Einleitung
Sechs Berge rauf und sechs Berge runter laufen und das hin
und zurück, macht also nach Adam Riese insgesamt 12 mal rauf und 12 mal -
manchmal sogar auf dem Hintern rutschend - runter.
Wer so verrückt ist und das ausprobieren möchte, muss unbedingt Deutschlands
anspruchsvollsten Marathon, den Gebirgsmarathon Immenstadt mitlaufen. Da wir dieses Jahr erstmals wieder bei der Talstation der Mittagbergbahn in
Immenstadt statt der Mittelstation starteten, summierten sich die Anstiege sogar
auf etwa 2700 Höhenmeter statt 2500 Höhenmeter wie im
Vorjahr. Diese 2700
Höhenmeter mussten wir nicht nur rauf sondern auf zum großen Teil
anspruchsvollen Steigen auch wieder runter laufen.
Erfahrung beim Laufen im Hochgebirge, eine gute Kondition, Trittsicherheit, die passende Ausrüstung
und vielleicht sogar eine Spur Stoizismus sind daher wichtige Voraussetzungen, will man
den hohen Ansprüchen dieses Laufes genügen. |
Joggingtour von der Derbalpe zum Mittagberg und Großen
Bärenkopf am Vortag
Ich reise bereits zeitig am Vortag an. So habe ich noch Zeit
für eine kleine Joggingtour mit gut 600 Höhenmetern Steigung von der Derbalpe
oberhalb von Blaichach zum
Mittagberg und Bärenkopf hoch.
Dabei muss ich ständig auf finstere Wolkenfronten am Himmel und Horizont achten, da für heute Abend
schwere Gewitter angesagt sind. Natürlich habe ich in meinem Laufrucksack die
entsprechende Ausrüstung dabei. |
Unter mir die Schleifalpe und im Hintergrund Sonthofen |
An diesem Nachmittag ist es extrem schwülwarm. Der steile
Anstieg hier ist Schweiß treibend.
Bald erreiche ich die Oberbergalpe. In der tropischen Hitze lassen sich
dort die glücklichen Schweine bei ihrem Schlaf im Schlammbad nicht
stören, als ich sie fotografiere. |
Die fühlen sich sauwohl |
Rinder - darunter Sonthofen
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Am Gipfelrand des Mittagbergs bläst dagegen bereits ein unangenehm
kalter und stürmischer Wind, während ich ins Tal Richtung Immenstadt blicke.
Dort unten werden wir morgen starten. |
Blick vom Mittagberg auf Immenstadt |
Hinter dem
Mittagberg, wo die
Nagelfluhkette beginnt, erklimme ich noch das
Bärenköpfle, wo es bis
ins späte 18. Jahrhundert noch Bären gab. Aber
Bruno kam hier nicht vorbei. |
Blick vom Bärenkopfgipfel zum Steineberg
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Hier gab es noch im 18. Jahrhundert Bären |
Über Käser steige ich schließlich zum Ausgangspunkt meiner Tour
in Form eines Achterkurses ab.
Sie
macht mir bereits viel Vorfreude auf den morgigen Tag.
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Abstieg über Käser
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Blick zum Grünten
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Gewitterfronten
Als ich wieder ins Hotel in Sonthofen Nord komme, legt das
angekündigte Gewitter schon los. Der Himmel spielt Krieg. Es regnet dann nicht nur während meines
Abendessens, sondern auch die ganze Nacht durch. Unruhig schlafe ich ein. Im
Traum von Wetterkobolden verfolgt frage ich mich immer wieder: Wie wird das
Wetter morgen sein? Werden wir die Original- oder die Ausweichstrecke laufen?
Wird's sumpfig und glitschig?
Alles ungewisse Fragen. Bei der unproblematischen Ausweichstrecke, die wir schon
mal 2006 liefen brauch ich
keinen Laufrucksack. Da reichen meine Gurte. Bei der schweren Originalstrecke
will ich mit Rucksack laufen. Also bereite ich schon mal beide Optionen vor und
lass den Rest auf mich zukommen. Außerdem wie heißt es so schön: "Es gibt kein
schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung." |
Hektik am Morgen - Der Start an der Talstation der Mittagbahn
5:50: Als ich am frühen Morgen erwache ist zwar alles von Wolken
verhangen, aber wenigstens regnet es nicht mehr. Meine Wirtin musste widerwillig
schon um 7 aufstehen, um mir noch schnell ein Frühstück zu servieren,
entsprechend gut ist ihre Laune. Bis 7:30 muss ich schon beim Start sein. Aber
vor 7:00 war sie nicht zu bequemen: " Sie sind doch in 5 Minuten dort. Fahren sie
so und so ..." - durchs Labyrinth.
Ich rechne mal realistischer 15 Minuten Fahrtzeit ein. So habe ich beim
Frühstück wenig Zeit und Ruhe.
Hektik, Aufregung und Unruhe sind heute Morgen in einer nicht mehr zu Ruhe
kommenden Welt das Maß aller Dinge.
7:03: Ich würge zwei Brötchen rein, während es wieder zu regnen
beginnt. "Heute soll es doch schöner werden, sagte der Wetterbericht! " sage
ich. "Nein, " erwidert die Wirtin "das regnet den ganzen Tag. Kein Wind, der
Regen hängt sich in die Berge rein. Höchstens am Abend wird's besser. Morgen
wird's aber schön. Da wollen wir Ballon fahren!". Na, sie wohnt hier. Die "Bergler"
kennen sich mit ihrem Wetter ja oft sehr gut aus. Keine guten Aussichten!
7:11:
Nach diesem wenig ermunternden Gespräch, packe ich meine sieben Sachen und
flüchte von dannen. "Sie haben's aber eilig ..." ruft sie mir hämisch nach.
7:15: Ein noch verschlafener Autofahrer bummelt vor mir, während
ich die Mittagbergtalstation suche.
Da mir die Wirtin aber den Weg doch recht gut beschrieben hat, finde ich ohne Umwege hin.
7:22: Kurz vor halb acht bin ich da und bekomme einen der letzten Parkplätze.
Der Regen hat auch aufgehört. Sollte die Wirtin mit ihrer Wetterprognose unrecht
haben?
So viel war hier noch nie los! War es 2005 gerade einmal ein
winziges Häufchen von etwa 15 Teilnehmern, so hat sich nun die Teilnehmerzahl
auf etwa 150 verzehnfacht.
Entsprechend lang ist nun die Schlange vor der Startnummernausgabe. Die
Startnummer interessiert mich momentan nicht, sondern einzig und allein die Antwort auf die
alles entscheidende Frage: "Welche Strecke laufen wir?".
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Vor der Startnummernausgabe hat sich eine Schlange gebildet |
Willi Hiemer und sein Laufklassiker: Der Gebirgsmarathon
Daher stürme ich zu Willi Hiemer vor und will mich bei ihm
erkundigen welche Strecke wir heute laufen.
Willi ist der Vater dieser Veranstaltung. Vor 20 Jahren lief er erstmals alleine
diese Strecke. Lauffreunde waren von seiner bergigen Tour begeistert und so hoben sie ein
Jahr später den Gebirgsmarathon aus der Taufe. Trotz der wunderschönen Strecke blieb dieser Lauf, von ein paar Insidern
abgesehen, in der Laufszene weitgehend unbemerkt. Die Teilnehmerzahlen blieben
immer im zweistelligen Bereich und mit 11 Teilnehmern gab es auch einmal einen
Negativrekord.
Schließlich erklärte sich mit Michael Schwarz ein langjähriger Teilnehmer
bereit, das "Marketing" für diesen Lauf in die Hand zu nehmen und den Lauf
bekannter zu machen. Er ließ Flyer drucken und verteilen und mit der Website
www.gebirgsmarathon.de folgte auch
ein Internetauftritt. So entdeckte auch ich diesen einzigartigen Lauf und lief
2006 erstmals mit, damals
leider auf der Ausweichstrecke. 2006 waren wir dann schon etwa 40 - 50
Teilnehmer, während ein
Jahr später, dieses mal auf der Originalstrecke, schon fast 100 Läufer
mitliefen. |
Das Team Bittel beim Gebirgsmarathon von links: Jörg, Thomas, Dieter, Jörg
und Manuela |
Juhu - Wir laufen die Originalstrecke
Ich komme gerade recht. Willi gibt gerade mit seinem Megaphon
- beide ein unzertrennliches Paar und das Megaphon auch Maskottchen dieser Veranstaltung -
folgendes durch: Wir laufen die Originalstrecke! Die Wetterprognosen für heute
sind gut. Da es aber nachts geregnet hat, kann es sehr glitschig sein. Wir
sollen beim Laufen gut auf uns aufpassen! Natürlich hat Willi wie viele Berglaufveranstalter nach dem
Drama beim Zugspitzlauf auch Angst.
Bei so einer Veranstaltung kann immer was passieren. Berge, so wie das ganze
Leben, sind nun mal gefährlich! Momentan lauert aber auch die Presse wie eine wilde Meute auf solche
Ereignisse.
So ist heute schon - ist es Zufall? - der BR präsent und will unseren Start
filmen. |
Presse und BR fotografieren und filmen den Start
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Ausrüstung
Schließlich habe auch ich meine Startnummer und kann meinen
Laufrucksack schultern. Trotz der guten Wetterprognosen habe ich eine Wärmefolie
und wärmende Kleidung dabei. Außerdem führe ich ein Handy für evt. Notruf,
desweiteren zwei Trinkflaschen, Energy Gels gegen den Hungerast und zwei Mineralienbrausetabletten
gegen Krämpfe mit. Mit
dieser Brausetablette konnte ich letztes Jahr einen Läufer gegen seine Krämpfe
im Oberschenkel helfen.
Da bei diesem Lauf die Verpflegungsstationen eher spärlich
gesät sind und es wenige Helfer gibt, sollte sich jeder Teilnehmer hier auf
Fälle entsprechend ausrüsten. Dazu gehört auch ein gutes Paar Crosslaufschuhe
mit entsprechendem Profil. Ich habe sogar für alle Fälle eine Wanderkarte dabei,
obwohl ich die Strecke ja bereits kenne.
Ich jedenfalls fühle mich gut ausgerüstet. Wer es nicht ist,
muss selbst mit den evt. Konsequenzen klar kommen. Wer in den Bergen läuft, muss
eigenverantwortlich laufen und nicht wie
Messner so anschaulich zum Zugspitzlauf sagte, wie die Lemminge den Abgrund
entgegen ... |
Knapp 150 Starter reihen sich auf |
Links Vorjahressieger Stefan Timmermann mit vierbeiniger Begleiter
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