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Vierter Tag – Die beste aller Läuferwelten
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Heute verlasse ich das „Humplbräu“ sehr nachdenklich. Die
Wade, die ich mir gestern in der Kälte beschädigt habe, schmerzt sehr und
so beginne ich äußerst vorsichtig. Unsere zweite Startgruppe ist
mittlerweile auf gut 20 Starter geschrumpft und wenn ich mich so umschaue,
habe ich heute gute Chancen das Schlusslicht zu bilden. |
Die ersten Kilometer heute sind ungewöhnlich
zivilisationsnah. Einige Ortspassagen, eine ausgedehnte Baustelle, kaum
Isar, dafür viel Asphalt und sehr ordentliche Wege, was meinen
erschütterten Gliedmaßen sehr entgegenkommt. Kurz vor der ersten
Verpflegung nach ca. 10 Km geht es dann durch einen zauberhaften Wald,
sonnendurchflutet heute morgen, dennoch noch angenehm kühl. Nach der
Verpflegung folgt eine Kleingartenkolonie, dann steigt die Strecke an zum
ersten Höhepunkt des heutigen Tages. Am „Malerwinkel“ hat man einen
phantastischen Blick auf die sich tief unten dahinschlängelnde Isar. Erst
jetzt wird mir bewusst, dass wir schon lange nichts mehr vom Fluss gesehen
haben. Das bleibt auch noch gut eine weiter Stunde so. Vom Malerwinkel
geht es auf etwas wurzeligen Wegen (Hurra, endlich Abwechslung) bergab und
dann öffnet sich ein irrer Blick über die wellige Hochebene: vom Löwenzahn
gelb gefärbte Wiesen, im Hintergrund zum ersten Mal die Alpen – einfach
nur schön. Das findet auch Bernhard Sesterheim, den ich hier kurz nach der
zweiten Verpflegung als ersten der Frühstarter überhole. Er hat gleichwohl
hart zu arbeiten, da er sich heute morgen schon verlaufen hat und jetzt
natürlich mit dem Zeitlimit zu kämpfen hat. Aber er wird es auch heute
wieder schaffen. Die Hügellandschaft bringt noch einen weiteren positiven
Aspekt. Bei den zwei, drei recht kräftigen Anstiegen gönne ich mir eine
Gehpause, ohne dabei zuviel Zeit zu verlieren. Bergab ziehe ich dann einen
flotten Schritt und da auch in diesem Teil recht viel Asphalt vorherrscht,
schone ich weiter meine Wade, da ich hier kaum die Beine heben muss. So
erreiche ich kurz vor Bad Tölz wieder die Isar und habe immerhin schon 25
Km im Sack. Irgendwo hier müssen heute früh die 4 Bürgermeister (nicht zu
verwechseln mit den 4 Tenören) der Spitzengruppe aufgelauert haben, um
einige Kilometer (Schritte ?) gemeinsam zu laufen. Da werden sie sich ganz
schön über das Tempo gewundert haben. Rene Strosny, Michael Krüger und
Wolfgang Braun, die mittlerweile das Spitzentrio bei den Männern bilden,
laufen auf so einer Passage garantiert unter 5-er-Schnitt und auch die
ersten Damen Carmen Hildebrand und Ilona Schlegel werden nach mittlerweile
250 Km noch den Schongang einlegen müssen, damit die Bürgermeister
mitkommen. Dennoch bringt die Aktion dem Lauf natürlich ein wenig
öffentliche Aufmerksamkeit und wahrscheinlich auch ein paar
Zeitungsartikel am nächsten Tag. Ich weiß zunächst nicht so ganz, wie mir
diese Passage gefallen soll. Nachdem wir die letzten Tage überwiegend
Natur pur genossen haben, geht es jetzt doch häufig direkt an Straßen mit
Autoverkehr entlang, was mich anfangs schon stört (wir sind eben
verwöhnt). Andererseits gefällt mir die Stadt wirklich gut, die
zahlreichen Radfahrer und Spaziergänger grüßen freundlich und feuern
gelegentlich auch an und so beschließe ich schließlich, dass mir auch die
Zivilisation wieder gefällt. Zumal Zivilisation auch die
Wahrscheinlichkeit erhöht, dass bald wieder eine Verpflegung kommt. Dort
ist diesmal richtig was los. Die ersten Läufer der Frühstartergruppe
werden auch noch von den „Bürgermeisterreportern“ interviewt. Schnellere
Läufer legen eine kurze Pause ein und andere, die in den letzten Tagen
aufgegeben haben, helfen jetzt auch mit oder fahren einfach verschiedene
Streckenpunkte an, um zusätzlich anzufeuern und zu unterstützen. Nach der
Verpflegung folgt wieder ein ruhigeres Stück. |
Zauberhaftes Voralpenland |
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Sehr schöne
Feinschotterwege schlängeln sich der Isar entlang. Relativ sonnig, aber
alles sehr gut zu laufen. Ich ziehe meinen Ultraschlappschritt und
versuche an den Flusskilometerschildern meine Geschwindigkeit zu ermitteln
und daraus die Laufdauer zur nächsten Verpflegung auszurechnen, was mir
aber nie gelingt, was zeigt, dass Langstreckenlaufen nicht unbedingt die
mathematischen Fähigkeiten fördert. Jetzt überhole ich wieder viele
Frühstarter. Der Steppenhahn ist (zurecht) mächtig stolz, dass er es
fröhlich und gut gelaunt bis zu dieser vierten Etappe geschafft hat.
Willem Mütze wandert die ganze Strecke, kann dabei aber gut mit
langsameren Läufern mithalten. Und Jürgen Köllner aus Berlin sammelt in
ruhigem Tempo Trainingskilometer für seine beiden großen Saisonziele DM
24-Stunden in Reichenbach und Montblanc-Umrundung Ende August. Meine
Familienverpflegungsstelle bei Km 35 kümmert sich diesmal nur sehr am
Rande um mich. Von hinten ist Olaf Schmalfuß zu mir aufgelaufen. Er ist
schon vor Km 20 böse gestürzt, hat sich das Knie aufgeschlagen und wird
jetzt erst mal ausführlich gepflegt. Er wird trotz seiner Verletzung den
Lauf beenden. |
Wunderschöne 4. Verpflegungsstelle |
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Olaf leidet dennoch |
Klaus in Eile |
Michael gefällt´s |
Mir geht es weiter viel besser, als befürchtet und mit
neuen Cola-Vorräten im Magen, stürme ich die folgenden relativ schattigen
Passagen entlang. Wenn ich jetzt noch die nächste Verpflegung schaffe,
kann nicht mehr viel passieren. Danach geht´s kräftig bergauf, da kann ich
auch wandern und bergab geht bei mir immer. Der Plan geht auf. |
Genusslauf |
Heidi und Irene an der Verpflegungsstelle Nr. 5 kündigen den Beginn der
Steigung in gut einem Kilometer an. Es dauert zwar schon noch etwas
länger, aber der herrliche Wald in den wir jetzt eintauchen, lässt gar
keine negativen Gedanken mehr aufkommen. Zweimal kreuzt ein Rudel Rehe
meinen Weg, immer wieder huschen Eichhörnchen an den Bäumen hoch. Hier zu
laufen ist eine Freude. Hier zu gehen natürlich auch. Und etwas anderes
bleibt mir nach der nächsten Linkskurve auch gar nicht übrig. Das ist
jetzt eindeutig der erste Anstieg. Ich denke automatisch an Carmen
Hildebrand, die so eine halbe Stunde vor mir hier gewesen sein wird. Sie
läuft auch solche Steigungen locker hoch und wird sicher auch hier wieder
ein paar männliche Mitstreiter verblüfft haben. Nach dem Anstieg folgen
wunderschöne Mittelgebirgspassagen auf allerdings durchweg breiten gut zu
laufenden Wegen. Sehr einsam ist es hier oben und sehr schön. Im zweiten
Anstieg wartet dann wieder Erwin Remmele auf uns. |
2. Anstieg |
Er betreut auch heute wieder zwei Verpflegungsstellen. Dann
bin ich oben und jetzt denke ich an Eric. In den letzten Tagen habe ich
ihn jeweils so nach 45-50 Km eingeholt. Was wäre das für ein Spaß jetzt
mit ihm hier hinunter zu brausen. Aber Eric kommt von Etappe zu Etappe
besser in Schwung. Und außerdem liegt ihm die heutige Etappe auch besser,
als das flache Dahinrollen der Vortage. So ist er heute nur 10 Minuten
langsamer als ich und lange vor mir im Ziel. Also muss ich eben alleine
die Berge hinunterstürmen. Der einzige Nachteil dabei ist, dass ich die
wunderbare Natur nur unvollkommen genießen kann. Kleine Wasserfälle von
den Seiten speisen fröhlich sprudelnde Bergbäche. |
Enzianwiese |
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Rene allein voraus |
Ganze Enzianwiesen grüßen vom Wegesrand. Ich glaube Bernd Seitz hat heute
seine helle Freude gehabt. Gestern abend war er noch enttäuscht gewesen.
Er hatte die lange Regenetappe zwar beendet, war aber deutlich außerhalb
des Zeitlimits geblieben. Neben der generellen, sich von Etappe zu Etappe
steigernden Anstrengung, hatten sicher auch das Wetter und die
„Markierungsdefizite“ dazu beigetragen. Seinen Antrag deshalb im Rennen zu
verbleiben, hatte der Läuferrat abgelehnt. Bernd war jedoch angeboten
worden auf den beiden Schlussetappen jeweils später einzusteigen. Auf
diese Art konnte er ganz ohne Stress weiter die Infrastruktur des Laufes
nutzen und auch die Highlights dieser Etappe genießen. Ich genieße jetzt
in jeder Hinsicht. Die Landschaft sowieso und das Laufen allemal. Wenn der
Isarlauf doch nur mehr Hügel hätte. Ich fliege den Berg hinunter, überhole
noch einige Frühstarter und dann grüßt auch schon der Sylvensteinspeicher
herauf. |
Hanni mit Fans hinterher |
Stausee in Sicht |
An diesem Stausee liegt unser heutiger Zielort Fall. Zuerst passiere ich
aber noch die letzte V-stelle, an der uns Manfred Leissmann für die
letzten Kilometer einweist. Landstraße laufen, immer schön am linken
Straßenrand. Ein idealer Abschluss dieser Traumetappe ist das nicht, aber
ich bin sicher, wenn unser Fährtensucher Jürgen keinen anderen Weg
gefunden hat, dann gibt es auch keinen. |
Letzte Kilometer am Sylvensteinspeicher |
Sehr viel ist auf der Straße auch nicht los und so erreiche
ich unversehrt die Brücke hinüber nach Fall, |
hinüber nach Fall |
drehe noch eine Schleife durch den kleinen Ort und dann gilt wieder Mal:
Das Hotel ist das Ziel und kurz darauf sitze ich mit den anderen Finishern
in der Sonne und genieße den wunderschönen Tag. |
Idyllisches Fall. |
Wieder mal geschafft |
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Zur Krönung des Tages ist auch unser Hotel ein absolutes
Highlight. Hell und modern. Unser Lager schlagen wir in verschiedenen
Seminarräumen auf. |
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Die Masseure sind auch noch eine Station lang mitgekommen
und kneten unsere heute gar nicht so müden Muskeln |
Massage |
und dann gibt es
ein Abendessen, das ist einfach nur großartig. Eine feine Suppe vorneweg,
ca. 5-6 verschiedene Arten von Nudeln und Lasagne, Salat und zum Nachtisch
„Rote Grütze“. Das alles in Buffetform, so dass auch die teilweise sehr
langen Wartezeiten der Vortage nicht anfallen. |
Stilvolles Abendessen |
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Die
Siegerehrung verlegt Uli an die frische Luft auf die Terrasse. Neue Sieger
hat er deshalb dennoch nicht zu bieten. Die Damenkonkurrenz ist fest in
Händen von Carmen Hildebrand und Ilona Schlegel. Auf Platz 3 wechseln sich
Simone Stegmaier und Johanna Kress. Bei den Herren dominiert täglich Rene
Strosny. Zweiter wurde heute W. Braun vor M. Krüger, der allerdings in der
Gesamtwertung noch gut 3,5 Minuten vor Wolfgang liegt. Da ist
wahrscheinlich noch mal ein Angriff zu erwarten. Ansonsten scheinen bei
recht ordentlichen Abständen die Treppchenplätze vergeben zu sein. |
Tagessieger |
Medizinmann Leissmann |
gezeichnet vom 4. Tag |
In dieser angenehmen Umgebung sitzen wir heute deutlich länger zusammen
als am Vorabend. Sowohl der Getränkeumsatz, als auch das
Trinkgeldaufkommen dürfte heute ein Vielfaches des Humplbräu betragen
haben. Toll ! |
<== Teil 4 |
Teil 6 ==> |
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