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Fünf Kilometer später durchqueren wir Täsch. Bei allen Verpflegungsstationen
fällt auf, dass sie sehr übersichtlich sortiert und weiträumig aufgestellt sind.
Immer stehen viele Helfer da, die mit Bechern und der Ankündigung des Inhalts
auf uns zu laufen. "Cola", "Iso", "Wasser". Keine Sucherei, kein Gedränge! Ein
kleiner Junge scheint allerdings frustriert zu sein, dass niemand die Riegel
will, die er anbietet. Sehr dynamisch fleht er mich an: "Nun nimm doch einen
Riegel!!!" Nein danke, das Powerbar-Zeug überlasse ich gerne der breiten Masse.
Mein Magen kommt damit nicht klar.
Ein längerer Aufstieg führt uns auf der Straße in Richtung Zermatt.
Zwischendurch dürfen wir durch einen Tunnel laufen, wo wie gewohnt das Jauchzen
vieler Läufer durch die Röhre hallt. |
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Dann überqueren wir eine hübsche Brücke. |
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Anschließend beginnt etwa bei km 17 unser erster Trail des Tages. Zuerst
marschieren wir etwas steil aufwärts, dann laufen bzw. gehen wir entlang der
Bahnstrecke immer leicht auf und ab. Manchmal ist der Weg mit Seilen gesichert,
damit niemand versehentlich auf die Schienen hinab stürzt. Trotzdem ist dies
hier für Stadtmarathonis vielleicht anspruchsvoll, für Trailrunner aber eher
eine leichte Übung. |
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Schließlich liegt Zermatt vor und unter uns. Meine Taktik sah heute vor, dass
ich auf der ersten Streckenhälfte schnell laufe, damit ich Zermatt erreiche,
bevor sich das Matterhorn wieder hinter Wolken verbirgt, doch die Wolken waren
schneller.
Nun laufen wir hinab in die quirlige Touristenstadt. |
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Nahe des Bahnhofs erreichen wir den Halbmarathonpunkt. Hier stehen viele
jubelnde Zuschauer. Einige haben große Kuhglocken dabei.
Hier ist auch der Wechselpunkt für die Staffelläufer. Eine Läuferin, die hier
auf ihre Einwechslung wartete, erzählt mir später, dass sie mangels Klohäuschen
zwischendurch am Bahnhof lange hinter all den Touristen in der Schlange stehen
musste. Eine Musikgruppe legt gerade eine Pause ein, als ich vorbei laufe. |
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Drei Kilometer weit drehen wir nun eine Schleife durch den Ort und daraus
hinaus. An einer Stelle begegnen wir den entgegenkommenden Läufern, die etwa 2
km vor bzw. hinter uns laufen. Wer nicht weiß, wo das Matterhorn steht, ahnt
nicht, dass es sich hinter der Wolke rechts im Bild versteckt. |
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Im oberen Teil von Zermatt stehen kaum Zuschauer. Die vielen Touristen auf dem
Weg zum Hotel oder zum Ausflugsziel, nehmen uns nicht wahr. |
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Ab Zermatt bekommen wir an den Verpflegungsstationen auch Bouillon. Dies finde
ich absolut super, denn damit kann ich den Salz- und Mineralverlust viel besser
ausgleichen als mit irgendwelchen Pülverchen. Doch meine Begeisterung über die
Bouillon wird durch das restliche Speiseangebot gedämpft. Außer Bananen, die
teilweise noch nicht ganz reif sind, so dass sie unterwegs nicht verdaut werden
können, gibt es ausschließlich Riegel und Gels. Da ich inzwischen Hunger habe
bleibt mir nichts anderes übrig, als doch so einen der Riegel zu schnappen,
obwohl ich weiß, dass ich sie nicht vertrage.
Zum Glück wird heute auch reichlich Cola angeboten. Ohne Cola wären für mich die
letzten Kilometer ebenso öde wie ein Start ohne Kaffee am Morgen.
Nun verlassen wir den Ort, und ein langer Aufstieg mit gleichmäßiger,
mittelstarker Steigung beginnt. Fitte Läufer können die nächsten Kilometer noch
laufen, doch die Mehrheit um mich herum wandert nun bergauf. |
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Ich sehe, dass noch immer weit unter uns Läufer auf Zermatt zu laufen. Hier oben
mischt sich das Feld immer mehr mit Ultras, Marathonis und Staffelläufern. An
der Farbe der Startnummer kann man sie unterscheiden. Wir Ultras haben Rot. Die
34 Teilnehmer, die heute zum zehnten Mal starten, dürfen dies mit einer
speziellen Startnummer zeigen. |
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Bei manchem Marathon trifft man den "Mann mit dem Hammer", hier holt mich schon
bei km 26 ein Mann mit der Keule ein. Er zählt zu einer Gruppe von Briten, die
alle urig als Steinzeitmenschen verkleidet für Gaudi auf der Strecke sorgen. |
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Am späteren Abend treffe ich die Gruppe im Bahnhofsbuffet Sankt Niklaus wieder,
wo sie erneut sehr auffallen. Ob sie morgen mehr Muskelkater oder mehr
Bier-Kater haben? Einer von ihnen bedankt sich bei mir, denn ich habe gestern
ihre Busfahrt hinauf nach Grächen gerettet. Sie saßen an der Bushaltestelle auf
einer Bank und konnten nicht ahnen, dass der Bus heute nur auf der anderen Seite
des Bahnhofsgebäudes hält. Kein noch so kleiner Zettel wies auf diese Änderung
hin. Zum Glück hatte ich dieses Dilemma schon bei einem früher fahrenden Bus
gesehen und konnte sie auf die rechte Seite schicken.
Der letzte Kilometer nach Sunnegga lädt wieder zum schnellen Laufen ein.
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Von Sunnegga (km 32,2) könnte man mit einer extrem schnellen U-Bahn direkt nach
Zermatt hinab fahren. Beinahe wäre dies auch eine Option für mich, denn als ich
notgedrungen erneut in einen Riegel beiße, muss ich gleich darauf hinter einem
Versorgungsfahrzeug verschwinden und meinen Magen leeren. Nun beschränke ich
mich für den Rest des Tages auf Bouillon und Cola, und bald fühle ich mich
wieder gut. Für Läufer, deren Beine bereits hier schmerzen, wird auch Massage
angeboten, doch die brauche ich jetzt wirklich nicht.
Nun laufen wir kurz hinab zum hübschen Leisee. |
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Zu unserer Viertausendersammlung kamen inzwischen Obergabelhorn und Zinalrothorn
hinzu, später taucht auch ganz kurz das Weisshorn aus den Wolken auf. Dent
Blanche und Matterhorn bleiben unsichtbar.
Dann geht es ein paar Meter aufwärts, kurz rasant abwärts, bis ein längerer
Wanderaufstieg folgt. |
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Nach dem Grindjesee gehen wir steil hinab und laufen an einer faszinierenden
Moräne vorbei. |
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Ein Fahrweg bringt uns vorbei an Grünsee, den wir allerdings von unserem Weg aus
nicht sehen. Am Ende dieses Tales sehen wir Rimpfischhorn (4199 m) und
Strahlhorn (4190 m). |
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Nun folgt ein äußerst schöner Trail mit kurzen Passagen, die etwas
Trittsicherheit fordern. Hier macht mir das Laufen wieder unglaublich viel Spaß.
Wir kommen an vielen fotogenen, uralten Bäumen vorbei. Hier haben die
höchstgelegene Baumgrenze der Schweiz erreicht. Ach wie schön ist es, hier
unterwegs sein zu dürfen! |
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Zermatt zählt für viele japanische Touristen zum Pflichtziel ihrer Kurzreise
durch Europa. Entsprechend viele japanische Wanderer und Gruppen treffen wir
heute unterwegs. In Japan ist der Marathonsport sehr viel populärer als bei uns.
Die Spitzenläufer sind im Volk bekannt wie bei uns Fußballstars. Daher
überrascht es mich nicht, dass uns die japanischen Touristen weitaus mehr
applaudieren als ihre europäischen Kollegen. Mit Atomkatastrophen können sie
nicht umgehen, aber Läufer mit E C H T E R Begeisterung anfeuern können sie
hervorragend. Manch ein deutschsprachiger Wanderer blickt uns nur dagegen
verständnislos nach oder lässt ein laues "Hop Hop Hop" hören, aber die Japaner
bereiten uns viel Freude.
Trotzdem könnten die Japaner heute abend ruhig den Deutschen Fußballfrauen
erlauben, einen Ball ins Tor zu schießen. Rückblickend muss ich feststellen,
dass unsere Nationalelf an diesem Tag besser nach Zermatt gefahren wäre, statt
sich zwei Stunden im Stadion zu quälen.
Von der Bahnstation Riffelalp fährt seit dem Jahr 2000 wieder die höchstgelegene
Straßenbahn Europas zum Hotel Riffelalp. Als ich das Hotel erreiche, trägt die
Musikkapelle gerade ihre Instrumente vom Rasen zum Dach der Terrasse, denn jetzt
beginnt es leicht zu regnen.
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Da auch einige stärkere Windböen dazu kommen hole ich meine leichte
Windstopper-Jacke aus dem Laufrucksack und ziehe sie an.
Die Marathonis können ihr Ziel nun schon sehen, doch noch warten 3,2 km und 400
Höhenmeter auf sie. |
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Teil 3 ==> |
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