Uewersauer Trail am 22.11.2015
Luxemburg oder besser „Lëtzebuerg“
ist ein kleines süßes Land und die „Lëtzebuerger“ sind unsere direkten Nachbarn
im Westen. In Luxemburg ist alles niedlich, die Häuser, die Hügel und die
Sprache.
Eier heißen dort „Eeër“, eine Strecke ist die „Streck“ und das süße Städtchen
Heiderscheid heißt „Heischent“.
Und in diesem „Heischent“ findet seit Jahren der Trail Uewersauer statt, der
Ultratrail durch den Naturpark Obersauer (Uewersauer), den Oberlauf des Flusses,
der Sauer.
Zwischen den vielen Höhepunkten
des Laufs, beispielsweise der romantischen Stadt Esch-Sauer („Esch-sur-Sûre),
die man durchläuft oder dem Lac de la Haute-Sûre, den man in normalen Jahren
nicht nur passiert, sondern über eine Ponton-Brücke überquert, hat man
ordentlich Höhenmeter zu absolvieren, deutlich über 2.000 Meter werden es am
Ende sein, beeindruckend und herausfordernd bei einer Streckenlänge von „nur“ 53
Kilometern.
Aber es sollten 52 Kilometer werden, die mich gefordert haben wie selten.
Training wird definitiv nicht überbewertet, dachte ich während den letzten 20
Kilometern und mit Schmerzen in beiden Füßen laufen ist auch nicht unbedingt
nachahmenswert. Aber wenn es denn so ist, wenn Du, beruflich bedingt,
untertrainiert bist und wenn Du Schmerzen bei jedem einzelnen Schritt hast, auch
dann kannst Du finishen. Und nur das zählt. Und nicht primär die Zeit, die am
Ende auf Deiner Urkunde steht.
Bildquelle
dieser 4 Bilder: Homepage des Veranstalters
2010 lief ich zum ersten Mal in
Heiderscheid, in „Heischent“, damals hatte ich am Ende eine Zeit von 6:09
Stunden stehen und 2013 konnte ich in 5:42 Stunden finishen. Damals lief auch
Günter Kromer dort und schrieb diesen
Bericht, hier auf diesem Portal Laufspass.com . Vielleicht liest Du ihn mal,
ich will ja nicht alles wiederholen, was Günter damals so liebevoll beschrieben
hat.
Aber zurück zu den Zeiten und Ergebnissen. Dass ich heuer nur wenige Sekunden
unter der 6:30 Stunden Marke blieb, macht dabei gar nichts, ganz im Gegenteil.
Ich litt phasenweise so sehr, dass ich mir den finalen Einlauf in die Halle
herbeigesehnt habe wie ich selten eine Ziellinie erwartete.
Ich fuhr am frühen Samstagmorgen nach Luxemburg, aber ich rate jedem, doch
besser am Vortag anzureisen. Der Start des Ultratrails ist frühmorgens um 8.45
Uhr, für die Startunterlagen solltest Du aber vor 8.00 Uhr in Heiderscheid sein.
Es hieß also für mich, dass ich um 5.15 Uhr aufzustehen hatte, damit ich noch
genug Sicherheit zu den offiziellen zwei Stunden Anreise hatte.
Die Veranstaltung Trail Uewersauer lebt auch durch die vielen Sponsoren, die
nicht nur ein sehr geringes Startgeld ermöglichen, sondern auch ein
Starterpaket, das sich sehen lassen kann.
Eine schwarze Weste war dabei, zudem auch eine orangene Wollmütze und orangene
Wollhandschuhe des Hauptsponsorts ING Bank. Ein Segen für all diejenigen, die
den Wintereinbruch verschlafen hatten. Und all das gab es in einem kleinen
einfachen Rucksack.
Meine Startnummer war die 123, wenn ich aber dachte, ich könnte da 1, 2, 3, mal
eben locker finishen, dann irrte ich gewaltig.
„Heischent“ liegt immerhin auf rund 520 Metern Höhe und ist der höchste Punkt
des gesamten Rundkurses durch diesen landschaftlich sehr reizvollen Naturpark,
und es lag leichter Schnee auf den Wiesen. Der Winter hatte ja an diesem
Wochenende im späten November ein erstes Stelldichein gegeben, aber schon nach
wenigen Kilometern, die anfangs ausschließlich nach unten gingen, war der Schnee
schon nicht mehr da. Und es geht kräftig runter, bis auf deutlich unter die 300
Meter Marke. Und wie es in einer hügeligen Landschaft ist, geht es auch immer
wieder kräftig rauf. Flache Passagen sind die Ausnahme und das ist gut so.
Wir alle kennen ja die Frage, ob die „Streck“ nun ein Trail war oder nicht. Oder
anders formuliert: Blieben die Laufschuhe sauber oder nicht? Diese Frage kann in
Luxemburg ganz eindeutig beantwortet werden: Schuhe, Socken, Waden und vieles
mehr wurden mehr als nur dreckig. Dank der tagelangen Wässerung in den Tagen vor
dem Lauf war die Strecke matschig und schlammig und es gab meist auch keine „Pussy-Lane“
um die Pfützen herum.
Wenn es also hier und da mal eine Asphalt-Strecke gab, im Wesentlichen waren es
schmutzige und kalte Waldtrails. Jeder, der City-Marathons hasst, wird diese
Strecke also lieben.
Besonders geliebt habe ich den schmalen Trail rauf und runter auf einer Halbhöhe
über dem Lac de la Haute-Sûre, auf dem es sehr lange sehr langsam voran ging.
Aber ständig konnte man das Wasser des Sees sehen und die Ruhe genießen, die
diese Passage ausstrahlte. Autoverkehr? Fehlanzeige.
Die Versorgung der Läufer ist vielseitig und entspricht dem Selbstverständnis
der „Lëtzebuerger“, Gäste wertzuschätzen. Wasser, Iso, Tee, Cola, später dann
eine Gemüsebrühe, Salzgebäck, Kekse, Riegel, Brote, Orangen und Bananen, alles
war ausreichend vorhanden.
Verpflegungspunkte gab es anfangs alle 10 Kilometer, später dann in einem
Abstand von rund 6,5 km, mehr als ausreichend, ein Grund, warum ich mich
entschloss, ohne Rucksack und auch ohne Trailstöcke zu laufen. Dass diese
Entscheidung nicht perfekt war, lag eben nicht daran, dass ich zwischendurch
etwas zu Essen oder zu Trinken benötigt hätte, aber nach so vielen Läufen mit
Rucksack und Stöcken fühlte ich mich irgendwie „nackt“ und ständig hatte ich das
Gefühl, an einem Verpflegungspunkt etwas vergessen zu haben.
So schlecht ich letztendlich war,
ich war nicht der Einzige, der litt. Die oft steilen und glitschigen Anstiege,
jeder für sich nicht allzu hoch, in der Summe aber fordernd, saugten mir schon
die letzten Kräfte aus den Oberschenkeln und so wurde ich sukzessive langsamer
und weniger ergebnisorientiert. Irgendwann wäre es mir sogar egal gewesen, nur
kurz vor dem Zielschluss nach 7:15 Stunden einlaufen zu können, Hauptsache, das
mit meinem Finish Nummer 204 klappt noch irgendwie.
Erst als ich realisierte, vielleicht doch noch unter der Marke von 6:30 Stunden
bleiben zu können, bewegte ich mich wieder etwas schneller. Es ist halt doch
vieles Kopfsache, denn die Schmerzen nahmen wieder ab und die Lust aufs Laufen
nahm wieder zu. Als dann irgendwann klar war, dass ich mich auf dem letzten
Anstieg durch den Wald befand, atmete ich erleichtert auf und nach einer
flacheren Passage über die Felder hin zu den ersten Häusern von Heiderscheid sah
ich schon den letzten kleinen Anstieg hin zur Halle, dann ging es noch mal ein
paar Meter runter und hinter der Halle über einen Wiesenweg zu einer Treppe.
Treppenstufen auf dem Schlussspurt müssen ja nicht wirklich sein, dann ging es
weiter Richtung Halle, in die Halle hinein und die Finishline befand sich im
Trockenen, in der Halle.
Die 6:30:03 Stunden, die die
Zieluhr anzeigte, wurden dann durch die Nettozeit auf 6:29:47 Stunden
korrigiert, das Finish der letzten Kilometer hatte sich also noch einigermaßen
gelohnt.
Gelohnt hat sich auf jeden Fall, dieses Event besucht zu haben. Ich kann jedem,
der Trails liebt, diese Veranstaltung ans Herz legen. In Luxemburg ist alles
niedlich, die Häuser, die Hügel und die Sprache.
Nicht aber die Trails ….
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