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Tour de Tirol vom 08.10. - 10.10.2010 - Tortour de Tirol – die schwarze Skipiste bergauf- Laufbericht von Jochen Brosig

Autor:  Jochen Brosig

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Tour de Tirol 2010

Jochen beim Kaiser Marathon im Rahmen der Tour de Tírol

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Tortour de Tirol – die schwarze Skipiste bergauf
Ein Laufbericht von Jochen Brosig


3 TAGE – 73 KILOMETER – 2200 HÖHENMETER. Das sind die nackten Fakten über einen Etappenlauf der besonderen Art. Es handelt sich um die Tour de Tirol. Ein Geheimtipp für ambitionierte Läufer. Also für ganz Durchgeknallte, um sich den letzten Rest der vorhandenen Gehirnzellen abzutöten. Davon ist meine Läuferfrau absolut überzeugt. Die Veranstaltung startet am Freitagabend mit einem 10 KM-Lauf. Zum Einlaufen sozusagen. Der Kaisermarathon (42,2 km) bildet die zweite Etappe am Samstag. Mit einem Halbmarathon (21,1 km) am Sonntag klingt die Veranstaltung dann gemütlich aus.

Anspruchsvoll, sage ich. Total bescheuert, sagt meine Frau. Der Alpbachtaler Zehner, gestern, war zum Einrollen gedacht. Die große Prüfung erwartet mich heute. Der Kaisermarathon. Für die Läufergattin ist der Kaisermarathon nur die Deklination von Kaiserschmarrn. „Du wirst Deine sportliche Lektion am Berg schon bekommen“, ist sie sich sicher. Aber nichts da. Dafür habe ich das letzte halbe Jahr trainiert. Ich bin fit. Körperlich: Jeden Hügel um Röttenbach kenne ich mittlerweile auswendig. Und Geistig: Laufberichte und Streckenbeschreibungen habe ich zuhauf gelesen. Das Streckenprofil hängt seit Wochen neben meinem Bett. Mein Trainingsplan liegt unter meinem Kopfkissen. Aus dem Internet habe ich mir die Sprüche der Motivationstrainer geholt. Das Training zielt seit 3 Monaten auf dieses Laufevent ab. Meine Familie wurde zu einem als Urlaub getarnten Trainingslager in Kärnten überredet. Kilometer und Höhenmeter habe ich gesammelt. Ein Höhentrainingslager als Trainingshöhepunkt bildete den Abschluss der Schufterei. Und jetzt ist es so weit. Ich stehe am Start.

Unglaublich, ich der Flachlandtiroler hier zwischen den Ultras und Bergspezialisten. Hoch konzentriert warten wir. Der Startschuss schickt uns auf die Reise. Entschlossen laufen wir los. Meine Augen spannen sich zu kleinen Schlitzen. Mein Gesicht sagt, wenn ich will, kann ich von hier bis nach Norwegen laufen. Nur mit einem Stück Dörrfleisch in der Trikottasche. Das Feld zieht sich schnell auseinander. Am Anfang noch locker und flapsig. Manch einer übernimmt sich auf der ersten Hälfte. Später wird es steil. Der erste Anstieg zum Hartkaiser bremst uns aus. Wir kämpfen uns hoch. Trittsicher. Der Kampf Mann gegen Berg. Die Trinkflaschen sind mittlerweile leer. Ringsum die schroffen Felsen, die steilen Abhänge, die Wiesen im Tal, der Wilde Kaiser vor mir – Kopf und Blick nach oben zum Ziel gerichtet. Doch wir sind noch lange nicht oben. Die nächste Verpflegungsstation ist weit. Keine Augen für die Schönheit der Bergwelt.

Die Oberschenkel brennen. Berglaufen, die Königsdisziplin. Das ist schon etwas anderes als Golf oder Schach. Oder mit dem Lift zur Bergstation. Den Rucksack voller Wurstbrote. Also bitte nicht falsch verstehen. Ich habe nichts gegen Schlafwandler. Aber Laufen ist schon etwas Besonderes. Die Wanderer entlang der Strecke schauen uns entgeistert an, schütteln die Köpfe. Laufen ist schon etwas Bescheuertes, sagen ihre Blicke. Weiter geht es, dem Gipfel auf der Hohen Salve entgegen. Wir trinken und essen in der Bewegung. Nichts kann uns stoppen. – Außer dieser Steilhang vor mir. 3,5 km mit exakt 689 Höhenmetern. Eine schwarze Skipiste! Senkrecht vor mir ragt sie in die Höhe. Mein Blick geht langsam nach oben. Der Hang findet kein Ende. Ungefähr 500 Meter über mir wird er überhängend. Jetzt wird es ernst.

Schritt für Schritt kämpfen wir uns nach oben. Meine Füße kleben am Boden. Es ist wie in einem Traum. Ich komme nicht von der Stelle. Im Zeitlupentempo stolpere ich an Kilometer 41 vorbei. Ein Kilometer wird zur Unendlichkeit. „Jetzt hast es glei!“, ruft jemand. Der Weg wird flach. Vor mir taucht das 42er-Schild auf. Die Zuschauer verdecken die Kurve zum Zielkanal. In meiner Verzweiflung setze ich zum Zielsprint an und werde gestoppt. Hinter der Kurve erwartet mich ein „Klettersteig“ auf den letzten zweihundert Metern zum Ziel. Welch kranker Geist hat sich diese Strecke ausgedacht? Und einen Halbmarathon soll ich morgen auch noch laufen?

Run happy and smile!
Euer Querläufer Jochen Brosig

Tour de Tirol 2010

Thomas und Jochen mit Frankenfahne

Tour de Tirol 2010

Erwin, Susanne und Sven

Tour de Tirol 2010

Favorit am Start

Tour de Tirol 2010

Start zum Kaisermarathon am Samstag

Tour de Tirol 2010

Beim Kaisermarathon

Tour de Tirol 2010

Jochen beim Kaisermarathon. Dahinter das Massiv des Wilden Kaisers

Tour de Tirol 2010

Jochen im Ziel beim Kaisermarathon

Tour de Tirol 2010

Torsten läuft nach 3 Tagen ohne Schuhe ins Ziel ein

Tour de Tirol 2010

Oben auf der Hohen Salve im Ziel des Kaiser Marathons

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