Schmücke
Wer jetzt glaubt, es ginge die restlichen 11 Kilometer
nur noch bergab, wird bitter enttäuscht. Bereits ein kleines Stück weiter
müssen wir auf einen Wurzelweg den 938 Meter hohen Rosenkopf erklimmen.
Erklimmen ist natürlich übertrieben, da es gerade mal 20 - 30 Höhenmeter
sind.
Endlich geht es auf einer Wiese steil zur Ausflugsgasstätte
Schmücke hinab. Na,
nur ein kleiner Ausflug ist das heute nicht mehr, aber ich nehme
mit Ausflugsstimmung gerne das leckere Quarkbrot mit frischen Kräutern entgegen. Dazu ein
süßes Limo. Schon fühle ich mich so glücklich wie in lang vergangenen Kindheitstagen. |
Bei Schmücke geht es erst einmal runter und dann gibt es auch noch was zu
essen und zu trinken |
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Lange Geraden ins Ziel
Hinter Schmücke geht es weiter bis zum Mordfleck
bergab. Dann folgt von Mordfleck zum Bierfleck eine lange ebene Gerade,
die nicht enden will. Dazwischen liegt auch noch einmal ein längerer
Gegenanstieg.
Am finsteren Mordfleck gab es keinen Mord, höchstens einen Mordshunger
oder -durst, aber passend zum Namen Bierfleck gibt es an der dortigen Labestation wieder
Schwarzbier. Ich greife aber lieber zum Limo. Als Laufkind schmeckt mir
das momentan
besser. Das bittere und dunkle Getränk hebe ich mir lieber fürs Ziel in Schmiedefeld als kleinen
Ansporn auf. |
Endlose Geraden zwischen Schmücke und Schmiedefeld |
Eine Rodung öffnet eine schöne Aussicht ins Umland. Aber wo ist das heiß
ersehnte Schmiedefeld? Weit und breit nur Wald, Wald und nochmals Wald! |
Gemeiner Gegenanstieg |
Disput mit dem Laufgewissen und flotte letzte 3 Kilometer
Wieder eine dieser langen Geraden, Kanten oder was ich
sonst dazu sagen soll und wieder werde ich
im Schneckentempo joggend überholt. Es ist Hans vom 100 Marathonclub. Er ruft mir
zu: "Hopp! Hopp! Thomas gib Gas, damit Du noch unter 10 Stunden
bleibst!" Grantig und trotzig antworte ich: "Ist mir doch egal, ob's
nachher 9:59 oder 10:03 sind."
Eine Zuschauerin ruft mir zu: "Du hast recht! Ankommen ist alles!".
Die Frage ist nur, wann ich denn endlich ankomme!
Daher gehen mir die Worte von Hans nicht mehr aus dem
Sinn. Eine innere Stimme mahnt mich mit tadelnden Unterton: "Ja, Thomas gib jetzt Gas.
So geht es nicht mehr weiter. Hopp! Hopp! Du lahmes Entchen! Es sind
nur noch gut 3 Kilometer. Da kannst Du ruhig etwas Gas geben und so noch unter 10 Stunden
bleiben!" Also,
wenn das Gewissen schon so geflissentlich mir zuredet, kann ich mich dem nicht verweigern.
Ich muss einfach meine Verweigerungshaltung aufgeben und mehr Motivation
zeigen und meine Laufbeamtenmentalität ablegen. Ja unterwegs fressen und
saufen, das passt Dir so. Aber du kannst hier nicht mehr die ruhige
Kugel auf Dauer schieben! Was macht das für einen Eindruck auf Dein
Umfeld? Denk doch auch mal an die vielen anderen Läufer, die sich hier
so anstrengen und wahren Sportsgeist zeigen! Was sollen die von Dir
denken? ...
Ist ja gut! Ist ja gut! Also beiße ich die Zähne zusammen, schalte 3 Gänge hoch und laufe
als Phoenix aus der Asche wieder auferstanden, wie ein
junger Laufgott los. Lief ich vorher vielleicht nur noch 7 km/h, so schnellt die Tachonadel nun
locker auf rasante 10 km/h hoch. Dazu geht es jetzt auch noch bergab!
Also kann ich nochmals beschleunigen. Obacht! Gleich kommt eine Kehre. Eng lege ich
"Formel 1 - Rennläufer" mich, vom Geschwindigkeitsrausch besessen, in die Kurve.
Uff, noch mal gut gegangen, nicht heraus geschleudert ... |
Gleich geht es dem Ziel entgegen |
Der Zieleinlauf
Kilometer 71 - die 70 er Marke habe ich dieses mal gar
nicht gesucht, die gibt es nicht. Das weiß ich noch vom Vorjahr.
Ich liege gut in der Zeit. Könnte
wieder schleichen und bliebe dennoch unter 10 Stunden. Aber jetzt gibt
es kein Halten mehr, auch der kleine Hügel gerade vor mir lässt mich kalt. Mit
Schwung sind auch diese letzten 8 Höhenmeter genommen...
Kilometer 72
erscheint. Es folgt ein schier endloser Zielkanal. Jetzt kann ich mir etwas Zeit
lassen, damit ich im Ziel nicht so sehr außer Puste bin. Ein letztes Mal
Atem fassen und weiter geht es.
Ah, hier feuert mich Dieter an! Super! Das gibt nochmals
Kraft! Freudestrahlend überquere ich mit erhobenen Armen und Siegergeste nach
gerade mal 9 Stunden und 55 Minuten
Laufspaß die Ziellinie. |
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Im Ziel
Oh, das war heute teilweise etwas hart, aber es war auch schön.
Rennsteig ich komme nächstes Jahr wieder!
Stolz nehme ich in Siegerlaune
die
hübsche Finishermedaille in Empfang und lass mich noch im Ziel
fotografieren |
Glücklich im Ziel |
Ein weiterer Finisher läuft gerade ein |
Dort treffe ich Dieter, der in einer Zeit von 6:33
Stunden, also schon "etwas" eher als ich, als 77. Mann knapp hinter der Siegerin
Birgit Lennartz
hier ins Ziel einlief.
Er ist so lieb und holt mir mein Gepäck und
schenkt mir sein Schwarzbier. Mensch, das nennt man Freundschaft! |
Zielfoto von Dieter und mir |
Menschenansammlung im Zielbereich |
Uns so sieht eine Siegermedaille, besser gesagt eine Medaille für den 2. Platz
aus. Spitzenläuferin Mareile Hertel erhielt sie und ließ sie mich für meine
virtuelle
Laufmedaillensammlung fotografieren
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Marathonparty in Schmiedefeld
Abends gehen Dieter und ich noch auf die
Marathonparty in Schmiedefeld, wo der Saal regelrecht vor lauter guter Stimmung wie
ein Hexenkessel kocht. Wer noch nach diesem anstrengenden Lauf ein wenig
bei Kräften ist, sollte sich das nicht entgehen lassen, denn diese Feier
ist wie der Lauf einfach unbeschreiblich! |