Einführung
Der Graubünden Marathon gehört zu den
abwechslungsreichsten, anspruchsvollsten und interessantesten
Bergmarathons überhaupt. Man startet in knapp 600 Meter Höhe in der
ältesten Stadt der Schweiz in Chur und läuft Stunden später schließlich
nach zahlreichen Lauferlebnissen auf dem 2860 m hohen Parpaner Rothorn
im Ziel ein.
Diesmal fand der Marathon das 10. mal statt und weil
er so schön ist, war ich auch jedes mal mit dabei.
Bereits am Start treffe ich viele bekannte Gesichter und Wiederholungstäter
des Graubünden-Marathons. So natürlich auch wieder Anton Lautner, der
für marathon4you vom Event berichtet.
Pünktlich um 9:15 starten wir und wie immer bin ich für kurze Zeit dann auch
der Letzte im Teilnehmerfeld. Auch dies schon eine kleine
Graubündenmarathon-Tradition von mir. Bald überhole ich Sigrid Eichner, die
bald ihren 2000. Marathon feiern darf, wenn sie weiter so fleißig Marathons
einsammelt wie bisher.
Ein schöner Wasserfall am Rande der Plessur, durch deren
Tal wir anfangs hoch laufen, lädt mich ebenfalls traditionell zu einer
kleinen Fotopause ein.
Schließlich, bereits nach 3 Kilometern Laufstrecke ist Schluss mit lustig,
weil es ab nun steil bergauf geht. Wer es aber wie ich gemütlich angeht,
dessen "Leiden" halten sich dabei in Grenzen, zumal man sich schon 2
Kilometer weiter am ersten Verpflegungsstand stärken kann.
Es folgen ein paar weitere steile Rampen, aber zwischendurch geht es auch
immer mal flacher bergan, so dass sich Gehpausen mit Laufeinheiten
abwechseln.
Mal Kühe und dann auch Ziegen sind die einzigen Zuschauer am Streckenrand.
Aber weil die Strecke mich landschaftlich so sehr anspricht, vergeht die
Laufzeit dennoch im Flug. Vor Churwalden verlasse ich den
Wald und es geht mal wieder eine steile Rampe hoch. Dieser Streckenabschnitt
strengte mich in der Vergangenheit schon sehr an, weil hier oft die Sonne so
reinprellt, aber da Wolken sie heute weitgehend verdecken, ist das heute
kein Problem. Hinter Churwalden führt uns ein anfangs eher
flacher Fahrweg und später steiler werdender Weg in Richtung Höhe Foppa
hoch. Ich genieße hier jedes mal die wunderschönen Blütenwiesen. Weil dieses
Jahr alles etwas später dran ist, blüht es hier diesmal besonders schön:
Na gut 17 km Laufstrecke erreiche ich in etwa 1750 Meter Höhe mit der Höhe
Foppa die erste große Passhöhe. Dahinter geht es erst einmal bergab, so dass
ich etwas Tempo machen kann. Dennoch bin ich schon sehr spät dran, als ich
nach etwa 3 Stunden und 15 Minuten die Halbmarathonmarke erreiche. Sicher
ein Grund dafür sind meine schweren Trailschuhe und der schwere Rucksack,
die ich heute extra dabei habe, weil ich das ganze für den Irontrail in 2
Wochen austesten will. Bald lasse ich Parpan und die 25
Kilometermarke hinter mir. Ich laufe nun durch den mystischen "Wurzelwald",
der mich auch immer etwas an den Rennsteiglauf erinnert.
Dahinter umrunden wir den schönen Heidsee. Der Streckenabschnitt ist zwar
sehr flach, aber strengt mich dennoch meist sehr an. Häufig muss man hier
auch mit einem heftigen Gegenwind rechnen, der auch heute nicht ausbleibt.
Oberhalb des Seeufers kann ich zwischen den Wolken auch mal kurz das
Parpaner Rothorn erkennen, wo das Ziel ist und mittlerweile nach etwa 4
Stunden Laufzeit sicher auch schon einige ins Ziel eingelaufen sind.
Na ja, so eilig habe ich es nicht. Aber etwas eiliger hätte ich es schon
haben sollen, als mich Sigrid überholt und mich aufklärt, dass sie in
Lenzerheide um 14:00 alles dicht machen und die Läufer, die danach ankommen
nicht mehr weiterlaufen lassen. Ich habe das leider nirgendwo gelesen, aber
weil ich es nun auch weiß, gebe nun doch etwas Gas. Aber da dieser
Punkt bald folgt, ist das weiter kein großes Problem, da es erst 13:55 ist.
Dennoch, das hätte durch mein Unwissen böse ins Auge gehen können, wenn ich
mir nochmals 6 Minuten mehr Zeitgelassen hätte und was sind schon 6 Minuten
auf 31 Kilometer? Dennoch habe ich nun bis zum Gipfel noch
massig Zeit. Meist laufe ich für die letzten 11,5 km und 1414 Höhenmeter so
um die knapp 3 Stunden und ich weiß, dass in 4 Stunden das Ziel auch noch
offen ist. Also besteht kein Grund zu außergewöhnlicher Eile!
Es geht nun bis zum Wasserfall, der zwar sehr sehenswert
ist aber man auf der Strecke leider nicht sieht, auf den nächsten 2-3
Kilometern meist auf einem Singletrail steil bergauf. In zwei Wochen werde
ich beim Irontrail die gleiche Strecke laufen. Also ist das gleichzeitig
gutes Training!
Diesen Abschnitt kann man übrigens auch getrost als die Schlüsselstelle des
Graubünden Marathons bezeichnen.
Dabei hole ich meinen Freund Hanspeter ein. Er hat hier heute anders als
früher Probleme. Hanspeter ist so wie ich schon zum zehnten mal dabei. Aber
anders als ich hat er mit 70 Jahren auch schon ein paar Jahre mehr als ich
auf dem Buckel. Bei der Trinkstelle am Wasserfall werden
Hanspeter und ich als alte Bekannte traditionell ganz besonders
herzlich empfangen. Das lädt zum Verweilen ein und so verliere, nein
eigentlich gewinne ich so schöne Laufzeit!
Dahinter folgt dann erst einmal ein flacherer Abschnitt, bevor es zur
Mittelstation noch einmal steiler berghoch geht. Von der Mittelstation aus
haben wir zwar nur noch 6 Kilometer Laufstrecke vor uns, aber immerhin noch
fast 1000 Höhenmeter. Die Strecke schraubt sich nun immer
mehr in die Höhe, wobei flachere Abschnitte sich mit steilen und giftigen
Rampen abwechseln. Dazu macht sich nun auch die immer dünner werdende
Höhenluft bemerkbar. Bald lassen wir sogar die Vegetation hinter uns
und treten in die Steinwüste ein:
Schließlich folgen auch die ersten Schneefelder. Die Landschaft wird nun
immer imposanter und dramatischer und lässt mich auch beim zehnten mal
Anstrengung und Höhenluft vergessen.
Dennoch freue ich mich natürlich, als ich endlich das Ziel sehe und
demonstrativ mit 10 erhobenen Fingern die Ziellinie überquere. Die 10 Finger
symbolisieren dabei die Zahl meiner Zieleinläufe. Natürlich werde ich
deswegen auch entsprechend bejubelt! Für mich ist es auch lustig, dass
das meine zehntbeste Streckenzeit ist.
Auch bei jedem weiteren Zieleinlauf herrscht ein großes Hallo und Bravo,
obwohl wir wirklich mit die letzten eintreffenden Läufer sind.
Aber eigentlich sind wir die wahren Sieger, weil wir die längste und wohl
auch schönste Laufzeit hatten.
Am Schluss lassen Hansjoachim, Sigrid, ich, Sara und Joachim uns gemeinsam
ablichten, weil so über 3000 Marathons auf einem Foto gebannt werden, wovon
ich mit dem heutigen Lauf gerade mal 120 Stück beitragen kann:
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