere Beine. |
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Wieder draußen in der Natur sehe ich die lange Schlange der Läufer vor mir über
den Weinberg pilgern. Eine Frau neben mir meint, das wurde wie eine bunte
Ameisenstraße aussehen. Recht hat sie! |
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Nach etwa zehn Kilometern kommt die Weiche. Marathonis rechts abbiegen,
Halbe links, sowohl mit mehreren Schildern, Bodenmarkierungen als auch mit
verbal von einem Helfer ausgerufen sollten eigentlich keine Zweifel an der
richtigen Abzweigung aufkommen. Doch manche stolpern wohl so gedankenlos den
anderen nach, dass sie erst im letzten Moment merken dass sie aufpassen müssen.
„Marathon hier lang?“ fragt mich ein völlig verunsicherter Mann, als er mit mir
nach rechts rennt.
Seine Unsicherheit nimmt gleich noch zu, als nach sehr kurzer Wegstrecke die
Meute der Halbmarathonis wieder von links auf uns zuströmt. Sie mussten hier nur
eine zusätzliche Schleife laufen, begleiten uns nun aber noch einmal bis zum
nächsten Verpflegungspunkt.
An den zahlreichen Proviant-Stellen gibt es Mineralwasser, Iso, Apfelschorle,
Bananen, Äpfel und von Platz zu Platz unterschiedliche weitere Angebote. Auch
Wein wird an der gesamten Strecke ausgeschenkt. Wir laufen schließlich durch
eine bekannte Weinbauregion, da gehört das dazu. Doch jetzt schon Alkohol? Wir
sind doch nicht beim Medoc! Die Strecke hier ist zwar viel zu schön um ständig
auf die Stoppuhr zu schielen, aber wir wollen doch noch mit Würde ans Ziel
kommen. Genuss-Laufen statt Genuss-Saufen!
Nach dem Abschied von den Halben wird das Feld um zwei Drittel leerer. Nun
beginnt der mit Abstand schönste Teil der Strecke. Der Termin für den diesen nur
alle zwei Jahre statt findenden Marathon wurde so gelegt, dass die vielen Obst-
und Mandelbäume an der Weinstraße in voller Blüte stehen, und während die
Weinreben noch kahl an den Hängen aufragen schmücken schier unendlich viele
gelbe Tupfer von blühendem Löwenzahn die Reihen. |
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Nachdem wir den höchsten Punkt der Strecke überschritten haben können wir nun
längere Zeit auf einer Straße abwärts laufen. Ich mag eigentlich eher Trails
statt Asphalt, aber hier kann man die ganze Zeit die Blütenträume und die
Aussicht über die Rheinebene bewundern und muss nie auf den Boden unter den
Füßen schauen, was recht entspannend ist. |
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