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6.-8.11.2009 Trailrun-Worldmasters in Dortmund -
Drei supertolle Lauftage - Fotoreportage von Günter Kromer
Wenn dies nicht die Geburt einer zukünftigen Kultveranstaltung war, könnt ihr
mich „Nordic Walker“ nennen! Die Trailrun-Worldmasters sind weit mehr als nur
die Aneinanderreihung von drei Lauf-Wettbewerben unterschiedlicher Länge und
Schwierigkeit. Obwohl ich bisher dem Vorsatz folgte, bei keiner großen
Veranstaltung zweimal zu starten, da es noch so viele andere Läufe zu entdecken
gibt, will auch ich nun zukünftig jedes Mal nach Dortmund fahren. Was ist das
Besondere an diesem Event?
Dass Trailrunning inzwischen der große Trend im Laufsport ist wundert mich
nicht. Es ist die vorhersehbare Weiterentwicklung des Laufbooms. Viele Läufer
haben nach jahrelanger Besichtigung öder Marathon-Vorstädte, reizloser
Volkslauf-Parcours und Training auf den immer gleichen, monotonen Waldwegen
erkannt, dass es viel mehr Spaß machen kann, auf abwechslungsreicheren Routen zu
laufen. Häufige Wechsel zwischen Auf- und Abstiegen, gelegentlich steinige, mit
Wurzeln überwachsene Pfade, mitten in der Natur statt am Stadtrand - erst so
wird Laufen richtig schön. |
Wildschweine |
Kein Wunder, dass die Veranstalter des erfolgreichen Transalpine-Run auf die
Idee kamen, 2009 einen dreitägigen Trailrun-Wettbewerb zu starten. Statt dem
Gebirge wählten sie eine Region, die wohl kaum jemand mit Geländelauf
assoziiert: das Ruhrgebiet. Die einzigartige Mischung zwischen faszinierender
Industriearchitektur und überraschend viel Natur gibt diesem Lauf einen ganz
besonderen Reiz. Um ein hochkarätiges internationales Teilnehmerfeld anzulocken,
gaben sie der Veranstaltung den Titel "Worldmasters".
Es gibt nur vier Klassen: Männer und Frauen jeweils bis 49 und ab 50 Jahre. Von
den am Freitag startenden 219 Teilnehmern erreichen 201 am Sonntag das Ziel.
Gelaufen werden an den drei Tagen 5,1 km Sprint, 35,2 km mit 864 Höhenmetern und
20,5 km mit 339 Höhenmetern. Laut Ausschreibung sollten die Ergebnisse der
unterschiedlich langen Strecken nach einem international bewährten System
zusammen gerechnet werden, aber überraschend werden nur die tatsächlich
gelaufenen Zeiten addiert. Wenn man dies vorher gewusst hätte, wären die meisten
Teilnehmer am ersten Tag beim Sprint vorsichtiger gelaufen.
Das besondere an diesem Wettkampf ist aber nicht die Strecke. Was diesen Event
ausmacht ist die Tatsache, dass man in einem überschaubaren Teilnehmerfeld
sowohl auf der Strecke als auch beim Rahmenprogramm drei Tage gemeinsam mit
vielen interessanten und netten Leuten verbringt. Hier starten Läufer aus 15
Nationen, darunter erfolgreiche Sportler wie Olympiasieger
Dieter Baumann, die
ehemalige Marathon-Vize-Europameisterin und mehrmalige Deutsche Marathon- und
Cross-Meisterin Luminita Zaituc, der deutsche Meister im Berglauf Timo Zeiler,
der Mountainbike-Profi Carsten Bresser, Silvia Balbach, die erst vor kurzem beim
Iron-Man auf Hawaii Altersklassendritte wurde, die Sieger des TransRockies Run
Mike Smith und Caitlin Smith, sowie Transalpine- und Trans-Europa-Lauf Finisher
und viele mehr. Jemand wie ich, der auf den Finisherlisten gewöhnlich im unteren
Drittel oder Viertel steht, muss unter diesen vielen erfolgreichen Profis
natürlich noch mehr kämpfen, um nicht die rote Laterne zu tragen, aber mir sind
interessante Gespräche und der Spaß am Laufen ohnehin viel wichtiger als eine
gute Platzierung.
Da für die Übernachtungen wahlweise ein Hotel und ein Hostel reserviert wurden,
sind viele Teilnehmer sogar noch länger zusammen. Auch ich reise bereits
Donnerstag an und verbringe dadurch im Hostel einen netten Abend mit anderen
Teilnehmern.
Am nächsten Tag fahre ich dann mit U-Bahn und Bus etwa 30 Minuten bis zum
Phoenix-Gelände. Dieses ehemalige Hochofen- und Stahlwerksgelände wird momentan
in einen Standort für innovative Technologien, Freizeit, aber auch moderne
Arbeits- und Lebensformen umgewandelt und bietet eine fantastische Kulisse für
den Sprint am Freitag, Zieleinlauf am Samstag und Sonntag sowie die im Freien
statt findende Marathon-Messe. Vor allem der seit einigen Jahren stillgelegte
Hochofen sorgt für ein unverwechselbares Ambiente. |
Hochofen |
Vor und nach den Wettkämpfen halten sich die meisten Teilnehmer entweder im
Freien oder in der Phoenix-Halle auf. Die 2000 Quadratmeter große Halle wurde
1905 als Gasgebläsehalle für die Hochöfen des Stahlwerks gebaut. Seit 2003 dient
sie als Veranstaltungs- und Ausstellungshalle. Auch sie trägt wesentlich zur
besonderen Atmosphäre der Veranstaltung bei, denn bei der Renovierung wurden die
Zeichen der industriellen Vergangenheit weitgehend erhalten. |
Freitag, 15 Uhr: Phoenix-Sprint 5,1 km, 68 Höhenmeter
Vor dem Start werden die prominenten Läufer vorgestellt. Dann geht es pünktlich
los. Heute gibt es keinen Blockstart. Alle 15 Sekunden darf ein Läufer auf die
Piste. Zwischen dem ersten und dem letzten Starter liegt daher mehr als eine
Stunde.
Als erstes dürfen Dieter Baumann und Luminita Zaituc starten. Noch während ich
auf meinen Start warte, kommen beide bereits ins Ziel. |
Start bei Phoenix-Halle |
Dieter Baumann und Luminita Zaituc |
Luminita nach dem Start |
Dann darf auch ich auf die Piste. Nach einem kurzen, völlig flachen Prolog führt
die Strecke plötzlich eine sehr steile Böschung hinab. Dieser Wechsel kommt so
überraschend, dass ich keine Zeit habe, meine Kamera einzuschalten. Der gleich
darauf folgende steile und etwas rutschige Aufstieg auf einen Hügel und danach
ein Pfad, der beim Rennen Trittsicherheit verlangt, fordern meine volle
Aufmerksamkeit. Wegen der Sturzgefahr stecke ich die Kamera vorübergehend in die
Jackentasche.
Nun wechseln leichte Pfade mit schlammbedeckten Wegen. Bei einem Aufstieg dürfen
sich die weniger trittsicheren Läufer sogar an einem Seil nach oben hangeln.
Diese Strecke entspricht genau dem, was ich mir von dem Wettkampf erhofft hatte.
Die Reste einer alten Brücke zeugen ebenso wie das alte Stahlwerk von der
Vergänglichkeit menschlichen Schaffens. Und wieder geht es eine Schlammpiste
hinauf, danach steil abwärts. |
Brückenrest |
Abwärts! |
Nun sind die meisten der heutigen Höhenmeter gesammelt. Jetzt kommen einige
Abschnitte, auf denen Sprinter gut Tempo laufen können, aber zwischendurch
fordern kurze Bereiche wieder Aufmerksamkeit und Trittsicherheit. Lange Zeit
dominiert der Blick auf den alten Hochofen die Atmosphäre.
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Urbaner Charme |
Daraus wird ein Park |
Ehemaliger Hochofen |
Dann gilt es, mehrmals über hohe Randsteine einer Straßenbaustelle zu springen.
Eine Treppe führt zum Messegelände hinauf, gleich darauf eine andere Treppe
wieder nach unten. Ein Streckenposten warnt jeden Läufer „Springen!“, denn nun
muss ein kleiner Graben überwunden werden.
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Treppen rauf |
Treppen hinab |
Sprung über den Graben |
Hochofen und Gaskessel |
Vorbei am Hochofen geht es auf einen Gaskessel zu. Noch einmal steigen wir auf
einen kleinen Hügel hinauf. Eine Streckenordnerin ruft mir zu: „Endlich mal
jemand, der hier noch lacht!“ Sind die anderen schon so verbissen oder
erschöpft? Ich fühle mich pudelwohl. Da ich heute nicht mit vollem Tempo laufe,
macht mir jeder Schritt Spaß. Noch den Hügel hinab, ein paar Meter flach, dann
führt eine letzte Treppe hinauf zum Ziel. Geschafft! Heute stehe ich fast am
Ende der Finisherliste, aber das ist mir völlig egal. Sprint war ohnehin nie
mein Ding, denn ich mag lieber die langen Distanzen. |
Zieleinlauf |
Das Ziel |
Ich trinke noch schnell ein Erdinger Alkoholfrei, das ich im Gegensatz zu
anderen alkoholfreien Bieren als Zielgetränk inzwischen wirklich mag, dann hole
ich mein Gepäck und gehe den kurzen Weg hinüber zu einer Schule, wo die Duschen
sind. Hier ist ordentlich Gedränge. Eine der drei Duschen läuft nur mit
eiskaltem Wasser.
Anschließend lasse ich wie erwartet einiges Geld bei der Marathon-Messe und
setze mich danach in die Halle zu den Leuten, die ich bereits im Hostel kennen
lernte.
Wohl jeder Läufer weiß, dass der Begriff „Pasta-Party“ meist eine öde
Abfütterung mit trockener und fader Pampe bedeutet. Doch hier geben sich die
Veranstalter große Mühe, damit jeder zufrieden ist.. An allen drei Tagen stehen
je zwei verschiedene Teigwaren sowie zwei ordentliche Saucen zur Wahl, dazu gibt
es ein sehr großes Salatbuffet und -welch Luxus!- ein Dessert-Buffet. Hier wird
man nicht nur satt, sondern neigt gerne dazu, mehr auf die Teller zu laden als
man essen kann. Und das alles unter den alten Krananlagen dieser faszinierenden
Halle! Die wenigen Läufer, die zwischendurch ins Hotel fuhren und erst viel
später zur Pasta-Party kommen ärgern sich allerdings, weil inzwischen alles weg
ist. Selbst schuld! |
Pasta-Party |
Salat-Buffet |
Desserts |
Doch nicht nur die Halle ist ungewöhnlich. Auch der „Untergrund“ hat seinen
Reiz. Schmale, von etwa vier Meter hohen Ziegelwänden begrenzte Korridore führen
im Keller zu den Toiletten, die durch die hohe Backsteinarchitektur ebenfalls
ein sehr außergewöhnliches Ambiente haben. Vermutlich bin ich der erste, der in
einer Laufreportage ein Toilettenfoto veröffentlicht, aber hier passt es ideal
zum Gesamtbild.
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Im Untergrund |
Toiletten |
Nach dem Essen folgt die Siegerehrung. Die ersten drei aus allen vier Kategorien
erhalten täglich Sachpreise von den Sponsoren. Anschließend dürfen die Führenden
der Kategorien noch einmal auf die Bühne und bekommen jeweils ein Trikot mit der
Startnummer 1. Heute passiert etwas, das ich aus eigener Erfahrung kenne: man
kann den ganzen Tag schwere Touren wandern oder auf rutschigen Trails rennen
ohne dass etwas passiert, aber danach beim Ausruhen kracht es. So geschieht es
dem sehr sympathischen Hans Hörmann, der alle drei Tage die Master-Men-Kategorie
gewinnt. Heute stolpert er gleich beide Mal beim Besteigen der Treppe zur Bühne.
Zum Glück bleibt eine kleine Abschürfung am Arm seine einzige Verletzung dieses
Wettkampfes.
Nach der Siegerehrung werden an jedem Tag auf einer großen Leinwand Fotos und
ein Video über das heutige Rennen gezeigt. Im Gegensatz zu anderen
Veranstaltungen, wo solche Bilder fast unbemerkt im Hintergrund laufen, schauen
hier die meisten Anwesenden begeistert zu. Gänsehautfeeling, lustige
Erinnerungen und emotionale Momente ziehen jeden in Bann.
Dann folgt das Briefing, bei dem die Regeln und die Strecke des nächsten Tages
vorgestellt werden.
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Briefing |
Baumanns Kabarett |
Der Abend endet mit einem Auftritt von Dieter Baumann, der dieses Mal nicht als
Läufer sondern als Kabarettist auf die Bühne kommt. Nachdem er seit Jahren
bereits Kolumnen schreibt, ist er nun mit seinem Programm „Körner – Currywurst -
Kenia“ auf Tour. Vieles ist sehr amüsant, aber bei dem überraschend witzigen
Joey Kelly, dessen Show ich wenige Tage zuvor sah, habe ich noch viel mehr
gelacht. Dieters Pech ist heute aber auch, dass er zwar endlich mal vor sehr
vielen Läufern auftreten darf, die meisten davon aber wegen dem schweren
Wettkampf am nächsten Tag nicht allzu spät ins Hotel fahren wollen. Daher wird
die Halle in der Pause deutlich leerer..
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