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laufspass.com Karwendelmarsch am 12.09.2009 - 52 km Berglauf durch den Naturpark - Bildbericht von Günter Kromer

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Karwendelmarsch 2009
Dreizinken Spitze beim Karwendelmarsch 2009

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Karwendelmarsch - 52 km Berglauf durch den Naturpark - Ein Laufbericht von Günter Kromer

Bei dem Wort „Karwendelmarsch“ denkt jeder sicherlich zuerst an eine Volkswanderung. Dass sich dahinter auch einer der schönsten Läufe der Alpen verbirgt muss sich bei deutschen Läufern wohl erst noch herumsprechen.
Als ich im Frühjahr die Ausschreibung dazu las setzte ich diese 52 km lange Tour mit (offiziell) 2760 Höhenmetern Auf- und Abstieg sofort auf Platz 1 meiner Laufwunschliste. Zu Recht, wie ich nun weiß, denn rückblickend kann ich mit großer Begeisterung schreiben, dass mir - abgesehen vom Jungfraumarathon - bisher noch kein Lauf so Spaß gemacht hat wie dieser.
Nach 19 Jahren Pause bereichert dieser großartige Klassiker nun wieder den alpinen Laufkalender, denn es gibt nicht nur eine Kategorie für Wanderer und Nordic Walker, sondern auch eine für Läufer, sogar mit Champion Chip Zeitmessung. Gut trainiert sollte man dafür aber sein. Auch wenn meine eigene Berechnung der Höhenmeter eine deutlich niedrigere Zahl ergibt als die offizielle Angabe in der Ausschreibung sind es viel mehr als z.B. beim Jungfrau-Marathon, der 1829 m Auf- und 305 m Abstieg hat.

Karwendelmarsch 2009

Nahezu die gesamte Route führt durch ein herrliches Naturschutzgebiet. Keine Straßen, keine Skilifte und Gondelbahnen, keine Skipisten, keine Hotelklötze - nur ursprüngliche Landschaft. So viel Natur pur bietet wohl kein anderer Berglauf.
Die Strecke führt von Scharnitz quer durch das Karwendelgebirge nach Pertisau am Achensee. Die Höhenmeter verteilen sich recht gleichmäßig auf drei Auf- und Abstiege, wobei die erste Streckenhälfte keine besonders steilen Abschnitte aufweist. Start ist auf 967 m Höhe, der höchste Punkt liegt bei 1901 m, das Ziel auf 931 m. Auf der Veranstaltungshomepage weckt ein virtueller Google-Earth-Flug über die Route Vorfreude.
Da Läufer und Wanderer gemeinsam starten geht es bereits um 6 Uhr los, denn sonst hätten viele Wanderer keine Chance, noch bei Tageslicht ans Ziel zu kommen. In Wanderbüchern wird für die gesamte Strecke 15,5 Stunden angegeben, aufgeteilt in drei Tagesetappen.
Für langsame Läufer wie mich ist es angenehm, dass das einzige Zeitlimit unterwegs um 15 Uhr bei km 35 an der Engalm ist. Um diese Uhrzeit hoffe ich, bereits am Ziel zu sein. Wanderer und Walker können auch von Anfang an nur die 35 km Variante buchen und dann mit dem Bus zurück fahren. Man kann entweder in Scharnitz übernachten und später vom Ziel mit einem Shuttle-Bus zurück fahren oder man übernachtet in Pertisau, wo man dann vom Ziel nur noch wenige Minuten bis zum Hotel gehen muss, aber morgens verdammt früh zum Bus muss. Da die Straße ums Gebirge herum führt dauert der Transfer etwa 75 Minuten, ist aber trotzdem kürzer als die Rückfahrt bei Jungfrau- oder Zermatt-Marathon.

Nachdem es gestern stundenlang in Strömen geregnet hat und der Wetterbericht für heute ebenfalls nur Kälte, Nebel und gelegentlich Regen ankündigt ist meine seit Monaten andauernde Vorfreude auf den Lauf jetzt stark gedämpft, als ich morgens kurz nach drei Uhr bei leichtem Nieselregen vom Hotel zur Abfahrtsstelle des Shuttle-Bus marschiere. Es ist saukalt, und die Berge stecken nach wie vor in dicken Wolken. Aber man soll ja nie aufgeben - es kann immer noch besser werden. Da noch einige angemeldete Fahrgäste fehlen, fährt der Bus statt 3.30 Uhr erst 20 Minuten später. Zwei junge Männer steigen ein, die trotz 9 C Außentemperatur nur mit Shorts und kurze Shirts bekleidet sind. Ich bekomme bei diesem Anblick Gänsehaut, denn ich selbst bin fast so warm angezogen wie bei einem Silvesterlauf (zum Glück, wie sich später herausstellt).

Karwendelmarsch 2009
3:30 Uhr im Bus

Kurz nach 5 steigen wir dann in Scharnitz aus und erhalten schnell unsere Startunterlagen. Eine bunte Mischung sportlicher Läufer, gemütlicher Wanderer und mit ihren Stöcken herumfuchtelnden Nordic Walkern bevölkert das Gelände. Zum Glück dürfen die Läufer aus einem eigenen Startblock kurz vor den Stöckeschwingern starten, so dass es kein Gedränge gibt.
Inzwischen hat der Regen aufgehört. Pünktlich um 6 Uhr werden die Schützen für das Startsignal aufgefordert, nach vorne zu kommen. Kurz darauf erneut eine Durchsage: „Ich bitte die Startschützen, nach vorne zu gehen, sonst muss der Bürgermeister zum Start pfeifen.“
Schade, nun spazieren die in Trachten gekleideten Herren nach vorne. Ich hätte zu gerne einen Startpfiff gehört!

Karwendelmarsch 2009
Start

Los geht´s! Aufgrund des trüben Wetters ist es noch fast stockdunkel, doch das macht nichts, denn die Strecke kann hier auch bei Nacht völlig problemlos bewältigt werden. Zuerst laufen wir auf Asphalt aus dem Ort hinaus, dann auf einem breiten, sehr bequemem Fahrweg in den Wald. Schon nach kurzer Zeit beginnt der erste Aufstieg, bei dem ich vom Laufen zum Gehen wechsle.
Es ist immer wieder ein faszinierendes Erlebnis, wenn man in die Morgendämmerung hinein läuft. Ganz langsam weicht die Dunkelheit, und die Umgebung nimmt immer klarere Formen an. Über, neben, vor und hinter uns hängen viele einzelne Wolkenfetzen an den Bergen. Ich liebe diese Stimmung, auch wenn ich es gleichzeitig bedauere, dass es heute wohl keine „Postkartenfotos“ geben wird. Die Wetterlage lässt keinen Zweifel daran, dass ich heute zwischendurch auch durch Nebel laufen werde.

Karwendelmarsch 2009
Morgendämmerung

Die Route des Karwendelmarschs führt meist durch tiefe Täler, die auf beiden Seiten von beeindruckenden Felswänden begrenzt werden. Dazwischen hätte man an den Pässen bei Sonnenschein großartige Ausblicke.
Nach einem kurzen Aufstieg geht es bis zur Larchetalm recht bequem weiter. Der Untergrund ist so gut, dass man laufen kann, ohne zwischendurch auf den Boden blicken zu müssen. Außerdem ist dieser Weg oft sogar flacher als manche Abschnitte des Hamburg-Marathons.
Je weiter ich laufe, desto mehr wundere ich mich über die vielen Wanderer und Nordic Walker, die ich unterwegs überhole. Offensichtlich sind schon einige Dutzend Leute lange vor dem Start aufgebrochen.
Das Spiel der Wolken in den Bergen sorgt für immer wechselnde Stimmungen. Mal sieht man kaum etwas von den umliegenden Gipfeln, dann reißt wieder ein Teil der Wolken auf und gibt den Blick frei. Neben mir plätschert ein Bach, ab und zu weckt das Gebimmel von Kuhglocken Urlaubsgefühle.

Karwendelmarsch 2009
Larchetalm

Bei der Larchetalm (1174 m) erreiche ich die erste der insgesamt acht Verpflegungsstationen. Hier zeigt sich wie auch an den folgenden, dass die Veranstalter wissen, was man heute unterwegs braucht. Eiskaltes Trinkwasser, wie es bei vielen Läufen angeboten wird, hätte bei der heutigen Witterung keinen Wert. Ich bin sehr froh, dass es außer Wasser und Apfelschorle an jeder Station unter anderem warmen Kräutertee gibt. Dieser von einem der Sponsoren angebotene Bio-Tee mit Minze und Salbei aus Tirol schmeckt sogar besonders gut. Äpfel, Bananen und Brot gehören natürlich auch zur Standartausstattung jeder Station, dazu kommen später noch nette Überraschungen.
Nun nimmt die Steigung ein wenig zu, bleibt aber noch immer so dezent, dass ich hier beim Training schnell laufen würde. Heute habe ich mir aber vorgenommen, im Gegensatz zu meinem Sierre-Zinal-Lauf, wo ich bis zum höchsten Punkt ohne Pause mit sehr hoher Puls- und Atemfrequenz unterwegs war, die ersten zwei Berge nicht im anaeroben Bereich zu überqueren. Mir ist es völlig egal, um welche Uhrzeit ich ins Ziel komme. Hauptsache, ich schaffe die komplette Strecke ohne Probleme. Ich will das Naturerlebnis genießen statt mich abzuhetzen.

Karwendelmarsch 2009
Karwendeltal

Karwendelmarsch 2009

Karwendelmarsch 2009
Karwendeltal

Unterhalb des Karwendelhauses umgibt mich Nebel. Schade, denn bei klarem Wetter könnte man hier herrliche Felswände bewundern. Doch auch die Nebelstimmung ist durchaus reizvoll. Dann zieht die Wolke wieder ab. Der Blick zurück ins Karwendeltal zeigt, dass mir, dass der Weg unten jetzt fast komplett im Nebel liegt. Da sehen die Wanderer jetzt viel weniger von der Umgebung als ich vorhin.

Karwendelmarsch 2009
Karwendelhaus

Karwendelmarsch 2009
Wolkenspiele

 Karwendelmarsch 2009
Erstmals im Nebel

Karwendelmarsch 2009
Tal unter Wolken

 Der Weg führt wenige Meter unterhalb am Karwendelhaus vorbei und erreicht beim Hochalmsattel (1803 m) seinen ersten Scheitelpunkt. Ab hier bekommt man bei den Verpflegungsstationen auch eine sehr gute Suppe, die nicht nur Flüssigkeit, sondern auch Mineralstoffe ersetzt. Heute trinke ich zum ersten Mal in meinem Leben bei jeder Station nicht nur einen sondern gleich zwei Becher. Ich will nicht wieder so ausgetrocknet an den nächsten Stationen ankommen wie neulich im Wallis.

Karwendelmarsch 2009
Suppenküche

Bis hier waren es knapp 17 km und 900 Höhenmeter Aufstieg, also etwa so viel wie ein durchschnittlicher Berglauf in einem deutschen Mittelgebirge. Aber zum Glück geht es im Karwendel weiter. Es wäre wirklich schade, jetzt schon aufhören zu müssen.
Nun beginnt der erste Abstieg. Der Boden ist hier mit grobem Schotter bedeckt, aber mit Trail-Schuhen trotzdem leicht zu laufen. Ich bin froh, dass ich dieses Jahr meine früher bevorzugten Asics-Trabucco durch die für alpines Gelände viel besser geeigneten Brooks Cascadia ersetzt habe.
Das Gefälle hält sich in Grenzen, so dass hier die Beine noch geschont werden.

Karwendelmarsch 2009
Kein Postkartenfoto

In der Ausschreibung steht ausdrücklich, dass die naturverträgliche Durchführung des Events oberste Priorität für die Veranstalter hat. Da der Lauf wie bereits erwähnt fast komplett durch ein Naturschutzgebiet führt, macht dies auch Sinn. Ich bin sehr froh, dass sich heute die Läufer auch wirklich daran halten, keinen Müll an der Strecke zu lassen. Im August musste ich beim Sierre-Zinal-Berglauf die Umweltfreundlichkeit der Läufer angesichts eines mit leeren Gel- und Riegelverpackungen „markierten“ Weges doch sehr in Frage stellen. Heute finde ich auf den gesamten 52 km nur eine Power-Bar-Hülle, und die bringe ich dann selbst zum nächsten Mülleimer.
Ein weiteres offizielles Ziel des Karwendelmarsch ist es, zur Bewusstseinsbildung für den Alpenpark Karwendel, das größte Tiroler Schutzgebiet, beizutragen. Neben Broschüren wird dies unter anderem entlang der Strecke mit Infotafeln sowie von einigen fachkundigen Experten vermittelt. Einer von ihnen steht am Kleinen Ahornboden (1399 m), einer mit herrlichen, uralten Bäumen geschmückten Wiese, und will mir anhand eines Modells mit winzigen Bäumchen die Entstehung dieses Lebensraums erklären. Da ich dies aber schon aus einem Buch über den Naturpark kenne, bedanke ich mich und laufe weiter.

Karwendelmarsch 2009
Kleiner Ahornboden

Karwendelmarsch 2009
Modell vom Ahornboden

Karwendelmarsch 2009
Uralte Bäume

Auch Sicherheit wird bei dieser Veranstaltung großgeschrieben. Häufig laufe ich an in auffällig rote Jacken gekleideten Helfern von Bergwacht und anderen Rettungsdiensten vorbei.
Bei der Durchquerung eines heute trockenen Bachbetts bin ich froh, dass der heftige Regen von gestern zu Ende ist. Bei Unwettern kommt man hier vermutlich nicht trockenen Fußes durch.

Karwendelmarsch 2009
Durch trockenes Bachbett

Karwendelmarsch 2009
Flechten

 Inzwischen haben die Wolken endgültig fast alle Sicht auf die Berge ruiniert. Bald umgibt mich dichter Nebel. Flechten an den Bäumen zeigen an, dass es hier oben öfter neblig ist.
Statt auf Fahrwegen laufe ich nun auf schmalen Pfaden und die Steigung nimmt zu. Aus dem Nebel taucht vor mir die Ladizalm (1565 m) auf. Neben einer urig geschmückten Hütte trinke ich wieder Kräutertee und Suppe, dann eile ich weiter durch den Nebel. Vom Start bis hier hätte ich eigentlich die komplette Strecke durchgehend laufen können, wenn ich mir meine Kräfte nicht eingeteilt hätte. Nun wird es aber deutlich steiler. Schade, dass ich nun wirklich gar nichts mehr von den Bergen sehe! Ich muss hier unbedingt noch mal bei schönem Wetter laufen!

Karwendelmarsch 2009
Ladizalm

Karwendelmarsch 2009
Nebelmarsch

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