Böses Erwachen
Ich gebe Gas, da ich mich auf die Trinkstelle an der
Gründlesscharte freue. Ich habe einen brennenden Durst und kaum mehr was zum
Trinken, da ich einen großen Teil davon an den Läufer mit den Wadenkrämpfen
abgegeben habe. Am liebsten würde ich, wie es gerade ein Mitstreiter macht, mein
ganzes restliches Wasser über den Kopf schütten. Aber da sie hier das Wasser
mühsam in Milchkannen hoch schleppen, will ich keinen Tropfen des wertvollen
Nass sinnlos verschleudern und mir nur das mitnehmen, was sie hier entbehren
können!
Endlich erreiche ich den tiefsten Punkt der Strecke. Hier
muss doch der Tisch mit den Getränken stehen! Aber wo sind sie denn hin? Weit
und breit kein Tropfen Wasser und von Verpflegung keine Spur. Andere Läufer
treffen ein. Auch sie gucken verdutzt herum. Das kann doch nicht sein! Das darf
doch nicht sein! Wollen die uns verdursten lassen?
Während die anderen noch von ihrem Schicksal sichtlich
geschlagen sind und einfach ratlos herumstehen, weiß ich, es gibt nur einen Weg:
Nicht heulen und weiter laufen und mit dem auskommen, was ich noch habe. Bis zur
nächsten Verpflegungsstelle an der Mittelbergalpe brauchte ich letztes Jahr
knapp 1 1/2 Stunden. Da ich mich jetzt schonen muss, um nicht zuviel
herauszuschwitzen, werden es nun bestimmt einige Minuten mehr werden. Dazwischen
gibt es am Weg auch keine Alpe, wo man einkehren könnte außer knapp vor der
Mittelbergalpe die Gundalpe. Den Umweg zur Gundalpe kann man ich mir aber
sparen, da es dann zur Mittelbergalpe auch nicht mehr weit ist.
Also gehe ich nun den Anstieg zum Gründleskopf an, der schon
sonst eine der Schlüsselstellen der ganzen Strecke ist. Ich nehme jetzt radikal
Tempo heraus und wandere gemütlich hoch. Ja, so und nicht anders muss es gehen!
;-) Wie gut, dass ich so viel Erfahrung zum Thema Schongang habe. Das kommt mir
jetzt entgegen! |
An der Gründlesscharte war der Verpflegungspunkt schon abgebaut. Ich habe
kaum mehr Wasser und muss nun in der Hitze hier hoch! |
Diese Zuschauer links machen es uns vor, was man hier machen sollte. |
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Ständig bergauf und bergab |
Diesmal laufe ich auf dem richtigen Weg unterhalb des Sedererstuibengipfel
vorbei
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Ende der langen Durststrecke
Die Strecke zieht sich bei der Hitze und dem Wassermangel
noch mehr als in den Vorjahren in die Länge. Zeit und Raum sind unbeschreiblich
dehnbar.
Während die Sonne auf mein Haupt gnadenlos herunter brennt, mache ich mir
Gedanken über den Sinn und die Freuden des Lebens und über das was Luxus ist und
was nicht.
Luxus ist für mich nun ein kleiner Schluck Wasser aus der immer leerer werdenden
Flasche. Es sind nur noch wenige Tropfen übrig geblieben, mit denen ich geiziger
umgehe als Dagobert Duck.
Vorfreude ist für mich das Wasser im Überfluss an der Mittelbergalpe. Selbst
wenn sie den Verpflegungspunkt dort auch abgebaut haben, so gibt es dort noch
einen Brunnen. Cola, Bananen usw., all das interessiert mich nicht mehr, wenn
ich nur dort an mein Wasser komme!
Endlich endet der Grat mit seinem ewigen Auf und Ab. Der Weg
biegt, diesmal mit Wegweiser, links ab. Von da an geht es bis zur Mittelbergalpe
fast nur noch hinunter. |
Gleich wird der Weg einfacher, ...
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... als wir links abbiegen.
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Rettung an der Mittelbergalpe
Halb verdurstet und überhitzt erreiche ich endlich, nach fast
3 Stunden ohne Verpflegung seit der Wende, den Verpflegungspunkt an der
Mittelbergalpe. Ich stürze nicht zum Tisch, sondern zuerst zum Brunnen. Dort
saufe ich mich mit Wasser voll, fülle meine Flaschen und kühle mein Gesicht im
kühlen Nass. Dann hole ich eine Laugenbretzel aus dem Rucksack hervor und tauche
sie ins Wasser ein und esse dann den Brei auf. Das ideale Mittel gegen
Mineralienmangel und Durst. Erst dann freue ich mich noch über 2 Gläser Cola am
Verpflegungstisch.
So erfrischt und gestärkt kann ich mit neuem Mut den Rest der
Strecke angehen. |
Endlich gibt es nach einer stundenlangen Durstphase wieder was zu trinken! |
Wackliger Steg über Hochmoor |
Langer Fahrweg den Berg hinunter
Zuerst überquere ich auf wackligen Holzplanken eine sumpfige
Wiese, bevor es auf einen teilweise asphaltierten Weg nur noch den Berg hinunter
geht. Dabei überhole ich sogar noch zwei Mitstreiter. Diese Strecke zieht sich
in die Länge und geht auf die Beine. |
Wasserfall im Wald
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Schließlich, am Ende des Abstiegs gibt es etwa 1,5 Kilometer
vor dem Ziel noch einmal Cola zum trinken. Hier sitzt der Seniorchef Willi
Hiemer persönlich. Ich erzähl ihm von der nicht mehr vorhandenen Trinkstelle. Er
hörte es schon von Läufern vor mir und äußert auch sein offenes Entsetzen und
seinen Zorn: "Die brauchen mir nicht mehr helfen!" |
Letzte Labestation 1,5 Kilometer vor und etwa 200 Höhenmeter unterhalb des Ziels |