Ein eingespieltes Laufteam: Zweibeiniger und vierbeiniger Läufer |
Am Ende der ersten Anhöhe durchstoßen wir die Hochnebeldecke. |
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Du es selbst so gewollt - Teil 2
Am Ende des Anstiegs empfängt uns ein grell gelbes Schild mit
Smiley: "Du hast es selbst so gewollt!".
Das kommt mir doch bekannt vor!
Darüber zutiefst verärgert muss ich mit diesen plakativen Gesellen doch ein
ernstes Wort reden:
"Liebes Schild, du spöttelndes gelbes Etwas, du hast gut reden, du bist ja nicht
von meinem Läuferleid betroffen. Mein schon reichlich aufgebauter Winterspeck,
mittels reichlichem Fresstraining vor der Glotze auf der Coach herumlümmelnd
entstanden, der war für meine Laufleistung, diesen knallharten und schier
endlosen Anstieg hoch, sicher eher ernüchternd und kontraproduktiv! Über meine
gestrige Reitstunde mag ich da eingedenk dieser Umstände schon gleich gar nichts
mehr weiter sagen!" |
Ja, wir haben es so gewollt! |
Existenz eines Marathonläufers - to Be or not to Be
Mit meinem Leid alleine gelassen und gekränkt den gelben
Spötter hinter mich lassend, tauche ich in das Schweigen eines
undurchdringlichen Herbstnebels ab. Kein Laut ist zu hören. Selbst die Geräusche
des eigenen Atems und das Aufstampfen der von der Reitstunde immer noch
bleischweren Beine gehen hier verloren. Verloren sind auch wir kleinen
Laufameisen in einem sich seit dem Urknall endlos ausdehnenden Universum, das
sicher keine Gedanken über die Alltagssorgen unseres Marathonläufer-Daseins
verliert. Dabei fühle ich mich, eingebettet in diesem allumfassenden Kosmos,
selbst nur im Erleben meines Lauferlebnisses selbst. Absurdität, Ekel,
Angst, Sorge und Leiden zeigen eindrucksvoll auf, dass gerade dieses
verinnerlichende, stark subjektive Empfinden das Sein des "Marathon - Manns"
bestimmt. Alle jene Objektivitätsansprüche vor dem Hintergrund dieser intensiven
eigenen, zutiefst persönlichen Erfahrungen verblassen gänzlich und gar für immer
dar. Der Marathonläufer ist ein Sein, wie schon
Jean Paul Sartre
bezogen auf uns Menschen im allgemeinen so schön für jeden endlos,
unverständlich sagte, „das nicht das ist, was es ist, und das das ist, was es
nicht ist”.
Abwärtspassagen
Mein Höhenmesser zeigt 400 Meter über NN an. Also müssen wir
recht weit oben sein. Wo ein Bergrücken, da muss es ja auch mal wieder bergab
gehen. Und in der Tat die folgenden Kilometer verlaufen meist abwärts.
Da fällt das Laufen doch gleich leichter, denn kommt Masse bergab erst einmal so
richtig ins Rollen, dann gibt es kein Halten mehr- zumindest bis zum nächsten
Gegenanstieg.
Wie recht hatte doch Physikgenie
Albert Einstein mit
seiner
Äquivalenz von Masse und Energie. Was für eine Energie sich nun dank meiner
Körpermasse entwickelt und sich in Geschwindigkeit und Energie umsetzt, das ist
einfach unbeschreiblich. |
Dann tauchen wir in den spätherbstlichen Nebel ein |
Diese Geschwindigkeitsrausch wird nur durch die erste
Verpflegungsstation nach gut 4 Kilometern Laufstrecke harsch ausgebremst.
Hier gibt es alles was der Läufermagen begehrt: Wasser, Tee, Cola, Nährbier,
Bananen, Obst und Kuchen. |
Nach etwa 5 Kilometern Kaufstrecke können wir reichlich Verpflegung fassen. Hier
gibt alles, was das Läuferherz begehrt. |
Dazu noch die Anfeuerung von zwei im Wald stehenden
Schlachtenbummlern, das füllt meinen Energiespeicher ins unermessliche. Ich
setze voller Dynamik die physikalischen Gesetze der
Mechanik außer Kraft
und fliege wie eine Rakete durch den tiefherbstlichen Wald.
Vor kurzem noch in meiner Läuferexistenz von "Absurdität, Ekel,
Angst, Sorge und Leiden" bedroht erfreue ich mich nun über die fast schon
"unerträgliche
Leichtigkeit des Seins". |
Selbst im einsamen Wald werden wir angefeuert |
Passend zum meinen überschwänglichen Glücksgefühlen brechen nun
die ersten Sonnenstrahlen durch die dicke Nebelsuppe. Sie verzaubern die
herbstliches Laub in alle braunen Farbtönen tragenden Bäume in einen
Märchenwald. |
Wird die Sonne vielleicht doch noch durchkommen? |
Da trübt auch ein giftiger Gegenanstieg meine gute Laune nicht,
zumal es dahinter gleich wieder bergab geht. |
Ein weiterer giftiger Anstieg
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Märchenwald
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Nacht ein paar etwas einfacheren Kilometern geht es nun hauptsächlich wieder
bergauf |
Kurz vor der Kilometermarke 10 erreichen wir den nächsten
Verpflegungspunkt. Dahinter verlassen wir den einfacheren Abschnitt der ersten
Runde, denn ab nun geht es lang gezogen bergauf. |
Kilometer 11 |
Unterhalb von Bischofsheim kommen uns Läufer entgegengerast, die
schon etwa vier Kilometer vor uns sind. Wir haben nun erst einmal eine in etwa
so lange Schleife vor uns, die uns auf den ersten Teilabschnitt relativ steil
einen Bergrücken hochführt. |
Hier kommt uns schon ein schnellerer Läufer entgegen, der bereits fast 4
Kilometer Vorsprung herausgelaufen hat
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