Gleich erreichen wir die Passhöhe Foppa |
Weit und breit keine Zuschauer am Streckenrand aber
zwei Kühe, die uns ihr Hinterteil präsentieren. Das ist doch eine
Unverschämtheit von diesen Rindern! Unsere sportliche Leistung mit
solch einer Missachtung zu bestrafen! Das geht zu weit!
Wie war das mit der hiesigen Spezialität, dem
Bündner Fleisch? Das wird doch nicht vom Schwein gefertigt sondern ...
ja natürlich. Ich stelle mir die beiden Rinder in hochdünn geschnittenen
Scheiben auf meinem Abendbrot nach diesem Marathon vor und ziehe vergnügt von dannen ... |
Diese beiden Vierbeiner wissen unsere große Leistung nicht zu würdigen
und drehen uns ihren Allerwertesten zu |
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Nach 1100 Höhenmeter und gut 17 Kilometer Laufstrecke
erreichen wir bei Foppa den ersten Scheitelpunkt der Strecke. Blühende
Almwiesen, aufgelockert durch lockeren Bergwald über uns und vor uns das
überwältigende Bergpanorama von Schwarz-, Weiß- und Rothorn.
Schwarz, weiß, rot bis in den ...
Na so weit wollen wir Heroen der Berge es nun doch wieder nicht kommen
lassen. Daher heißt es für den laufenden Landser (die beiden Briten im
Kampfanzug am Anfang haben mich geprägt) erst einmal Verpflegung
organisieren, denn erst kommt das Fressen und dann die Moral.
Bei der
Verpflegungsstelle entdecke hier keins der versprochenen Gels. Da waren
wohl die Voraustruppen zu gefräßig. Ich greif daher auf eigene Vorräte
zurück und spüle das klebrige Zeugs mit einem Mixdrink aus Cola und klarem
Bergnass hinunter. |
Almwiesen bei Foppa |
Von nun an
ging's bergab!
ich wollt' zum Bergmarathon, Mama sagte "Nee".
Man hätt' mich enterbt, doch wir hatten kein Geld,
und ich folgte dem Ruf der Berge der Welt.
Nein, die Knef meinte es natürlich anders, aber es geht
nun wirklich bergab. Der Graubünden Marathon geht nicht nur fast 2700
Höhenmeter rauf, sondern auch 400 Höhenmeter bergab. Ich sehe es zwar
nicht ganz so radikal und konsequent wie
Helmut Reitmeir, aber auch ich
bin kein Freund der Bergabpassagen. So gehe ich die nächsten
Abwärts - Kilometer recht gemütlich an, um Muskeln, Gelenke und Sehnen zu schonen.
Da läuft doch jemand am Strick eines anderen Läufers her. Das kann durch
nur ein Blinder sein. Es ist schon erstaunlich zu was wir Menschen selbst
mit einer Behinderung fähig sind. Da konnte ich einmal
2004 nicht auf einen Einbeinigen beim
München Marathon aufschließen, obwohl ich 3:37 lief. Dann 2002 beim
K78 holte ich am berüchtigten Panoramatrail einen Blinden ein und nun das
noch bei diesem Marathon mit nicht gerade einfachen Wegen. Wie ich erfahre
ist es Dietmar aus Veitshöchheim in Unterfranken. Dietmar wohnt ja fast
vor meiner Haustüre!
Später im Ziel erzählt er mir zu meiner weiteren
Erstaunung wie viele Marathons und Ultras er schon gelaufen ist. Beim
K78 2002 war er auch dabei. In der Tat war er es, den ich damals auf der Strecke traf. |
Mit Startnummer 40 der vielfache Ultraläufer
Dietmar Beiderbeck aus
Veitshöchheim,
der als Blinder diesen schweren Marathon erfolgreich bewältigt |
In Paparn wird dann auch
Dietmar vom Sprecher, wie ich
meine zurecht groß
angekündigt, während ich mir in alter
Frontschweinmentalität was zu
Trinken und Essen organisiere. In Paparn werde ich auch wieder von Rita
begrüßt. |
Paparn kommt in Sichtweite. Wir haben nun gute 24 km geschafft. |
Einlauf in Paparn (Foto von Rita Eigenmann) |
Ich laufe in Paparn ein (Foto von Rita Eigenmann) |
Hanspeter in Paparn (Foto von Rita Eigenmann) |
Diese Stärkung war nötig. In brütender Hitze, gebraten von
den Laserstrahlen der Sonne, hetze ich die auf der schottrigen Baustelle einer Straße den Berg
hoch. Auf diesen ekligen 200 Metern muss ich einfach einen Zwischensprint
einlegen,
um diese Stück möglichst schnell hinter mich zu bringen.
Der Wurzelwald
Kurz dahinter folgt bei Kilometer 25 der berüchtigte
Wurzelwald. Die gewellte Strecke durch einen alten finsteren Bergwald -
"dieser Wald ist alt" - ist
mit Wurzeln gespickt, die nur so als Stolperfallen auf fragile Läuferbeine zu
warten scheinen. Dazwischen warten Matsch- und Sumpflöcher, um uns in ihrem
bodenlosen,
schwarzen Schlund für alle Zeiten zu verschlingen ... |
Der berüchtigte "Wurzelweg" bei KM 25. Dieser Abschnitt erinnert etwas
an den Rennsteig Marathon |
Nein, das soll jetzt kein Horrorroman ala
Stephen King
werden. Wie heißt es so schön:
Schuster bleib bei
deinem Leisten. Also
Stephen schreib Du Deine Horrorromane am Fließband weiter und ich bleib
bei meinen Laufgeschichten ...
Aber weil was über dem Schuh ist, der Schuster nicht beurteilen kann, will
ich mit der Story fortfahren um den Fluss der Erzählung nicht gänzlich zu
stoppen:
Der finstere Horrorwald endet auch so schnell er begonnen hat, natürlich
Dank meiner überragenden Lauffähigkeiten.
Mit vor Stolz geschwellter Brust, die meinen
Waschbrettbauch
klar überragt, laufen wir an einen beschaulichen Tümpel vorbei, bevor uns
mit dem lgl Lai, dem Heidsee größeres erwartet. |
Erster kleiner See |
Die tiefen Töne eines Horns machen mich auf einen
Alphornbläser
aufmerksam. Obwohl man ein Alphorn bis zu 10 Kilometer weit hören kann,
ist dieser vereinsamte Bläser nur einige Schritte von uns entfernt. Da ihn
keine Zuschauer applaudieren können - weil einfach keine da sind - übernehme
ich diese Bürgerpflicht. Als ich dann auch noch zum Jodeln anstimmen will, ernte ich
sehr ernste Blicke meiner laufenden Kameraden. So ziehe ich denn lieber
schnell von dannen ... |
Ein Alphornbläser darf in den Alpen nicht fehlen |
Wir sind bereits in der
rätoromanischen
Sprachzone, wie der für uns germanisch sprechenden Läufer komische Seename lgl Lai beweist. lgl Lai heißt
soviel wie Heidsee. Diesen Heidsee dürfen wir nun auf meist flacher
Strecke umrunden. Das hört sich einfach und weil der See so schön
anzublicken ist auch idyllisch an. Aber wir gehen
nun schon der allseits brutalen Dreißiger Marke entgegen. Außerdem brennt die pralle und stechende Sonne auf mein Haupt.
Aber die größte seelische Grausamkeit ist das Bad erster
unentwegter Badegäste im kalten Nass des Bergsees. So eine Abkühlung tät
meinem erhitzen Gemüt
auch gut. Jedoch erlaubt das meine momentane Laufzeit? Der Blick auf die
Stoppuhr zeigt es: Nein, ich habe schon viel
zu viel Zeit vertrödelt. Einer Zuschauerin klage ich mein Leid, dass ich
auch im See baden möchte. Aber ich renne dann doch schnell weiter, bevor
sie mir noch einen Schubs gibt. |
Der lgl Lai. Mit Heidsee können Deutschsprachige mehr anfangen. |
Wir umrunden nun den See |
Bei der Talstation der Bahn zum Rothorn hoch, wird mir
erstmals
bewusst das momentan Fußball WM ist. Wie bei einem spannenden Spiel
werde ich von orange gekleideten Zuschauern frenetisch angefeuert. Habt
Dank dafür liebes Oranje
- Team! |
Holländische Schlachtenbummler |
Kurz vor dem Zieleinlauf der 20 Meilenläufer in
Lenzerheide komme ich ins Gespräch mit einem anderen Läufer, der sich für
einen harten Bergmarathon oder -ultra vorbereitet. Ich habe es leider
vergessen, welcher es war. Aber egal, wir rätseln bei KM 30 kurz vor dem
Ziel der 20 Meilenläufer, welche Schleife sie noch laufen müssen, um auf
die 20 Meilen zu kommen. Aber die Schleife bleibt aus und der 30,7 km -
Run wurde wohl einfach großzügig auf 20
Meilen aufgerundet. Mit den knapp 1300 Höhenmetern kommen wir jedoch schon auf 30,7 km + 1,3 km =
32 km und das macht doch noch
Adam Riese fast 20
Meilen. Übrigens gut für die 20 - Meilenläufer, dass dieser Lauf nicht in
Norwegen stattfindet. Das wäre dann schon ein Ultra von 20 x 11,296 km
gewesen. Wieviel das ist, darf jeder Leser selbst ausrechnen. :-) Viel
Spaß dabei! |
In Lenzerheide wird bei Km 30,5 eine Zwischenzeit genommen und die "20
- Meilenläufer" laufen hier ins Ziel |
<== Teil 4 |
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