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Bieler Lauftagebuch von Jochen Brosig
Teil 4 – April / Mai – Unser Trainingslager in Kärnten - Ein kulinarischer Laufgenuss

Jochen Brosig plant 2006 erstmals bei den 100 km von Biel teilzunehmen. Bereits für die lange Vorbereitungsphase führt er dazu ein für den Leser interessantes und auch mal amüsantes Lauftagebuch.

Autor:  Jochen Brosig

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Teil 4

Teil 4 – April / Mai – Unser Trainingslager in Kärnten - Ein kulinarischer Laufgenuss

„Die 100 KM von Biel – Ich war dabei!!!“, das wollte ich auch einmal sagen. Jetzt ist es bald soweit, mein Ziel rückt immer näher.
Zum Glück geht´s bergwärts

Hallo Genussläufer,

viele Grüße aus Kärnten. Wir halten es dieses Jahr mit Anderl Heckmair, dem Erstbesteiger der Eiger Nordwand. Deshalb heißt unser Motto auch „Zum Glück geht´s bergwärts“. Das gleichnamige Buch ist übrigens im Tyrolia-Verlag erschienen und kostet 17,90 €. Der Münchner Heckmair verstarb 2005 im Alter von 98 Jahren.

„Der Millstätter See – Das Juwel in Kärnten“, so wird man auf der Internetseite begrüßt. Der Seeradweg um den Millstätter See ist der perfekte Spass für die ganze Familie. Geübte Radfahrer schaffen die Strecke von 28 KM in zwei Stunden – heißt es. Geübten Läufern wie uns reicht diese Strecke natürlich nicht aus, ........ aber fangen wir von vorne an.

Es ist Samstag Morgen um 5.00 Uhr. Ich hole Manfred in Großenseebach ab und wir machen uns auf den Weg in unser Trainingslager 2006. Dieses Jahr läuft die Anfahrt problemlos und wir sind nach 5-stündiger Fahrt an unserem Zielort Seeboden. Der Sonnleitenweg hat wieder einmal seinen Namen zu Recht. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein erwarten uns. Man sagt nicht umsonst: „Kärnten – Das Land der Sonne“. Manfred´s Mutter erwartet uns schon mit dem Mittagessen. Ihr ahnt es schon, um meinen Glykogenspeicher brauche ich mir diese Woche wieder einmal keine Gedanken machen. Aber wir verschieben das Essen auf abends und starten sofort durch, Richtung Eglsee.

Samstag Seeboden – Eglsee 22 km / 380 HM
Krautspatz´n und Salat


Am Sonntag klingelt um 7.00 Uhr der Wecker. Läuferfrühstück und los. An der ersten Kreuzung biegen wir scharf links ab und sofort geht´s bergauf. Einmal um den Kolmberg soll es gehen. Hauptsächlich auf Waldwegen führt uns der Weg. Die Sonne spitzt hinter den Schäfchenwolken hervor und die Vögel zwitschern ihre Frühlingslieder. Bergauf, bergab, mal auf schmalen Wurzelpfaden, dann wieder auf Kieswegen schlängelt sich der Weg durch den Wald um den Kolm. Anschließend verbringen wir den Vormittag, dösend bei Sonnenschein, im Liegestuhl auf der Terrasse. Am späten Nachmittag laufe ich die altbekannte Runde über Millstatt und Tangern.

Sonntag Seeboden – Rund um den Kolm 12 km / 300 HM
Seeboden – Millstatt 12,5 km / 220 HM
Schnitzel mit Petersilienkartoffeln
Der Millstätter See

Heute fahren wir nach Villach. Montagmorgen, eine unserer drei Kernetappen steht an. Von der Mautstation aus die Dobratscher Bergstraße hoch zur Bergstation „Parkplatz Rosstratte“. Unten hat es 14 Grad, es ist wieder strahlender Sonnenschein. Oben sind es dann nur noch 4 Grad. Die Strecke liegt größtenteils in der Sonne. Ich im Wettkampf-Outfit, schulterfrei. Von der Aussicht bekomme ich erst auf dem Weg nach unten etwas mit. Dobratscher Bergstraße, das heißt im Klartext: 16 km bergauf bei ca. 10 % Steigung, 1200 HM und eine Laufzeit von 1 Std. 33 min. Anschließend relaxen wir in der Erlebnistherme Villach. Regeneratives Schwimmen und lockern im Whirlpool ist angesagt. Das tut gut! Kaum im Liegestuhl, schlafe ich ein.

Montag Villach – Dobratsch Berglauf 16 km / 1200 HM
Gemüsereis mit Gurkensalat
Der Dobratsch
Warmbad Villach

Ideales Laufwetter empfängt uns am Dienstagmorgen. Zwischen den Wolken schaut immer wieder Mal die Sonne durch. Lockeres Auslaufen ist heute angesagt. Dabei sammeln wir wieder ein paar Höhenmeter. Ohne Berge geht hier gar nix. Über Spittal und Lieserhofen zurück nach Seeboden. Auch eine bekannte Runde, die wir heute mit Abwandlung laufen. Ich habe ein gutes Gefühl. Meine Muskeln fühlen sich gut an. Es läuft sich prima! Danach wieder unser Ausgleichsprogramm: Dösen im Liegestuhl – Essen – Dösen im Liegestuhl. Am Abend scharre ich wieder mit den Hufen. Manfred schüttelt nur den Kopf. Nichts desto trotz laufe ich nach Millstatt am Seeufer entlang, flach. 50 Minuten. Mal wieder ein bisschen Tempo machen. Die untergehende Abendsonne spiegelt sich rot im Millstätter See, ein leichte Brise kühlt mich und ich fliege dahin:
„Oh, I want to get away,
I want to fly away……..”

Dienstag Seeboden – Spittal – Lieserhofen – Seeboden 19 km / 370 HM
Seeboden – Millstatt 11 km / 50 HM
Fischfilet mit Kartoffelsalat
Spittal an der Drau

Nach dem Motto „Bus & Run“ geht es Mittwoch früh zeitig mit dem Postbus nach Afritz. Unser Lauf startet um 8.00 Uhr am Afritzer See. Die Königsetappe dieses Jahr. „Mal schau´n, wie ich das Programm der letzten Tage verkraftet habe?“, denke ich mir noch und schon geht´s bergauf. Es dauert fast eine halbe Stunde bis ich richtig in Tritt komme. Ich schleppe mich Manfred hinterher. „Das kann ja heiter werden!“ Wir haben ja noch 3 Stunden vor uns. „Auweia!“
Vom Thurnerhof zieht sich ein Anstieg in Serpentinen durch den Wald nach oben. In den nächsten 30 Minuten bewältigen wir ca. 300 Hm. Wir sind jetzt etwa auf 1100 m und laufen, ungefähr auf halber Höhe des Mirnocks, einen regelrechten Viertelkreis um den Berg. Von der schattigen Nordseite auf die sonnige Westseite. Natzlhütte, Bruggerhütte und Bergfried heißen unsere Stationen. Mal haben wir über umgestürzte Bäume zu klettern, dann wieder vorsichtig einen Steig entlang zu laufen (ja fast zu klettern), weil der halbe Weg weggesackt ist. Aber ansonsten führt unser Weg auf Kieswegen und Wurzelwerk, so dass es uns nicht langweilig wird. Wir müssen hier hoch konzentriert laufen, um nicht umzuknicken oder zu stürzen. Beim Bergfried angekommen, werden wir mit einer wunderbaren Aussicht über den Millstätter See belohnt. Vor uns die Hohe Tauern. Bevor es jetzt 500 Hm bergab nach Glanz geht, schöpfen wir Energie an den „Orten der Kraft“ des Sebastian Kneipp. An der nördlichen Seite des Millstätter Sees entlang, laufen wir durch den Buchwald, weiter durch den Zederwald. Jeder noch so kleine Anstieg wird für mich jetzt zum Mount Everest. Manfred geht es nicht besser. Wir ziehen uns gegenseitig mit der Gummibandmethode Richtung Seeboden: An den Steigungen bin ich vorne, beim nächsten Gefälle zieht er an mir vorbei als ob ich stehe, bis beim nächsten Anstieg ich wieder in Front laufe. So geht´s hoch zum Eglsee. Und endlich ist es so weit: von nun an geht´s bergab. Nämlich nach Seeboden und dort wartet mein Liegestuhl auf mich. Also noch Mal einen Zwischenspurt eingelegt, das Tempo erhöhen und dann ist es geschafft. Die Spaghetti haben wir uns sauber verdient. Das war kein Zuckerschlecken. Als ich mir am Abend die Tour auf der Karte noch einmal anschaue, wird sogar mir schlecht. Das war der Hammer!

Mittwoch Von Afritz nach Seeboden – 4 Seenlauf 37 km / 970 HM
Spaghetti Bolognese und Gurkensalat
Afritzer See / Brennsee / Eglsee / Millstätter See

Nach der knüppelharten Tour gestern ist heute lockeres Auslaufen angesagt. Manfred legt einen Ruhetag ein. Es geht zeitig los, für nachmittags sind Schauer angesagt. Mit 14 Grad ist es auch etwas frischer als in den vergangenen Tagen. Ich mache mich auf den Weg der bekannten Runde vom Dienstag nach Spittal. Es nieselt immer wieder mal. Aber das ist ganz angenehm beim Laufen. Bergwärts lasse ich es heute bewusst langsam angehen. Abwärts lasse ich es an den flachen Passagen rollen, an den starken Gefällstücken wird ganz ruhig und vorsichtig gelaufen. Zurück in Seeboden habe ich immer noch nicht genug. Es geht weiter, immer weiter. So laufe ich die Sonntagvormittagrunde „Rund um den Kolm“. Am Ende stehen 30 km zu Buche. Wie erwähnt, lockeres Auslaufen ist angesagt.
Natürlich darf auch der gemütliche Teil nicht zu kurz kommen. Ein Hüttenabend in der Buschenschenke rundet den Tag bei ein paar Gläsern Most ab. Der Wirt spielt dazu auf der Steirischen und wird von der Teufelsgeige und der Saublattern unterstützt. Alles in allem ein urgemütlicher Abend. Das ist zwar nicht die ideale Vorbereitung für den nächsten Trainingstag, aber sch.... drauf

Donnerstag Spittal – Lieserhofen – Seeboden 19 km / 370 Hm
Rund um den Kolm 12 km / 300 Hm
Hüttenabend mit einer Brettljausen dazu ein paar Gläser Most
Hüttenabend

Der dritte Schwerpunkt dieses Trainingslagers ist die heutige Intervalleinheit. Und die ist nichts für Weicheier. 10 x 1000 m! Ich hoffe ich bin kein Weichei und kann das Programm durchziehen. Wir werden sehen. Es regnet schon die ganze Nacht und deshalb habe ich auch gar keine Lust zum Aufstehen. Aber es hilft alles nichts, mein Trainer kommt persönlich und schmeißt mich aus dem Bett. Ich mache mir mein Wettkampffrühstück (1 Banane) und brauche dann noch eine Stunde zum wach werden. Draußen nieselt es inzwischen. Also besser wird das Wetter heute nicht mehr. Es soll losgehen. Auf der ersten Hälfte begleitet mich Manfred, die zweite Hälfte laufe ich alleine. Wir trainieren auf einer 2 km-Runde. Der 1000 m Abschnitt ist asphaltiert und der Wind kommt von hinten. Ideal! Das heißt für mich heute 14 Runden: Je 2 zum Ein- bzw. Auslaufen und 10 für die Intervalle. Schon nach den ersten 2 Intervallen ist mir klar, heute läuft es rund. Bei für mich idealem Laufwetter spule ich die 1000er runter. Spielend einfach lassen sie sich laufen und ich freue mich schon auf Montag, um meine Form auszutesten.

Freitag Seeboden – Intervalltraining 31 km / 280 Hm
10 x 1000 m im 10 km-Wettkampftempo
Kärntner Nudeln und Eissalat
Kärnten läuft

Regenerativ wollen wir heute Joggen. Dabei soll es auch ganz bestimmt bleiben. Manfred ist zwar nicht dabei um mich zu bremsen. Aber heute besteht keine Gefahr, dass ich zu schnell werde. Ein Lauf für die Statistik. Mir fehlen noch 10 km zu 200 Trainingskilometern in der Woche. Ich laufe noch einmal runter an den See. Heute ist es trüb und regnerisch. Es nieselt leicht und es ist kühl, aber nicht windig. Die Seepromenade entlang und den Seeuferradweg nach Millstatt. Das ist für heute ausreichend. Die Muskulatur lockern nach der anstrengenden Woche und regenerieren für Montag. Für 10.00 Uhr haben wir die Rückreise geplant. Die Fahrt ist problemlos und ohne jeden Stau.
„Auf Wiederschau´n Kärnten! Ich freue mich auf ein Wiedersehen in 2007!“

Samstag Seeboden – Millstatt 11 km / 50 HM
Heimreise
Kärnten radelt

Sonntag Ruhetag
Traingslager Kärnten 2006 in Zahlen: 200 km / 4200 Hm
Die Regeneration – Have a good rest

Zu einem zünftigen Trainingslager gehört natürlich der Testwettkampf als Abschluss. Dieses Jahr haben wir den Halbmarathon in Scheßlitz ausgesucht. Diese Erstveranstaltung ist das Jubiläum der Laufabteilung und findet am 1. Mai statt. Am Start sind heute Walburga bei Ihrem 200. Start für das Langstreckenteam, Miss Bestzeit höchstpersönlich Brigitte, unser Einpeitscher und Laufguru Manfred und der ewige Vierte, meine Wenigkeit. Bei herrlichstem Laufwetter geben wir unser Bestes. Die Damen belegen wie üblich jeweils Platz1. Brigitte, wie soll es auch anders sein, läuft persönliche Bestzeit. Langsam kommt sie mir vor wie die russische Stabhochspringerin, die den Weltrekord immer um 1 cm verbessert. Da taucht nun die Frage auf, wie es bei mir lief. 4. Platz, ist doch klar. Meine Renntaktik war voll auf Kampflinie zu laufen (Zielzeit 1:20). Dabei wollte ich schauen, wie weit es geht. Bis KM 10 lag ich gut in der Zeit. Danach musste ich für das hohe Anfangstempo büßen. Das letzte Drittel ging es wieder hervorragend. Ein weiterer Schritt Richtung Biel ist getan!

Montag Halbmarathon in Scheßlitz
HM-Ergebnisse

Run happy! I´m free! Free running!
Fortsetzung folgt


Jochen Brosig

Röttenbach, den 1. Mai 2006

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Zum Teil 3

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