Spinnennetze im Nebel
Wer bei Schwarzwald nur an hohe Berge und steile Wege denkt, den überrascht die
sanfte Landschaft rund um das nahe bei Donaueschingen gelegene
Bräunlingen. Die
etwa 350 Höhenmeter beim Marathon verteilen sich fast komplett auf die ersten 22
km mit sehr flachem Aufstieg und den ebenso harmlosen Rückweg. Viele Brücken und
Unterführungen bei Stadtmarathons sind steiler. Fast die komplette Strecke führt
über breite, meist asphaltlose Forstwege mit angenehmem Untergrund. |
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Schon 1968, also Jahrzehnte vor dem Laufboom, wurde hier ein Marathon
veranstaltet. In die Sportgeschichte ging dieser erste Schwarzwald-Marathon ein,
weil sich hier weltweit erstmals auch Frauen anmelden konnten, obwohl dies vom
Deutschen Leichtathletik Verband offiziell nach wie vor nicht erlaubt war. Im
ersten Jahr nahmen 653 Läufer und 51 Läuferinnen teil, der Höhepunkt war 1978
mit 2509 Meldungen. Um die Strecke zu entschärfen wurden von 2002 bis 2004 zwei
Runden gelaufen, aber seit 2005 gibt es wieder eine große Runde. Auch
Halbmarathon, Halbmarathon Walking, 10 km Straßenlauf und Nordic Walking sowie
ein 5 km Schülercup werden inzwischen angeboten. |
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2010 wird nun schon zum 43. Mal auf der Naturstrecke bei Bräunlingen gelaufen.
Natürlich wurden Details der Route im Laufe der Zeit überarbeitet. In der
Ausschreibung steht unter anderem: „80% gut befestigte Waldwege, 20% Asphalt.
Jeder Kilometer ist gekennzeichnet. Für die Zeitmessung gilt der Champion-Chip.“
Am frühen Sonntagmorgen scheint über Teilen des Schwarzwalds bereits die Sonne,
aber Bräunlingen liegt noch unter einer dunklen, lückenlosen Hochnebeldecke.
Von den zahlreichen Parkplätzen erreicht man schnell die Stadthalle, wo die
Startnummernausgabe, Marathonmesse, Start und Ziel sind und auch Frühstück
angeboten wird. Teilnehmer-T-Shirts kann man nur kaufen, statt dessen bekommt
jeder ein Paar Falke-Socken geschenkt. Dies finde ich eine sehr positive
Abwechslung, denn Shirts hängen bei mir schon genug im Schrank. Socken kann ich
viel mehr brauchen.
Zum Glück kann man bis unmittelbar vor dem Start in der großen, warmen Halle
bleiben, denn draußen ist es heute morgen empfindlich kalt. Marathonis und
Halbmarathonis starten gemeinsam. Der erste Kilometer führt vorbei am Stadttor
durch die Stadt.
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Im Gegensatz zu früher, als es nach Verlassen der Stadt anfangs Gedränge auf
einem schmalen Fußweg gab, laufen wir nun erstmals parallel zur bisherigen Route
etwa zwei Kilometer auf einer breiten Straße. Hier ist genug Platz, damit sich
das Feld ohne Drängelei entzerren kann. Erst danach laufen wir über breite
Feldwege. Dichter Hochnebel verbirgt die Umgebung wie ein Weichzeichner.
Der alte Spruch „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung“ wurde
auch von mir schon oft zitiert. Aber für heute hat der Wetterbericht
angekündigt, dass sich der Hochnebel bald auflöst und einem sonnigen
Spätsommertag weicht, und entsprechend habe ich mich eher für einen schönen
Herbsttag als für nasskalte Herbstdepression angezogen. Dass es heute so
verdammt kalt ist und fast 100 % Luftfeuchtigkeit die Fühltemperatur noch senkt
hätte ich nicht erwartet. Im kalten Nebel friere ich auf den ersten Kilometern
viel stärker als im Winter, als ich warm genug angezogen durch den Tiefschnee
auf den Brocken lief. |
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Von km 7 bis km 38 laufen wir abgesehen von zwei kurzen Abschnitten immer durch
den Wald. Zum ersten Mal seit langem laufen meine Freundin und ich heute bei
einem Wettkampf die selbe Distanz. Nachdem wir früher gemeinsam Stadtmarathons
„sammelten“ entwickelten sich unsere Wettkampf-Schwerpunkte auseinander. Dass
wir heute beide für die 42,2 km gemeldet sind nutzen wir natürlich aus und
laufen von Start bis Ziel gemeinsam, abgesehen davon, dass ich nach jedem
Fotostopp einen Sprint einlegen muss, um sie wieder einzuholen. |
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In diesem Jahr ist das Laub schon Anfang Oktober sehr herbstlich gefärbt. Schade
dass es wegen dem Nebel so dunkel ist. Bei Sonnenschein könnte ich jetzt
massenhaft herrliche Fotos mit leuchtenden Herbstfarben machen. Aber es gefällt
mir auch so. Vor allem begeistern mich die vielen Spinnennetze neben dem Weg.
Diese würde man bei trockenem Wetter ohne Tau nicht bemerken. |
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Immer weiter laufen wir durch den Herbstwald. Die Steigung ist so sanft, dass
ich sie kaum wahr nehme. |
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Bei km 12 verlassen uns die Halbmarathonis. Nun sind deutlich weniger Läufer auf
der Strecke. |
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Herbstlaub, der dicht mit Moos bewachsene Waldboden, die vielen Spinnennetze,
Farne - auch ohne Sonnenschein gehen mir die Fotomotive nicht aus. Ich habe in
meinem ganzen Leben noch nie so viele Spinnennetze an einem Tag gesehen.
Kilometerweit dekorieren sie dicht an dicht gedrängt den Wegrand. |
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Ich mag ja bekanntlich am liebsten steile, steinige, wurzelige und matschige
Trails. Doch ab und zu auf einer so bequemen Strecke wie hier zu laufen ist auch
eine gute Abwechslung. Für den Schwarzwald-Marathon braucht man nicht unbedingt
Trail-Schuhe, obwohl ich die auch auf Schotterwegen bequemer finde. Hier muss
man an keiner Stelle auf den Untergrund oder die Wegmarkierung achten sondern
kann einfach voran laufen. Zum allergrößten Teil geht es mit minimaler Steigung
oder Gefälle durch den Wald. Dies ist sehr entspannend, fast schon meditativ.
Für Leute, die ansonsten nur Stadtmarathons laufen, ist der Schwarzwald-Marathon
die ideale Gelegenheit, auch mal statt Großstadt fast 100 % Natur zu sehen, ohne
sich allzu sehr mit Höhenmetern plagen zu müssen. |
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