Aufkommender Regen
Zuerst geht es noch relativ moderat einen Fahrweg in
die Höhe. Aber ab Kilometer 40 müssen wir die schwarze Skipiste auf
direktem Weg hoch. Dabei bläst mir ein kräftiger Wind in den Rücken. Das
macht zwar das Hochsteigen einfacher, aber zeigt auch, dass sich die
bedrohliche Schlechtwetterfront unweigerlich nähert. |
Ab Kilometer 40 geht es die schwarze Skipiste direkt hoch, ... |
Die Luft schien sich plötzlich mit einer Art Brausen
zu erfüllen. Das Haus erbebte und rüttelte und sie hörten einen Ton wie
von einer gewaltigen vibrierenden Saite. Die Fenster klapperten. Zwei
Scheiben zersplitterten, und ein Windstoß fuhr herein, der sie ins
Taumeln brachte. Die Tür gegenüber knallte zu und zerschmetterte den
Riegel. Der weiße Türknauf bröckelte in kleinen Stücken zu Boden.
Aus
Die Perle von Jack London |
Erste dicke Regentropfen platschen mir ins
Gesicht. Es wird merklich kälter. Wie gut, dass ich was Langärmeliges
dabei habe. Gott Lob, habe ich das Shirt bis hier hoch geschleppt! Nun
kann ich es anziehen!
Allmählich prasseln die Regentropfen immer stärker
herunter. Tropfen reihen sich an Tropfen und bald öffnet der Himmel
endgültig seine Schleusen. Es schüttet. Konnte dieses Mistwetter nicht
noch eine halbe Stunde warten?
Bald bin ich durchnässt. Vorwurf: Hätte ich doch heute meine
4-fach GoreTex Bergsteigerjacke mitgenommen! |
, während immer mehr Regen auf unsere Häupter herunterprasselt. |
|
Raoul erschrak über den Anblick des Himmels. Er war
viel näher gerückt – tatsächlich meinte er ihn berühren zu können, wenn
er die Hand ausstreckte; und er hatte sich von bleigrau zu schwarz
verfärbt ...
Und immer noch wurde der Wind stärker. Er hatte
kein Maß mehr dafür, denn dieser Wind übertraf alles, was er bisher
erlebt hatte; aber trotzdem wusste er, irgendwie, dass es noch stärker
brauste.
Aus
Die Perle von Jack London |
Völlig durchnässt erreiche hinter KM 40,5 den letzten
Verpflegungspunkt. Mein langärmeliges Shirt wärmt nicht mehr richtig, da
es schon patschnass ist, während sich der Regen immer noch steigert.
Einer der Helfer möchte uns hier schon am liebsten rausiehen. Aber was
soll ich hier in der Kälte ohne Bewegung und ohne warme Kleidung? Da
friere ich doch völlig aus, so durchnässt wie ich bin!
Es hilft nur noch die Flucht nach vorne. Ich packe mir eine Red Bull
Dose und marschiere weiter. |
1,5 km vor dem Ziel passiere ich die letzte Trinkstelle, während ein
Wolkenbruch auf uns niedergeht |
Der OK - Präsident, der aus der Kälte kam
Wie ein Gespenst aus dem Bergnebel erscheint
plötzlich Martin Kaindl mit einer riesigen blauen Mülltüte.
Das ist aber vorbildlich. Sammelt der OK - Präsident persönlich bei dem
Sauwetter von den Läufern fahrlässig verteilten Müll ein?
Ich will ihn schon meine Red Bull Dose geben. Nein, das ist nicht der
Grund! Er verteilt an uns Gipfelstürmer im Sturm Wärmefolien. Er sagt
uns, dass sie die Zeitmessung oben abgebrochen haben, aber jeder noch in
die Wertung kommt. Maßgebend ist dabei unsere Durchgangszeit in
Hexenwasser, die auf die Zielzeit hochgerechnet wird. Wir sollen aber
nach oben laufen und uns dann dort melden. |
Als wir die Baumgrenze verlassen, kommt dazu noch starker und eisiger Wind auf |
Wie gut, dass Martin Kaindl uns entgegenkam und Wärmefolien an uns verteilte |
Der Sturm hatte noch weiter zugenommen. Er fühlte es
an dem Baum, auf dem er saß. Er schwankte nicht mehr oder neigte sich
von einer Seite zur anderen. Stattdessen blieb er praktisch unbeweglich
in einem festen Winkel vom Wind weggeneigt und vibrierte lediglich. Aber
diese Vibrationen waren übelkeitserregend.
Aus
Die Perle von Jack London |
Der Orkan
Ich binde mir die Wärmefolie um. Bei dem Sturm habe
ich dabei Mühe, dass er sie mir nicht aus der Hand reißt. Bald
schließe ich auf eine Läuferin auf. Ich sage zu ihr, dass wir nun am
besten zusammenbleiben. Gemeinsam ist man bei so was etwas sicherer.
Mittlerweile haben wir die Baumgrenze überschritten.
Da wir auch noch auf der Wetterseite hoch marschieren, trifft uns der
Sturm voll, der sich nun zu einem regelrechten Orkan aufschaukelt. Die
dicken Regentropfen kommen nun nicht mehr von oben sondern prasseln uns
nun stechend wie Nadeln waagrecht ins Gesicht. Die Läuferin neben mir
zeigt Mutterinstinkte und zieht mir meine Folie über den Kopf. So bin
nun noch etwas mehr geschützt.
Als Brillenträger sehe ich mittlerweile kaum mehr was. Halbblind stapfe
ich die Gott sei Dank gut markierte Strecke hoch.
Die Temperatur dürfte nun bei etwa 5 Grad liegen, aber bei Sturmböen bis
zu locker 100 km/h liegt die für mich gefühlte Temperatur tief unter dem
Gefrierpunkt.
Was wäre wenn so was bei einem dieser Extrem -
Bergultras auf schmalen und gefährlichen Pfaden mitten in der Nacht
passieren würde? Gar nicht auszudenken!
Hier werden uns die Gefahren vom
Laufen in den Bergen auf der eigenen nackten Haut bewusst. Viele
Bergläufer laufen ja wie z.B. bei dem berüchtigten Zugspitzlauf 2008 nur
mit Träger T-Shirts los, obwohl sie wissen, dass solche Wetterkapriolen
drohen können. Auch ich habe diesmal das ganze unterschätzt. Wie gut,
dass hier die Temperatur nicht unter den Gefrierpunkt fällt, die
Strecke zwar steil aber gut markiert ist und kaum Absturzgefahr besteht
und der Veranstalter sehr schnell reagiert hat. Er verteilt Wärmefolien,
schickt uns ständig Helfer entgegen, die nach dem Rechten schauen und
lässt die Läufer hinter uns nicht mehr weiterlaufen, aber behält sie in
der Wertung! |
Oben bricht ein regelrechter Orkan los, der uns fast umweht und trotz der
Wärmefolie stark auskühlt. Wir stolpern nun nur noch vor uns her. |
Der Wind schnitt ihm die Luft ab. Er konnte ihm
nicht die Stirn bieten und gleichzeitig atmen, denn er brauste ihm durch
Mund und Nase und blähte seine Lunge auf wie einen Ballon. In solchen
Momenten fühlte er sich, als wäre sein Körper angeschwollen und
vollgestopft mit fester Erde.
Aus
Die Perle von Jack London |
Letztes Drama vor dem Ziel
Die letzten Meter laufen wir auf einer lehmigen und
daher sehr glitschigen Wiese hoch. 20 Meter vor dem bereits abgebauten
Ziel rutsche ich im Matsch aus und falle in den Dreck. Trotz der über
mir tosenden Elemente kann ich mich eines Grinsens nicht erwehren. Wie
gut, dass mich hier keiner mehr auf Foto bannen kann. Das wäre sicher
ein witziges Foto geworden.
Ich stehe auf, was sollte ich auch anderes tun und rette mich über die
Ziellinie. Meine inoffiziell , selbst gemessene Zeit liegt bei 5:59:58.
Später wird die von Hexenwasser aus hochgerechnete Zeit bei gut 5:56
liegen.
Na ja, ohne diesen Wetterkapriolen, hätte ich diese andere Zeit auch
locker geschafft!
Oh Wunder, ich kriege sogar noch eine
Finishermedaille umgehängt! Toll, dass die Mädels sich nicht von diesem
Unwetter abschrecken ließen. Das ist schon toll, wie tapfer sie hier
mitten im brüllenden Orkan ausharren!
Nur 1-2 Sekunden hinter mir läuft Thorsten ins Ziel.
Da er gestern schon nur 1-2 Sekunden hinter mir lag, ist er nun mein
schärfster Verfolger in der Gesamtwertung bei den hinteren Plätzen der
Tour de Tirol! |
Vom Unwetter gezeichnet, patschnass und wie Espenlaub zitternd im Ziel. |
Zitternd im Ziel
Die Platzierung kümmert uns aber momentan wenig. Wie
Espenlaub zitternd sehen wir uns nur nach einem, nämlich nach etwas
Wärme. Ne hübsche Helferin steht dazu nicht bereit, aber ich entdecke
Sven, der schon vor einer Stunde ins Ziel lief, aber noch ausgeharrt
hat, bis ich hier ankam. Das nenne ich Freundschaft!
Im Verpflegungszelt hält er dann auch noch das Gestänge feste, damit es
der Sturm nicht noch wegweht. |
Sven
hält das Gestänge des Verpflegungszelts fest. Ob das Zelt dem Sturm widersteht?
Gott Lob: Ja! |
Heißer Tee und Suppe bringen meine ausgekühlten Glieder
wieder etwas auf Betriebstemperatur, bevor ich die völlig durchnässten
Klamotten abwerfe und trockene Sachen anziehe.
Als wir dann mit der Bahn runterfahren, haben sich Sturm und Regen schon
wieder gelegt. So schnell kann sich das Wetter ändern!
Oh ihr Wetterhexen von Hexenwasser, da habt ihr mir heute aber ein
Berglauferlebnis beschert, von dem ich sicher noch eine zeitlang
erzählen kann! |
Regnerisches Wetter auch am Sonntagmorgen |
Der Kaiserwinkl - Marathon am Sonntag
Der Sonntag beginnt wie der Samstag aufgehört hat:
regnerisch.
Da ich nicht mehr in Hexenwasser bin, schicke ich einige Sonnehexe gen
Himmel und in der Tat es scheint zu helfen. Die Wolken verziehen sich
immer mehr und erste Sonnenstrahlen spitzen hervor.
Ich treffe mich mit Dieter und gemeinsam gehen wir
die wenigen Hundert Meter von meinem Hotel zum Startgelände. |
Als ich
zum Start am Walchsee zusammen mit Dieter gehe, bessert sich das Wetter ... |
... und es kommt sogar mal die Sonne raus. |
Dort angekommen, sehen wir wieder viele bekannte
Gesichter aus den Vortagen.
Da die Muskeln von den Strapazen der letzten beiden
Tage doch etwas strapaziert sind, will ich mich vor dem Lauf noch etwas
länger langsam einlaufen.
Autsch, da und dort tut es dabei weh. Aber so langsam geht es dann doch,
als die Muskeln wieder warm werden. |
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Weltmeister Renate und Weltmeisterinflation
Prompt sucht uns ein weiterer Regenschauer kurz vor
dem Start heim. Ich flüchte unter ein Zeltdach und treffe dort Renate
Werz, der ich gleich zum gestrigen Weltmeistertitel in Ihrer
Altersklasse gratulieren kann. Es ist schon erstaunlich, was sie so
alles läuferisch leistet. Nebenbei ist sie übrigens schon über 200
Marathons gelaufen. Ihr 200. war nämlich der diesjährige
Zermatt - Marathon, wo wir uns
auch mehrmals auf der Strecke trafen.
Oh, Mist. Dieter muss ich noch gratulieren. Er war
gestern der schnellste laufende Fotograf. Er trägt ja jetzt sozusagen
den inoffiziellen WM - Titel für die Langdistanz laufende Berglauf-
Fotograf- Gilde.
Und was ist mit Usain Schmidtkonz? Sicher ist er der selbsternannte
Weltmeister der Genussläufer ... Kicher! |
Aber schon folgt der nächste Schauer. Mensch, momentan ist doch Oktober und
nicht April! |
Renate, die frisch gebackene Weltmeisterin Ihrer Altersklasse |
:-) Passend zum Start meldet sich die Sonne wieder zurück! |
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Er kommt sicher auch aus dem Frankenland |