10. Roth Challenge am 10. Juli 2011 -
Ein Bildbericht von Jürgen Sinthofen
Wir Marathon- und Ultraläufer trainieren regelmäßig, um unsere selbst gesteckten
Ziele im Wettkampf oder auch bei Genussläufen mit Freunden in einem angemessenen
Trainingszustand und mit Freude zu erreichen. Hierfür wissen wir um unser
Training Bescheid, meist durch Fachlektüre und eingebunden in der Routine mit
Freunden vom Lauftreff oder sonstiger Laufbekanntschaften. Aber oft gestaltet
sich das Training halt nur aus Läufersicht und dadurch vielleicht auch etwas
einseitig mit den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken resultierend aus
einseitiger Belastung.
Eine der besten Möglichkeiten einseitiges Training zu vermeiden ist vielseitig
zu trainieren. Aber nicht jeder hat Lust, nur etwas zu trainieren ohne das
Trainierte auch mal in einem Wettkampf zu testen. Anerkanntermaßen bietet
Triathlon, eine in den 80iger Jahren aufgekommene Sportart bestehend aus
Schwimmen, Radfahren und Laufen, beste Voraussetzungen, ein Crosstraining
bestehend aus diesen drei Sportarten mit einem Wettkampf zu verbinden.
Ich selbst habe 1986 meinen ersten Triathlonwettkampf bestritten und seitdem nie
aufgehört mal mehr oder weniger die verschiedenen Disziplinen zu trainieren.
Darauf führe ich auch zurück, dass ich seit über 25 Jahren ohne ernsthafte
Verletzung laufe.
Um für das Crosstraining eine Lanze zu brechen und es mir selbst zu beweisen,
habe ich mich tatsächlich überwunden und mich nach langem Zaudern erstmalig für
die Ironman Distanz im Triathlon bei der 10. Challenge Roth bei Nürnberg über
3,8km schwimmen, 180km radfahren ohne Windschatten und 42,195km laufen
angemeldet.
Meine Trainingsumfänge habe ich im Jahr 2011 gegenüber den Vorjahren ohne
Triathlonwettkämpfe für Roth nicht wesentlich verändert, nur die Schwerpunkte
haben sich etwas verlagert. Geschwommen bin ich über die sechs Monate ca. 50km,
geradelt 3.600km und 760km gelaufen.
Hier der Bericht eines gestandenen Läufers und nun auch echten „Ironmans“ über
eine der weltweit prestigeträchtigsten Triathlonveranstaltungen.
Über 3300 Einzelkämpfer und 665 Staffeln (d.h. je ein Aktiver schwimmt, radelt
oder läuft) aus 60 verschiedenen Nationen geben sich jährlich ein Stelldichein
im Triathlonmekka Roth.
Brisanz bekam die Jubiläumsveranstaltung heuer zusätzlich dadurch, dass die
Weltbestzeit der Herren von 7.50h vor 14 Jahren durch
Luc van Lierde in Roth
erzielt, eine Woche vor der diesjährigen Veranstaltung im Rahmen des Kärntner
Ironmans durch Marino Vanhoenacker
auf 7.45 h verbessert wurde.
Klar, Roth wollte die Weltbestzeit zurück, warum sollte man auch hinter Berlin
mit seinen Marathonbestmarken zurückstehen.
Hierfür war angerichtet, es bahnte sich ein spannender Zweikampf zwischen
Andreas Raelert, dem Vorjahreszweiten des
Ironman Hawaii (inoffizielle
Weltmeisterschaft der Langdistanz) und dem Rookie
Sebastian Kienle an, welcher
letztes Jahr in Roth bei seinem ersten Ironman gleich unter 8 h blieb und dabei
mit der schnellsten im Rahmen einer Langdistanz gefahrenen Radzeit debütierte.
Bei den Damen war mit Chrissie Wellington aus England sowieso der Superstar der
Szene gemeldet. Chrissie hat die Weltbestzeit in der Langdistanz Jahr für Jahr
auch in Roth verbessert und war dieses Jahr voll motiviert auch die 8.19,13 zu
unterbieten.
Am Freitag hatte ich die Startunterlagen im tollen Veranstaltungszentrum in Roth
abgeholt, um anschließend an der Pastaparty teilzunehmen. Gute Idee, aber die
Ausgabe der Unterlagen war ein Drama, nur 5 Ausgabestellen für hunderte von
Teilnehmern, eine Stunde anstehen war gar nichts. Hier muss effektiver gehandelt
werden.
Mit den Startunterlagen erhielt man zwei Startnummern, verschiedenfarbige
Kleiderbeutel für die Wechselzonen, ein umfangreiches und informatives
Programmheft, einen Transponder und haufenweise Reklamebroschüren.
Die Pastaparty muss man als Läufer mal erlebt haben. Ab 18.00 hieß es wieder
anstehen, um in das Festzelt zu kommen oder aber den ersten Andrang abklingen zu
lassen und derweil die sehr interessante Triathlonmesse besuchen. Ein tolles
Buffet mit verschiedenen Nudeln und Soßen, diversen Salaten, Leberkäse mit
Kartoffelsalat, Kaiserschmarren und unzähligen Milchprodukten, Kaffee und
Kuchen, diverse Getränke und natürlich Erdinger Alkoholfrei ließ dafür aber
keine Wünsche offen.
In einem stimmungsvollen Rahmenprogramm wurden die Favoriten vorgestellt und
interviewt, ganz interessant.
Dann fuhr ich nach Hause um am Samstagnachmittag das Fahrrad am Schwimmstart und
-ziel abzugeben. Nach kurzem Sicherheitscheck an Rad und Fahrradhelm sowie
Transpondercheck musste das Rad an seinem Platz gemäß der Startnummer mit der
Sattelnase in ein Gestell eingehängt werden.
Jetzt noch den Kleiderbeutel mit den Laufklamotten abgeben, damit diese am
Sonntag für den Wechsel vom Rad zum Laufen bereit liegen. |
Warteschlange vor der Startnummernausgabe |
Ist man erst mal dran geht alles in Ruhe |
Sebastian Kienle in bester Laune |
Sebastian Kienle in bester Laune |
Die Elite der Damen, rechts Chrissie Wellington, ... |
... und der Herren |
Beste Laune bei der Pastaparty |
Einchecken der Räder |
Rennbolide von Sebastian Kienle |
Luc van Lierde, der 14 Jahre die Weltbestzeit von 7.50h hielt |
Das war's – jetzt etwas Hilpoltstein
anschauen und essen. Tipp: Hilpoltstein
ist, zumindest für mich, viel attraktiver als
Roth für eine Abendgestaltung.
Ich hatte mich entschieden in Heuberg gleich am Schwimmstart im Wohnmobil zu
übernachten.
Sonntag, 5.30 Uhr, kurz ein Müsli gegessen und ab zum Schwimmstart. Rein in den
geliehenen Neoprenanzug, Abgabe des Kleiderbeutels für den Zielbereich nach dem
Lauf sowie das Deponieren des Kleiderbeutels mit den Radklamotten für die
Wechsel vom Schwimmen zum Radfahren vor dem Umkleidezelt.
Inzwischen stürmten die um 6.30 Uhr gestarteten Spitzenathleten nach guten 45
Min. Schwimmen in ihren einteiligen Trisuits, welche sie zur Minimierung von
Wechselzeiten unter ihren Neoprenschwimmanzügen an hatten, zu ihren 10.000€
Rennrädern.
Toll, wäre ich doch auch schon wieder aus dem Wasser....
Mein Start war in der 10ten von 12 Startgruppen um 7.30. Diese jeweils ca. 300
Triathleten starke Gruppen wurden zur Entzerrung des Schwimmstarts im Abstand
von jeweils 5 Minuten ins Rennen geschickt. Also alle die mit mir eine violette
Schwimmkappe hatten trafen sich hinter dem Umkleidezelt, um nach dem Startschuss
für die vorherige Gruppe in den für den Schiffsverkehr gesperrten Main-Donau
Kanal gelassen zu werden. Somit hatten wir knapp 5 Minuten Zeit uns an das
Wasser zu gewöhnen, den Neopren nochmals zurecht zu zupfen, ca. 50 m zur
Startlinie vor zu schwimmen und sich eine gute Startposition zu suchen.
Ich entschied mich für ganz rechts. Nach dem Startschuss eine gewaltige Hektik,
alles wollte nach vorne schwimmen, Puls 180, Kurzatmigkeit, ich dachte ich bin
in einem Piranhabecken. Schwimmer puffen, schieben, strampeln sich teilweise
rücksichtslos ihren Weg frei. Wohin – anscheinend alle etwas Richtung Mitte um
eventuell den Wassersog der Vorschwimmer zu nutzen? Na ja, ich wollte hier das
Rennen nicht gewinnen, also ganz rechts, kein Drafting, eventuell auch kein
anderer Strömungsvorteil, aber ich hatte freie Bahn!
Langsam den Rhythmus finden, Puls runter und die 3,8km abschwimmen. Vorbei an
einem festgemachten Ausflugsdampfer zur nächsten Brücke im Süden. Genau
darunter, die Zuschauer auf der Brücke werden es danken, die Wendeboje. Jetzt in
Ufernähe zurück immer geradeaus zur nächsten Brücke 1,9km im Süden. Alles läuft
gut, wieder keine Behinderung durch andere Schwimmer. Auf der Brücke und am dem
Start/Ziel gegenüberliegenden Ufer Stimmung durch viele Zuschauer. Na ja, ich
als nur "Linksatmer“ hatte nichts davon. Ca. 200m nach der Brücke wieder eine
Wendeboje und zurück zum Schwimmziel. Endlich, ich kam im Zielbereich an, mir
wurde geholfen aus dem Wasser zu kommen, Kreislauf war okay, also ab im
Schweinegalopp Richtung des etwa 100m entfernten Wechselzeltes, dabei den
Kleiderbeutel greifen und dann innerhalb von 5 Minuten raus aus dem engen Neo,
abtrocknen, Vaseline, Radklamotten an, Schwimmkram in den Kleiderbeutel und ab
zum ca. 200m entfernt stehenden Rennrad. |
Schwimmstartgelände von der Kanalbrücke |
Teil des Park Fermee
|
Roth ist auch für viele französischen Teilnehmer Kult |
Kleiderbeutel für das Radfahren vor dem Wechselzelt |
Abgabe der Kleiderbeutel für den Zielbereich |
Umziehen nach dem Schwimmen |
Ab zum Rad |
Das Rad entsprechend der Regel aus dem Park Fermee schieben und nach ca. 100m an
der Zeitnahmematte aufschwingen, in die Klickpedale und los. 180Km radeln, dabei
mit den Kräften haushalten, um noch ein paar Körner für den abschließenden
Marathon übrig zu haben.
Die Sonne scheint, ca. 28° C und kaum Wind. Ich kannte die Strecke schon vom
letzten Jahr, wo ich für unser Team die Strecke in knapp 5h30 bei ähnlichen
Bedingungen gefahren war.
Zuerst ging es unter viel Applaus der Zuschauer über die Main-Donau Brücke, dann
links über die mit harten Schlaglöchern übersäte Schleuse wo einigen Akteuren
sogar die Wasserflaschen aus den Halterungen flogen wieder über den Kanal nach
Eckersmühlen.
Hier war eines der Stimmungsnester der zweimal zu fahrenden Radstrecke, die
sogenannte Biermeile. Die Zuschauer hatten sich an Biertischen gemütlich gemacht
und spornten die vorbeifahrenden Radler wohl gelaunt an. Jetzt links durch mäßig
ansteigende und wieder abfallende Streckenabschnitte viel durch den Wald nach
Heideck. Wieder ein paar Zuschauer, dann kurz vor Thalmässing ein etwas härterer
Anstieg, dafür aber tolle Stimmung durch fetzige Musik und Sprüche organisiert
vom örtlichen Skiclub.
In Thalmässing die nächste der fünf jeweils gleich aufgebauten
Verpflegungsstationen. Zuerst ein Fangnetz, um gebrauchte Radflaschen zur
Wiederverwendung zu entsorgen. Dann wurden Wasserflaschen, Isoflaschen, Bananen,
Riegel, Gel und abschließend nochmals Wasser gereicht. Die Helfer waren alle
super motiviert und die Übergabe der Verpflegung klappte auch bei der
Vorbeifahrt mit höherem Tempo prima.
Tendenziell bergab ging es weitere 10km nach Greding. Links, nochmal links, es
deutete sich an der zunehmenden Anzahl der Zuschauer schon an, runterschalten,
es ging den berühmten Kalvarienberg hoch. Tolle Stimmung, „Satisfaction“ aus den
Lautsprechern ließ uns das erste steile Stück des Berges hinauf fliegen. Dann
weitere ca. 2km moderat bergan, dann auf der Hochfläche mit Blick auf die weite
offene Landschaft nach Osterberg. Heidewitzka, jetzt „Kette rechts“ und knappe
3km in einigen Serpentinen bergab. Nicht zu steil, nur in den Kurven musste
scharf abgebremst werden, um nicht in die extra aufgestellten Strohballen zu
krachen. Gute Erholung bis Obermässig. Kurz vor Eysölden, wo wir wieder
verproviantiert wurden, wieder kurz hoch, dann eine weitere dankbare Abfahrt.
Man konnte Hilpoltstein schon spüren, noch eine kleine bergan Passage mit
Musikuntermalung, dann der Knaller. Hilpoltstein, scharf rechts, und ging es ca.
1km den Solarer Berg hoch. Zuerst noch Absperrgitter die eine wenige Meter
breite Durchfahrt garantierte. Letzte Chance eventuell langsamere Fahrer zu
überholen. Dann hinein in die ein Meter breite von begeisterten Zuschauern
gebildete Gasse. Ein Feeling wie man es sich vorstellt, wenn man eine Bergankunft
bei der Tour de France in der Glotze sieht! Spitze, aber ehrlich gesagt, in der
zweiten Runde ist am Solarer Berg wie auch an den anderen Stimmungsnestern
wesentlich weniger los, was mir auch zusagte.
Nun noch eine Schleife zum Kilometermachen über eine Autobahnbrücke und dann
zurück nach Hilpoltstein. In der Ortsmitte rechts einen moderaten Anstieg hinauf
und die erste Runde war mit dem Überqueren des Main Donau Kanals Geschichte.
Die zweite Runde war von den Windverhältnissen ähnlich, nur die Temperaturen
stiegen gemäß meinem Tacho auf 31°C am Ende der Radstrecke in Roth an. Diese
zweite Wechselzone erreichten wir nachdem wir nach der zweiten Runde in
Eckersmühlen nach rechts abbogen und die letzten paar Kilometer nach Roth rollen
durften. Kette links, kleiner Gang, Beine lockern und raus aus den Radschuhen.
Wechselzone, das Rad wurde einem abgenommen, der Kleiderbeutel mit den
Laufklamotten wurde unverzüglich gereicht. Ab ins Wechselzelt, umziehen,
Radklamotten in den Kleiderbeutel, abgeben, alles kein Thema. Aber nun, 31 °C,
knallige Sonne um 14.45 Uhr und bereits über 7h unter Dampf – da freut sich der
angehende Ironman schon auf seinen Marathon! |
Ab hier darf geradelt werden |
Es geht über die Kanalbrücke |
Die Biermeile in Eckersmühlen |
Eine Verpflegungsstelle auf der Radstrecke |
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