Teil 5 – Mai - Würzburg Marathon
Viele Wege führen nach Biel. Doch der Weg ist das Ziel. Und der Weg
führt nach Biel. Bei mir führt der Weg über Würzburg. Also los, tanze
Samba mit mir beim Würzburg-Marathon.
Jubel, Trubel, Heiterkeit beim Marathonfestival in Würzburg. Dieser
Bildbericht von Thomas beim
Marathon 2005 hat mich animiert selbst in Würzburg zu starten. Und ich
kann Euch sagen das ist noch untertrieben. In Würzburg geht die Party ab!
Der iWelt-Marathon-Würzburg ist meine vorletzter, großer Trainingsreiz für
Biel. In 2 Wochen folgt noch unser Staffellauf durch die Fränk. Schweiz,
wo ich 80 KM an einem Tag laufen will. Verteilt auf ca. 4 Etappen a 20 KM.
Aber heute ist Würzburg und das heißt 2 Runden a 21,1 KM. Und wie Ihr mich
alle inzwischen kennt, war der Marathon nicht nur zum mitjoggen gedacht.
Erklärt mich für verrückt, aber ich hatte die fixe Idee so im Vorbeigehen
eine neue persönliche Marathonbestzeit zu laufen. (also etwa 2:55 Std.)
„So ein Idiot“, werden die meisten jetzt denken. „Ich bin froh unter 4
Std. / 3:30 Std. zu laufen. Und dann kommt dieser Angeber daher und will
im Vorbeigehen vor einem 100 KM-Lauf einfach so mal ganz locker unter 3
Std. Joggen. Fatzke!“
Ja, Ihr habt doch so Recht! Ich kann Euch aber beruhigen, ich sehe gerne
durch die rosarote Brille. Meine letzte, große, rosarote Idee kam mir in
unserem Trainingslager in Kärnten.
Die Idee war so genial, so einfach……. so doof! Nachdem das Trainingslager
so gut verlaufen war, fühlte ich mich hervorragend. Trotz 200 KM und 4200
Höhenmeter. Die fixe Idee (ja, ich war wohl auf Dope) war die: 3 Tage
später beim HM in Scheßlitz Bestzeit zu laufen, eine Woche später in
Happurg auf 10 Km eine Bestzeit nachlegen und wieder eine Woche später mit
einer neuen Marathon-Bestzeit in den Läuferolymp aufzusteigen. „Schön,
wenn es noch Leute gibt die Träume haben!“, werdet Ihr jetzt zu denken.
„Ruft die Sani an, holt die Feuerwehr oder besser gleich die Männer mit
der Zwangsjacke!“ Natürlich gab es weder in Scheßlitz, noch in Happurg
eine Bestzeit. Die Phase der Superkompensation war noch nicht
abgeschlossen. Aber heute blase ich zum Angriff!
Zu dritt fahren wir in aller Frühe nach Würzburg. Es regnet und die
Temperatur ist noch angenehm. Manfred läuft den Halbmarathon, Ralf und ich
starten beim Marathon. Wir sinnieren noch übers Wetter, tauschen
Läuferlatein aus. Wie sagt noch Achim Achilles: „Läufer sind wie
Sportangler. Sie verbringen nur wenige Stunden die Woche mit ihrem Hobby.
Aber dann quatschen sie endlos darüber.“ So vergeht die Fahrt wieder
schnell. Das Abholen der Startunterlagen klappt reibungslos. Jetzt heißt
es die letzten Vorbereitungen treffen. Ein bisschen Dehnen (ROSA
B.) oder Füße mit Vaseline eincremen. Die Brustwarzen abkleben und
vielleicht doch noch das lange Shirt gegen das kurze austauschen. Bei mir
ist es meistens das Schuhebinden. Jeder hat da so seine eigenen Rituale.
Aber schließlich ist der Kleidersack abgegeben und die übliche Nervosität
schleicht sich ein. Vor dem Marathonzelt treffen wir dann noch Erwin. Er
hat wieder eine Truppe um sich versammelt. Dieses Mal sind Anne, Susanne
und Stefan dabei. Das ist auch das Schöne am
Team Bittel, man trifft immer
wieder alte Bekannte. Doch es wird Zeit, dass wir uns auf den Weg in den
Startblock machen. Da trennen sich heute unsere Wege. Ich will nach vorne,
Erwin nach hinten. Zufällig reihe ich mich hinter den 3 Std.-Zugläufer
ein. Prima, er macht mir den Weg frei bis ganz nach vorne. Ich bleibe aber
hinter ihm, um nicht in Versuchung zu kommen den ersten Kilometer zu
schnell anzulaufen. Gleich geht es los! Ich konzentriere mich! Meine
Vorbereitung war optimal, ich fühle mich sehr gut, das Wetter passt auch.
Wir starten pünktlich. Manfred habe ich in der Menge verloren. Wir wollten
ein Stück zusammen laufen. Auf dem ersten Kilometer ist es noch dicht. Ein
riesiges Gedränge. Doch schon bald habe ich genügend Platz, um mein Tempo
ungestört zu laufen. Im Getümmel sehe ich viele bekannte Gesichter. Aus
Neuhaus, Burghaslach und Roth. Robert Wimmer, seines Zeichens
Transeuropaläufer, macht
heute den 3:10 Std.-Zugläufer. Das hatte ich am Start noch gehört.
Vielleicht sehen wir uns noch im Gegenverkehr. Die Strecke ist
abwechslungsreich. Es wird also nicht langweilig. Die Zuschauer und die
zahlreichen Bands sorgen für Stimmung unterwegs. Zwischen den üblichen „Du
schaffst es!“, „Quäl Dich!“ und „Papa, Du bist der Größte!“-Schildern
gefällt mir eins in der Innenstadt besonders gut: „Beeil Dich Papa, Mama
will nach Hause!“ Passt auch zum Muttertag gut. Richtig, heute ist
Muttertag! Ich stelle mir in Gedanken vor, wie der Vater vorbei kommt, das
Schild sieht, er sich an die Liebe zu seiner Frau erinnert und ihr
liebevoll zuhaucht: „Geh´ schon mal vor und hol´ mir ein Bier aus dem
Keller!“ Ein uriger Typ eben der Baba, ein richtiger fränkischer
Äboritschienell. Grins. Ich will mir die Story noch weiter ausmalen, da
bin ich schon aus der Innenstadt raus. Das Rufen wird lauter, wir kommen
zum Start/Ziel-Bereich. Also rechts halten Jochen. Die linke Spur ist für
die Halben. Doch auf einem Bein steht man schlecht. Los weiter!
Bei mir läuft es nach wie vor hervorragend. Die Atmung ist flach, die
Zwischenzeit o.k. Für 30 KM hatte ich 2 Std. angepeilt. Nach 2 Std. 2 Min.
laufe ich vorbei. Prima, passt doch! Ich bin immer noch am Überholen,
obwohl ich jetzt langsamer werde. Es wird warm. Ab und zu zeigt sich die
Sonne. Jetzt heißt es kämpfen. Dafür habe ich bei jedem Marathon meinen
eigenen Soundtrack. Dieses Mal sind es die Stones:
Baby break it down, baby break it down.
We´ve got a long way to go.
Meine Beine werden schwer.
Baby break it down, baby break it down.
We´ve got a long way to go.
Die Waden zwicken.
Baby break it down, baby break it down.
We´ve got a long way to go.
Bei KM 35 kann mir schon fast nichts mehr passieren. Ich fange das Rechnen
an, das lenkt mich immer ab. Der Countdown beginnt. Bei KM 40 erschrecke
ich die Zuschauer und einen Läufer neben mir mit meinem Urschrei.
JAAAAAAAAA!!!!!! Bei KM 41 flippe ich total aus und setze zum lang
gezogenen Endspurt an. Manfred steht an der Strecke und feuert mich an.
Die letzte Kurve, ich gleite auf einer Welle ins Ziel.
Das ist die perfekte Welle,
das ist der perfekte Tag,
laß dich einfach von ihr tragen,
denk am besten gar nicht nach.
Dresden, Nürnberg, München. Beim dritten Anlauf habe ich es geschafft
2:55. Einfach Wahnsinn!
Run and have fun!
Jochen Brosig vom
Langstreckenteam Großenseebach
Röttenbach, den 14. Mai 2006
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